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Untersuchung zur Abhängigkeit von Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges: Ein kritischer Beitrag zur Vorgehensweise der Verfahren vorbestimmter Zeiten PDF

55 Pages·1968·2.657 MB·German
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1922 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 65.015.145 Dr.-Ing. Helmut SanfIeber Forschungsinstitut für Rationalisierung an der Rhein.-Westf Technischen Hochschule Aachen Direktor: Prof Dr.-Ing. Rolf Hackstein Untersuchung zur Abhängigkeit von Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges Ein kritischer Beitrag zur Vorgehensweise der Verfahren vorbestimmter Zeiten WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1968 ISBN 978-3-663-06487-9 ISBN 978-3-663-07400-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07400-7 Verlags-Nr.011922 © 1968 by Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag Inhalt 1. Einführung und Aufgabenstellung ...................................... 5 2. Die analytische Vorgehensweise der Verfahren vorbestimmter Zeiten und die Frage der Abhängigkeit der Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges ................................................. 6 3. Experimentelle Untersuchungen über die Abhängigkeit von Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges .................... 9 3.1 Grundlagen der Planung, Durchführung und Auswertung der Unter- suchungen ..................................................... 9 3.2 Beeinflussung von Elementarzeiten bei Bewegungsabläufen, die aus gleich- artigen Bewegungselementen bestehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 3.21 Beschreibung und Auswertung der durchgeführten Versuchsreihen. . ... 12 3.211 Versuchsreihe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 3.212 Versuchsreihe 2 ..... . . .... . . ..... . .... . . .... . . . ... . . . . .... . . . . .. 18 3.22 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................ . 28 3.3 Beeinflussung von Elementarzeiten bei Bewegungsabläufen, die aus ver- schiedenartigen Bewegungselementen bestehen ..................... . 32 3.31 Beschreibung und Auswertung der durchgeführten Versuchsreihen. . ... 32 3.311 Versuchsreihe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 32 3.312 Versuchsreihe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 35 3.313 Versuchsreihe 5 . . . . .... . . .... . . ..... . . .... . ..... . . . .. . . . . ..... .. 39 3.32 Zusammenfassung der Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43 3.4 Wechselwirkungen zwischen Arbeitsvorgängen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 4. Fehlerfortpflanzung bei der Addition von Elementarzeiten. . . . . . . . . . . . . . . . .. 46 5. Abschließende Darstellung und Diskussion der Untersuchungsergebnisse und Folgerungen ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 48 6. Zusammenfassung .................................................... 52 7. Literaturverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53 3 1. Einführung und Aufgabenstellung Auf dem Gebiet der Arbeits-und Zeitstudien haben in den letzten Jahren die sogenann ten Verfahren vorbestimmter Zeiten wachsende Bedeutung erlangt. Unter dieser Be zeichnung werden alle die Zeitstudienverfahren verstanden, die es gestatten, den Zeit bedarf für vorwiegend manuelle Tätigkeiten - ohne Zuhilfenahme einer herkömmlichen Zeitaufnahme (beispielsweise einer Stoppuhr-Aufnahme) - auf synthetischem Wege zu ermitteln. Bei den Verfahren vorbestimmter Zeiten wird der zu untersuchende Arbeitsvorgang in bestimmte Analysenelemente (Arbeits-oder Bewegungselemente wie Hinlangen, Trans portieren, Greifen, Fügen) zerlegt. Die Ausführungszeiten für diese Analysenelemente, die sogenannten Elementarzeiten, werden unter Berücksichtigung der jeweiligen be sonderen Arbeitsbedingungen (wie Bewegungsentfernung, Gewichtsbelastung, Größe und Form der zu handhabenden Teile, Bewegungsgenauigkeit) entsprechenden Zeit werttabellen entnommen und zu der gesuchten Gesamtzeit aufsummiert. Es gibt eine Reihe verschiedener Verfahren vorbestimmter Zeiten!. Alle diese Verfahren gehen im Prinzip von derselben Methode aus; jedoch bestehen vor allem Unterschiede in der Wahl und Definition der Bewegungselemente2, in Zahl und Art der als praktisch bedeutsam angesehenen Einflußgrößen und darin, wie diese Einflußgrößen berück sichtigt werden. Das wichtigste Anwendungsgebiet der Verfahren vorbestimmter Zeiten ist die Arbeits gestaltung. Hierfür eignen sich diese Verfahren vor allem deshalb, weil sie dem Arbeits studienmann das Rüstzeug für eine eingehende Arbeitsanalyse geben und ihn durch eine Vielzahl von Regeln darauf hinweisen, welche Veränderungen am Werkstück und am Werkzeug, am Arbeitsplatz und am Arbeitsablauf zu Arbeitserleichterungen und Zeit einsparungen führen und welche nicht. Die Anwendung der Verfahren vorbestimmter Zeiten zur Vorgabezeitermittlung, für die sie ursprünglich entwickelt worden sind, stößt jedoch vor allem deshalb auf Schwierig keiten, weil noch Unklarheiten über die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der mit Hilfe dieser Verfahren ermittelten Zeiten bestehen. Es erscheint unerläßlich, zu diesem Fra gen komplex weitere einschlägige Untersuchungen anzustellen, die sich vor allem auf folgende drei Punkte zu konzentrieren haben: 1. Es sind zunächst die Fehlermöglichkeiten zu betrachten, die sich aus der analytischen Vorgehensweise der Verfahren vorbestimmter Zeiten bzw. aus der darin voraus gesetzten »Summierbarkeit der Elementarzeiten« ergeben. Unter »Summierbarkeit der Elementarzeiten« soll die allen Verfahren vorbestimmter Zeiten zugrunde liegende Voraussetzung verstanden werden, daß sich die für einen bestimmten Arbeits vorgang benötigte Gesamtzeit aus der einfachen Addition von einmal festgelegten und als universell anwendbar gedachten Elementarzeiten ermitteln läßt. 2. Weiterhin sind die Fehlermöglichkeiten zu untersuchen, die im Aufbau des jeweiligen Verfahrens begründet sind. Hierzu können gehören: nicht exakt abgrenzbare Be wegungselemente; nicht eindeutig ausleg bare Analysenrichtlinien ; unzureichende 1 V gl. u. a.: Handbuch des Industrial Engineering, Bd. IV, Vorbestimmte Zeiten. Heraus gegeben von H. B. MAYNARD. Berlin, Köln, Frankfurt a. M.: Beuth Vertrieb 1956. Ferner: HAMDY, M., Beitrag zur Kritik der Verfahren vorbestimmter Zeiten. Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag 1964 (Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Nr. 1230). 2 Die vielfach übliche Bezeichnung »Bewegungselement« wird in der vorliegenden Arbeit der Einfachheit wegen übernommen, obwohl es sich nur in wenigen Fällen um Elemente in des Wortes eigentlicher Bedeutung handelt. 5 Berücksichtigung der maßgeblichen Einflußgrößen; Elementarzeiten mit uneinheit lichem Leistungsniveau. 3. Schließlich können noch Fehler durch eine unsachgemäße Anwendung des jeweili gen Verf~hrens entstehen, z. B. dadurch, daß der die Arbeit analysierende Arbeits studienmann nicht alle Bewegungselemente erkennt, oder dadurch, daß er bestimmte Arbeitsschwierigkeiten übersieht oder falsch beurteilt. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem erstgenannten Komplex, der Summierbar keit der Elementarzeiten. Hierzu sind entsprechende experimentelle Untersuchungen durchgeführt worden, die im folgenden - nach einer näheren Darstellung des Unter suchungsgegenstandes - beschrieben und kritisch erörtert werden. Ergänzt werden diese Ausführungen durch eine allgemeine theoretische Betrachtung über die Genauigkeit der mit Hilfe der Verfahren vorbestimmter Zeiten ermittelten Ausführungszeiten. 2. Die analytische Vorgehensweise der Verfahren vorbestimmter Zeiten und die Frage der Abhängigkeit der Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges Die Verfahren vorbestimmter Zeiten gehen davon aus, daß ihre Elementarzeiten - vom Arbeiter voll beeinflußbare Zeiten vorausgesetzt - universell anwendbar sind. Sie nehmen an, daß die Größe der für ein Bewegungselement benötigten Ausführungszeit im wesentlichen nur von bestimmten, in den Zeitwerttabellen berücksichtigten Einfluß größen abhängt und darüber hinaus als konstant angesehen werden kann und daß sich die für einen bestimmten Arbeitsvorgang benötigte Gesamtzeit aus der einfachen Addition derartig festgelegter Elementarzeiten ermitteln läßt. Diese von den Verfahren vorbestimmter Zeiten vorausgesetzte Konstanz der Elementar zeiten und, damit zusammenhängend, vorausgesetzte Summierbarkeit der Elementar zeiten wird jedoch vor allem von seiten der Gestaltpsychologie in Frage gestellt, die von dem Grundsatz ausgeht, daß das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile, daß die wesentlichen Eigenschaften einer »Gestalt« - unter der man ein »in sich geschlossenes Gefüge aus mehr oder minder voneinander abgehobenen, ganzheitsbezogenen Gliedern« versteht - nicht nur durch die Summierung der Eigenschaften ihrer Teile zu erfassen sind, da außer diesen Eigenschaften auch noch sogenannte Gestaltqualitäten - also zu sätzliche Eigenschaften, die eine Gestalt im Gegensatz zur Summe ihrer Teile aufweist eine Rolle spielen 3• Der zunächst im Bereich der Wahrnehmungspsychologie geprägte Gestaltbegriff ist auch auf die Lehre von den Bewegungen des Menschen übertragen worden4 mit der ent sprechenden Folgerung, daß die Summe der Bewegungselemente etwas anderes ist als 3 SCHMIDT, H., und J. STRELLER, Philosophisches Wörterbuch. Stuttgart: Kröner 1951, S. 198/199. Vgl. ferner: BUYTENDIJK, F. J. J., Allgemeine Theorie der menschlichen Haltung und Be wegung. Berlin, Göttingen, Heidelberg: Springer 1956, S. 31. 4 Vgl. u. a. KLEMM, 0., Psychologische Leistungsforschung. Arbeitsschulung, 5 (1934) 4, S.137-142. KLEMM, 0., Die Entdeckung der Bewegungsgestalt. Die Arbeitsschule, Leipzig 50 (1936) 1, S.8-16. 6 die in sich geschlossene Bewegungsgestalt und daß man aus der Kenntnis der Eigen schaften und Gesetzmäßigkeiten der einzelnen Elemente die Eigenschaften des ganz heitlichen Bewegungsablaufes nicht vollständig erklären kann. Auf die Größe der Elementarzeiten bezogen, heißt dies, daß sich diese nicht nur in Abhängigkeit von den Einßußgrößen ändert, die in den Tabellen der Verfahren vorbestimmter Zeiten berück sichtigt werden - wie z. B. Bewegungsentfernung, Gewichtsbelastung, Bewegungs genauigkeit -, und die hier als primäre Einßußgrößen bezeichnet werden sollen, sondern auch von der Bewegungsgestalt, d. h. also von der Art und Zusammensetzung des jeweils zugehörigen Bewegungsablaufes. Diese durch die jeweilige Bewegungsgestalt bedingten Einßußgrößen seien unter dem Begriff »sekundäre Einßußgrößen« zusammengefaßt. Eine Zusammenfassung der hier angedeuteten Gedanken, die Ausgangspunkt der in der vorliegenden Arbeit referierten experimentellen Untersuchungen sind, findet man in dem von METZGERo formulierten »Satz von der Ganzbestimmtheit der Teile«, der lautet: »Bei der Einfügung in ein Ganzes, beim Verlassen und Wechseln des Ganzen können auch die einzelnen Teile und Teilbestimmungen selbst echte Änderungen er leiden; ändert man einen Teil oder eine Stelle oder eine Eigenschaft eines Ganzen, so können dadurch grundsätzlich auch alle anderen, nicht unmittelbar betroffenen Teile oder Stellen oder Eigenschaften des Ganzen geändert werden.« Bei dei kritischen Erörterung der analytischen Vorgehensweise der Verfahren vor bestimmter Zeiten unter den in dem Satz von der Ganzbestimmtheit der Teile zum Aus druck gebrachten Aspekten ist diesen Verfahren allerdings zuzugestehen, daß in ihren Elementarzeiten ein Teil der sogenannten sekundären Einßußgrößen berücksichtigt worden ist. Denn letztlich sind diese Zeiten ja bei Bewegungselementen gemessen wor den, die auch zu einem bestimmten Arbeitsablauf - einem bestimmten Ganzen - gehör ten. Aber es sind dann eben nur die Wechselwirkungen berücksichtigt worden, die gerade diesem Ganzen eigen waren. Ob die so ermittelten Elementarzeiten auch für andere Arbeitsabläufe gelten, ob sie also universell anwendbar sind, muß somit, zumin dest solange die Wirkung der sekundären Einßußgrößen noch nicht bekannt ist, be zweifelt werden. Zur Frage der Konstanz und Summierbarkeit von Elementarzeiten sind von einer Reihe von Forschern bereits einzelne Untersuchungen durchgeführt worden, deren Ergebnisse teilweise darauf hindeuten, daß die Zusammensetzung eines Arbeitsvorganges einen Einßuß auf die Größe der jeweiligen Elementarzeiten ausübt. Zu dieser Folgerung kom men u. a. MUNDEL6, NADLER7 und NIEBEL8, 9. NIEBEL hält es für notwendig, daß wei tere geejgnete Untersuchungen durchgeführt werden, und glaubt, daß es dann möglich sei, die Einßüsse, die durch die Abhängigkeit der Bewegungselemente von der Art der Bewegungsfolge verursacht werden, mit hinreichender Genauigkeit zu berücksichtigen. HONEYCUTT10 und TAGGARTll sind hingegen der Meinung, daß es - was die hier an geschnittene Frage der Abhängigkeit der Elementarzeiten betrifft - nicht notwendig sei, 5 METZGER, W., Psychologie. Dresden, Leipzig: Steinkopf 1941. S. 72. 6 MUNDEL, M. E., Motion and Time Study. New York: Prentice-Ha1l1953, S. 363. 7 NADLER, G. N., Motion and Time Study. New York: McGraw-Hill1955, S. 504. 8 NIEBEL, B. W., Motion and Time Study. Homewood: Irwin 1962, S. 373/374. 9 Vgl. auch: Vorbestimmte Zeiten in den USA, Teil 3. afa-Informationen, Köln (1962) 5/6, S.73. 10 HONEYCUTT, J. M., Comments on »An Experimental Evaluation of the Validity of Predeter mined Elemental Time Systems«. The Journal of Industrial Engineering, New York 13 (1962) 3, S. 171-179. 11 TAGGART, J. B., Comments on »An Experimental Evaluation of the Validity of Predeter mined Elemental Time Systems«. The Journal of Industrial Engineering, New York 12 (1961), S. 422-427. 7 an den von ihnen vertretenen Systemen (dem MTM- bzw. Work-Factor-Verfahren) irgendwelche Korrekturen vorzunehmen. Um die in der vorliegenden Arbeit zu untersuchenden Fragen näher zu erläutern, wer den im folgenden einige Versuche, deren Ergebnisse als Argumente gegen die Sum mierbarkeit von Elementarzeiten angeführt werden, kurz beschrieben. GHISELLI und BRO\VN12 untersuchten eine aus einfachen Hinlangbewegungen zusammen gesetzte Bewegungsfolge, bei der in bestimmter Anordnung aufgestellte Kontaktknöpfe betätigt wurden. In einem Falle bestand diese Bewegungsfolge zunächst aus sieben Elementen, von denen dann anschließend zwei eliminiert wurden; in einem anderen Falle setzte sich die Folge aus fünf Bewegungselementen zusammen, die anschließend ebenfalls um zwei Elemente vermindert wurde. Die Zeiten für die jeweils um zwei Elemente verkleinerten Bewegungsfolgen wurden den errechneten Werten gegenüber gestellt, die sich aus den Zeiten für die ungekürzten Bewegungsfolgen abzüglich der Zeiten für die eliminierten Elemente ergaben. Im ersteren Falle war die errechnete Zeit um 5,5% kleiner als die tatsächliche und im zweiten Fall um 14,5% größer. Bei Untersuchungen von SCHMIDTKE und STIER13 wurden in Fahrkarten Ösen ein gestanzt, und zwar bei einer Versuchsreihe jeweils zwei und bei einer anderen jeweils eine Öse. Auch hier wurde wieder die Zeit für die um bestimmte Bewegungselemente ver minderte Bewegungsfolge errechnet und mit den tatsächlich benötigten Zeiten ver glichen. An dem Versuch haben sich zwei Personen beteiligt. Dabei ergab sich bei der einen Versuchsperson eine Abweichung des errechneten Wertes vom tatsächlichen um + 5,1% und bei der anderen Versuchsperson um -16,7% . WEHR KAMP und SMITH14 haben untersucht, ob das Greifen und Drehen eines Schalters von der Länge der zu diesem Schalter führenden Hinlangbewegung abhängig ist. Bei einer Vervierfachung des Weges von 15 cm auf 60 cm nahm die Zeit für das Greifen und Drehen um etwa 11 % zu. Bei einer anderen Verrichtung (der Schalter wurde durch einen Bolzen ersetzt, der aufgehoben werden mußte) betrug die entsprechende Zeit verlängerung sogar rd. 50%. NADLER und WILKES15 untersuchten einen Bewegungszyklus, bei dem die Versuchs personen folgende Bewegungen auszuführen hatten: Hinlangen über eine Entfernung von 45 cm zu einem Drehknopf, Drehen des Knopfes um 30°, Rückkehr zum Ausgangs punkt. In einem Falle hatte der Drehknopf bei 30° einen festen Anschlag; im anderen Falle fehlte dieser Anschlag, der Knopf mußte bei visueller Kontrolle auf die 30°_ Markierung eingestellt werden. Bei dem Bewegungszyklus mit dem feinfühlig einzu stellenden Knopf lag die durchschnittlich benötigte Zeit für die Hinlang-und Rückkehr bewegung um etwa 20% über der entsprechenden Zeit der anderen Bewegungsfolge. Bei der Kritik an den Verfahren vorbestimmter Zeiten wird vielfach behauptet, diese Verfahren setzten voraus, daß die einzelnen Bewegungselemente und damit deren Ele mentarzeiten voneinander unabhängig seienl6• Diese Behauptung ist jedoch insofern 12 GHISELLI, E. E., und C. W. BRowN, Personnel and Industrial Psychology. New York: McGraw-Hill 1948, S. 268-270. 13 SCHMIDTKE, H., und F. STIER, Der Aufbau komplexer Bewegungsabläufe aus Elementar bewegungen. Köln, Opladen: Westdeutscher Verlag 1960 (Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Nr. 822), S. 63-67. 14 WEHRKAMP, R., und K. U. SMITH, Dimensional Analysis of Motion: 11. Travel-Distance Effects. Journal of Applied Psychology, Washington 36 (1952) 3, S. 201-206. 15 NADLER, G. N., und J. W. WILKES, Studies in Relationships of Therbligs. Advanced Management, New York (1953) 2, S. 20-22. 16 Vgl. u. a.: JENNINGS, E. E., The Validity of Basic Assumptions in Motion and Time Study. The Journal of Industrial Engineering, New York 5 (1954) 2, S. 16-18. Vorbestimmte Zeiten in den USA, Teil 3. afa-Informationen, Köln (1962) 5/6, S. 68. 8 einzuschränken, als die Abhängigkeit zwischen aufeinanderfolgenden Bewegungsele menten teilweise berücksichtigt wird. So wird zum Beispiel beim Work-Factor-Ver fahren die Zeit für das Hinlangen zu einem Gegenstand, um diesen zu greifen, u. a. auch in Abhängigkeit von der Schwierigkeit des auszuführenden Griffes ermittelt, oder es wird bei der Zeit für das Transportieren eines Gegenstandes, der unmittelbar anschlie ßend mit anderen Teilen zusammengesetzt werden soll, die jeweilige Montageschwierig keit mit berücksichtigtl7• Es handelt sich dabei also um die Berücksichtigung solcher Wechselwirkungen, die dann auftreten, wenn das erstere Bewegungselement in das fol gende unmittelbar übergeht. Die enge Verknüpfung aufeinanderfolgender Bewegungselemente scheint auch die Er klärung zu sein für die Ergebnisse der Versuche von NADLER und WILKES. Es ist zu vermuten, daß bei dem ersteren Bewegungszyklus dieses Versuches der Knopf gegen den Anschlag »herumgeschlagen« wurde, ohne daß die Hand am Ende der Hinlang bewegung bis auf die Geschwindigkeit Null verzögert und zu Beginn der Rückkehr bewegung aus dem Stillstand heraus beschleunigt werden mußte. Bei dem feinfühlig einzustellenden Knopf wird ein derart flüssiger Bewegungsablauf aber nicht möglich gewesen sein, so daß hierbei längere Bewegungszeiten auftraten als bei der ersteren Be wegungsfolge. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß beispielsweise das MTM Verfahren einen Unterschied macht, ob eine Hinlangbewegung eine Beschleunigungs oder Verzögerungsphase (oder beide) enthält oder nichtl8. 3. Experimentelle Untersuchungen über die Abhängigkeit von Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungs vorganges 3.1 Grundlagen der Planung, Durchführung und Auswertung der Untersuchungen Entsprechend den im vorigen Kapitel gemachten Ausführungen standen die eigenen experimentellen Untersuchungen unter der speziellen Fragestellung: Sind die Ausführungszeiten für das einzelne, fest umrissene Bewegungselement - trotz Konstanthaltung der dieses Element unmittelbar bestimmenden Bewegungs bedingungen - von der Art und Zusammensetzung des jeweils zugehörigen Be wegungsablaufes abhängig, oder - anders ausgedrückt - gibt es Einflüsse aus der jeweils vorliegenden -Bewegungsgestalt, die eine Veränderung der Elementarzeiten zur Folge haben? Bei den unter dieser Fragestellung durchgeführten Versuchen sind nicht die - am Ende des vorigen Kapitels erwähnten - Wechselwirkungen untersucht worden, die zwischen unmittelbar ineinander übergehenden Bewegungselementen auftreten. Diese Wechsel wirkungen zählen nach der in dieser Arbeit gegebenen Definition zur Gruppe der pri- 17 QUICK, J. H., J. H. DUNCAN und J. A. MALcoLM, Das Work-Factor-System. Handbuch des Industrial Engineering,Bd. IV. Berlin, Köln, Frankfurt a. M.: Beuth-Vertrieb 1956, S. 89 und 95. 18 SCHWAB, J. L., Methods-Time-Measurement. Handbuch des Industrial Engineering, Bd. IV. Berlin, Köln, Frankfurt a. M.: Beuth-Vertrieb 1956, S. 34. 9 mären Einflußgrößen (vgl. S. 7). Es sollte vielmehr ermittelt werden, ob - im Sinne des Satzes von der Ganzbestimmtheit der Teile - bei der Änderung einer Bewegungs folge auch die Zeiten der nicht unmittelbar betroffenen Teile geändert werden. Ziel der hier referierten Untersuchungen ist es, abzuschätzen, ob die Methode der Ver fahren vorbestimmter Zeiten - soweit sie die Summierbarkeit der Elementarzeiten be trifft - eine für die Praxis ausreichende Genauigkeit gewährleistet. Die bisher zu dieser Frage vorliegenden Untersuchungen erlauben es nicht, hierzu verbindlich Stellung zu nehmen. Die zu bearbeitende Aufgabe ist allerdings derart komplex, daß auch die Er gebnisse der Untersuchungen, über die nachstehend berichtet wird, nur Aussagen über bestimmte Teilbereiche zulassen. Bei den entsprechend der oben skizzierten Fragestellung ausgerichteten Versuchen ist jeweils ein bestimmtes Bewegungselement innerhalb verschiedener Arbeitsvorgänge bzw. ein bestimmter Arbeitsvorgang innerhalb verschiedener Arbeitsabläufe unter sucht worden. Wegen der hierbei erforderlichen Variation der Arbeitsvorgänge bzw. der Arbeitsabläufe bei gleichzeitiger Konstanthaltung der jeweils maßgebenden primä ren Einflußgrößen ist es schwierig, entsprechende, für eine Untersuchung geeignete Arbeiten im Industriebetrieb zu finden. Es sind deshalb Laborversuche durchgeführt worden, bei denen die Arbeitsbedingungen - innerhalb der gegebenen meßtechnischen Möglichkeiten - so variiert werden konnten, wie es der Versuchsplan erforderte. Für die Auswertung der Versuche wäre es am günstigsten gewesen, die zu untersuchen den Bewegungsvorgänge zu filmen; darauf mußte jedoch wegen der damit verbundenen verhältnismäßig hohen Kosten verzichtet werden. Die zu ermittelnden Bewegungs zeiten sind mit geeigneten schreibenden oder druckenden Zeitmeßgeräten aufgenommen worden. Bezüglich der Versuchsdurchführung ist noch darauf hinzuweisen, daß die Versuchs personen die Anweisung hatten, jeweils eine ihnen angemessen erscheinende Bewegungs geschwindigkeit zu wählen. Denn es ist davon auszugehen, daß unter diesen Umständen die zu untersuchenden Einflüsse unverfälschter ermittelt werden können, als wenn man der Versuchsperson ein ihr möglicherweise nicht adäquates Arbeitstempo vorschreibt. Der Versuch, bei den zu untersuchenden Bewegungen einen Leistungsgrad zu schätzen und hiermit die Istzeiten in »Normalzeiten« umzurechnen, ist zumeist wegen der viel fach sehr kurzen Bewegungszeiten von vornherein zum Scheitern verurteilt, zum ande ren aber auch in jedem Falle abzulehnen, weil dadurch ein nicht erfaßbarer Fehler in die Versuchs auswertung einginge, der die tatsächlichen Verhältnisse unter Umständen völlig verschleiern würde. Deshalb wurden der Versuchsauswertung die gemessenen Zeitwerte ohne jede Umrechnung zu Grunde gelegt. Die teilweise stark streuenden Ergebnisse von Vorversuchen, die zur Frage der Ab hängigkeit von Elementarzeiten vom Aufbau des auszuführenden Bewegungsvorganges durchgeführt worden sind, haben gezeigt, daß es vor allem wegen der Leistungsunter schiede zwischen den Versuchspersonen (interindividuelle Schwankungen) und der Leistungsschwankungen bei der einzelnen Versuchsperson (intraindividuelle Schwan kungen) sehr schwierig ist, zu allgemeingültigen, verwertbaren Aussagen zu kommen. Es hat sich deshalb - über die Entwicklung einer sachrichtigen Untersuchungskonzep don hinaus - als notwendig erwiesen, die Methoden der statistischen Versuchsplanung und -auswertung auf solche Verfahren hin kritisch zu sichten, die für die Untersuchung der vorliegenden Fragestellung geeignet erscheinen und möglichst aussagefähige Er gebnisse gewährleisten 19. 19 Eine nähere Darstellung der bei Untersuchungen der vorliegenden Art anzuwendenden Verfahren der Versuchsplanung und -auswertung findet sich in: SANFLEBER, H., Unter suchung über die Summierbarkeit von Elementarzeiten. Diss. TH Aachen 1965, S. 22-37. 10 Allgemein ist es Ziel einer sinnvollen Versuchsplanung, bei vorgegebenem Aufwand ein Höchstmaß an Aussagefähigkeit bzw. eine bestimmte verlangte Aussagegüte mit einem Minimum an Aufwand zu erhalten. Im vorliegenden Fall kam es bei der Auf stellung der Versuchspläne vor allem darauf an, die innerhalb einer Versuchsreihe mit einander zu vergleichenden Bewegungsabläufe jeweils so hintereinander anzuordnen und zu wiederholen, daß Einflüsse durch Leistungsschwankungen der Versuchspersonen im Verlaufe des Versuches - z. B. infolge Ermüdung oder fortschreitender Einübung - weitgehend ausgeschaltet wurden. Besonderes Ziel der statistischen Versuchsauswertung ist es, durch möglichst voll ständige Ausnutzung der in den Beobachtungswerten enthaltenen Informationen ein Höchstmaß an Aufschlüssen zu erhalten bei gleichzeitiger Reduzierung des Risikos von Fehlschlüssen auf ein Mindestmaß. Dabei liegt es in der Natur der mathematisch statistischen Methoden begründet, daß Schlußfolgerungen - bei der vorliegenden Untersuchung stets im Sinne eines Schlusses von der Stichprobe auf die zugehörige Grundgesamtheit - immer nur mit einer von Fall zu Fall zu bestimmenden Sicherheit gezogen werden können. Wie auf S. 10 dargelegt, waren bei der vorliegenden Untersuchung solche Versuche durchzuführen, bei denen jeweils ein bestimmtes Bewegungselement innerhalb verschie dener Arbeitsvorgänge bzw. ein bestimmter Arbeitsvorgang innerhalb verschiedener Arbeitsabläufe auftritt. Entsprechend den Begriffen der Versuchsplanung werden die verschiedenen Arbeitsvorgänge bzw. Arbeitsabläufe als »Verfahren« bezeichnet, die einander gegenübergestellt werden. Aufgabe der Versuchs auswertung ist es dabei, fest zustellen, ob zwischen diesen Verfahren - was die Beeinflussung der jeweils zur Diskus sion stehenden Ausführungszeiten betrifft - wesentliche Unterschiede bestehen oder nicht. Die Versuchs aus wertung läuft also auf eine Vergleichsbildung hinaus. Bei den Auswertungen sind sowohl verteilungs gebundene (parametrische) Prüfver fahren angewandt worden - wie der t-Test (Student's Test)20 sowie einfache und mehr fache Streuungszerlegungen21 - als auch verteilungs freie (parameterfreie) Tests - wie der X-Test von v AN DER W AERDEN22 als Gegenstück zum t-Test und der Test von KRUSKAL und W ALLIS23 als Gegenstück zur einfachen Streuungszerlegung. Die korrekte Auswertung der durchgeführten Versuche setzt voraus, daß die aufgenom menen Meßwerte die Bedingungen erfüllen, die an die anzuwendenden statistischen Prüfverfahren geknüpft sind. In diesem Zusammenhang interessiert vor allem die Ver teilungsform der Stichprobenwerte, damit entschieden werden kann, inwieweit para metrische Tests zur Signifikanzprüfung eingesetzt werden können, und zum anderen ist es erforderlich, daß die Beobachtungswerte voneinander stochastisch unabhängig sind, was sowohl für die Anwendung parametrischer als auch parameterfreier Tests bindende Voraussetzung ist. Zur Prüfung dieser Fragen - Verteilungs form und korrelative Verknüpfung - sind ge eignete Vorversuche durchgeführt worden, auf deren Beschreibung hier verzichtet werden so1l24. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei den verwendeten para- Siehe u. a.: LINDER, A., Statistische Methoden. 3. Aufl. Basel, Stuttgart: Birkhäuser 1960, 20 S.91-94. 21 Siehe u. a.: LINDER, A., a. a. 0., S. 100-138. LINDER, A., Planen und Auswerten von Versuchen. 2. Aufl. Basel, Stuttgart: Birkhäuser 1959, S. 14--48. 22 Siehe u. a.: VAN DER W AERDEN, B. L., Mathematische Statistik. Berlin, Göttingen, Heidel berg: Springer 1957, S. 285-295. Siehe u. a. PFANZAGL, J., Allgemeine Methodenlehre der Statistik, Bd. 11. Berlin: de Gruyter 23 1962 (Sammlung Göschen Bd. 747/747a), S. 146-149. Vgl. hierzu: SANFLEBER, H., a.a.O., S. 38-50. 24 11

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