FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h.c. Dr. E.h. Leo Brandt Nr.1045 Dr. phil. habil. Paul Hölemann Ing. Rolf Hasselmann Forschungsstelle für Acetylen, Dortmund Untersuchungen über das System Acetylen-Wasser Als Manuskript gedruckt WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN 1961 ISBN 978-3-663-03826-9 ISBN 978-3-663-05015-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-05015-5 T eil I Über das Gleichgewicht Wasser-Acetylen bei höheren Acetylendrucken Sei te 3 G 1 i e der u n g s. I. Einleitung. 7 s. 11. Bericht 8 1. Löslichkei t von Acetylen in 1,.Tasser bei höheren s. Drucken • . 8 a) Experimentelles S. 8 b) Ergebnisse der Messungen S. 10 2. Zusammensetzung der Gasphase über gesättigten wäßrigen Acetylenlösungen . . S. 12 a) Experimentelles S. 12 b) Ergebnisse der Messungen . S. 14 111. Zusammenfassung S. 18 Literaturverzeichnis . S. 19 5 Seite 1. Einlei tung Das Gleichgewicht Acetylen-Wasser in Abhängigkeit vom Druck und der Tem peratur besitzt sowohl ein erhebliches theoretisches als auch prakti sches Interesse. Acetylen bildet unter bestimmten Bedingungen mit Wasser ein festes Hydrat [1]. Es ergibt sich die Frage, wieweit die dadurch zum Ausdruck kommende Affinität sich auch auf den flüssigen und gasförmigen Aggregatzustand erstreckt. Daß auch zwischen flüssigem Wasser und Acety len erhebliche Kraftwirkungen bestehen, ergibt sich aus der nicht unbe trächtlichen Löslichkeit [2J. Diese verhältnismäßig große und selektive Löslichkeit im Vergleich zu anderen Kohlenwasserstoffen führt dazu, daß man versucht hat, Acetylen aus Gasgemischen durch Auswaschen mit Wasser unter Druck abzutrennen. Zur Beherrschung eines derartigen Prozesses ist aber die Kenntnis ge nauer Löslichkeitswerte auch bei höheren Drucken erforderlich. Die Werte liegen bisher in der Literatur nur bis Atm vor. Da durchaus nicht an- zunehmen ist, daß man auch bei höheren Drucken mit der Gültigkeit des HENRYschen Gesetzes rechnen kann, erschien die Bestimmung der Löslich keit des Acetylens im Wasser bei höheren Drucken in Abhängigkeit von der Temperatur notwendig. Die Frage der Zusammensetzung der Gasphase über gesättigten Acetylen Wasserlösungen spielt andererseits bei der Trocknung von Acetylen eine große Rolle. Häufig fällt das Acetylen bei der Herstellung, zum Beispiel aus Karbid, mit Feuchtigkeit gesättigt an. Bei der Weiterverarbeitung stört der Wasserdampfgehalt, so daß das Gas getrocknet werden muß. Be sonders hohe Anforderungen bezüglich eines minimalen Wassergehaltes werden bei der Abfüllung des Acetylens unter Druck in die Dissousgas flaschen gestellt. Das Wasser würde vom Aceton in den Flaschen zurück gehalten und führte bald zu einem wesentlichen Nachlassen in der Auf nahmefähigkeit der Flaschen für Acetylen [3]. Die intensive Trocknung bedeutet andererseits einen nicht unerheblichen Aufwand. Dieser Aufwand kann dadurch beträchtlich eingeschränkt werden, daß ein großer Teil des Wassers bei der Kompression des Acetylens abge schieden wird. Wie Untersuchungen über den Feuchtigkeitsgehalt des Ga ses [4] gezeigt haben, liegen die Gehalte unmittelbar hinter den Kom pressoren wesentlich über den zu erwartenden Feuchtigkeitsgehalten, wie sie sich aus dem Dampfdruck des Wassers bei der jeweiligen Raumtempera tur unter Berücksichtigung des Gesamtdruckes im komprimierten Acetylen Seite 7 berechnen lassen. Diese Abweichungen können auf drei Ursachen zurückzu führen sein. Sie können einmal darauf beruhen, daß die Kühlung des kom primierten Acetylens im Kühler des Kompressors nur unvollständig ist, so daß die Gastemperatur beträchtlich höher als die Kühlwassertempera tur liegt. Weiter können die Wasserabscheider am Kompressor einen Teil des kondensierten Wassers in flüssiger Form durchgehen lassen. Zum Schluß ist es schließlich möglich, daß im Gleichgewicht der Wasser dampfgehalt im komprimierten Acetylen höher liegt, als es dem Wasser dampfdruck bei 1 Atm entspricht. Zur Klärung dieser Fragen ist als erstes der Gleichgewichtsgehalt des Acetylens an Wasserdampf in Abhängigkeit von Druck und Temperatur zu bestimmen. Diese Untersuchungen geben darüber hinaus ganz allgemein die Möglichkeit festzustellen, in welchem Umfang eine Vortrocknung des Gases durch Kompression und gleichzeitige Abkühlung technisch von Inter esse ist. 11. Bericht 1. Löslichkeit von Acetylen in Wasser bei höheren Drucken a) Experimentelles Die Messung des Löslichkeitskoeffizienten von Acetylen im Wasser bei höheren Drucken erfolgte durch Bestimmung des in einer bestimmten Was sermenge bei dem Versuchs druck und der Versuchstemperatur gelösten Acetylens. Für die Versuche wurde die in Abbildung 1 dargestellte Ap paratur verwendet. Das Sättigungsgefäß S bestand aus einem Remanitrohr von 21 mm ~ und ca. 340 mm Länge. Der Gaseintritt am Boden war mit einer Düse versehen, so daß das Gas in feinverteilter Form durch das Wasser aufstieg. 3 Im Sättigungsgefäß S, das ein Volumen von ca. 150 cm hatte und mit einem Wassermantel W1 umgeben war, wurde eine Menge von etwa 80 ml Wasser vorgelegt. Durch dieses Wasser perlte Acetylen unter dem Ver suchsdruck, wobei das Gefäß auf der jeweiligen Versuchs temperatur ge halten wurde. Die durchgegebene Gasmenge wurde am Ventil V ' einregu 1 liert. Die Druckeinstellung erfolgte durch das Entspannungsventil V4. Zur Ablesung des Druckes diente ein geeichtes Feinmeßmanometer M. Die Sättigung dauerte etwa 20 min. Die bei dem Spülen angewandte Gasge schwindigkeit konnte am Strömungsmesser St beobachtet werden. Sei te 8 --- b H, St S w, u, v, F A b b i 1 dun g 1 Schema der Versuchsapparatur S: Sättigungsgefäß; M: Manometer; St: Strömungsmesser; F: Falle; W1_2: Wassermäntel K: Gasauffangkolben; V1_5: Ventile; H1_3: Glashähne; U1 , 2: Hg-Manometer; a: von der Acetylenflasche; b: Abgasleitung; c: zur Ölpumpe Nach Einstellung des Gleichgewichtszustandes wurde V1 und V4 geschlos sen und über das Ventil V5 eine bestimmte Menge des mit Acetylen ge sättigten Wassers in die vorher evakuierte Falle F entnommen. Bei der Entspannung wurde der Druck im Sättigungsgefäß über der flüssigen Phase durch eine entsprechende Acetylenzugabe über das Ventil V konstant ge 2 halten. Aus dem in die Falle F abgelassenen Wasser desorbierte der größ te Teil des gelösten Gases. Nach Erreichen von 1 Atm am Manometer U 1 wurde das bei der Entspannung frei werdende Gas durch vorsichtiges Öff nen des Hahnes H im evakuierten Kolben K aufgefangen. Dabei befand 1 sich die Falle F in einem Wasserbad konstanter Temperatur. Seite 9 Nachdem genügend Wasser in F bzw. Gas im Kolben K aufgefangen war, wurde die Falle F abgenommen und gewogen. Um noch kleine Restmengen an Wasser, die sich in der Zugangsleitung von V5 nach F befinden konnten, zu er fassen, wurde F, nachdem es getrocknet worden war, nochmals angeschlos sen und dieses Wasser unter Kühlen von F auf -80 oe im Vakuum überkon densiert und wieder gewogen. Die im aufgefangenen Wasser gelöste Gas- , menge wurde aus der Druckänderung im Kolben K unter Berücksichtigung der Temperatur sowie aus dem Gasvolumen von V5 bis H1 berechnet. Bei der Berechnung wurde der Wasserdampfgehalt des Gases entsprechend der Temperatur von F berücksichtigt. Das zum Sättigen verwendete Acetylen wurde einer nur mit einer porösen Masse gefüllten Stahlflasche entnommen. Es hatte eine Reinheit von 99,5 </0. b) Ergebnisse der Messungen Die Versuche wurden bei den Temperaturen 10, 25 und 40 oe sowie bei den Drucken 10,68, 15,54, 20,39 und 24,81 Atm durchgeführt. Für 10 oe konnte bei den beiden höchsten Drucken nicht gemessen werden, da die Gefahr der Bildung von festem Gashydrat bestand. Bei Drucken unter 10 Atm wirk ten sich die Versuchsfehler so stark aus, daß sie die Größenordnung des zu beobachtenden Effektes erreichten. Die pro ml gelösten Gasmengen (im Normalzustand gemessen) sind in Ab bildung 2 aufgetragen. Die eingezeichneten Punkte stellen Mittelwerte aus einer größeren Zahl von Messungen dar. Demnach nimmt die Löslich keit des Acetylens nicht exakt proportional mit dem Druck zu. Aus den Gasmengen wurde der Löslichkeitskoeffizient berechnet. Die Er gebnisse der Messungen sind in der Tabelle 1 zusammengefaßt. Dabei sind die Löslichkeitskoeffizienten in Nml e H pro ml Wasser und Atm Gesamt 2 2 druck zusammen mit den maximalen Fehlern angegeben. Gleichzeitig sind die Werte angeführt, die sich aus früheren Messungen bei 1 Atm ergeben haben [2J. Abgesehen von den Werten bei 40 oe zeigt sich eine deutliche, wenn auch verhältnismäßig geringe Abhängigkeit des Löslichkeitskoeffizienten des Acetylens im Wasser vom Druck. Mit steigendem Druck nimmt der Löslich keitskoeffizient besonders für 10 oe deutlich ab. Dagegen liegt die eventuelle Abnahme hei 40 oe nahe der Fehlergrenze. Seite 10 '"Q1 i' 2S _ 20~----~----~----~----~--~~--~ ~ e ~.. '0 .'". <: e ~ 10~----~ __~ ~~~r-----r-----r---~ 10 20 Druck [Atm] A b b i 1 dun g 2 Pro ml Wasser gelöste Gasmenge ( a Aus der Beziehung QL = RT2 lanT p ) ( 1 ) c läßt sich die Lösungswärme QL berechnen, die beim Lösen von 1 Mol Ace tylen bei konstanter Konzentration c frei wird. Dabei bedeutet p den Partialdruck des Acetylens über der Lösung, der besonders bei den höhe ren Drucken näherungsweise gleich dem Gesamtdruck genommen werden kann. Tab e 1 1 e Löslichkeitskoeffizient von Acetylen in Wasser bei höheren Drucken o Temperatur C 10 25 40 Druck Atm Löslichkeitskoeffizient (Nml C2H2/ml H20.Atm) 1 1) 1 ,35 0,93 0,69 10,68 1,18 + 0,04 0,90 + 0,01 0,69 + 0,04 15,54 1,17~0,01 0,87 + 0,01 0,70 + 0,01 ° 20,39 0,84 ~ 24,81 0,82 + 0,01 0,66 2: 0,01 1. Die Messungen sind der früheren Arbeit entnommen Seite 11 Aus der Abbildung 2 können die Werte von p für konstantes c entnommen . (aln p) und dam1.t 8T c' gefunden werden. Die Rechnung ergibt für QL einen Wert von etwa 3,0 ! 0,4 kcal/Mol C H . Dieser Wert liegt nur verhält 2 2 nismäßig wenig über der Verdampfungswärme des Acetylens [5], die zum Beispiel bei 15 °c ca. 2 kcal pro Mol beträgt. Aus Acetylen und Wasser entsteht bei genügend tiefen Temperaturen (unter 16 °C) und bei höheren Drucken ein festes Gashydrat etwa von der Zusam mensetzung C H . 6 H 0 [1]. Die Logarithmen der von VILLARD gemessenen 2 2 2 Zersetzungsdrucke dieses Hydrats liegen gegen 1/T aufgetragen näherungs weise auf einer Geraden wie die Abbildung 3 zeigt. Aus der Geraden er gibt sich eine Wärmetönung von 18,5 kcal/Mol Hydrat bei der Zersetzung des Hydrats in gasförmiges Acetylen und flüssiges Wasser. Diese Zerset zungswärme erscheint erstaunlich hoch im Vergleich zu den beim Lösen auftretenden Wärme tönungen. log P ~ ~ ~ /,0 ~ '" J,S 3,6 A b b i 1 dun g 3 1 Zersetzungsdruck des Acetylen-Hydrats in Abhängigkeit von~ 2. Zusammensetzung der Gasphase über gesättigten wäßrigen Acetylen lösungen a) Experimentelles Die Messung erfolgte nach der Mitführungsmethode in der in Abbildung 4 dargestellten Apparatur. Das Sättigungsgefäß S (15 mm 0, Länge 200 mm) wurde bis zu den Ventilen mit Hilfe eines Thermostaten auf der jeweils gewünschten Versuchs temperatur gehalten. Das Acetylen wurde unter kon stant gehaltenem Druck durch das Wasser hindurchperlen gelassen, wobei sich zur besseren Gasverteilung am Boden des Gefäßes S eine feinporige Seite 12