FORSCHUNGSBERIClITE DES LANDES NORDRHEIN-WESTF ALEN Nr. 2412 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpr§.sidenten Heinz KUhn yom Minister fUr Wissenschaft und Forschung Johannes Rau Prof. Dr. -Ing. Dres. h. c. Herwart Opitz Prof. Dr. -Ing. Tilo Pfeifer Dr. -Ing. Till Derenbach Laboratorium fUr Werkzeugmaschinen und Betriebslehre an tier Rhein. -Westf. Techn. Hochschule Aachen Untersuchung der Einsa tzm6glichkeiten von Kleinrechnern zur direkten numerischen Werkzeugmaschinensteuerung Westdeutscher Verlag 1974 © 1974 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag ISBN-13: 978-3-531-02412-7 e-ISBN-13: 978-3-322-88254-7 DOl: 10.1007/978-3-322-88254-7 Inhalt 1. Einlei tung ••.....••••.•...•..•••.••.•••..•.....•..•••.••. 1 2. Allgemeine Funktionsbeschreibung und Definition numeri- scher Ech tzei ts teuerungen •.........•..............•.....• 3 3. Orientierungshilfen bei der Auswahl kleiner ProzeBrechner 5 3.1 Der Rechenspeicher •.......•..............•......•• 5 3.2 Die Wortliinge des Rechners •..............•.••••••• 7 3.3 Umfang und Struktur der Befehlsliste ••...•......•• 8 3.4 Die Programmierung ••......•......................• 9 3.5 Die Vorrangunterbrechung ••......................•• 11 3.6 Die Ein-Ausgabe .•.....•.......•.....••............ 12 3.7 Zusammenfassung ..............•.•...•....•.....•..• 14 4. Beschreibung der Anlagenkonfiguration und programmstruktur des realisierten CNC-Basissystems •... ........ ..... ... .... 15 4.1 Allgemeine Aufgabenstellung .....................•• 15 4.2 Die CNC-Software ...........•.....................• 15 4.2.1 Art und Form der programmdateneingabe •......•..••• 15 4.2.2 Organisation und Zahl der Steuerdaten-Puffer ....•• 16 4.2.3 Die Steuerda ten-Ma trix •........................••• 19 4.2.4 Das Steuerprogramm ••......................•....... 19 4.2.5 Das Interpola tionsprogramm .•.......•....•.......•• 23 4.2.6 Die Alarmerfassung und die Alarmauflosung ••.....•• 30 4.2.7 Zur Vergabe der Programmprioritaten .•............• 31 4.2.8 Speicherplatzbelegung, Befehlsstruktur und programmiertechnik ••............................•. 33 4.3 Das CNC-ProzeBinterface und die Systembedienung •.• 35 4.3.1 Die Interpolationsdatenausgabe .................•.• 35 4.3.2 Die Signal-Ein/Ausgabe •........•................•• 36 4.3.3 Die Systembedienung •......•....................•.• 37 4.4 Zusammenfassung •......••...••..........•....•...•. 39 5. Einsatzberechtigung und klinftige Aufgabenbereiche klein rechnergestlitzter Werkzeugmaschinensteuerungen ..........• 40 5.1 standort der Betrachtung •...•....................• 40 5.2 Vorteilhafte Systemmerkmale aus Anwender- und Hers te llersich t ••.•............................•.• 40 5.3 Klinftige Aufgabenbereiche von CNC-Steuerungen ....• 44 5.3.1 Rechnerseitige Ubernahme logischer Verknlipfungen •. 45 5.3.2 Rechnerseitige Ubernahme adaptiver Modelle •....... 47 6. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • 48 7. Li tera tur •............................•................•. 50 Anhang .........•...........................................•. 52 Abbildungen •................................................. 54 - 1 - 1. Einleitung Die beim Einsatz einer Fertigungsanlage v~rfolgte Zielsetzung kann allgemein durch das Bestreben nach produktionskostensenkung und StUckzahlerhohung bei gleichbleibender oder verbesserter Pro duktqualitat grob umschrieben werden. Der Zusammenhang solcher Zielparameter ist fUr eine bestimmte Fertigungstechnologie - mittelfristig betrachtet - invariant. Der sicherste Weg, sich von solchen Sachzwangen zu losen, ist die EinfUhrung neuer Techniken. Der Einsatz frei programmierbarer Rechner im ProduktionsprozeB ist ein solcher vielversprechender Weg. Der bei EinfUhrung dieser Technik begreifliche Optimismus hatte den nachteiligen Effekt, daB zum Teil auch dort erhebliche Investitionen getatigt wurden, wo die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Rechnersteuerungen eher fragwUrdig als gesichert war. Die Mehrzahl der Uberhaupt in Frage kommenden Anwender war verstandlicherweise wenig geneigt, diesem Trend zu folgen. Die weitere Computerentwicklung war wie geschaffen, die numeri sche Steuerungstechnik auf eine solide, breite Basis zu stellen. Der Markt offerierte Rechner, die universeller, preisgUnstiger und kleiner wurden. Seitdem werden prozeBsteuerungen unter Einbe ziehung eines Allzweck-Kleinrechners (CNC-Steuerungen [IJ ) zu nehmend diskutiert. Bei Anwendern wie Herstellern wachst deshalb die Erkenntnis, daB eine erste, sachliche CNC-Systemanalyse drin gend notwendig ist, um daraus Anhaltspunkte fUr die Einsatzfahig keit solcher systeme abzuleiten. Solchen Vberlegungen werden Betrachtungen vorausgehen, welche - anhand eines in groben ZUgen definierten Funktionsprofils - die wichtigsten Einsatz- und Arbeitskriterien numerischer Echtzeit steuerungen erkennen lassen. Gleichzeitig sind daraus die wesent lichen Entscheidungshilfen zur Auswahl eines geeigneten Kleinrechners abzuleiten. Diesen vorangestellten Betrachtungen wird nachfolgend ein exem plarisch realisiertes CNC-Steuersystem entgegengesetzt. Aus dem Vergleich der Losungsvorschlage mit den ausgefUhrten Losungsformen - 2 - resultieren jene Erfahrungswerte, welche per saldo eine Aussage uber die Einsatzmoglichkeiten und die Einsatzberechtigung von Kleinrechnern zur direkten numerischen Werkzeugmaschinensteuerung gestatten. - 3 - 2. Allgemeine Funktionsbeschreibung und Definition numerischer Echtzeitsteuerungen Wird fur ein Fertigungssystem ein selbsttatiger Funktionsablauf angestrebt, muB ihm ein geeignetes Informationssystem [2J zugeordne1 werden. Dieses Informationssystem laBt sich als aktiver und passiver Viel pol begreifen und fungiert im allgemeinen als: - Dekodierer, - Wandler, - lIeBwerk, - Generator, - Koordinator, - RegIer. Das Informationssystem muB diese Aufgaben in Abhangigkeit yom aktuellen Prozef3geschehen schritthaltend oder synchron wahrnehmen konnen. Wie Bild 1 erkennen laBt, ist das System Informationsquelle und -senke zugleich. Die im Bild 1 dargestellten Ruckfuhrungen sied nicht im Sinne der Regelungstechnik zu interpretieren, da das In formationssystem im allgemeinen lediglich FUhrungs-, jedoch nicht StellgroBengeber ist. Sie sind vielmehr als Zustandsmitteilungen zu verstehen, die in einem logischen Netzwerk mit den Eingabedaten verknupft werden. Das Informationssystem ist demnach ein komplexes Logikgebilde, des sen Struktur "vorprogrammiert" ist: Dies bedeutet, daB das Logikwerk Gedachtnischarakter hat, welches der Aufgabe ent sprechend gepragt wird. Das System ist deshalb ein rein deterministi sches Gebilde, das bei aller Komplexitat der Aufgabenstellung nie schopferischen Charakter hat. Das heiBt, auf gleiche Eingabeoperanden ist die Reaktion stets die gleiche. Wenn von einer selbsttatigen Steuerung die Rede ist, so bczieht sich deshalb das Adjektiv "selbst tiitig" auf das nicht kreative Nachvollziehen vorgegebener Reaktions folgen. Die Eingabedaten, welche im Stcuerwerk miteinander verknupft werden, sind verallgemeinert: - Vorgabedaten und - Ercignisdaten. Die Vorgabedatcn lI~\fasscn aIle jen£> Infcormationen, die die Gestaltung des Ergebnisscs bcschrribcn, welches mit Hilf<.> dps gestellerten Fcrti gungspl'OZCSSCIi erziE'1 t werden solI. Die' Inform. . tionen uber pro?e~;w standc all er Art. werden untl'r dem Begri ff dor Erej gni sda ten zusamm(>n gefaBt.. Das Eintreffcn solche'r Daten e1'folgt. sowoh] sporadisch aIR auch zyklisch, sic crlallben Alissagen uber dynamisch oder stationHr ablallft'nde P1'ozt.·B(~reignisse, sic liegen in digi taler od('1' analogc)' FOl'm vor und haben selhsthal tenden oder fluchtigen Charak tel'. - 4 - AIle Eingabedaten mussen im Informationssystem verarbeitet werden. Darunter ist zu verstehen: - Erfassen - Verwalten Sammeln - Korrigieren - Sortieren - Analysieren - Interpretieren Synthetisieren So wenig, wie sich die Eingabedaten in ein zeitlich festes Raster fassen lassen, so zwingend ergibt sich die Notwendigkeit, die Aus gabefolge der FlihrungsgroBen zeitlich und logisch zu koordinieren. Ware nur eine Ausgabe- und Bearbeitungsfolge notwendig und richtig, lage eine einfache Ablaufsteuerung vor. Bei einem Informationssystem hoherer Ordnung ist die Bearbeitungs bzw. Ausgabefolge eine Funktion der - Programmdaten - Betriebsarten - ProzeBzustandsdaten Diese Abhangigkeit kennzeichnet das programmabhangige Informations system oder die Programmsteuerung. Sind die Vorgabedaten ihrerseits Funktion eines ubergeordneten Modells oder einer Strategie, liegt eine adaptive Programmsteuerung vor. Die vorangestellte, allgemeine Funktionsbeschreibung numerischer Echtzeitsteuerungen ist unabhangig von deren technischer Ausfuhrungs form gliltig. Eine mogliche AusfUhrungsform der programmsteuerung ist die sogenannte konventionelle Losung, wobei damit bewertungsfrei festgestellt werden solI, daB es sich um eine reine Hardwarelosung handelt. Sie wird nachfolgend unter der Bezeichnung konventianelle NC-Steuerung gefuhrt. In dem vorliegenden Bericht wird jene Variante der Programmsteuerung vorgestellt, der eine frei programmierbare Recheneinheit zugrunde liegt. Ihre amerikanische Bezeichnung lautet: ~omputerized !umerical ~ontrol (CNC). Da sich im Deutschen die Bezeichnung CNC-Steuerung eingeburgert hat, schlieBt sich der Autor dieser Nomenklatur an, - 5 - obwohl die nicht synonymen Begriffe "Control" und "Steuerung" zur Kennzeichnung derselben Sache in einer Bezeichnung zusammengezogen werden. CNC-Steuerungen sind nicht zwingend in Verbindung mit Echtzeit problemen zu sehen. Allerdings solI hier - wegen der sehr haufig anzutreffenden Echtzeitproblematik im Fertigungsbereich - aus schlieBlich dieser Aspekt betrachtet werden. 3. Orientierungshilfen bei der Auswahl kleiner ProzeBrechner Zur besseren Kennzeichnung des digitalen Kleinrechners solI darunter ein Mehrzweckrechner verstanden werden, der im Echtzeitbetrieb Anwen derprogramme von 4 - 8 K Kernspeicherworten Lange bearbeiten kann, dessen Zykluszeit im Mikrosekundenbereich liegt, der Uber einen erweiterungsfahigen Grundbefehlsvorrat verfUgt, eine Wortlange zwischen 8 und 18 bit besitzt und auBerdem leicht transportabel und preiswert is t. Der Begriff des Kleinrechners ist mit diesen Merkmalen nur grob umrissen, so daB eine Vielzahl von Rechnern diesen Voraussetzungen genUgen. Deshalb solI im folgenden versucht werden, sowohl allge meine wie spezielle Gesichtspunkte kurz abzuhandeln, die beim Einsatz eines Rechners zur EchtzeitprozeBfUhrung von Bedeutung sind. Sie sollen gleichzeitig kUnftigen Anwendern als Orientierungshilfe bei der Rechnerauswahl dienen. 3.1 Der Rechenspeicher Kleine ProzeBrechner erfordern Speicher mittlerer Kapazitat und kurzer Zugriffszeiten, die sich bei hoher Betriebssicherheit und Speicherdichte durch geringe Anschaffungskosten auszeichnen. Kleinrechner wei sen im allgemeinen sowohl Schreib-Lesespeicher als auch Festwertspeicher oder ROM-Speicher (Read Only Memory) auf. Der Schreib-Lesespeicher verkarpert durch seine freie Programmier barkeit bei wahlfreiem Speicherzugriff die natUrliche Flexibilitat des Rechenautomaten. Eine von mehreren bestimmenden GraBen fUr die Leistungsfahigkeit bzw. die Arbeitsgeschwindigkeit einer Rechen- - 6 - anlage ist die Zykluszeit oder die doppelte Speicherzugriffszeit. Typische Zykluszeiten liegen je nach Speichertechnik etwa zwischen 0,4 IUS (Halbleiterspeicher) und 2 /us(Ferrit Kernspeicher). Beide Speichertechniken weisen voneinander abweichende Vorteile auf, welche wahrzunehmen im Interesse eines jeden Steuerungsherstellers liegt. Moderne Rechnerkonzeptionen erlauben deshalb,beide Speicher typen zu mischen. 1m Vergleich zum Kernspeicher zeichnet sich der Halbleiterspeicher insbesondere durch seine Schnelligkeit aus, die sich etwa um den Faktor drei von der des Kernspeichers unterscheidet. Deshalb konnen z.B. zeitkritische Programmteile der Alarmerfassung -verarbeitung oder der Satzgenerierung vorteilhaft im Halbleiterspeicher abgelegt werden. Daruber hinaus laBt es diese Technik vertretbar erscheinen, Interpolationsrechnungen einschlieBlich der Feininterpolation im Rechner auszufUhren. SchlieBlich sei auf die Anforderung an die Reaktionsgeschwindigkeit eines Steuerungssystems hingewiesen, wenn ein oder mehrere Regel kreise uber den Rechner geschlossen werden, d.h. im Rechner 8011- Ist-Vergleiche vorgenommen und StellgroBen in Abhangigkeit von einer vorgegebenen Strategie errechnet und ausgegeben werden mUssen (Abtastlageregelung). Halbleiterspeicher sind jedoch nicht in der Lage, ohne Energiezufuhr die abgelegte Information festzuhalten. Diesen Nachteil kennt der Kernspeicher~ nicht. Wenngleich sich das preis/Leistungsverhaltnis der Kernspeichertechnik im Vergleich zur Halbleiterspeichertechnik in der Zukunft noch weiter zu seinen Ungunsten verschieben wird, kann von einer Wachablosung nicht gesprochen werden, weil der Vor teil der Informationserhaltung bei Energieausfall und die groBe Storsicherheit des Kernspeichers fur Arbeitsspeicher von besonderer Bedeutung sind. 1st es beim Kernspeicher oder Halbleiterspeicher moglich, daB des sen Inhalt durch ein Fehlverhalten des Rechners geandert oder zerstort wird, so besteht diese Gefahr beim Festwertspeicher nicht. Die im Festwertspeicher abgelegte Information ist nur lesbar, jedoch nicht uberschreibbar. Der mit diesem Speichertyp verbundene Programmschutz - 7 - unterstreicht, weshalb es sinnvoll ist, Not- und Wiederanlaufpro gramme einschlieBlich Einschaltprlifroutinen zur Identifizierung des Maschinenzustandes in solchen Speichern "einzufrieren". Vor zugsweise sind deshalb solche Programmteile zur Ablage im Festwert speicher geeignet, die durch die Eigenart des Speichers, nachtrag lich nicht umsetzbar zu sein, keine Einschrankung erfahren, weil sie bedingt durch ihren universellen Charakter auch bei geanderter Aufgabenstellung im allgemeinen keiner Anderung bedlirfen. Neben der Inanspruchnahme eines preiswerten Speichermediums wird die Pro gramm ablaufzeit auBerdem erheblich verklirzt. Grundsatzlich sollte ein Kleinrechner zur ProzeBflihrung die MBg lichkeit bieten, verschiedene Speichertypen zu mischen, weil nur bei Wahrnehmung ihrer artbedingten Vorteile ein Optimum bezliglich Flexibilitat, Schnelligkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit zu erzielen ist. 3.2 Die Wortlange des Rechners Ohne eine Rechenanlage im Detail Zll kennen ist folgende, generelle Aussage zulassig: je grBBer die Wortlange des Rechners, desto komfortabler und vielseitiger die Befehlsstruktur, desto einfacher die Speicherplatzadressierung und die Darstellung groBer oder kleiner Zahlenwerte und desto schneller und effektiver die Problem bewaltigung. Eine Allsnahme hierzu bilden die Byte-orientierten Rechner, die im Gegensatz zu den wortorientierten Anlagen keine feste, sondern eine um Vielfache von 8 Bit variable Wortlange auf weisen. Flir die bei ProzeBrechnern haufig anfallenden Teilaufgaben zur Interpolation, d.h. Berechnung, Darstellung und Ausgabe von Bahn abschnitten, ist die Wortlange ein MaB flir den maximal in einem Rechnerwort darstellbaren Weg, verschllisselt als Zahl von Wegin krementen vereinbarter Lange. Die Darstellbarkeit in nur einem Rechnerwort hat den groBen Vorteil, daB aIle Rechenoperationen, wel che die programmierten Wegdaten einbeziehen, in Einwort- statt in Doppelwort-Arithmetik durchgeflihrt werden kBnnen. Der dadurch be schleunigte Rechenablauf schlagt sich insbesondere bei der Inter polationsrechnung positiv in zunehmenden Interpolationsdaten-Aus gabefrequenzen nieder.