BASTERIA, 58: 11-14, 1994 Über eine neueDiscus-Art vonLa Gomera (Kanarische Inseln) (Gastropoda Pulmonata:Endodontidae) W. Rähle ZoologischesInstitut derUniversität Tübingen,AufderMorgenstelle28, D-72076 Tübingen,Deutschland AnewDiscus speciesfrom La Gomera(CanaryIslands) Discus gomerensis,a newendemicspeciesofthe CanaryIslandsis described.The descriptionis based onasingleshellfoundintheBarrancodeEraNueva nearVallehermosointheNorthwest ofLa Gomera. Conchologicallyit differs considerablyfrom all other species ofthis genus hitherto known fromthe Canarianarchipelago. Key words: Gastropoda,Pulmonata, Endodontidae, Discus, Spain,CanaryIslands. VondenKanarischenInseln sindbishersiebenendemischeDiscus-Artenbeschrieben worden: D. textilis(Shuttleworth, 1852),D.putrescens(Lowe, 1861) undD. retextus (Shutt- leworth, 1852) vonLa Palma, D.kompsa (Mabille, 1883) vonElHierro (= Helixconcinna Lowe, 1861,nonJeffreys, 1830), D. ganodus (Mabille, 1882) von La Gomera sowie D. engonatus (Shuttleworth, 1852) und D. scutulus (Shuttleworth, 1852) von Teneriffa. Die Arten leben in feuchten Bergwäldern und gelten allgemein als sehr selten. Über die anatomischenVerhältnisse ist so gut wie nichtsbekannt. Im Frühjahr 1991 wurde im Nordwesten der Insel Gomera ein Discus entdeckt, der keiner der obengenannten Arten zugeordnet werden konnte. Es liegt zwar nur ein einzelnes Gehäusevor, daszudem an derMündung leicht beschädigt ist.Es unterschei- det sich indessen konchologisch so sehr von allen anderenkanarischen Discus-Arten, dass eineArtbeschreibung gerechtfertigterscheint. Frau Dr. M. Rosario Alonso(Universidad deLa Laguna) und Herrn Th.E.J. Ripken (Delft), die so freundlich waren, das Gehäuse zu begutachten, sei für diesbezügliche Hinweisean dieserStelleherzlich gedankt. Discus gomerensis nov. spec. (Fig. 1-3) Diagnose. -- Flachkonischer Discus mittlerer Grösse mit fast acht, sehr langsam zunehmenden,gekielten, oberseitsgerippten undunterseitsrippenstreifigen Umgängen, mit verhältnismässig engem, eher bohrlochförmigem als perspektivischem Nabel und einer entsprechend breit-ovalen Mündung. Schalenbeschreibung. —Die Schale hat 73/4 langsam zunehmendeUmgänge (Zäh- lung nach Kerney, Cameron & Jungbluth, 1983). Sie ist 7,7 mm breit und 3,45 mm hoch. DieEmbryonalschale nimmt 1V4 Windungen ein. Sieist grösstenteils glattund weist nur an ihremEnde einige Radiärrippchen auf. Das Gewinde ist flachkonisch erhoben. Es ist einkräftiger, etwas über derMitte des letzten Umganges verlaufender Peripheriekiel vorhanden, dervor der Mündung in eine stumpfe Kante ausläuft. Der letzteUmgang steigt inderNähederMündung wenig aber deutlichunterdieKielkante des vorletzten Umganges herab, und ist, von oben gesehen, kaum breiter als der 12 BASTERIA, Vol. 58,No. 1-2, 1994 vorletzte. Die Mündungsbreite beträgt 2,9 mm und dieMündungshöhe 1,75 mm. Die Mundrändersind durch einendünnen Kallusverbunden.Der Oberrandder Mündung ist an dem vorliegenden Stück etwas beschädigt. Es fehlen — wie die vorhandene Ansatzliniezeigt — ca.0,7-0,8 mm. Deshalbistdie Neigung derMündungsebene gegen die Gehäuseachse nur näherungsweisc zu bestimmen. Sie dürfte etwa 40° betragen. An derSchalenoberseite sind die Umgänge flach gewölbt und weisen eine regelmäs- sige Skulptur ausgebogenen Radiärrippen auf, diebis zum Peripheriekiel zuverfolgen sind. DieSchalenunterseiteistabgeflacht unddirekt unter demKiel etwas hohlkehlen- artig eingezogen. Ihre Oberfläche ist imGegensatz zur Oberseiteglänzend underheb- lich schwächer skulptiert. DieSkulptur besteht hieraus leichtS-förmig geschwungenen, gedrängt stehendenRippenstreifen. Innen biegt derletzte Umgang in scharfem Bogen in einensehr wenigerweiterten, eherbohrlochförmigen als perspektivischen Nabelein, dessen Breite wenig mehr als l/ des Gehäusedurchmesserseinnimmt. 4 Das Periostracumhat,woesnochvorhanden ist, eine einheitlichhellbraune Färbung. Flecken sind nicht zu erkennen. Die Schalenunterseiteerscheint, bisaufeine schmale Zone unter demKiel, bedeutendhellerals die Schalenoberseite. Material. — Holotypus (NNM 56861): Kanarische Inseln, La Gomera, im oberen Teil des Barranco de Era Nueva, am Südostfuss des Teselinde-Massivs, ca. 2,5 km WNW Vallehermoso, ca. 500 m ü. NN, leg. W. Rähle, 31.3.1991. Fundumstände.— Die Schale fandsich am Fuss eineralten, zerfallenden, feuchten und stark bewachsenen Fcldmauer in Gesellschaft vonPomatias spec,Napaeus spec, Napaeus rupicola (Mousson, 1872),Napaeus ocellatus(Mousson, 1872),Retinella(?)rochebruni (Mabille, 1882),Lehmannia valentiana (Ferussac, 1823),Gibbulinellacf. dealbata (Webb & Berthelot, 1833),Caracollinalenticula(Michaud, 1831) und Canariellagomerae JWollaston, 1878).Die Bestimmung derNapaeus-Arten verdanke ichHerrn Dr. R. Hutterer, Bonn. Diskussion. - Der Peripheriekiel, die zahlreichen und langsam zunehmenden Umgänge, die unterschiedliche Skulptur von Schalenober- und Unterseite und der relativ engeNabel sindMerkmale,welche— wieu.a.aus diesbezüglichen Angaben bei Mousson (1872), Wollaston (1878), Mabille(1885) und Odhner (1931) hervorgeht - auchbeiverschiedenenanderenDiscus-ArtenderKanarischenInselnvorkommen.Es ist jedoch unter denbisher von dort bekannten Arten keine, bei deralle diese Merkmale gemeinsam auftreten. Den markantenPeripheriekiel teiltD. gomerensis mitD. engonatusund D. scutulus. Die zahlreichen,langsam zunehmendenUmgängeerinnern an D. scutulus, aberauch an D. kompsa und D. textilis. Die unterschiedlicheSkulptur von Gehäuseober-und Unterseite findetsich in ähnlicherForm bei D. textilis, D. kompsa und D. retextus wieder. Was die Nabelbreite und die daraus resultierenden Mündungsverhältnisse betrifft, so sind D. textilisund D.kompsa am ähnlichsten. Dagegen kommen Formen wie D.putrescens und D. ganodus, derenSchalen sich nicht nurdurch bedeutendere Grösse, sondernauch durch rasch zunehmendeUmgänge, trichterförmigen Nabel und überallrippenstreifiges Ge- häuse auszeichnen, für einenweiteren Vergleich nicht in Betracht. D. engonatusunterscheidet sich von der neuenArt, abgesehen von den etwas geringe- renGehäusemassen undeinem etwas stärker erhobenenGewinde,vor allemdurch den breiten, perspektivischen Nabel, der ca. 2/5 des Schalendurchmessers einnimmt, und die entsprechend kleinere, annähernd quadratische Mündung. Ausserdem ist die Zahl der Umgängebedeutendgeringer (6'/ gegenüber 73/ bei D. gomerensis). 2, 4 HinsichtlichderWindungszahl wirdD. gomerensisnurvon D. scutulusübertrofFen.Jene Art besitzt bei annäherndgleichem Schalendurchmessersogar einenhalben bis einen Rahle:Neue Discus-Art vonden Kanarischen Inseln 13 Fig. 1-3. Discusgomerensisnov. spec., Holotypus, LängedesMassstabes: 2 mm. ganzen Umgang mehr. Der Nabel ist indessen bei D. scutulus stärker erweitert als bei irgendeiner anderenkanarischenDiscus-Art undnimmtnahezu 2/3 des Gehäusedurch- messers ein. Ausserdem ist das Gewinde bedeutend flacher und nahezu völlig eingeebnet. D. engonatus und D. scutulus unterscheiden sich von D. gomerensis und allenanderen endemischen Discus-Arten der Kanarischen Inseln darüberhinaus durch die deutlich gerippten Nabelumgänge und das Auftreten einer stumpfen, mehr oder weniger mar- kanten, den Nabelbegleitende Kante an der Gehäusebasis. Das GehäusevonD. retextus besitztnursechs Umgänge. Der letzte istanderPeriphe- riestumpfgewinkelt, aberüberallkonvex undnirgends abgeflacht. Auchbei dieserArt ist der Nabel stark erweitertund perspektivisch. Bezüglich derSchalenskulptur, derNabelweitcunddenMündungsverhältnissen erin- nert D. gomerensis ammeisten anD. textilis undD. kompsa. DieZahl der Windungenist, insbesonderebei D.kompsa, nurweniggeringer alsbei der neuenArt. Dennoch sind die Unterschiede immernoch beträchtlich: DieGehäuse von D. textilisund D.kompsa sind nicht gekielt, sondern habenentwedereinen fast vollkommengerundeten (textilis) oder höchstens leicht gekanteten, überallkonvexen letzten Umgang (kompsa). Die Mündung erscheintbeiD. gomerensis ehernochbreiter undniedrigeralsbei diesenbeidenFormen und der Nabel ist bei der neuen Art nicht trichter- sondern ausgesprochen bohrlochförmig. 14 BASTERIA, Vol. 58,No. 1-2, 1994 LITERATUR KERNEY, M.P., R.A.D. CAMERON&J.H.JUNGBLUTH, 1983.Die Landschnecken Nord- undMitteleu ropas: 1-384. Hamburg,Berlin. MABILLE,J., 1885.Materiauxpourunefaunemalacologiquedeslies Canaries,II.—Nouv.Arch. Mus.natn Hist.nat. Paris (2) 8: 17-182. MOUSSON,A., 1872. Revision de lafaune malacologiquedesCanaries. — Neue Denkschr. Allg. Schweiz Ges. ges. Naturw.(3)25 (1): I-IV, 1-176. ODHNER, N.H., 1931. Beiträgezur Malakozoologieder Kanarischen Inseln. Lamellibranchien, Cephalopo den, Gastropoden.— Ark. Zool. 23A (14): 1-116. WOLLASTON, T.V., 1878. Testacea Atlantica, or land and freshwater shells of the Azores, Madeiras Salvages,Canaries, Cape VerdesandSaint Helena: 1-588. London.