FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 2030 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 621.372.4 Dr.-lng. Gerhard Diekopp Im Auftrage von Professor Dr.-Ing. Bugen Piegier Rogowski-Institut für Elektrotechnik der Rhein.-Westf. Technischen Hochschule Aachen Untersuchung von Netzen mit veränderlichen Elementen SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH 1969 ISBN 978-3-663-19943-4 ISBN 978-3-663-20288-2 (e Book) DOI 10.1007/978-3-663-20288-2 Verlags-Nr. 012030 © 1969 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Köln und Opladen 1969 Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag Inhalt 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Ersatzdarstellungen für die Veränderungen der Grundzweipole eines elektrischen Netzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Netz mit im allgemeinen nichtlinearen und zeitveränderlichen Elementen 6 2.2 Spezielle Formen von Kennlinienänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.3 Anfangsbedingungen für Strom- und Spannungsänderungen . . . . . . . . . 9 3. Näherungslösung für kleine Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.1 Der Gleichstrom- und Gleichspannungsausgangszustand . . . . . . . . . . . . 10 3.1.1 Schaltung mit einer veränderlichen Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.1.2 Schaltung mit einer Induktivität, die eine veränderliche nichtlineare Kennlinie besitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2 Der Wechselstrom- und Wechselspannungsausgangszustand.......... 15 4. Verbesserung der Näherungslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4.1 V erfahren einer schrittweisen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.1.1 Schaltung mit einer veränderlichen Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5. Entdämpfung von Netzen mit Hilfe periodischer Änderungen von Energie- speichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.1 Einkreisanordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 5.1.1 Reihenschwingkreis mit einer sich periodisch ändernden Induktivität . . 23 5.1.2 Reihenschwingkreis mit einem ohmseben Widerstand, der einen sinus- förmigen Wechselanteil besitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.2 Anordnungen mit mehreren Schwingkreisen (Parametrische Verstärker) 34 6. Vereinfachte Berechnung von Strömen und Spannungen in Schwingkreisen mit hohen Güten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6.1 Schwingkreise mit konstanten Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6.2 Schwingkreise mit veränderlichen Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.2.1 Reihenschwingkreis mit veränderlicher Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.2.2 Parallelschwingkreis mit veränderlicher Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 6.2.3 Umwandlung der Ersatzquellen für Zweige mit veränderlichen Ele- menten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 6.2.4 Anordnung mit zwei Schwingkreisen, die über einen veränderlichen 46 Energiespeicher gekoppelt sind ................................. . 6.2.4.1 Speisung durch sinusförmige Quellenspannungen und Einströmungen 46 3 6.2.4.2 Bandbreite eines parametrischen Verstärkers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6.2.4.3 Periodische Änderung des Hubes einer gesteuerten Kapazität . . . . . . . . 61 7. Die Entstehung von Kennlinienänderungen und die Rückwirkung von Strömen und Spannungen auf die veränderlichen Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 9. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4 1. Einleitung In den Arbeiten [35], [42], [49] wurde unter anderem untersucht, wie man näherungs weise die Stromänderungen berechnen kann, die in einem elektrischen Netz als Folge kleiner Widerstandsänderungen auftreten. Die Behandlung war beschränkt auf Gleich stromnetze, die im allgemeinen nichtlineare Elemente enthalten. In der vorliegenden Arbeit werden die Untersuchungen in verschiedener Hinsicht er weitert: 1. Neben den Änderungen von Widerständen werden die Auswirkungen von Induk tivitäts- und Kapazitätsänderungen betrachtet. 2. Die Beschränkung auf Störungen in Gleichstromnetzen wird fallengelassen. Unter der Voraussetzung, daß nur lineare Kennlinienteile ausgesteuert werden, soll ein beliebiger Ausgangszustand von Strömen und Spannungen zugelassen sein, der den Wechselstromausgangszustand als Sonderfall einschließt. 3. Die Behandlung wird auf solche Elementsänderungen ausgedehnt, die große Ände- rungen der im Netz auftretenden Ströme und Spannungen hervorrufen. Für die Änderungen der Grundzweipole Widerstand (ohne Induktivität und Kapazität), Induktivität (ohne Widerstand und Kapazität) und Kapazität (ohne Widerstand und Induktivität) werden Ersatzschaltungen abgeleitet. Es wird wie in den oben erwähnten Arbeiten eine Form gewählt, die sich zu einer unmittelbaren Berechnung der Strom und Spannungsänderutzgen eignet. Aus diesen Ersatzbildern lassen sich später leicht solche zur Bestimmung der Gesamtströme und -Spannungen gewinnen. Treten nur Widerstandsänderungen auf, so wird die gesamte dem Netz zugeführte Energie von den vorhandenen Strom- und Spannungsquellen geliefert. Enthält das Netz auch veränderliche Energiespeicher, so tritt zusätzlich ein Energieaustausch zwi schen dem betrachteten Netz und den Systemen auf, die die Elementänderungen be wirken. Dem Netz wird durch die Änderung eines Energiespeichers Energie zugeführt oder entzogen. Damit ist die Möglichkeit verbunden, eine Schaltung durch geeignete Änderung eines Energiespeichers zu entdämpfen oder zu dämpfen. Die exakte Beschreibung von Strömen und Spannungen in Netzen mit veränderlichen Elementen führt im allgemeinen auf Differentialgleichungen mit nichtkonstanten Koeffi zienten. Gleichungen dieser Art lassen sich nur in Sonderfällen lösen. Es wird gezeigt, daß es durch eine Verallgemeinerung des in den oben genannten Arbeiten abgeleiteten Verfahrens möglich wird, allein durch Auflösen von Differentialgleichungen mit kon stanten Koeffizienten eine Lösung mit beliebig kleinen Fehlern für die auftretenden Ströme und Spannungen zu finden. Im letzten Teil der Arbeit wird die Bestimmung von Strömen und Spannungen in Schwingkreisen mit hohen Güten, die veränderliche Elemente enthalten, auf die Be rechnung des Amplitudenverlaufs zweier um eine Viertelperiode phasenverschobener Strom- oder Spannungskomponenten zurückgeführt. Auf diese Weise gelingt es, z. B. die Berechnung der in den Arbeiten [39] und [40] behandelten Einschwingvorgänge in parametrischen Verstärkerschaltungen erheblich zu vereinfachen. 5 2. Ersatzdarstellungen für die Veränderung der Grundzweipole eines elektrischen Netzes 2.1 Netz mit im allgemeinen nichtlinearen und zeitveränderlichen Elementen Es wird ein Netz betrachtet, das aus Widerständen, Kapazitäten und Induktivitäten besteht und beliebige Spannungsquellen und Einströmungen besitzt. Die Zweipole mögen durch im allgemeinen nichtlineare, jedoch eindeutige Kennlinien beschrieben sein. In diesem Netz sind Ströme und Spannungen durch ein System von Knoten- und Maschengleichungen bestimmt. Der Zustand des Netzes, in dem die Elemente als zeit lich unveränderlich angesehen werden können, sei als »Ausgangszustand« bezeichnet. Nehmen wir an, daß sich, beginnend zu einem bestimmten Zeitpunkt, ein Element des Netzes ändert, so bewirkt diese Änderung im allgemeinen eine Änderung sämtlicher Netzströme und -spannungen. Der neue, »gestörte« Zustand setzt sich zusammen aus dem, der sich ergeben hätte, wenn keine »Störung« im Netz aufgetreten wäre, und den Änderungen, die sich diesem Ausgangszustand überlagern. Die Kennlinien zur Beschreibung des Ausgangszustandes der veränderlichen Elemente sind UR= f(iR) für den Widerstand, 1J!L = J(h) für die Induktivität und qc = j(uc) für die Kapazität. Die entsprechenden veränderten Kennlinien (gestörter Zustand) sind uJi. = f(iR), 1pt = j(h) und qt = f(uc) (Abb. 2.1). Wir schreiben die Knoten und Maschengleichungen für den gestörten Zustand des Netzes (ähnlich wie in [49]) symbolisch in folgender Form: Knotengleichungen: :t · · · + io + · · · + iR0 + JiR + · · · + h0 + JiL + · · · + [qt(Uc0 + Juc)] + · · · = 0 (2.1 a) Maschengleichungen: • • • + Uo + • • • + uii. (iR + JiR) + • • • + ~ [1J!t (h + Jh)] + 0 ~ 0 + · · · + Uc0 + Juc + · · · = 0 (2,1 b) Die entsprechenden Gleichungen für den Ausgangszustand lauten: · · · + io + · · · + iR0 + · · · + h0 + · · · + ~ [qc(uc0)] + · · · = 0 , (2.2a) · · · + uo + · · · + uR(iR0) + · · · + d~ [1pL(h0)] + · · · + uc0 + · · · = 0. (2.2b) In den Gleichungen ist uo die Quellenspannung und io die Einströmung. iR0, iL0 und uc sind Ausgangsgrößen und JiR, Jh und Juc die entsprechenden Änderungen. 0 Werden näherungsweise nur lineare Bereiche der in Abb. 2.1 wiedergegebenen Kenn linien ausgesteuert, so gelten die Beziehungen: + + 11R(iR0 JiR) R:::: UR(iR0) u' • JiR , (2.3a) 1f!L(h0 + JiL) R:::: 1J!L(h0) + 1p'. Jh , (2.3b) qc(uc0 + Juc) R:::: qc(uc0) + q' · L1uc (2.3c) 6 und + + u1i(iR LliR) ~ u~(iRo) u+' · LliR (2.4a) 0 + + 1J!1(iL Llh) ~ 1J!1(h 1p+' · Llh (2.4 b) 0 0) (2.4c) '11Cf \!fl "'~ ( il,;+-llil) 'lf~( jlo) 'lfL( j L) (a) (b) GCt qc q~(U~lluJ q~(uc) qc(uCo) Abb. 2.1 Veränderliche Kennlinien: (a) Widerstand, (b) Induktivität, (c) (c) Kapazität u', 1p', q' und u+', 1p+', q+' sind die Kennlinienanstiege im Ausgangszustand und im gestörten Zustand des Netzes. Unter der Voraussetzung, daß nur Kennlinienteile aus gesteuert werden, die man als linear ansehen kann, sind die Kennlinienanstiege aus steuerungsunabhängig. u', 1p1 und q' sind damit gleichzeitig zeitunabhängig; u+', 1p+' und q+' dagegen sind in Abhängigkeit von den Kennlinienänderungen im allgemeinen Funktionen der Zeit. Subtrahiert man die Knoten- und Maschengleichungen für den Ausgangszustand von denen des gestörten Zustandes und berücksichtigt dabei die Gln. (2.3) und (2.4), so erhält man: 7 ... + + ... + + ... + : + : + ... LliR Llh [q6(uc0) _ qc(uc0)] (q+' . Lluc) = 0, (2.5a) ... + + + ... + : + ufl(iRo)-uR(iRo) u+' . LliR [1f'!(ho) -lj!L(ho)] +i(1f'+'·Llh)+···+Lluc+···=0. (2.5b) dt Diese Gln. (2.5) lassen sich wieder als Knoten- und Maschengleichungen eines neuen Netzes deuten, in dem an Stelle der veränderlichen Elemente die in Abb. 2.2 wieder gegebenen Ersatzzweipolquellen erscheinen. (a) (b) 0 (c) Abb. 2.2 Ersatzbilder nichtlinearer Elemente, deren Kennlinien sich ändern (a) Widerstand, (b) Induktivität, (c) Kapazität Das neue Netz unterscheidet sich von dem ursprünglichen in folgender Weise: 1. An Stelle der Ströme und Spannungen selbst erscheinen nur deren Änderungen. 2. Die durch die Störungen unbeeinfl.ußten Quellenspannungen sind durch Kurz schlüsse ersetzt, die unbeeinfl.ußten Einströmungen verschwinden. 3. Es treten neue Quellenspannungen und Einströmungen auf. Sie lassen sich durch einen V er gleich der Kennlinien im gestörten und im ungestörten Zustand bestimmen. Sie sind Funktionen der Zeit. 4. Die nichtlinearen Zweipole sind durch lineare Elemente ersetzt. Diese sind gleich den Anstiegen der entsprechenden Kennlinien im Aussteuerungsbereich (Abb. 2.1). Sie sind im allgemeinen ebenfalls Funktionen der Zeit. 2.2 Spezielle Formen der Kennlinienänderungen Die in den Abb. 2.2a-2.2c wiedergegebenen Ersatzschaltungen lassen sich vereinfachen, wenn besondere Formen der Kennlinienänderungen vorliegen. Bleiben die betrachteten Elemente zeitlich gleich, so verschwinden die in den abgeleite ten Ersatzbildern auftretenden Quellenspannungen und Einströmungen. Die Ersatz schaltungen bestehen in diesen Fällen aus den konstanten passiven Elementen u', 1p' undq'. 8 Ist die Kennlinienänderung so beschaffen, daß die veränderte Kennlinie im Aussteue rungsbereich durch eine Parallelverschiebung in Richtung der Ordinate aus der ur sprünglichen hervorgeht (dies ist z. B. näherungsweise bei Triodenkennlinien gegeben), so tritt keine Änderung des Kennlinienanstiegs ein. Die im allgemeinen zeitveränder lichen Ersatzelemente u+', tp+' und q+' sind in diesen Fällen durch die konstanten Ele mente u', tp' und q' zu ersetzen. Sind die Kennlinien der veränderlichen Elemente linear, so erhalten mit UR = R. iR, 'ljJL =L·h, qc = C·uc, (2.6a) uJi = R+ · iR, tp! =L+ ·h, q~ = c+ 'Uc, (2.6b) R+ -R = LIR, L+ -L =LIL, c+ -C=LIC (2.7) die in den Abb. 2.2a-2.2c angegebenen Ersatzgrößen folgendes Aussehen: uti(iRo)-uR(iR = iR LIR u+' = R+ (2.8a) 0) 0 • d~t [tp!(h0)-'lfJL(h0)] = d~t [iL0 • LIL] tp +, = L + (2.8b) d + d dt [qc(uc qc(uc = dt [uc LIC] (2.8c) 0)- 0)] 0 • 2.3 Anfangsbedingungen für Strom- und Spannungsänderungen Bei der Berechnung der Strom-und Spannungsänderungen aus den Differentialgleichun gen ist die Kenntnis der Anfangsbedingungen für die gesuchten Größen notwendig. Diese Bedingungen sind gegeben, wenn die Stromänderungen Llh und die Spannungs änderungen Lluc für einen bestimmten Zeitpunkt bekannt sind. Damit Ströme, Spannungen und Leistungen im allgemeinen Fall beschränkt bleiben, sind wir gezwungen, nur stetige Kennlinienänderungen der Energiespeicher zuzulassen. Diese Forderung entfällt für die Änderung von Widerstandskennlinien (siehe [49]). Die Notwendigkeit der genannten Forderung soll am Beispiel der Änderung einer linearen Induktivitätskennlinie gezeigt werden. Das Ergebnis kann dann sinngemäß auf eine veränderliche Kapazität übertragen werden. Die zeitliche Änderung der Energie einer veränderlichen linearen Induktivität ist gegeben durch den Ausdruck -1 · -d [L + ' t·L2 ) = UL ' I. L- -1 ' Z·2L ' d-L+ (2 · 9) 2 ~ 2 ~ mit 'fJJ! d + . UL = - = - (L · IL) (2.10) dt dt Aus Gl. (2.9) geht hervor, daß für dL+ fdt ~ oo der zeitliche Differentialquotient ~ ~ (L+ il) der Energie oder die auftretende elektrische Leistung uL • iL unendlich 2 dt groß werden müßten. Wenn wir diese beiden Fälle ausschließen, darf sich die Kennlinie des magnetischen Energiespeichers nur stetig ändern. Aus der Stetigkeit der Kennlinienänderungen von Energiespeichern folgt, daß un mittelbar nach dem Einsetzen einer Störung durch die Änderung eines Netzelementes gilt: Llh = 0' (2.11 a) Lluc = 0. (2.11 b) 9