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Über Raum, Zeit und Kausalität PDF

205 Pages·1954·7.62 MB·German
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JAFFE. UBER RAUM, ZEIT UND KAUSALITAT OREI OIALOGE OBER RAUM, ZEIT UND KAUSALITAT VON GEORGE JAFFE • SPRINGER·VERLAG BERLIN · GOTTINGEN . HEIDELBERG 1954 AIle Rechte vorbehaltcn Ohne ausdtiickliche Gcnehmigung des Verlages ist es auch nicht gcstattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wcge (Photokopie, Mikrokopie) zu verviclfaltigcn ISBN-13 : 978-3-540-018 I 7-9 e-ISBN-I 3 : 978-3-642-92622-8 DOl: 10.1007/978-3-642-92622-8 Die Dialoge schlieBen sich an Berkeley's »Three Dialogues between Hylas and Philonous" an. Die heiden ersten Dialoge erscheinen hiermit in zweiter Auflage (Zwei Dialoge uber Raum und Zeit, Akademische Verlagsanstalt m. h. H., Leipzig, 1931). Der dritte Dialog wird hier zuerst veroffentlicht ERSTER DIALOG Bylas: Guten Morgen, Philonous; es freut mich, dich schon so friih zu treffen. Philonous: Guten Morgen Hylas ... Wie kommt es, daB du dich so lange nicht hast sehen lassen? Bylas: lch will aufrichtig sein und bekennen, daB ich einem Zusammentreffen mit dir aus dem Wege gegangen bin. Philonous: Du setzest mich in Erstaunen, Hylas; solltest du mir zurnen, weil du mir bei unseren letzten Unterredun gen recht geben muBtest? Bylas: Nein, lieber Freund, wie kannst du mich fur so kleinlich halten! Jene Unterredungen sind allerdings der Grund meines Fernbleibens, aber in einem ganz an deren Sinne, als du meinst. Die Lehren, zu deren An erkennung du mich gezwungen hast, setzten mein ganzes Denken in Verwirrung. Was ich friiher fur Wahrheit hielt, suchte sich immer wieder zur Geltung zu bringen, und ich bedurfte der Einsamkeit und der MuBe, urn mich in die neue Denkweise hineinzufinden. Bis das geschehen war, mochte ich dir nicht unter die Augen treten. Philonous: So darf ich also annehmen, daB du mir jetzt nicht nur gezwungenermaBen recht gibst, sondern auch mit innerer Notigung meine Anschauungen zu den deinen gemacht hast? Bylas: So ist es, Philonous! Und urn dir zu beweisen, wie sehr ich mich in deine Denkweise hineingelebt habe, will ich dir heute Folgerungen aus ihr ableiten, die ge wissermaBen noch uber die deinigen hinausgehen. 7 Philonous: Es freut mich, in dir einen so eifrigen An hanger gefunden zu haben, und du machst mich gespannt auf deine neuen Folgerungen. Du bist also mit allen Punkten meiner Lehre einverstanden? Hylas: Dariiber mochte ich mich heute nicht auslassen, Philonous. 1ch betrachte es nur als zugestanden, daB die Welt - soweit wir sie durch unsere Sinne kennen - un sere Vorstellung ist. 1nnerhalb dieser Lehre gibt es einen Punkt, iiber den ich mit dir diskutieren mochte. - Hast du nicht behauptet, daB es selbst in Gedanken unmoglich sei, die Vorstellung der Form und Ausdehnung von allen iibrigen sinnlichen Eigenschaften zu trennen? Philonous: Ganz recht! 1ch habe sogar allgemein den Unterschied zwischen primaren Eigenschaften (als da sind: Ausdehnung, Form, Undurchdringlichkeit, Schwere, Be wegung und Ruhe) und sekundaren Eigenschaften (wie Farbe, Ton, Geschmack) geleugnet, insofern als alle diese Eigenschaften nur Affektionen unserer Sinne sind. Hast du dagegen etwas einzuwenden? Hylas: Durchaus nicht. 1ch behaupte nur, daB die Vor stellungen, welche uns die einzelnen Sinne verschaffen, sehr wohl voneinander zu trennen sind, daB ich mir z. B. einen festen Korper von bestimmter Form vorstellen kann, ohne mir gleichzeitig eine bestimmte Farbe vorstellen zu miissen. Philonous: Das leugne ich vorlaufig, Hylas. Aber kannst du mir vielleicht Griinde fiir deine Oberzeugung geben? Hylas: GewiB! - Du gibst doch zu, Philonous, daB man sich einen Korper von bestimmter Form vorstellen kann, ohne zugleich eine bestimmte Gehorvorstellung da mit verbinden zu miissen? 8 Philonous: Selbstverstandlich, Hylas! lch habe ja nicht die torichte Behauptung aufgestellt, daB die Vorstellung der Form und Ausdehnung stets mit samtlichen sekun daren Eigenschaften verknupft sei, sondern nur ausgesagt, daB sie nicht ohne aIle sekundare Eigenschaften gedacht werden kann. Hylas: Sage mir weiter, Philonous, kannst du dir um gekehrt einen Ton vorstellen, ohne dir gleichzeitig den tonerregenden Korper mitvorzusteIlen? Philonous: Auch das kann ich, da ja die Erregung auf sehr verschiedene Art erfolgen kann, und gar nicht we sentlich fur die Tonvorstellung ist. Hylas: Nun hast du aber doch behauptet, jene ver schiedenen sinnlichen Eigenschaften seien ihrem Wesen nach gleich. Wenn also die Wahrnehmungen des Tast-und des Gehorsinns voneinander zu trennen sind, warum sollte dasselbe nicht auch fur Tast- und Gesichtssinn gelten? Philonous: Das scheint mir ein indirekter SchiuB zu sein, der nicht zulassig ist. AIle sinnlichen Eigenschaften sind gewiB insofern wesensgleich, als sie eben nur Vor stellungen unserer verschiedenen Sinne sind. Aber wei! ein Sinn uns mit Sinneseindrucken versieht, die geson dert vorstellbar sind, so braucht das dom nicht von allen Sinnen zu gelten. Hylas: lch will zunachst diesen Einwurf gelten lassen. Du muBt aber zugeben, daB du mit ihm wieder zwei Klassen von sinnlichen Eigenschaften statuiert hast: solche, die an sich vorstellbar sind, und solche, welche sich gegen seitig bedingen. Willst du mir nun bitte angeben, wie sich deine Vorstellungen auf die beiden Klassen verteilen. Philonous: LaB mich einen Augenblick nachdenken, 9 Hylas. - 1ch finde, daB ich die Vorstellungen des Tast sinns nicht von denen des Gesichtssinns trennen kann, sonst aber aIle Sinneseindriicke getrennt vorsteIlbar sind. 1ch will auch zugeben, daB ich anfange, an der Richtigkeit meiner Behauptung zu zweifeln, wenn ich auch noch nicht einsehe, warum ich mir irgendeinen festen Korper immer mit Farbe begabt, aber durchaus nicht auch dem Gehor-, Ge ruchs-oder Geschmackssinn wahrnehmbar vorstellen muB. Bylas: Der Grund fUr diesen scheinbaren Unterschied - denn er ist nur scheinbar, wie du gleich sehen wirst - liegt in der Erfahrung. Du weiBt aus deiner friiheren Erfahrung, und nur aus ihr, daB jeder Gegenstand deiner Tastwahrnehmung unter geeigneten Umstanden auch Gegenstand deiner Gesichtswahrnehmung ist ode!." werden kann; oder richtiger gesagt: aus dem erfahrungsgemaB beobachteten gleichzeitigen Auftreten von Gefiihls- und Gesichtseindriicken setzest du synthetisch das Bild des »auBeren Gegenstandes« so zusammen, daB er gleichzeitig fUhlbar und sehbar gedacht wird. Darin liegt aber schon Erfahrung, also ein Urteil, und nichts, was den Sinnes wahrnehmungen als solchen eigentiimlich ist. Darum steIlt sich dieser Zwang auch nur da ein, wo ihm Erfahrung zugrunde liegt, und er verkniipft z. B. nicht Tast- und Gehorwahrnehmungen. Philonous: Deine Erklarung auf Grund der Erfahrung leuchtet mir ein; aber ware es nicht moglich, daB gerade jene in der Erfahrung ausgedriickte Tatsache ein notwen diges - nicht nur sozusagen ein zufalliges - Zusammen arbeiten der beiden Vorstellungsarten bedingte? Bylas: Es ware schon moglich, Philonous, aber es ist nicht so. Das von dir vorausgesetzte Zusammenarbeiten 10 ist durchaus nicht notwendig, denn es lassen sich Beispiele von Fallen finden, in denen die beiden verschiedenen Sinnesvorstellungen getrennt in Erscheinung treten. Ware namlich jene Koppelung eine notwendige, so diirfte es auch nicht Gesichtswahmehmungen ohne entsprechende Tast wahmehmungen geben; solche vermittelt uns aber z. B. derRegenbogen. Und auch das umgekehrte Verhaltnis finden wir manchmal verwirklicht; die Vorstellung, welche dn Blindgeborener von der AuBenwelt hat, kann keine Gesichtswahmehmungen enthalten. Und wenn man dich mit verbundenen Augen in einen unbekannten Raum fiihrte, so wiirdest du dir die Gegenstande deiner Um gebung durch den Tastsinn sehr wohl ihrer Form nach vorstellen konnen, ohne dir gleichzeitig eine Farbe vor stellen zu miissen. Wenn du dir eine reine Tastvorstellung vermitteln willst, so darfst du allerdings nicht an die »Gegenstande« deiner sonstigen Erfahrungen denken - die sind mit Farbe begabt - sondern nur an die ertastete Form. Philonous: lch gebe mich iiberzeugt, Hylas. lch mochte nur gem noch wissen, warum du auf dies en Punkt so viel Wert legst. lch hatte allerdings behauptet, die primaren Eigenschaften lieBen sich nicht einmal in Gedanken von allen sekundaren Eigenschaften trennen, aber ich habe diesen Satz doch nirgends benutzt, urn zu beweisen, daB die sinnlichen Eigenschaften nur in der Vorstellung des Subjekts bestehen. Hylas: Zugegeben, Philonous. lch lege auf jenen Punkt auch nur darum Wert, weil ich von ihm aus noch einen Schritt weiter gehen will. lch behaupte namlich, daB die Sinneswahmehmungen, welche uns die einzelnen Sinne II verschaffen, nicht nur getrennt vorstellbar sind, sondern auch in man chen Fallen einander widersprechen. Phylonous: Das ist eine sonderbare Behauptung, Hylas; und ich bekenne, daB ich mir bei ihr zunachst gar nichts denken kann. Hylas: Nun, du wirst gleich einsehen, worauf ich hin aus will. Was ich klarstellen mochte, betrifft wieder die Beziehung von Tastsinn zu Gesichtssinn. Diese beiden Sinne sind nicht nur die wichtigsten, indem sie uns die meisten Angaben liefern, aus denen wir das Bild unserer AuBenwelt aufbauen, sondern sie nehmen noch insofern eine Sonderstellung ein, als sie, wenn ich mich alltaglich ausdriicken darf, bis zu einem gewissen Grade ein gemein sames Arbeitsfeld haben. Tone werden uns nur durch das Ohr vermittelt, Geriiche nur durch die Nase, selbst Farben sind reine Gesichtseindriicke, aber von der Form der Korper gewinnen wir sowohl durch den T astsinn wie durch den Gesichtssinn eine gewisse Vorstellung. Philonous: Jawohl, Hylas; und wenn ich dem Inhalt deiner Feststellung auf den Grund gehe, so enthalt sie nur die Erfahrung, daB gleichzeitig mit einer gegebenen Tastvorstellung ein ganz bestimmter Gesichtseindruck - soweit die Form in Frage kommt - zu erwarten ist. Darum sind in unserer Vorstellung von den »Dingen der AuBenwelt« Tast- und Gesichtswahrnehmungen so sehr ineinander verflochten, daB ich eben noch vermeinte, sie konnten nicht getrennt voneinander gedacht werden. Hylas: Dariiber sind wir also im klaren! Zu unserer Vorstellung von der Form der Dinge Iiefert sowohl das Auge wie das Getast Angaben; wir wollen nun ver suchen, den Anteil der beiden Vermittler zu bestimmen 12

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