FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 1114 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK669.14 543.272.2 Dipl.-Chem. Dr. phil. Siegfried Eckhard Dipl.-P~s. Walter Baum Max-Planck-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf Über ein physikalisches Verfahren zur Bestimmung des Wasserstoffs im ternären Gemisch mit Stickstoff und Kohlenmonoxyd WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1962 ISBN 978-3-663-03952-5 ISBN 978-3-663-05141-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-05141-1 Verlags-Nr.011114 © 1962 Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag Inhalt Vorwort .............................................................. 6 Einführung ............................................................ 7 I. Die Auswahl des MeBprinzips ..................................... ,11 1. Theoretische Strömungsbetrachtungen .................•............ 11 a) KNUDsENsche Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 b) HAGEN-POISEUILLEsche Strömung ............................... 12 c) Der übergangsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13 d) Gültigkeïtsbereich der Gesetze .................................. 13 Il. Die Evakuierung eines Volurnens über einen Gaswiderstand ......... is 1. Bestimmung der Gasleitfähigkeit von Glasfritten ..................... 15 2. Einführung des elektrischen AnalogiemodelIs ........................ 16 3. Der Druckmellindikator .......................................... 18 4. Die Gasmengenbestimmung 20 lIL Die Diffusionstrennkette 22 1. EinfluJ3 der Gliedzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 22 2. Versuchsanordnung für eine dreïgliedrige Trennkette ................. 24 IV. Ein MeBverfahren ohne Anfangsdruckbedingung .................... 26 1. Die besondere Anordnung der Trennkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 26 2. Das Analogiemodell .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 3. Ausdehnung auf den übergangsbereich ............................. 32 4. Die Ausnutzung aller Strömungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39 5. Das Bestimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 41 V. SchluBbetrachtung 44 VI. Zusammenfassung 46 VII. Literaturverzeichnis 47 Anhang ............................................................... 49 Vorwort Für die Fertigungs-und Qualitätskontrolle bei der Stahlerzeugung ist es wichtig, die im Stahl chemisch oder physikalisch gebundene, die Stahlqualität beein flussende Gasmenge bestimmen zu können. Nur ein genügend schnelles Analysen verfahren erlaubt es, einen noch laufenden FertigungsprozeB zu überwachen und zu korrigieren. Im Stahl sind nur Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff gebunden oder gelöst [1]. Von den verschiedenen Verfahren zur Bestimmung dies er Gase hat sich im Laufe 30jähriger Praxis das von OBERHOFFER und seinen Schülern [2] als am geeignetsten erwiesen. Das als » HeiBextraktion « bekannt gewordene Verfahren setzt die Gase aus der Stahlschmelze in Freiheit; an schlieBend wird die Menge der gewonnenen Gase volumetrisch bestimmt. Für eine betriebliche Schnellanalyse kommt diese Methode heute noch nicht in Betracht. Die Extraktion der Gase geht schnell vor sich, während die volu metrische Analyse in der vorliegenden Art verhältnismäBig langwierig ist; an dieser Stelle kann das Verfahren sicher wesentlich verkürzt und verbessert werden. 6 Einführung Fast sämtliche Bedingungen für die Analyse der Gase sind durch die voraus gehende Heijlextraktion festgelegt. In einen Kohletiegel wird die gewogene Stahiprobe eingebracht und unter Vakuum aufgeschmolzen [3]. Die gelösten Gase entweichen aus der Schmelze; die eingeschlossenen Oxyde reagieren mit dem Kohlenstoff des Tiegels und werden reduziert. Der Sauerstoff verbindet sich bei dieser hohen Temperatur und dem ÜberschuB an Kohlenstoff quantitativ zu Kohlenoxyd; wahrscheinlich zersetzen sich auch die Nitride [4]. Die entbundenen Gase werden aus dem Reaktionsraum entfernt und schlieBlich bei Atmosphären druck volumetrisch analysiert. Die Abb. 1 zeigt schematisch eine auf diesem Verfahren beruhende, bislang benutzte Apparatur. Die Verdichtung auf At mosphärendruck und die volumetrische Gasanalyse sind mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden, so daB man bestrebt ist, diesen Arbeitsgang zu umgehen. Beide Schwierigkeiten lassen sich durch ein spektralanaiytisches Verfahren um gehen. Die von der schnell arbeitenden Quecksilberdiffusionspumpe Cvgl. Abb. 1) gelieferten Gase können im Vordruckbereich dieser Pumpe leicht angeregt werden. Dieses Plasma wird spektralanalytisch ausgewertet. Heit3cxtraktion Verdichtcrpumpe (z. B. Quccksilber mcmbranpumpc) 1f' Probcnl GClphitwidcr Quecksilbcr Gasanalysator standsofcn diffusionspumpc I-Iahn für Hz. CO, 2 NF-Encrgie 1. Zusatz von 02 2. Verb"ennung von H. und CO 3. Bcstimmung von H~ 4. Adso"ption "on CO. 5. Bestimmung "on eOe Mcrlmikromc!cr + 6. Res! 2 Rest O2 Abb. 1 HeiBextraktion mit chemischer Mikroanalyse Die grundsätzliche Anwendbarkeit eines spektralanalytischen Verfahrens wurde in mehreren Arbeiten über die spektrale Gasanalyse im Druckbereich einiger Torr festgestellt. Eine erste Arbeit [5] untersuchte die Druckabhängigkeit der Intensität ver schiedener Banden und Linien der Gase Kohlenoxyd, Stickstoff und Wasserstoff unter als konstant angenommenen Anregungsbedingungen in einer elektroden losen Hochfrequenzentladung. Es zeigte sich, daB die Intensität der Banden und 7 Imcnsitöt, logarithmisch in beliebigen Einhcitcn 3,4 r 13,2 ,I1 . 3,0 ,,.:~: ' 0() 0 I; ....l 2,8 Ir I \ 2,6 '. I " \ I' \ 2,4 J 1\ I 2,2 I \'\ l \ i'.. V V. 2,427 8A ~. _\ 2,0 :- .I1 . \ 1"- Hy,4340 A V- \'. t- 1,8 / .. .. \\ -, 1,6 , , '.. '. '. 1,4 .... H~, 4861 A ''f:~ 1 I 1,2 A 10(-83j 1,01 10-1 10-2 10-3 Druck In Torr Abb. 2 Intensität einiger Banden in Abhängigkeit vom Druck unter sonst konstanten Bedingungen Cnach STEINKOPF) [2] Linien bei einem bestimmten Druck in der GröGenordnung 0,1 Torr ein Maxi mum durchläuft, Abb. 2. In einer weiteren Arbeit [6] wird die Konzentrations abhängigkeit dieses Intensitätsmaximums aufgefunden und durch entsprechende Versuchsreihen belegt. Aus diesen Erkenntnissen he raus wird eine Analysen methode [7] vorgeschlagen. Eine direkt registriercnde MeGapparatur mit licht elektrischen Empfängern wird errichtet, Abb. 3. Die bei der HeiGextraktion anfallenden Gase werden mit einer Quecksilberdiffusionspumpe in das Volumen V bis zu einem Druck von maximal 20 Torr gesammelt; aus dem Druck wird die gesamte angefallene Gasmenge bestimmt. Dann wird das Entladungsrohr E über den Hahn A gefüllt und nach dem SchlieGen von A über die Drosselstelle D und Hahn B langsam leergepumpt. Mit dem abfallenden Druck wird der für das Intensitätsmaximum benötigte Druck sicher durchlaufen. Die Messung kann wiederholt werden, solange der Anfangsdruck im Entladungsrohr den Maximum druck noch überschreitet. Über den Hahn C kann schlieGlich die gesamte Ap paratur schnell wieder zur Vorbereitung einer neuen Analyse evakuiert werden. Zur Erzeugung des Gasplasmas ist das Entladungsrohr E an den Ausgangskreis 8 Heiflexlra ktion Strom Hg-Diffusions vcrsorgung pumpc Proben F-Encrgic Emladungsrohr B 2stuligc Vorpumpc Abb. 3 Heifiextraktion mit spektraler Gasanalyse eines Hochfrequenzgenerators guter Netz- und Frequenzstabilität kapazitiv an gekoppelt. Das Entladungsrohr ist so gestaltet, daS sich im Gasraum keine Elektroden befinden. Von geeignet urn das Rohr gelegten Elektroden wird die Hochfrequenzenergie kapazitiv durch die Glaswand dem Plasma zugeführt. Das Plasma bildet die Belastung des Ausgangskreises des Senders, je nach Gasart, -zusammensetzung und Druck ist die vom Plasma aufgenommene Energie verschieden. Insofern bereitet die Konstanthaltung der äuBeren An regungsbedingungen Schwierigkeiten, die aber für die praktische Analyse durch Normierung des MeBvorganges berücksichtigt werden können. Photographische Voruntersuchungen [5, 6] mit einem Glasspektrographen groBer Dispersion zeigten die Verwendbarkeit des Verfahrens. Die Gasspektren lieSen erkennen, daG zur Erfassung von Kohlenoxyd und Stickstoff ei ne groGe Dispersion nicht unbedingt erforderlich ist. Mit geringer Dispersion kann aber der Wasserstoff nicht mehr spezifisch erfaGt werden, da die einzige freie Wasser stofflinie nur geringen Abstand (35 A) von einer starken Kohlenoxydlinie hat. Für die beabsichtigte lichtelektrische Spektralanalyse standen nur Monochroma toren geringer, für Kohlenoxyd und Stickstoff ausreichender Dispersion wr Verfügung. Die Beschaffung eines lichtelektrischen GroSgerätes für die Be stimmung des Wasserstoffs kam aus finanziellen Gründen nicht in Betracht. STRICKER [5] beobachtete einen Zusammenhang zwischen der unzerlegten Gesamtstrahlung und dem Wasserstoffgehalt des Gasgemisches. Er schlägt daher vor, die Wasserstoffkonzentration indirekt aus dem Gesamtlicht zu bestimmen. Diese Bestimmung ist allerdings nicht mehr wasserstoffspezifisch und von Stickstoff und Kohlenoxyd verschieden stark abhängig. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich durch die gegenseitige Beeinflussung der Gasionen im Plasma, 50 daG für die Darstellung der Konzentrationsfunktionen eine Parameterdarstellung edorderlich wird. Man erhält so für den Stickstoff und 9 das Kohlenoxyd Eichkurven, Abb. 4, die von der jeweiligen Wasserstoffkonzen tration (Parameter) abhängig sind. Vom Wasserstoffwert hängt die Genauigkeit der Ergebnisse für Stickstoff und Kohlenoxyd ab, so daG dazu ein mäglichst genauer Wasserstoffwert erwünscht ist. Die Wasserstoffbestimmung aus dem Gesamtlicht ist dazu ungeeignet. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war es daher, für die genaue Wasserstoff bestimmung cin anderes physikalisches Verfahren auszuarbeiten, das sich an das vorgegebene spektralanalytische Bestimmungssystem und den vorgegebenen Druckbereich anpafk 1[skT) lntcnsität 1 .-Bande 3371 A 100 o [%)H2 90 1~/' 80 20#' 3?-~:~ 70 60 s?j40P#- :P 50 6~~ 40 7~~' 2-Eichkurve 30 8~,. 20 9~, 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 [%IN. riskT) Rest CO! Jntcnsität 100 CO-Bande 4835 A 0 [%1 H. 90 10/ 20 ' 80 4j)3~ //,~ . 70 5O;;Y;? 60 60:~:~ 50 7~:~:~ 40 80~!~ CO-Eichkurvc 30 ~~:~. 9;~~ 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 [%1 CQ Rest 1 2! Abb. 4 Eichkurvenscharen für N2 und CO mit dem Parameter H2 10 1. Die Auswahl des MeBprinzips Auf Grund der dargelegten äuGeren Schwierigkeiten wurde für den Wasserstoff der spektralanalytische Weg nicht weiter verfolgt und statt dessen versucht, dies es Gas mit einem anderen physikalischen MeGverfahren zu erfassen. Im Gasgemisch Stickstoff, Kohlenoxyd und Wasserstoff fällt die Verwandtschaft der »isosteren« Kohlenoxyd- und Stickstoffmoleküle auf. n = 2 7 7 6 8 14N :::14 N m =28 12 C ::: 16 0 e = 14 Die Übereinstimmung in Atomzahl, Kernladungssumme, Elektronenkonf1gura tion und Molekulargewicht bewirkt ei ne bemerkenswerte Ahnlichkeit der physikalischen Eigenschaften. Es wird daher möglich sein, die Wasserstoff konzentration im Gasgemisch unbeeinHuGt vom Mengenverhältnis der beiden anderen Gase zu bestimmen, wenn man zur Bestimmung eine der GröGen benutzt, die die Verwandtschaft von Kohlenoxyd und Stickstoff bedingt und dabei für den Wasserstoff stark abweicht. Dies gilt besonders für das Molekular gewicht, das die Diffusion, die Wärmeleitung und alle molekularen Transport vorgänge beeinHuGt. So ist die Strömungsgeschwindigkeit des Gasgemisches von der Wasserstoffkonzentration abhängig und sollte bei zweckmäBiger Di mensionierung des StrömungsgefäGes, etwa einer engen Röhre, einen gceignet groGen MeGwert liefem, wobei auf die Möglichkeit einer Gasentmischung zu achten ist. 1. Theoretische Strömungsbetrachtungen Bewegt sich ein Gasstrom durch eine enge Röhre, so kann man drei Fälle unterscheiden: 1. Die freie Weglänge der Moleküle sei gröGer als der Rohrquerschnitt; die Strömung ist ei ne Diffusionsströmung; 2. Der Druck des strömenden Gases sei so groG, daG die freie Weglänge kleiner ist als die Querschnittsdimension; die Strömung sei noch laminar; 3. Das Gas bewege sich in einer turbulenten Strömung durch dIs Rohr. Jede dieser Strömungsarten gehorcht eigenen GesetzmäGigkeiten. Sie sind durch Übergangsgebiete verbunden, in denen die GesetzmäGigkeiten ineinander verlaufen. 11