WISSENSCHAFTLICHE JUGENDKUNDE ERGEBNISSE UND DOKUMENTE HERAUSGEGEBEN VON W. HAGEN UND H. THOMAE Heft 7 Uneheliche Kinder Untersuchungen zu ihrer Entwicklung und Situation in der Grundschule von Barbara Schadendorf 19~ 64 JOHANN AMBROSIUS BARTH· MnNCHEN Veroffentlichung der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft fur Jugendkunde, Bonn Die Autorin dieses Heftes Dr. phil. Barbara Schadendorf, Dipl.-Psych. Bonn, Am Hof 34, Psycho!. Institut ISBN-13: 978-3-540-79687-9 e-ISBN-13: 978-3-642-88558-7 001: 10.1007/ 978-3-642-88558-7 © Johann Ambrosius Barth, Munchen 1964 AIle Rechte vorbehalten. Satz: Julius Beltz, Weinheim/Bergstr. Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde aufgrund des Materials der Langsschnittunter suchung der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft fur Jugendkunde (Coer per, Hagen, Thomae) durchgefuhrt. Ohne die jahrelange detaillierte und in tensive Beobachtung und Untersuchung von rund 3000 Kindem waren die Fragen, wie sie in den Einzelarbeiten der Schriftenreihe der WAJ und damit auch in dieser gestellt wurden, nicht zu bearbeiten gewesen. So sei allen Mit arbeitem der WAJ fur die Erarbeitung und Bereitstellung des Materials ge dankt. Besonders aber bin ich Herm Professor Dr. H. Thomae zu Dank verpflichtet, unter dessen Leitung die Arbeit entstand und gefordert wurde. Bonn, Herbst 1963 Barbara Schadendorf 3 Inhalt A.EINLEITUNG . 7 B. METHODE UND MATERIAL DER UNTERSUCHUNG 13 C.DIE DARSTELLUNG DER STATISTISCHEN ERGEBNISSE 18 1. Die familiare Situation des unehelichen Kindes 18 1. Struktur und GroBe der Familien . 19 2. Der sozio-okonomische Standard der Fam4ien 23 3. Die Bedeutung der Kriegs-und Nachkriegsverhaltnisse . 34 II. Das uneheliche Kind in entwicklungspsychologischer Sicht 38 1. Die Dimensionen der Personlichkeitsentwicklung 39 2. Die Entwicklungsmerkmale der freien Zeichnung 75 3. Zur Intelligenz unehelicher Kinder 79 III. Leistungen und Verhalten in der Schule . 86 1. Die Leistungen 87 2. Die Arbeitsweise . 94 3. Das soziale Verhalten 97 D. ENTWICKLUNGSMERKMALE unehelicher Kinder 101 1. Sozio-okonomischer Standard und Unehelichkeit 101 II. Merkmale der Unehelichkeit . 119 III. Interpretation der Entwicklungsmerkmale . 123 E. FALLDARSTELLUNGEN. 133 1. Das Kind in der unvollstandigen Familie 133 II. Das Kind in der erganzten Familie 150 III. Die Ersatzfamilie 164 IV. Die aufgeloste Familie 173 V. Die Bedeutung der Familienformen 182 literatur . 184 Texthinweise. 188 5 A. Einleitung Wenn "Entwicklung ... die Entfaltung, Differenzierung und Integrierung individueller psychischer ... Vorgegebenheiten in ihrer Begegnung mit den fur sie bedeutsamen Faktoren der AuBenwelt" bedeutet 1), so besteht die Aufgabe der Entwicklungspsychologte darin, diese Prozesse der Entfaltung, Differen zierung und Integration zu erforschen und zu beschreiben, und zwar nicht nur in der Form allgemeiner psychologtscher Gesetzlichkeiten, sondern in ihrer Abhangtgkeit von ganz konkreten Umweltsituationen. Die konkrete Situation bietet die zur Differenzierung und Integrierung notwendigen Entwicklungs reize, pragt aber auch, indem sie die Verhaltensweisen festlegt und "verein deutigt" 2). - Die vorliegende Stu die beschaftigt sich mit einem AusschniU des Entwicklungsgeschehens innerhalb einer solchen konkreten Situation der U n ehelichkeit. Es wird die Frage gestellt, welche Besonderheiten der seelischen Entwicklung im Zusammenhang mit der Unehelichkeit auftreten, welche Modi fizierungen allgemeiner entwicklungspsychologischer Phanomene sich inner halb einer bestimmten Umweltkonstellation ergeben. Innerhalb der Forschung ist die Frage nach der Entwicklung und Situation des unehelichen Kindes von verschiedenen Aspekten her in zahlreichen Unter suchungen angegangen worden. Da ist zunachst die groBe Gruppe juristischer Arbeiten, die sich mit der geltenden Rechtslage und mit rechtsgeschichtlichen Problemen des Themas "uneheliches Kind" beschaftigt (Th. KJpP, KLUMKER, WEBLER, HUBNER, KRUGER, BOSCH, u. a.). Dabei wurde in mehr oder minder starkem AusmaB auf "Sozialtatbestande", wie sie fur das uneheliche Kind vorliegen, zurUck gegriffen. Erforscht wurden diese Sozialtatbestande in Untersuchungen soziolo gtscher bzw. sozial-statistischer Art, so z. B. durch SPANN, WULFF, STEFFEN, GROTH, HAS, u. a. Diese Untersuchungen fanden im offentlichen Recht (soziale Gesetzgebung) eine breitere Anwendung als im Zivilrecht, da die sozialen Tatbestande fur dieses Rechtsgebiet unmittelbar relevant sind. Demgegeniiber wurden psycho logische Fragestellungen, wie sie weitgehend fur personale Zuordnungen im Eltern-Kind-Verhaltnis im Zivilrecht erforderlich sind, weitgehend durch die Samtliche Texthinweise siehe Seite 188 If. 7 Forschung vernachlassigt, so daB das Recht des unehelichen Kindes nach dem BGB seit 1900 im wesentlichen unverandert geblieben ist 3). Die vom Grundgesetz in Art. 6 Abs. 5 geforderte Reform des Unehelichen rechts wird noch psychologischer Untersuchungen bedurfen, urn personale Zuordnungen im unehelichen Eltern-Kind-Verhaltnis zu ermoglichen. Von so ziologtscher Seite liegen zwar bereits eingehende Arbeiten von GROTH und HAs vor. Da es sich jedoch bei der personalen Zuordnung, z. B. Elternrechte der unehelichen Mutter, nicht ausschlieBlich urn soziale Tatbestande, sondern auch urn psychologtsche Sachverhalte handelt - wie Eigenschaften und Ein stellungen der Mutter und deren Auswirkungen auf das Kind-, kann ohne psychologtsche Untersuchungen und ohne Integration der Ergebnisseverschie dener Disziplinen wie Soziologte, Psychologte, Anthropologie und Medizin eine sachadaquate Realisierung der Reform nicht geleistet werden. GROTH versucht zwar fur die zivilrechtlichen Fragen der personalen Zuordnung im unehelichen Eltern-Kind-Verhaltnis aus den mit einer soziobiographischen Methodegewon nenen Daten zu einer Erhellung der Strukturdesunehelichen Kindes und seiner Eltern zu gelangen. Dabei Uberschreitet er jedoch die Aussagemoglichkeiten seiner soziologtschen Fakten, indem er aus ihnen philosophisch-anthropolo gische Thesen abzuleiten fur moglich halt. Es bleibt offen, wie GROTH auf Grund von Daten wie Wechsel der Aufwuchs platze und den sonst Ublichen sozialen Angaben(Beruf, soziale Herkunft, Alter, Familienstand etc) zu derartigen anthropologtschen Theoremen kommt wie: "In allen unehelich aufwachsenden Kindem (sei) in einem je nach der Familien haftigkeit der Daseinsform unterschiedlichem MaBe nicht das Grundverhaltnis zum vollen Mensch-Sein gestiftet und nicht das Grundbedurfuis nach Geborgen heit ... gewahrleistet" 5). Ferner: "Es ist in dies en Kindern kein Vermogen, keine Substanz ,gestiftet', kein geordnetes und liebendes Sein erfahren und ein gebracht worden, so daB sie nun auch kein Sein zu geben, keine Substanz zu zeigen vermogen" 6). Es bleibt zu fragen, ob dem Verfasser nicht eine petitio principii unterlauft, indem er seine soziologisch gewonnenen Folgerungen in Wirklichkeit als an thropologtsche These voraussetzt. DemgegenUber beschrankt sich HAs weitge hend auf die Erarbeitung soziologtscher Daten, innerhalb deren sie mit GROTH durchaus Ubereinstimmt. Hinzuzufugen ist, daB diese Art von Erhebungen (GROTH, HAS) mit ihren soziologischen Fragestellungen seit der Ja hrhundert wende nur wenig modifiziert im Bezug aufdas Thema uneheliches Kind wieder holt durchgefuhrt wurden, angefangen bei LINDNER, NEUMANN und SPANN hin zu RENTROP, WuLFF und STEFFEN. Besonders hervorgeho ben werden muB die sehr ausfuhrliche Arbeit von WuLFF, die als Grundlage fur das 1929 von den Freien Wohlfahrtsverbanden eingebrachte Gutachten zur Realisierung des 8 Programmsatzes der Weimarer Reichsverfassung (Art. 121) diente. WULFF ver arbeitet das Material von tiber 1000 Kindern, das sie vorwiegend aus Akten der Amtsvormundschaften, der Fursorge und aus Gesprachen mit Sachbear beitern bezog. Sie erhielt ihre Angaben uber das uneheliche Kind also aus zweiter Hand, da sie sich ausschlieBlich aufAngaben und Urteile von Menschen stUtzte, die auf Grund der besonderen Art und Position ihres Berufs notwendi gerweise eine bestimmte Sichtweise haben, die sich besonders bei Fragen nach der "psychischen Kraft" und Geeignetheit der Mutter als Erzieher auswirken durften. Urteile uber das Verhaltnis der Mutter zum Kind und uber ihre Erzie hungsweise fordern andere Methoden als das Aktenstudium sozialer Institu tionen. Es kann dabei nur zu "summarischen Urteilen" kommen 7), die der individuellen Eigenart von Mutter und Kind wenig gerecht werden, da die Be urteilungskriterien zu wenig differenziert und in ihren Voraussetzungen zu wenig gepruft sind. Ahnliche Mangel finden sich auch, wenn es urn psychologische Fragen geht, bei SPANN, STEFFEN und HAs. AuBer von juristischer und soziologischer Seite wurde das Thema der Unehelichkeit von der Medizin aufgegrtffen: Aus der Tatsache, daB uneheliche MUtter eine hahere Zahl von Fehlgeburten aufweisen und die Sauglingssterb lichkeit unehelicher Kinder haher als die ehelicher ist, wurden Untersuchungen sowohl der sozialen Lage als auch der gesundheitlichen und seelischen Ent wicklung unehelicher Kinder durchgefuhrt, u. a. von RjUMER und ROTHE, GOING, REITER und IHLENFELD . Wird in den sozial-statistischen Arbeiten vor allem die soziale und wirtschaft liche Lage der unehelichen Kinder untersucht, so steht in den Untersuchungen der Psychologie und in gewisserWeiseauch der Kriminologle, die un mittelbar vom handelnden Individuum ausgeht, mehr das uneheliche Kind selbst mit seinen besonderen Verhaltensweisen im Vordergrund. Innerhalb der Kriminologie ist das Thema der Unehelichkeit in allgemeinen und speziellen Darstellungen vor allem unter dem Aspekt "Anlage und Umwelt" bedeutsam geworden. Es wurden Verwahrlosungserscheinungen, J ugendkriminalitat, RUckfalligkeit und schwere kriminelle Erscheinungen an Erwachsenen unter sucht. Die Zahl dieser Arbeiten Ubersteigt bei weitem die der Psychologie. Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen: diejenigen Arbeiten, in denen bewiesen werden solI, daB die Unehelichen einen haheren Straffalligkeitsanteil als die Ehelichen haben und die Arbeiten, in denen das Gegenteil behauptet wird. Zur 1. Gruppe geharen Forscher wie LEN ROOT , LINDBERG, BURT, SIEGWART, TONNIS und PETERSEN, zur 2. Gruppe Autoren wie NAHRICH, BUTTKUS, KRUSE und JAKOBI. Letzterer spricht von einem ungewahnlichen Tiefstand der Kriminalitat bei den Unehelichen. Die Widerspruche beruhen teilweise darauf, daB die Zahl der StrafmUndigen, die der Zahl der Verurteilten zugrunde gelegt 9 wurde, fehlerhaft bzw. unterschiedlich ist und daB dieAnzahl unehelicher Kinder verschiedener Familienformen, die fur uneheliche Kinder in Betracht kommen (Mutter-Kind-Familie, Pflege-und Adoptionsfamilie, Stieffamilie und Heim) bei den verschiedenen Autoren unterschiedlich stark vertreten waren bzw. zu wenig berUcksichtigt wurden. AuBerdem muB der verschiedene kulturelleHintergrund der Lander berUcksichtigt werden, in denen die Untersuchungen durchgefuhrt wurden. Die zwar ortlich begrenzte, aber sehr exakt durchgefuhrte Arbeit von NAH· RICH ergibt, daB der StraffaIligkeitsanteil unehelicher Kinder um ein Drittel hoher als bei ehelichen liegt, wobei jedoch das Entscheidende ist, daB dieser hohere Anteil bedingt wird durch die legitimierten, adoptierten und angeheira teten Kinder, wahrend die unehelich bleibenden einen giinstigeren Anteil als die ehelichen aufweisen. Daraus folgert NAHRICH, daB nicht die Unehelichkeit, nicht das Fehlen oder Vorhandensein der Familie fur die Entwicklung entschei dend ist, sondem die Geordnetheit oder ZerstOrtheit einer Familie; eine Fest stellung, die u. a. auch mit den Ergebnissen von HEALY -BRONNER, CARR, MrrSCHERIlCH, HETZER und GoTTSCHALDT Ubereinstimmt. Die Zahl der psychologischen Arbeiten steht innerhalb der Untersuchung uber das uneheliche Kind an letzter Stelle; vor allem wenn es dabei um empiri sche Arbeiten groBeren Stils geht, entsprechen sie nicht der Zahl und dem U m fang der sozial-statistischen Arbeiten, d. h. die Frage nach den Auswirkungen der in den sozial-statistischen Arbeiten aufgezeigten Umweltbedingungen auf das uneheliche Kind ist innerhalb der Forschung nur unzureichend dargestellt worden. Eine Gruppe kleinerer Arbeiten wie die von E. STERN, HUBER, HtlHNIG, BINDER, DANZIGER und HETZER, BERGLER und BUSEMANN grei fen Einzelfragen zu dem Thema "Das uneheliche Kind" heraus und fuBen dabei auf Material, das zahlenmaBig nur gering und damit nicht reprasentativ ist (BINDER, BUSEMANN ) oder sie interpretieren nur Einzelfa lIe, ohne dabei die Herkunft und Gewinnung ihres Materials genau anzugeben (STERN, HUBER ). Die in dies en Arbeiten untersuchten Einzelfragen sind solche nach der Situa tion des pflege- (HUBER, DANZI GER -HETZER) und des Stiefkindes (STERN , HtlHNIG ), und bei BUSEMANN ist es die Frage nach der Schultuchtigkeit nicht volleltriger Kinder. BERGLER gibt mehr einen Uberblick Uber die Verhaltens auffalligkeiten von Kindem aus gestOrten und unvollstandigen Familien, wobei er sich an Arbeiten anderer Autoren wie PRESTEL, HtlHNIG, STERN und HETZER anlehnt und andererseits aber auch eigenes Material in Form von Einzelfalldarstellungen bietet. Die empirischen Arbeiten von HETZER, DANZIGER und BUSEMANN liegen zeitlich zu weit zuruck (1929 und 1930), als daB sie heute in ihren Aussagen 10 noch vollig zutreH"end sein konnen. Da die Unehelichkeit in ihrer Struktur und Bewertung ahnlich anderen sozialen Fakten der "Dynamik des sozialen Ge schehens" 8) ausgesetzt ist, mlissen die Untersuchungen liber die Unehelichkeit immer wieder zettgebunden sein. Zumindest mliBte untersucht werden, welche Faktoren der Umwelt und damit auch Verhaltensweisen des Kindes und setner Mutter selbst veranderliche bzw. relativ konstante GroBen im Laufe der Zeit sind. So ist vermudich die schlechte wirtschaftliche Lage der Mutter-Kind-Fa milie eine relative Konstante, wenn man die Arbetten der Autoren der letzten 50 Jahre vergletcht. In allen Arbeiten wird die Benachteiligung der materiellen Voraussetzungen der unvollstandigen Familien im U nterschied zu den ehelichen Vollfamilien betont, obwohl gerade in der sozialen Gesetzgebung (Kindergeld, Wohnungsgeld, Steuergesetze etc) sich eine Angleichung an die Situation der ehelichen Kinder vollzogen hat, die aber nicht ausreicht, da die uneheliche Mutter oft nach der Geburt ihres Kindes beruflich absinkt, wie F. HAs feststellte. Eine der bedeutendsten psychologischen Arbeiten, wenn auch etwas zuriick liegend (1929-1931), ist die von H. KIpp, bedeutsam vor allem deshalb, weil sie methodisch sehr umfassend und diH"erenziert vorgeht und ihre Fragestellung auf das uneheliche Kind selbst zentriert, d. h. sie fragt, wie das uneheliche Kind setne Unehelichkeit erlebt und wie es mit dieser Tatsache Fertig wird. Ais Ma terial dienen ihr Lebenslaufe unehelicher Madchen, Niederschriften von Schli lerinnen und Schlilern der Berufsschule, Fragebogen, Briefinaterial und Gespra che mit den Kindem, ihren Angehorigen und mit Sachbearbeitern des Jugend amtes wie Akten des Vormundschaftsgerichtes und des Jugendamtes. KIpp gelangt in ihrer Untersuchung zu einer systematischen Beschreibung konflikt au s los end e r Momente (oH"endiche Meinung, Verheimlichungsatmosphare, Fehlen des Vaters), zu konfliktverstarkenden Momenten (wirtschaftliche Not, Nahe von Mutter und Kind und Entwicklungskrisen) und typischen For men der Konfliktbewaltigung, wie die ideelle Uberwindung, die resignierende Lebenshaltung, die reaktiv-oppositionelle Bewaltigung und die strebende Hal tung. Auf breiterer psychologischer Grundlage fuBen die neueren Arbeiten von EIFERTH, BRANDT, HAWEL liber die farbigen Kinder in Deutschland. Hier wurde das Material wirklich aus erster Hand bezogen, d. h. die Kinder wurden getestet, und die Situation zu Hause und in der Schule wurde genauestens in ihren Besonderheiten registriert und beschrieben. Eine genaue Auswertung der psychologischen Ergebnisse liegt allerdings noch nicht vor, doch bietet bereits die Beschreibung der hauslichen und schulischen Situation eine fundierte An schauung der Problemlage dieser unehelichen Kinder. Ais letzte Gruppe von Untersuchungen zu dem Thema uneheliches Kind mlis sen noch die amerikanischen Arbeiten genannt werden, die vorwiegend kasui- 11 stisch angelegt sind, so die Untersuchung von YOUNG (1954). Es werden darin eine Flille von Falldarstellungen geboten und interpretiert, wobei das Schwer gewicht auf den Zusammenhang des Elternhauses der unehelichen Mutter, der Art und Weise, wie sie erzogen wurde, mit der eigenen unehelichen Mutterschaft gelegt wird. Young kommt zu dem SchluB, daB das Endergebnis der Ausein andersetzung zwischen Mutter und Tochter das uneheliche Kind der Tochter sei und daB es vor allem dominierende und abweisende MUtter sind, deren Tochter spater ein uneheliches Kind haben. Ein zweiter Schwerpunkt liegt bei Young auBerdem auf der Darstellung von Vorurteilen, denen die uneheliche Mutter und ihr Kind ausgesetzt sind. Die folgende Untersuchung schlieBt sich sowohl an die sozial-statistischen Arbeiten als auch an die erwahnten psychologtschen Arbeiten an, indem einer seits die Besonderheiten der Umwelt des unehelichen Kindes und andererseits die Entwicklung seines Verhaltens und seiner LeistungenerfaBtund beschrieben werden. Genauer formuliert heiBen die Fragen dieser Untersuchung: 1. Unterscheidet sich das unehelich geborene Kind in seinem Verhalten wahrend der Grundschulzeit von dem ehelich geborenen ? 2. Welche Umweltfaktoren, denen ein uneheliches Kind ausgesetzt ist, werden fur die Entwicklung seines Verhaltens im Sinn von Entwicklungsbedingungen bestimrrtend ? 12