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Türkeiforschung im deutschsprachigen Raum : Umbrüche, Krisen und Widerstände PDF

263 Pages·2020·5.42 MB·German
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Johanna Chovanec · Gabriele Cloeters · Onur İnal · Charlotte Joppien · Urszula Woźniak Hrsg. Türkeiforschung im deutschsprachigen Raum Umbrüche, Krisen und Widerstände Türkeiforschung im deutschsprachigen Raum Johanna Chovanec · Gabriele Cloeters · Onur İnal · Charlotte Joppien · Urszula Woźniak (Hrsg.) Türkeiforschung im deutschsprachigen Raum Umbrüche, Krisen und Widerstände Hrsg. Johanna Chovanec Gabriele Cloeters Wien, Österreich Hamburg, Deutschland Onur İnal Charlotte Joppien Wien, Österreich Hamburg, Deutschland Urszula Woźniak Berlin, Deutschland Die Publikation erscheint mit freundlicher Förderung der Stiftung Mercator. ISBN 978-3-658-28781-8 ISBN 978-3-658-28782-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-28782-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, der vorliegende Band fasst die Erkenntnisse des fünften Workshops „Türkeifor- schung im deutschsprachigen Raum“ zusammen, der im März 2018 in den Räu- men des Asien-Afrika-Instituts an der Universität Hamburg stattfand. Wir haben die Veranstaltungsreihe im Jahr 2010 mit dem Ziel initiiert, die gegenwartsbezo- gene Türkeiforschung und insbesondere den Austausch unter Nachwuchswissen- schaftler*innen im deutschsprachigen Raum zu fördern. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass zu diesem Zeitpunkt nur wenige Universitäten und For- schungseinrichtungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sich mit politi- schen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Türkei befassten. Die Türkei hat im Laufe der letzten Jahre in politischen und öffentlichen Debatten deutlich an Relevanz gewonnen. Doch bleibt der Raum, den die deutsch- sprachige Forschung und Lehre der gegenwartsbezogenen Türkeiforschung bie- ten, der internationalen Bedeutung des Landes und der Vielfalt seiner Bezüge zu Europa unangemessen. Es fehlen Lehrstühle, Forschungsprogramme und Studien- gänge, um die gesellschaftliche und politische Dynamik der türkischen Gesell- schaft umfassend zu untersuchen und zu vermitteln. Dennoch ist der deutschsprachige Raum für die internationale Türkeifor- schung in den letzten Jahren wichtiger geworden. Hunderte bedrohte Wissen- schaftler*innen, die aufgrund ihrer Arbeit in der Türkei verfolgt werden, haben in Deutschland, Österreich und der Schweiz Zuflucht gefunden. Um geflüchtete Tür- keiforscher*innen in unsere Veranstaltung einzubinden, haben wir den Workshop erstmals auch für englischsprachige Beiträge geöffnet. Im Rahmen des Workshops mit dem Titel „Umbrüche. Krisen. Wider- stände“ präsentierten Nachwuchswissenschaftler*innen ihre Forschungsprojekte und diskutierten die Wechselwirkungen politischen und gesellschaftlichen Wan- dels in der Türkei in vier Panels: Kultur und Gesellschaft, Migration und Flucht, akademische Freiheit und Bildung und das Städtische. Mit diesem Band werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Präsentationen und Diskussionen einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht. Wie die vorangegangenen Publikatio- nen verdeutlicht auch dieser Band durch die hohe Qualität sowie die theoretische und methodische Vielfalt der Beiträge eindrücklich das hohe Potential der jungen Türkeiforschung im deutschsprachigen Raum. VI Yavuz Köse und Daniel Grütjen Wir danken den Herausgeber*innen Johanna Chovanec, Gabriele Cloeters, Onur İnal, Charlotte Joppien und Urszula Woźniak sowie den Autor*innen des Bandes herzlichst für ihre Arbeit. Wir danken ferner allen Teilnehmenden und den vielen helfenden Händen, die zum Erfolg des Workshops beigetragen haben. Besonders hervorheben möchten wir zudem die finanzielle und ideelle Unterstützung der Universität Hamburg und des von der Stiftung Mercator geförderten Programms Blickwechsel, die unser Engagement für die Stärkung der gegenwartsbezogenen Türkeiforschung ermöglichen. Viel Spaß beim Lesen wünschen Daniel Grütjen, Network Turkey Yavuz Köse, Universität Wien und TEZ Inhalt Einführung .......................................................................................................... 1 Rural Mysticism vs Urban Modernity in the Egyptian and Turkish Novel .. 11 A Comparative Analysis of ʻAbd al-Ḥakīm Qāsim’s “The Seven Days of Man”and Yaşar Kemal’s “Earth, Iron, Sky, Copper” Lars Marcus Petrisson „Stealing from the [Past]“ ................................................................................ 29 Die Aneignung der Miniatur als eine Form des Widerstandes gegen repressive Identitätspolitiken? Eine Analyse ausgewählter Arbeiten der Künstlerin CANAN Eva Liedtjens Haset, Husumet, Rezalet/Envy, Enmity, Embarrassment ............................. 53 Künstlerische Reflexionen politischer und gesellschaftlicher Vorgänge in der zeitgenössischen Kunst der Türkei Ayşe Zeynep Pamuk Suleri The Author as Public Intellectual .................................................................... 77 Aesthetics, Political Responsibility and Paranoia in Orhan Pamuks Mert Bahadır Reisoğlu The Flamingo’s Neck: ...................................................................................... 93 Exploring Sustainable Development Realities in Turkey Sebastian Haug From Ideal City-Dweller to Ideal Citizen ...................................................... 117 Shifting Power Relations in the Discourse on 'Black' and 'White' Turks Annette Steffny AKP Voters in Germany ................................................................................. 139 Migrant Communities at the Centre of Political Disputes and Bilateral Conflicts Tabea Becker-Bertau Impacts of Turkey’s Rising Authoritarianism on German-Turkish Women’s Transnational Migration Dynamics .............................................. 159 Melanie Weißenberg VIII Inhaltsverzeichnis Politics of Space............................................................................................... 183 Built Form and Social Life in a Gecekondu Transformation Project in Ankara Lennart Cornelius Hölscher Pre-AKP Urban Rehabilitation Projects for Istanbul’s Eyüp Quarter ...... 207 Contextualising the Narrative of 1994 as Point of Rupture Annegret Roelcke Komplexe Relationen zu Frauenbewegungen .............................................. 231 Umbrüche und Paradigmenwechsel innerhalb der Frauen- und Geschlechterstudien in der Türkei Charlotte Binder und Deniz Dağ Verzeichnis der Autor*innen .......................................................................... 257 Einführung Die demokratische Verfasstheit der Türkei und ihrer rechtsstaatlichen Institutio- nen muss spätestens seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 als krisenhaft be- schrieben werden. Sowohl innerhalb der Landesgrenzen als auch in ihren Bezie- hungen zu anderen Staaten ist die Türkei seit einigen Jahren von massiven Um- brüchen geprägt. Neben innenpolitischen Entwicklungen, die seit der Gezi-Bewe- gung 2013, einer Vielzahl von Wahlen und der Einführung des Präsidialsystems im Jahr 2018 zunehmend von Autoritarismus und Polarisierung gekennzeichnet sind, stehen auch die Außenbeziehungen der Türkei vor einer Neuordnung. Die Beziehungen zur Europäischen Union sind auf einem Tiefpunkt angelangt, wäh- rend die Machtverschiebungen in der Region und anhaltende Flucht- und Migra- tionsbewegungen den gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes vor große Herausforderungen stellen. Umbrüche, Krisen und Widerstände bestimmen dabei nicht erst in jüngs- ter Zeit das gesellschaftspolitische Tableau der Republik Türkei. Alleine drei Mi- litärputsche formten die Geschichte des Landes in der zweiten Hälfte des 20. Jahr- hunderts. Die neoliberale Agenda der 1980er Jahre öffnete die Türkei nicht nur den globalen Märkten, sondern hatte auch weitreichende soziale und kulturelle Folgen für die Organisation der Gesellschaft, darunter die zunehmenden identi- tätspolitischen Fragmentierungen, welche die Türkei bis heute prägen. In diesem nunmehr vierten Band der Reihe „Junge Perspektiven der Tür- keiforschung“ stellen junge Wissenschaftler*innen disziplinübergreifend eine breite Vielfalt an türkeibezogenen Forschungsprojekten vor. Der gemeinsame the- matische Fokus ist dabei die Frage nach Umbrüchen, Krisen und Widerständen in der jüngeren Geschichte und Gegenwart der Türkei mit Blick auf ihre Kontinuitä- ten und Brüche sowie auf die Vorboten zukünftiger Veränderungen. Der Sammel- band fragt danach, wie sich gesellschaftspolitischer Wandel in der Türkei mani- festiert und wie dieser untersucht werden kann. Gleichzeitig wird ein Schlaglicht auf Orte und Akteur*innen widerständiger Praktiken gegen die offizielle politi- sche Agenda geworfen. Der Sammelband geht aus dem Workshop „Türkeiforschung im deutsch- sprachigen Raum“ hervor, der im März 2018 zum fünften Mal in Folge an der Universität Hamburg stattgefunden hat und in dessen Rahmen Forscher*innen aus verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen akademischen Hintergründen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Chovanec et al. (Hrsg.), Türkeiforschung imdeutschsprachigen Raum, https://doi.org/10.1007/978-3-658-28782-5_1 2 Chovanec, Cloeters, İnal, Joppien und Woźniak ihre Forschungsprojekte vorgestellt haben. Der Workshop bestand aus den vier Panels „Kultur und Gesellschaft“, „Migration und Flucht“, „Das Städtische“ sowie „Akademische Freiheit und Bildung“. Alle Beiträge des vorliegenden Bandes wur- den in den Panels vorgetragen und diskutiert. Die thematische Gliederung des Bandes folgt daher weitgehend den Themenschwerpunkten des Workshops. Der erste Abschnitt des Bandes beschäftigt sich mit der Frage, wie ge- sellschaftliche und politische Transformationen in unterschiedlichen Feldern der Kunst- und Kulturproduktion reflektiert wurden und werden. Die Frage, inwieweit Literatur und Kunst als Kristallisationspunkte widerständischer Praxis betrachtet werden können, steht hier im Vordergrund. Der zweite Teil untersucht, welchen Einfluss gesellschaftspolitische Umbrüche und Krisen auf transnationale Migrati- onsbewegungen haben. Dabei wird auch danach gefragt, welche Wirkung politi- scher Wandel auf die türkeistämmige Diaspora in Deutschland hat. Der dritte Teil widmet sich der Frage, wie sich gesellschaftspolitischer Wandel in den urbanen Raum einschreibt und Urbanisierungsprozesse prägt. Daran schließt die Frage an, inwieweit sich die Polarisierung der urbanen Gesellschaft auch in einer räumlichen Fragmentierung niederschlägt. Der vierte Abschnitt widmet sich schließlich den Folgen gesellschaftspolitischen Wandels für Bildung, Wissenschaft und For- schung. Welche Folgen hat die konservativ-autoritäre Agenda der regierenden AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi, Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt) für die Rahmenbedingungen und Inhalte von Wissenschaft und Lehre? Kultur und Gesellschaft Wesentliche Ereignisse in der Geschichte der Türkei, wie der Übergang vom Im- perium zum Nationalstaat, brachten nicht nur signifikante Macht-verschiebungen mit sich, sondern prägten auch das Kulturleben. Europäisierungs- und Moderni- sierungsprozesse und die Frage nach kultureller Identität werden in Kunst und Li- teratur verhandelt. Politische Umbrüche wie der Militärputsch von 1980 oder die Gezi-Bewegung veränderten das gesellschaftliche Klima und spiegeln sich im Feld der Kultur wider. Unterdessen führte die Aufnahme der Beitrittsverhandlun- gen mit der Europäischen Union zu einer Intensivierung des kulturellen Austau- sches zwischen EU-Mitgliedsstaaten und der Türkei. Zudem war und ist Kultur- produktion vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Polarisierung, sowie der Stigmatisierung von bestimmten Gruppen in der Geschichte der multiethnischen

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