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Untersuchung über Bindungsfestigkeiten innermolekularer Wasserstoffbrücken in organischen Verbindungen PDF

67 Pages·1972·2.063 MB·German
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 2186 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn vom Minister für Wissenschaft und Forschung Jo hannes Rau Prof Dr. Herber! H oyer Dr. Zinnia F. Celestial Dr. Modesto Chua Dr. Wolfgang Hensel Institut für Organische und Biochemie und Institut für Prysikalische Chemie der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Untersuchung über Bindungsfestigkeiten innermolekularer Wasserstoffbrücken in organischen Verbindungen SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH 1972 ISBN 978-3-531-02186-7 ISBN 978-3-663-19787-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-19787-4 © 19 72 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher V erlag GmbH, Opladen 19 7 2 Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag Inhalt 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Schwierigkeiten bei direkter Bestimmung thermodynamischer Reaktionsgrößen innerer Wasserstoffbrückenbindungen Vergleichen von Bindungsenergien durch Infrarotspektroskopie konkur rierender innerer Wasserstoffbrücken Erörterung notwendiger Spektreneigenschaften (Gruppenfrequenzen und Extinktionen) 2. Schwächung innerer Wasserstoffbrücken durch sterische Faktoren . . . . . . . . . . 8 a) Nitrogruppenverdrehung cx) 2,3-Dinitrophenol ß) 2,3-Dinitro-4-chlorphenol b) Spreizung des 0 ... 0-Abstandes im 1-Hydroxy-4-methyl-fluorenon c) Rotationsisomerie des 3,4,6-Trichlor-2-nitro-phenols 3. Begünstigung innerer Wasserstoffbrücken durch sterische Faktoren 10 a) Der angebliche Stützeffekt b) IR-Spektren und sterischer Bau des 2,4-Resorcyldialdehyds, des 2,4-Di acetylresorcins und weiterer Diacetylphenole c) IR-Spektren halbseitiger Schiffscher Basen einiger Diacetylphenole d) Kein Stützeffekt im Molekül des 2-Hydroxy-3-nitro-1-naphthaldehyds 4. Wasserstoffbrücken zum Azomethinstickstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Beziehungen zur Basizität der Amine cx) Gleichgewichte zwischen Rotationsisomeren des 2-Hydroxy-3-carbo methoxy-5-methyl-benzyliden-(N-3' ,4' ,5'- trichlorphenyl)-imins ß) Gleichgewichte zwischen den Rotationsisomeren des 2-Hydroxy-3- carbomethoxy-5-methyl-benzyl iden-(N- 2', 4' ,6 '-trichlorphenyl)-imins b) Sterische Begünstigung der Wasserstoffbrücke OH ... N im 2-Hydroxy-3- carbomethoxy-5,6-dimethyl-benzyliden-(N-tert.-butyl)-imin 5. Die Oximgruppe als Protonendonor in inneren Wasserstoffbrücken . . . . . . . . . 20 a) Frühere Annahmen über ihre Sonderstellung b) Beobachtungen an syn- und anti-Phenyl-2-pyridyl-ketoximen c) Das Behinderungspotential der Gruppenrotation und die Freie Enthalpie der Wasserstoffbrückenbindung d) Innere Wasserstoffbrücken in Campherchinonmonoximen 3 6. Rotationsisomerien in Kohlenstofftetrachloridlösungen substituierter 2- Hydroxy-3-nitro-benzophenone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Betrachtungen über pKa-Werte b) Der unebene Bau der Rotationsisomeren 7. Ergänzende Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 a) 2-H ydroxy-3-nitro-5-amino-acetophenon b) 3-Nitro-4,4'-dihydroxy-5-acetyl-3', 5'-di-tert.-butyl-azobenzol c) Messungen an 2-Hydroxyacetophenon im Bereich des zweiten Obertons der OH-Valenzschwingung 8. Experimentelles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 a) Bemerkungen zur spektroskopischen Technik b) Ultramikro-Molgewichtsbestimmungen c) Herstellung der Verbindungen 9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Dank................................................................. 36 Literaturverzeichnis und Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4 1. Einleitung Schwierigkeiten bei direkter Bestimmung thermodynamischer Reaktionsgrößen innerer Wasserstoffbrückenbindungen Vergleichen von Bindungsenergien durch Infrarotspektroskopie konkurrierender innerer Wasserstoffbrücken Erörterung notwendiger Spektreneigenschaften (G ruppenfrequenzen und Extinktionen) Die Kenntnis der innermolekularen Wasserstoffbrückenbindung hat sich in mehreren deutlich begrenzten Schritten entwickelt. Die Wasserstoffbrücke wurde in der Zeit der Entfaltung der Wemersehen Koordinationstheorie frühzeitig als komplexe Bindung des Wasserstoffs beschrieben, ohne damals mit einem besonderen Namen belegt zu werden. Das Mittel, sie zu erkennen, waren in dieser frühen Zeit auffällige Besonder heiten der chemischen Reaktionen, die sie bewirkt. Unter den später hinzutretenden Methoden der Molekülphysik zum Nachweis von Wasserstoffbrücken kam als erster der Infrarotspektroskopie eine sehr bedeutsame Rolle zu, da sie es im Gegensatz zu vordem angewandten allgemeinen physikalischen Methoden erlaubt, die durch die Wasserstoffbrücken betroffenen und durch sie modifizierten Bindungen in einem Molekül direkt zu untersuchen 1• Hauptsächlich durch die Infrarotspektroskopie und in geringerem Maße durch die Raman-Spektroskopie war ein zweifelsfreier Nachweis innerer Wasserstoffbrücken möglich, der eine schnelle Verbreitung der Kenntnisse über das Vorkommen innerer Wasserstoffbrücken und eine Ausmerzung von Unklarheiten zur Folge hatte. Trotzdem konnten aber genauere Vorstellungen über die Festigkeiten innermolekularer Wasser stoffbrücken nicht entwickelt werden. Dies liegt an der Größenordnung der Bindungsenergien der Wasserstoffbrücken, die in einen experimentell schwer zugänglichen Bereich fallen. Diese Ene'rgien sind zu klein, um mit solchen thermochemischen Methoden sauber erfaßt werden zu können, die bei spielsweise zur Ermittlung der Bindungsenergien von Einfachbindungen angewandt werden2• Sie sind aber andererseits zu groß, um sich aus der Temperaturabhängigkeit von sozusagen innermolekularen Dissoziationsgleichgewichten bestimmen zu lassen. Nur für die schwächsten inneren Wasserstoffbrücken haben sich Werte der Bindungs energien angeben lassen3• An diesen Schwierigkeiten der direkten Messung der Bin dungsenergien innermolekularer Wasserstoffbrücken in Molekülen wie Salicylaldehyd, ortho-Ni trophenol, 1-H ydroxyanthrachinon hat sich bis heute trotz der Entwicklung weiterer sehr wirksamer spektroskopischer Methoden wie der Protonenresonanzspektroskopie nichts Grundsätzliches geändert. Um dennoch zu feineren Vorstellungen über innere Wasserstoffbrücken zu gelangen, haben wir die direkte Bestimmung von Bindungsenergien vermieden und statt ihrer 5 Vergleiche der Anderungen der Freien Enthalpie der Wasserstoffbrückenbildung für viele Moleküle mit Hilfe konkurrierender Wasserstoffbrücken angestellt. Für die Syn these der dazu erforderlichen zahlreichen Verbindungen hatten wir erhebliche präpara tive Arbeit zu leisten. Unter konkurrierenden Wasserstoffbrücken verstehen wir in dieser Arbeit solche, die ein Protonendonor - hier stets die Hydroxylgruppe - innermolekular mit benachbarten Protonenakzeptoren gemäß folgendem Schema prinzipiell bilden kann: (X, Y Protonenakzeptoren) Anordnungen von Gruppen in dieser Art haben das Bestehen von Gleichgewichten in Lösungen oder unverdünnten Flüssigkeiten zur Folge, die allerdings in manchen Fällen sehr einseitig liegen. Für die Anwendbarkeit der Infrarotspektroskopie zur Untersuchung solcher Gleich gewichte ist es erstens erforderlich, daß es charakteristische Frequenzen gibt, an denen man die Beteiligung einer Gruppe an einer inneren Wasserstoffbrücke erkennen kann, zweitens, daß - wenigstens in den meisten Fällen - auch die für Wasserstoffbrücken bindung charakteristischen Merkmale in einem Spektrum hinreichend intensiv sind, um überhaupt beobachtet werden zu können. Die Charakteristika der Infrarotspektren von Molekülen mit Wasserstoffbrücken sind oft beschrieben worden. Deshalb wird hier nur eine Zusammenstellung einiger Valenz schwingungsfrequenzen gegeben, auf die wir bei der Diskussion unserer Ergebnisse zurückgreifen müssen (Tab. 1) . Es sei an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, daß Tab. 1 Hydroxyl- und Carbotrylvalenzschwingungen gelöster Verbindungen (Lösungsmittel Kohlenstofftetrachlorid) 0 H-Valenzschwingungen Phenol (Monomerbande) 3605 cm-1 p-Chlorphenol (Monomerbande) 3602,5 cm-1 o-Nitrophenol 3246 cm-1 o-Chlorphenol (»trans«-Bande) 3600 cm-1 (»cis«-Bande) 3545 cm-1 C = 0-Valenzschwingungen Benzaldehyd 1706 cm-1 Salicylaldehyd 1663 cm-1 Acetophenon 1689,5 cm-1 2-H ydroxy-acetophenon 1648 cm-1 Benzoesäuremethylester 1723,9 cm-1 Salicylsäuremethylester 1678,5 cm-1 2,5-Dihydroxy-terephthalsäure-diäthylester 1676 cm-1 4-Methyl-benzoesäure-äthylester 1717,6 cm-1 4-Methyl-benzoesäure-methylester 1722,8 cm-1 2-Methylbenzoesäure-äthylester 1717,5 cm-1 6 die Infrarotspektren, die später besprochen werden, sich stets auf die in Kohlenstoff tetrachlorid gelösten Verbindungen beziehen. Wie die Zusammenstellung zeigt, ist das grundsätzliche Merkmal der inneren Wasser stoffbrückenbindung in den IR-Spektren, die durch sie bewirkte Verschiebung der Valenzschwingungsabsorptionen der an ihr beteiligten Hydroxy- und Carbonylgruppen nach längeren Weilen. Daß die für Wasserstoffbrücken charakteristischen Banden in den Infrarotspektren der in den Gleichgewichten vorkommenden Konformationen auch mit hinreichender Inten sität zu erwarten waren, zeigt eine thermodynamische Betrachtung, an deren Anfang darauf hingewiesen werden muß, daß schon sehr früh beim o-Chlorphenol und später auch bei anderen ortho-Halogenphenolen Gleichgewichte zwischen Rotationsisomeren beobachtet worden sind. Die Reaktionsentropie des Prozesses der Bildung einer inneren Wasserstoffbrücke, wie er am Beispiel des o-Jodphenols aufgezeigt werden kann, .. ist sehr klein4• 5, die Änderung der freien Enthalpie bei der Bildung einer inneren Wasserstoffbrücke also näherungsweise der Änderung der Enthalpie gleich: Gewöhnlich wird angenommen, daß ßH bei entsprechenden Reaktionen unter Beteili gung starker innerer Wasserstoffbrücken Werte bis herab zu -8 kcalfMol erreicht. Experimentell bestimmte Werte von ßH für starke innere Wasserstoffbrücken von der Art derjenigen des o-Nitrophenols oder 2-Hydroxy-acetophenons gibt es jedoch nicht. Für die Reaktion der Wasserstoffbrückenbildung bei o-Halogenphenolen haben RossMY, LÜTTKE und MECKE4 LlH und LlF ermittelt und dafür Werte von etwa -3 kcalfMol angegeben. Die Wasserstoffbrücken in den o-Halogenphenolen sind schwach. Deswegen kommen bei diesen Verbindungen die verschiedentlich als trans-Formen bezeichneten Konformationen noch in verhältnismäßig hohen, infrarotspektroskopisch meßbaren Anteilen vor. Bei Verbindungen mit starken inneren Wasserstoffbrücken sind solche trans-Formen so selten, daß sie durch Infrarotspektroskopie nicht nachgewiesen werden können. Es ließ sich jedoch abschätzen, daß eine Beobachtungsmöglichkeit gegeben sein müsse, wenn es sich um konkurrierende starke innere Wasserstoffbrücken handelt, wenn also die Hydroxylgruppe zwei Bindungsmöglichkeiten im Molekül besitzt6• Bedeuten in den Formeln des oben schematisch dargestellten Gleichgewichts zweier Rotations isomerer X und Y Protonenakzeptoren, die mit Hydroxylgruppen keine schwächeren Bindungen als Jod im o-Jodphenol eingehen, dann ist ßH für eine Reaktion der oben angegebenen Art maximal 5 kcalfMol, falls die allgemeinen Annahmen über ßH bei starken inneren Wasserstoffbrücken zutreffen. (Die Richtung der Reaktion soll für diese Abschätzung stets so gewählt werden, daß negative Werte für ßH nicht auftreten.) Als Protonenakzeptoren X bzw. Y kommen einschließlich cerHalogene mehr als zehn in Betracht, unter anderen die charakteristischen Gruppen der Aldehyde, Ketone, Ester, Sulfoxyde, Sulfone, Carbonsäuren, Anthrachinone, Nitroverbindungen, Azoverbin dungen, Azomethine und Oxime. Für die Konformationsumwandlung hydroxylgruppenhaltiger Moleküle mit gewissen Kombinationen dieser Akzeptorgruppen gemäß dem ersten der in Formeln oben dar- 7 gestellten Gleichgewichte müssen daher wesentlich kleinere Werte von ßH charakte ristisch sein als der Maximalwert von 5 kcalfMol. Man konnte bei dieser Abschätzung mit Fällen rechnen, für die ßH und damit ßG von der Größenordnung 1 kcalfMol ist. Wegen der Beziehung ßG = -RTlnK muß dann die GleichgewichtskonstanteKeine solche Größe haben; daß die notwendigen Extinktionen der in Betracht zu ziehenden Konformationen für die infrarotspektrosko pische Erfassung solcher Gleichgewichte hinreichen. Vorausgesetzt werden muß selbst verständlich, daß die Molekülformen, die sich ineinander umwandeln können, durch charakteristische Infrarotbanden unterscheidbar sind. Die Experimente haben diese Abschätzung völlig bestätigt. Es hat sich gezeigt, daß es möglich ist, innerhalb gewisser der oben zusammengestellten chemischen Klassen noch sehr feine Unterschiede der Bindungsenergien innerer Wasserstoffbrücken zu erfassen. Bei den Untersuchungen über konkurrierende innere Wasserstoffbrücken lassen sich mehrere Umstände erkennen, von denen die Bindungsenergie einer Wasserstoffbrücke abhängt. Diese Effekte wirken teils im gleichen teils im entgegengesetzten Sinne, und es ist stets mit gleichzeitigem Auftreten mehrerer Effekte zu rechnen. Wenn man sie vonein ander unterscheiden will, muß man über ein größeres experimentelles Material verfügen, mit dem Bestätigungen und Kontrollen möglich sind. Man kann in solcher Situation nicht vom Spektrum jeder neuen Verbindung neue Einsichten erwarten. Zur Sicherung ent wickelter Vorstellungen ist eine gewisse Breite der Experimente nötig. So haben wir die Untersuchungen über Beziehungen zwischen Elektronendichteänderung am Azo methinstickstoff und Bindungsstärke innerer Wasserstoffbrücken bei Azomethinen ins gesamt mit einer großen Zahl von Verbindungen durchgeführt, um unsere Vorstellungen über die in diesem Gebiete gegebenen Gesetzmäßigkeiten sicher zu begründen. 2. Schwächung innerer Wasserstoffbrücken durch Sterische Faktoren a) Nitrogruppenverdrehung IX) 2,3-Dinitrophenol ß) 2,3-Dinitro-4-chlorphenol b) Spreizung des 0 ... 0-Abstandes im 1-Hydroxy-4-methyl-fluorenon c) Rotationsisomerie des 3,4,6-Trichlor-2-nitro-phenols Gewisse Bedingungen in bezug auf Abstände und Winkel zwischen den beteiligten Atomen sind für die Bildung innermolekularer Wasserstoffbrücken besonders günstig. In den ebenen sechsgliedrigen Wasserstoffbrückenringen beispielsweise des o-Nitro phenols, des 1-Hydroxyanthrachinons, des Salicylaldehyds sind solche günstige Ver hältnisse für innere Wasserstoffbrücken gegeben. Es gibt jedoch einen Spielraum für die geometrischen Bedingungen, innerhalb dessen Wasserstoffbrücken - wenn auch ge schwächt- noch möglich sind. SmGWICK und ALnous7 hatten bemerkt, daß sich das 2,3-Dinitrophenol von den anderen Dinitrophenolen mit 2-ständiger Nitrogruppe in bezug auf Löslichkeiten und Flüchtigkeit beträchtlich unterscheidet. Diese Verbindung verhält sich eher wie ein Nitrophenol, das in Stellung 2 keine Nitrogruppe trägt. Man 8 wird diese besonderen Eigenschaften des Kristallgitters des 2,3-Dinitrophenols auf Sterische Behinderung der inneren Wasserstoffbrücke zurückführen. Ein Stuart-Briegleb Modell zeigt, daß sich die beiden Nitrogruppen gegenseitig die Einstellung in die Ebene des Benzolkerns verwehren. Um den Grad dieser Behinderung beurteilen zu können, haben wir eine Kohlenstofftetrachloridlösung des 2,3-Dinitrophenols infrarotspektro skopisch untersucht und dabei gefunden, daß die Verbindung nicht etwa ohne innere Wasserstoffbrücke ist, wie man es auf Grund der erwähnten Eigenschaften hätte ver muten können. Die innere Wasserstoffbrücke ist vielmehr nur geschwächt. Das Merkmal für die Schwächung der Wasserstoffbrücke ist nicht sehr auffällig (Abb. 1). Es besteht nur in der Verstärkung der kurzwelligen Flanke der OB-Bande. Wir fanden eine ganz entsprechende Verstärkung auch beim 2,3-Dinitro-4-chlor-phenol (Abb. 2), in dem die Nitrogruppe in Position 2 ebenfalls aus der Ebene des aromatischen Kernes heraus gedreht sein muß. Die durch innere Wasserstoffbrückenbindung verschobene OH Valenzschwingung des o-Nitrophenols absorbiert bei 3,081 fL (3246 cm-1) (Grundton), die OB-Gruppe des Phenols - gemessen bei sehr niedriger Konzentration in Kohlen stofftetrachlorid-bei 2, 77 fL (3605 cm-1). Durch das Herausdrehen der Nitrogruppe aus der Ebene des Benzolkernes wird der Abstand der Sauerstoffatome, die an der Wasser stoffbrücke des 2,3-Dinitrophenols beteiligt sind, größer als der im o-Nitrophenol selbst gegebene Abstand. Die Richtigkeit der Auffassung, daß bei inneren Wasserstoffbrücken eine solche Abstandsvergrößerung sich durch eine bei recht kurzen Wellen liegende OB-Absorption kund tut, können wir zum Beispiel durch das IR-Spektrum des 1- Hydroxy-4-methyl-fluorenons belegen, dessen Hydroxylgruppe bei 3,02 fL absorbiert8• Wie man sich schon nach der Konstitutionsformel dieser Verbindung vorstellen kann und wie sich aus der Röntgen strukturbestimmung des Fluorens ableiten läßt9, haben die Sauerstoffatome im 1- Hydroxy-4-methyl-fluorenon einen größeren Abstand voneinander als beispielsweise die Sauerstoffatome des Salicylaldehyds, dessen Hydroxylabsorption fast an derselben Stelle liegt, an der auch o-Nitrophenol (3,081 fl.) absorbiert14• Daß es diese Abstandsvergrößerung ist und nicht etwa eine dem Fluorenonsauerstoff atom eigentümliche Schwäche, als Akzeptor zu wirken, die im 1-Hydroxy-4-methyl fluorenon keine sehr starke Wasserstoffbrücke zuläßt, geht aus dem Vergleich von pKa Werten des Fluorenons und des Acetophenons hervor, die sich nicht sehr unterscheiden: Tab.2 pKa-Werte Acetophenon -6,17 Benzophenon -6,16 Fluorenon -6,6 Die Wasserstoffbrücke des 2-Hydroxy-acetophenons ist offenbar auch stärker als die im 1-Hydroxy-4-methylfluorenon. Dies geht aus der Lage der Gleichgewichte der Ro- 9

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