Die Geschichte der U-Boote begann vor nahezu 100 Jahren. Den gesellschaftlichen Bedingungen jener Zeit entsprechend – es waren die Jahrzehnte der Herausbildung des Imperialismus – hing die Einführung des neuen Seekriegsmittels eng mit dem maritimen Wettrüsten zusammen. Das U-Boot fand schnell Eingang in alle großen und zunehmend auch in mittlere und kleine Flotten. In beiden Wehkriegen bestimmte der Einsalz der Unterwasserkräfte wesentlich das Bild des Seekrieges. Heute sind die kernkraftgetriebenen U-Schiffe die Hauptschlagkraft der Seestreitkräfte. Die Geschichte von den Tauchbooten des ausgehenden 19. Jh. bis zu den Unterwasserkräften der Gegenwart vermittelt uns Erkenntnisse, die nicht nur marinehistorische Fragen betreuen und die auch wenig mit Seefahrtsromantik zu tun haben. Die Entwicklung bis zu den heutigen U-Schiffen/Booten wird so analysiert und nachgezeichnet, wie sie sich aus dem Zusammenhang des Wirkens gesellschaftlicher, militärtechnischer, militärtheoretischer und organisatorischer Faktoren ergeben hat. Dem Leser werden hierbei viele technische und maritime Informationen geboten, die durch die zahlreichen Abbildungen noch ergänzt werden. Nicht zuletzt soll das Buch dazu beitragen, mit den verschiedenen Mythen und Legenden, die die bürgerliche Marinegeschichtsschreibung um die U-Boote gewoben hat, abzurechnen. SCHRIFTEN DES MILITÄRGESCHICHTLICHEN INSTITUTS DER DDR _________________________________________________________________________ KLEINE MILITÄRGESCHICHTE STREITKRÄFTE 2 RICHARD LAKOWSKI ___________________________________________________ U-BOOTE ZUR GESCHICHTE EINER WAFFENGATTUNG DER SEESTREITKRÄFTE MILITÄRVERLAG DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK 3 Zeichnungen: Ralf Swoboda Fotos: Archiv (35), Staatliches Filmarchiv der DDR (14), Kopenhagen (1), Tessmer (1), Uhlenhut (1) Lakowski, Richard: U-Boote : Zur Geschichte einer Waffengattung der Seestreitkräfte / von Richard Lakowski. 3. Aufl. - Berlin : Militärverlag der DDR, 1989 - 355 S. : 114 III. - (Kleine Militärgeschichte. Streitkräfte) ISBN 3-327-00290-8 3. Auflage, 1989 (C) Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik (VEB) – Berlin, 1985 Lizenz-Nr. 5 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: Offizin Andersen Nexö, Graphischer Großbetrieb, Leipzig III/18/38 Lektor: Barbara Grebe Typografie: Ingeburg Zoschke Einband: Wolfgang Ritter Karten und Schemata: Christa Kunz Redaktionsschluß: 15.2. 1988 LSV: 0545 Bestellnummer: 746 664 l 01680 4 Vorwort ___________________________________________________ Der Vertrag zwischen der UdSSR und den USA über die Liquidierung ihrer Raketen mittlerer und kürzerer Reichweite ist ein erster Schritt zu einer kernwaffenfreien Welt. Damit weitere folgen, bedarf es noch großer Anstrengungen, nicht zuletzt was den Abbau der Flottenrüstungen, des traditionellen Gebiets imperialistischen Überlegenheitsstrebens, betrifft. Ausgehend von diesen aktuellen Aspekten kommt der Geschichte des Seekriegsmittels U-Boot von seinen Anfängen bis zur Herausbildung der gegenwärtigen Hauptwaffengattung der Seestreitkräfte besondere Bedeutung zu. Sie begann vor nahezu 100 Jahren. Zu dieser Zeit ermöglichte die Entwicklung von Wissenschaft und Technik den Bau von Booten, die tauchen und sich maschinengetrieben unter Wasser fortbewegen konnten. Den gesellschaftlichen Bedingungen jener Zeit entsprechend – es waren die Jahrzehnte der Herausbildung des Imperialismus – hing die Einführung des neuen Seekriegsmittels eng mit dem maritimen Wettrüsten zusammen. Das U-Boot fand schnell Eingang in alle großen und zunehmend auch in mittlere und kleine Flotten. In beiden Weltkriegen bestimmte der Einsatz der Unterwasserkräfte wesentlich das Bild des Seekrieges. Heute sind die kernkraftgetriebenen U-Schiffe die Hauptschlagkraft der Seestreitkräfte und bestimmen deren Stärke. Die relativ überschaubare Geschichte von den Tauchbooten des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis zu den Unterwasserkräften 5 der Gegenwart vermittelt eine Reihe von Erkenntnissen, die über den Rahmen spezifisch marinehistorischer Fragestellungen hinausgehen und nichts mit Seefahrtsromantik gemein haben. In der Entwicklung der U-Boote wird der enge Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Nutzung des technischen Fortschritts auf militärischem Gebiet besonders deutlich. Es war ebensowenig die Erfindung der U-Boote wie der technische Fortschritt an sich, was zum maritimen Wettrüsten der Jahrhundertwende geführt hatte. Ihm zugrunde lag vor allem die Politik der herrschenden Klassen in den imperialistischen Staaten. Der Einsatz von U-Booten trug zur Veränderung des Seekrieges bei und wirkte sich auf das Gesamtbild des Krieges aus. Insbesondere der U-Boot-Handelskrieg, die zwar nicht einzige, jedoch spektakulärste und unter bestimmten Voraussetzungen effektivste Form des U-Boot-Einsatzes, zeitigte schwerwiegende Folgen. Der Angriff auf die zivile Handelsschiffahrt richtete sich mehr oder weniger direkt gegen die Bevölkerung, die Wirtschaft und das Hinterland eines Gegners. So gesehen, war das neue Seekriegsmittel einer der militärtechnischen Faktoren, die zur Totalisierung der Kriegführung beitrugen. Nicht zufällig tat hierbei der besonders aggressive deutsche Imperialismus im ersten Weltkrieg den ersten Schritt. Die Entwicklung des Seekrieges führte schließlich zu dem Einsatz der Unterwasserkräfte der faschistischen deutschen Kriegsmarine gegen die Handelsschiffahrt auf den Seewegen der Antihitlernkoalition. Auf die Geschichte der heutigen Hauptwaffengattung Unterwasserkräfte wirkte neben den grundlegenden gesellschaftlichen Bedingungen eine Vielzahl weiterer Faktoren ein. Der Autor verzichtet von vornherein auf ein alle Seiten gleichermaßen erhellendes Bild. Er konzentriert sich auf die grundlegenden Entwicklungslinien der U-Boote. Die Darstellung allgemeinhistorischer Vorgänge wurde auf ein notwendiges Minimum beschränkt. Dies war möglich, da es für den behandelten Zeitraum eine Fülle von Arbeiten der DDR- Geschichtsschreibung sowie der sowjetischen Historiographie gibt. Es sei hier nur auf die DDR-Ausgabe der zwölfbändigen «Geschichte des zweiten Weltkrieges 1939–1945» hingewiesen sowie auf die sechs Bände «Deutschland im zweiten Weltkrieg». 6 Hinzu kommen «Der erste Weltkrieg »von H. Otto und K. Schmiedel, «Der zweite Weltkrieg» von G. Förster, H. Helmert und H. Schnitter sowie «Kurzer Abriß der deutschen Militärgeschichte». Die Hauptaufgabe dieses Buches besteht darin, durch einen Gesamtüberblick die Grundlinien der Geschichte der U-Boote darzulegen. Ein weiteres und nicht das unbedeutendste Anliegen ist, mit verschiedenen Mythen und Legenden, die die bürgerliche Marinegeschichtsschreibung um die U-Boote gewoben hat, abzurechnen. Sie ranken sich um den Zeitpunkt und das Ausmaß der U-Boot-Entwicklung, gehen über die Ursachen und Ziele der U-Boot-Rüstung in den imperialistischen Staaten bis zu den Fragen der Moral und dem ideologischen Zustand der U-Boot- Besatzungen. Dem Autor geht es vor allem darum, die Entwicklung bis zu den U-Schiffen und -Booten der Gegenwart zu analysieren und nachzuzeichnen, wie sie sich aus dem Zusammenhang des Wirkens gesellschaftlicher, militärtechnischer, militärtheoretischer und organisatorischer Faktoren ergeben hat. In der Darstellung spielt die deutsche Geschichte, entsprechend der Bedeutung der Unterwasserkräfte in der Marine des deutschen Imperialismus, eine besondere Rolle. Zugleich wurde angestrebt, auch die Entwicklung in den wichtigsten anderen Flotten zu erfassen. Der Autor war bestrebt, dem Leser neben der Analyse möglichst viele technische und maritime Informationen zu bieten. Dieses Bemühen fand jedoch seine Grenzen in dem Umfang des Buches. Es ist auch zu beachten – und das trifft nicht nur auf die Zeit nach 1945 zu –, daß Angaben über die Unterwasserkräfte stets zu den bestgehütetsten Geheimnissen der Marineführungen gehörten. Über die Zuverlässigkeit des Materials, insbesondere der taktisch-technischen Angaben, darf man sich keine Illusionen machen. Es kommt dem Autor vor allem auf die Tendenz und die Vergleichsmöglichkeit an. Die Arbeit kann sich auf eine breite Literatur und gedruckte Quellen stützen. Wesentlich war die sowjetische militärhistorische und seekriegstheoretische Literatur. Ausgewertet wurden auch entsprechende Archivbestände, insbesondere des Militärarchivs der DDR, so die dort vorhandenen Teile des Kriegstagebuchs des B.d.U. 7 Aus den unterschiedlichsten Gründen war es noch nicht möglich, für die 3. Auflage alle wünschenswerten Veränderungen und Ergänzungen des Textes vorzunehmen. Aufgrund des anfangs erwähnten aktuellen Aspekts erfolgten jedoch im letzten Kapitel die notwendigsten Veränderungen, die die Entwicklung auf dem Gebiet der Unterwasserkräfte in den letzten Jahren erforderlich machte. Der Autor dankt allen Institutionen und Helfern, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben. Sein besonderer Dank gilt dem Militärgeschichtlichen Institut der DDR, dem Militärverlag der DDR und nicht zuletzt der Offiziershochschule der Volksmarine „Karl Liebknecht“. 8