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Umstrittene Daten: Untersuchungen zum Auftreten der Griechen am Roten Meer PDF

104 Pages·1965·3.674 MB·German
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WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FüR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Band 32 WISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR FORSCHUNG DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Band 32 ALBRECHT DIHLE Umstrittene Daten Untersuchungen zum Auftreten der Griechen am Roten Meer HERAUSGEGEBEN IM AUFTRAGE DES MINISTERPRÄSIDENTEN Dr. FRANZ MEYERS VON STAATSSEKRETÄR PROFESSOR Dr. h.c., Dr. E.h. LEO BRANDT Umstrittene Daten Untersuchungen zum Auftreten der Griechen am Roten Meer Von Albrecht Dihle WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN Das Manuskript wurde am 25. November 1964 der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen von Professor Dr. Theodor Klauser vorgelegt ISBN 978-3-322-98207-0 ISBN 978-3-322-98894-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-98894-2 © 1965 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1965 Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag Inhalt Einleitung ................................................... 7 1. Das Datum des Periplus des Roten Meeres ................... 9 11. Frumentios und Ezana . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 III. Zur Geschichte des Aethiopennamens ....................... 65 Anhang: Der Zug des Aelius Gallus ............................ 80 Karte: Südasien 85 Stellenregister ............................................... 87 Einleitung In der Geschichte der Beziehungen der griechisch-römischen Welt zum Osten, insbesondere zu den Ländern am Indischen Ozean, gibt es eine Reihe von Ereignissen, Personen und Dokumenten, die der Forschung teils seit jeher, teils freilich erst nach langem Bemühen der Wissenschaft, chrono logische Rätsel aufgeben. Zu den sich hier zeigenden Problemen gehört das Datum des sog. Periplus des Roten Meeres, unserer wichtigsten Quelle für den graeco-ägyptischen Indienhandel der Kaiserzeit, ferner die Frage, wann die aksumitische Kirche gegründet bzw. das Aksumitenreich christianisiert wurde, und endlich die Regierungszeit des großen Kushan-Herrschers Kanishka und das Ende der Partherherrschaft im Indusgebiet. Die Lösung der genannten Probleme ist deshalb von so großer Wichtigkeit, weil ohne ein halbwegs sicheres chronologisches Gerüst unser im Detail gar nicht so spärliches Wissen über die römische Außen- und Handelspolitik, über die Beziehungen der griechisch-römischen Kulturwelt zu den nicht unmittelbar benachbarten Ländern des Ostens und über die Bedeutung jener Länder für das literarisch faßbare Weltbild eines Gebildeten der Kaiserzeit notwen digerweise unbefriedigend bleibt. Die Datierung König Kanishkas~ der zu Ehren schon ein Kongreß der Spezialisten abgehalten wurde, sei den Indologen und Iranisten überlassen, die freilich einer Einigung ferner denn je zu sein scheinen. An Hand der Quellen aus dem Mittelmeergebiet im weiteren Sinne läßt sich zu dieser Frage wohl kaum etwas Erhebliches sagen. Die beiden anderen oben auf geführten Probleme jedoch betreffen nicht zuletzt die wichtigste Kontakt region im Verkehr zwischen Indien und der antiken Welt, nämlich die Küstenzonen des Roten Meeres. Hier ergibt die Durchsicht des westlichen, d. h. mittelmeerischen Quellenmateriales noch relativ viel, und zwar sowohl im Hinblick auf jene beiden präzisen chronologischen Fragen als auch für eine Reihe historischer und sprachlich-literarischer Fakten. Die Diskussion um die Datierung des Periplus und um das Gründungs datum der aksumitischen Kirche ist gerade in ein akutes Stadium getreten. 8 Einleitung Für beides wurde jüngst ein neuer Zeitansatz vorgeschlagen, und man hat aus den Neudatierungen bereits weittragende Schlüsse gezogen. So wird eine Nachprüfung der Argumente nicht unwillkommen sein*. * Für liebenswürdigen Rat in mancherlei Einzelfragen danke ich den Herren A very (Cambridge), Caskel (Köln), Hammerschmidt (Saarbrücken), Minorsky (Cambridge) und v. Wissmann (Tübingen). Das Manuskript entstand während unvergeßlicher Monate, die ich auf Einladung des Faculty Board of Classics der Universität Cambridge im Herbst 1963 am King's College verbringen durfte. 1. Das Datum des Periplus des Roten Meeres Bisher galt der berühmte Periplus des Roten Meeres, der wie kein anderes aus der Antike erhaltenes Werk Einblicke in den Außenhandel und die Außenbeziehungen des Römischen Reiches gewährt, im allgemeinen als eine Schrift der hohen Kaiserzeit. Die zahlreichen gelehrten Beiträge zur Datierung der wegen ihres singulären und ganz unliterarischen Charakters nicht leicht zu bestimmenden Schrift pflegten fast ausnahmslos Ansätze zwischen etwa 45 und 90 n. C. zu diskutierenl. Lediglich]. T. Reinaud (Mem. Acad. Inscr. 24,2, 1864) versuchte schon vor hundert Jahren, die Entstehung oder doch Überarbeitung der Schrift ins 3. Jh. n. C. zu datieren, und]. A. B. Palmer (Class. Quart. 41, 1947, 136ff.) glaubte, indisches Parallelmaterial gefunden zu haben, aus dem sich mit Sicherheit die Ab fassungszeit der Schrift in der ersten Hälfte des 2. Jh. ergibt. Reinaud wurde schon 1879 von August Dillmann sehr ausführlich widerlegt, und Palmers Versuch scheitert an der außerordentlichen Fragwürdigkeit aller nur aus indischen Daten gewonnenen Chronologie, die ihrerseits eher der Anhalts punkte außerhalb Indiens bedarf (s. u. 31). So hielt man also weithin den Ansatz des Periplus ins 1. Jh. n. C. für ge sichert. Erst in jüngster Zeit wurde von arabistischer Seite aus ein neuer Vorstoß in die von Reinaud gewiesene Richtung unternommen. Die fort schreitende Erschließung der südarabischen Inschriften schien neue Mög lichkeiten an die Hand zu geben, einzelne im Periplus genannte Namen zu identifizieren und die in diesem Fahrtbericht vorausgesetzte Situation am Roten Meer mit Hilfe inschriftlichen Materials aus Südarabien chronolo gisch zu bestimmen. J acqueline Pirenne hat in zwei Beiträgen erneut eine Datierung ins 3. Jh. vorgeschlagen und eingehend zu begründen versucht2• 1 Vgl. die ausführliche Bibliographie bei A. Diller, The Tradition of the Minor Greek Geographers (Am. Phil. Ass., Phil. Mon. 14) 1952. 2 J. Pirenne, Le royaume sud-arabe de Qataban, Louvain 1961 (im folgenden Pirenne I); dieselbe, Journ. As. 249, 1961, 441 ff. (Pirenne II); F. Altheim, Geschichte der Hun nen V, Bin. 1961, 11 ff. - Die wichtigsten vorkommenden Abkürzungen sind, soweit sie 10 Umstrittene Daten Der Versuch fand Beifall und Ablehnung, ersteres vor allem bei Franz Altheim, der das neuerlich ermittelte Datum noch weiter zu präzisieren unternahm. Angesichts des hohen Quellenwertes der kleinen Schrift lohnt es sich vielleicht, die Frage wieder aufzugreifen. Nicht alle dabei zu diskutierenden, in den eben aufgeführten Beiträgen verwendeten Argumente sind freilich neu. Dennoch sollen sie alle berücksichtigt werden, denn neugefundenes Material hat ihnen bisweilen ein neues Ansehen gegeben. Nach Periplus 23ff. regiert in ~afar und Eudaimon (Aden) Charibael, Südarabisdte König der Sabäer und Homeriten und Freund der Römer. Er übt ferner Syndtro eine Oberherrschaft über Teile der Somallküste aus. Diesen Charibael nismen? identifiziert J. Pirenne (I 21 ff. u. ö. II 450) mit dem einzigen unter den zahl reichen aus südarabischen Inschriften und Münzen bekannten König na mens Karib'il, der ausdrücklich König von Qü-Raidan (der Burg von ~afär) und Saba' genannt wird. Die Inschrift, die ihn nennt (C.I.H. 373), ist auf das Jahr 316 einer nicht genau bestimmbaren Aera datiert. Nach J. Pirenne kommt man, je nach der angenommenen Beziehung dieser Aera zu anderen Aeren, insbesondere der himyaritischen3, auf die Zeit zwischen 201 und 246 n. C. für die Abfassung der Inschrift. Wir sind nun aber weit davon entfernt, diesen Karib'Il zuversichtlich mit dem Xoc.p~ßoc.~A des Periplus identifizieren zu dürfen, denn Herrscher dieses Namens hat es nach dem Zeugnis der Inschriften in mehreren südarabi schen Dynastien und zu verschiedenster Zeit gegeben. Man vergleiche nur den ganz anderen Identifizierungsvorschlag, den A. Grohmann (Arabien = Hdb. d. Altert. Wiss. II! 1,3,3,4 München 1963, 28) verzeichnet. Nie man garantiert uns dafür, daß überhaupt schon alle Könige dieses Namens durch jeweils eine Inschrift bekannt geworden sind. Dazu kommt die durchaus ungesicherte Datierung der Inschrift C.I.H. 373 selbst, deren Aera eben noch nicht fixiert werden konnte. Die südarabische sich nicht von selbst verstehen, folgende: C.A.H. = Cambridge Ancient History ; C.I.H. = Corpus Inscriptionum Semiticarum IV (Corpus Inscriptionum Himyariticarum); C.S.C.O. = Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium; F.G.H. = Fragmenta Historicorum Graecorum; F. g. H. = Fragmente der griechischen Historiker; R. E. = Pauly-Wissowa-Kroll-Ziegler, Realencyclopaedie der classischen Altertumswissen schaft; R.E.S. = Repertoire d'epigraphie semitique. - Nur dort, wo es im Zusammen hang darauf ankommt, und bei entlegenen Namen ist Genauigkeit in der Transskription orientalischer Wörter erstrebt. Es ist also im allgemeinen von Ezana, nicht 'Ezänä, die Rede. 8 W. Caskel, Z. d. dt. Morgen!. Ges. 109, 1959, 423ft". Das Datum des Periplus des Roten Meeres 11 Chronologie ist noch mit so vielen Unsicherheitsfaktoren belastet, daß die von G. Ryckmans unter Nr. 535 veröffentlichte Inschrift bis dahin weithin akzeptierte Daten um 200 Jahre verschob 4 ! J. Pirenne hat selbst darauf hin gewiesen, daß diese Inschrift Mordtmanns Warnung bestätigte, man dürfe nicht ohne weiteres mit einer konsequenten Fortentwicklung und stets kor rekten Anwendung der königlichen Titulaturen rechnen5, so daß der König von Saba' und Dü-Raidan in einer Inschrift nicht unbedingt später zu sein brauche als einer, in dessen Titulatur Saba' allein genannt wird. Genau das aber setzt die Identifizierung des Karib'il der Inschrift c.I.H. 373 mit dem J. Charibael des Periplus voraus. Ferner hat Ryckmans6 gezeigt, daß der in C.I.H.373 genannte Karib'il offenbar gerade nicht in ~afar, sondern in Marib residierte, ein Einwand, den J. Pirenne in nicht ganz überzeugender Weise zu widerlegen sucht (I 21 Anm. 14). Was ferner den 'EAeO(~oc; angeht, der nach Angabe des Periplus zu dersel ben Zeit in Hadramaut regiert, so steht für ihn die stattliche Reihe der in schriftlich bezeugten Könige verschiedener südarabischen Dynastien mit den Namen 'Il'azz und 'IlsaraJ: zur Verfügung7• Sie verteilen sich auf einen ganz erheblichen Zeitraum, und es gibt bisher keinen zwingender Grund, irgendeinen von ihnen mit dem im Periplus genannten Herrscher zu identi fizieren. Den von H. v. Wissmann (Museon 57, 1964, 429ff.) mit staunenswerter Gelehrsamkeit und Kombinationsgabe durchgeführten Versuch einer um fassenden Rekonstruktion der himyaritischen Chronologie konnte ich erst bei der Korrektur berücksichtigen. Auch er vermag die grundsätzlichen Bedenken gegenüber einer Neudatierung des Periplus mit Hilfe südarabi scher Inschriften nicht auszuräumen. Der Autor konstatiert, daß nach seiner Ansicht der Periplus recht wohl ins 1. Jh. n. C. passe - "but, there is no possibility in our table to insert a Karib'il of Himyar or an 'Il'azz of Hadra maut in the last decades of the first century A.D." (479). Diese Schluß- 4 G. Ryckmans, Museon 69, 1956, 139ff. 5 J. Pirenne, Museon 69, 1956, 164ff. 6 G. Ryckmans, Museon 70, 1957, 79ff. 7 So heißt der erste König, der in seinem Titel nachweislich Saba' und Qü-Raidän verbindet, 'Ilsaral;1 Yal;tqub (A. Grohmann, Arabien = Hdb. d. Altertumswiss. 3,1,3,3,4, München 1963, 27f.; J. Ryckmans, L'institution monarchique en Arabie meridionale, Louvain 1951, 298). Freilich wird gerade der nicht zur Zeit der Abfassung des Periplus über die südostarabische Küste geboten haben. Viel eher gehört er in die Zeit des Gallus, der im Binnenland mit einem Ilasaros zu tun bekam (R. Fazy, Mitt. d. Schw. Ges. d. Freunde Ostas. Kult. 5, 1943,24).

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