Kirsten Scheiwe · Johanna Krawietz (Hrsg.) Transnationale Sorgearbeit Kirsten Scheiwe Johanna Krawietz (Hrsg.) Transnationale Sorgearbeit Rechtliche Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Praxis Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. . 1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Dorothee Koch / Tanja Köhler VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werkeinschließlichallerseiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesond ere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17265-1 Inhalt Kirsten Scheiwe und Johanna Krawietz Transnationale Sorgearbeit, ihre Regulierung und die Praxis der Akteure – eine Einleitung ........................................... 7 Grenzüberschreitende Haushalts- und Pflegearbeit und die soziale Absicherung von Pflege- und Unterstützungsbedarfen in Deutschland – Recht und rechtspolitische Fragen Manfred Husmann Rechtliche Rahmenbedingungen bei grenzüberschreitender Haushalts- und Pflegearbeit ........................................... 29 Dorothee Frings Die Entwicklung haushaltsnaher Dienstleistungen im Kontext der begrenzten Arbeitnehmerfreizügigkeit für Neu-Unionsbürgerinnen ..... 57 Rose Langer Mindestlöhne für in Deutschland beschäftigte Pflegekräfte – neue Verfahren zur Feststellung von Mindestlöhnen und ihre Bedeutung für Beschäftigte im Pflegebereich ...................................... 81 Heike Hoffer Irreguläre Arbeitsmigration in der Pflege: Rechtliche und politische Argumente für das notwendige Ende einer politischen Grauzone ........... 95 Reguläre und irreguläre Beschäftigung in der häuslichen Pflege – (un-)gedeckte soziale Sicherungsbedarfe, Legalisierungsstrategien und ihre Folgen Kirsten Scheiwe Die soziale Absicherung häuslicher Pflege über Grenzen hinweg – Rechtliche Grauzonen, (Ir-)Regularität und Legitimität ................. 123 6 Inhalt Juliane Karakayal(cid:213) Die Regeln des Irregulären – Häusliche Pflege in Zeiten der Globalisierung .......................... 151 Tom Schmid Hausbetreuung in Österreich – zwischen Legalisierung und Lösung? ...... 171 Andrea Kretschmann Mit Recht regieren? Zur Verrechtlichung transmigrantischer 24-Stunden-Carearbeit in österreichischen Privathaushalten .............. 199 Politiken, Akteure und Diskurse grenzüberschreitender Sorgearbeit national und international Hans-Joachim von Kondratowitz Auf dem Weg zur Anerkennung? Hakenschläge im Verhalten der öffentlichen Instanzen gegenüber der Beschäftigung osteuropäischer Pflegekräfte in Privathaushalten ........................ 229 Johanna Krawietz Pflegearbeit unter Legitimationsdruck – Vermittlungsagenturen im transnationalen Organisationsfeld .................................. 249 Liat Ayalon Foreign Home Care Workers in Israel – The Role of Human Rights Organisations ............................ 277 Jean Encinas-Franco The State and the Globalisation of Care: The Philippines and the Export of Nurses .............................. 289 Frank Wang The Globalization of Care in Taiwan: From Undutiful Daughter-in-law to Cold-blooded Migrant Killer ....................................... 309 Autorinnen und Autoren ............................................. 329 Transnationale Sorgearbeit, ihre Regulierung und die Praxis der Akteure – eine Einleitung Kirsten Scheiwe und Johanna Krawietz Weltweit lässt sich eine zunehmende Transnationalisierung von personalen Dienstleistungen sowohl im Gesundheitsbereich wie auch bei der Unterstützung von Privathaushalten bei Sorgearbeit und Haushaltstätigkeiten feststellen, die traditionell als private und familiale Verantwortung von Frauen definiert wurden. Vor allem in reichen Ländern hat sich infolge des Wandels familialer Strukturen und der Geschlechterordnungen, steigender Frauenerwerbstätigkeit und aufgrund der wachsenden Anzahl pflegebedürftiger älterer Menschen der Versorgungs- und Pflegebedarf privater Haushalte verändert. Weil die Bedarfsdeckung im öffentlichen Pflegesystem unzureichend ist, nutzen Familien zunehmend außer- familiale Unterstützungsformen (vgl. Anderson 2000; Lutz 2008). Dabei kommt der Beschäftigung von Frauen mit Migrationshintergrund in Privathaushalten eine bedeutende Rolle zu. Die häusliche Pflege und haushaltsnahe Dienstleistun- gen sind inzwischen ein grenzüberschreitender Markt und Teil der ‚globalisierten Betreuungsketten‘ (Hochschild 2000: 131). In Europa sind im Bereich der soge- nannten 24-Stunden-Pflege vor allem Frauen aus den neuen EU-Beitrittsländern Mittel- und Osteuropas als ‚live in‘ in Privathaushalten tätig. Ihre Beschäfti- gungsverhältnisse sind häufig irregulär, und Entgelte und Arbeitsbedingungen sind sowohl für regulär wie für irregulär Beschäftigte meist prekär. Von wesentlicher Bedeutung für die Ausgestaltung dieser transnationalen Betreuungsarrangements sind die ihnen zugrunde liegenden rechtlichen Rah- mungen sowie der Umgang mit diesen Regulierungen in der Praxis. Recht und die gesellschaftliche Praxis transnationaler Fürsorgearbeit stehen in engem Zu- sammenhang miteinander. Recht kann transnationale Care-Konstellationen er- leichtern, wie der Blick auf die Arbeitsmigration von Gesundheitspersonal in- nerhalb der Europäischen Union zeigt, die durch Regelungen der Arbeitnehmer- freizügigkeit gefördert wird (vgl. Gerlinger/Schmucker 2007). Andererseits kön- nen rechtliche Regelungen die Ausgestaltung der Lebens- und Arbeitssituation von Migrantinnen in Privathaushalten erschweren, indem Migrantinnen aus är- meren Ländern zwar auf dem irregulären Pflegemarkt wohlhabender Gesell- schaften bedeutende Reproduktionsarbeit leisten, ihnen jedoch gleichzeitig Teil- 8 Kirsten Scheiwe und Johanna Krawietz haberechte verweigert werden. Gleichzeitig können transnationale soziale Unter- stützungsphänomene den Wandel von Recht vorantreiben, wenn gesellschaftli- cher Druck politische Institutionen zu rechtlichen Veränderungen herausfordert. Sowohl im staatlichen als auch im ‚gelebten Recht‘ (Eugen Ehrlich 1989 [1913]) bilden sich normative Dimensionen sozialer, wirtschaftlicher und politischer Institutionen ab, welche die gesellschaftliche Verteilung von Pflege- und Haus- haltsarbeit beeinflussen. Widersprüche zwischen formalisierten und informellen Institutionen, zwischen Recht und Praxis, zwischen ‚regulär‘ und ‚irregulär‘ können als Irritationen wirken und Rechtsreformen auslösen. Rechtliche Regeln sind also umkämpft und veränderbar, nicht hermetisch abgeschlossen, obwohl sie nicht beliebig, sondern aufgrund der internen Logik des Rechts nur begrenzt interpretierbar sind. Veränderungen vollziehen sich oft inkrementell, anknüpfend an bisherigen Konzepten (sog. Pfadabhängigkeit; vgl. North 1990; Pierson 2000). Diese Eigenschaften von Recht müssen bei der Un- tersuchung von Phänomenen grenzüberschreitender Sorgearbeit stets (mit-)reflek- tiert werden. Typisch für die Tätigkeit von Migrantinnen in Pflegehaushalten ist ihr irregulärer Charakter, da in diesem Bereich Rechtsanspruch und Wirklichkeit enorm auseinanderklaffen: Die beteiligten Personen – Pflegebedürftige und ihre Angehörigen als Beschäftigungshaushalte und die beschäftigten Migrantinnen – nehmen zahlreiche Rechtsverstöße in Kauf, um ihre Interessen zu verwirklichen und ihre ganz unterschiedlichen Bedarfe zu decken. Es geht einerseits um abwei- chendes Verhalten der ‚Rechtsunterworfenen‘, andererseits aber auch um ineffi- ziente Sanktionspraktiken durch den ‚Rechtsstab‘; beides führt zu Legitimations- problemen. Eine Norm, die häufig ignoriert wird, ist fragwürdig. Wenn die recht- liche Bewertung einer Handlung als ‚Unrecht‘ und die moralische Bewertung durch die Normadressaten divergieren, so herrscht offensichtliche Uneinigkeit darüber, welche Normen in der Praxis gelten, wessen Interessen sich durchsetzen und wie Sozialpolitik und Recht auf veränderte Bedarfe und Interessenkonflikte reagieren sollen. 1 Akteure und Aushandlungsprozesse auf nationaler und transnationaler Ebene Damit sind wir bei den Akteuren der transnationalen Pflege- und Haushaltsarbeit und der Frage, wie sich Aushandlungsprozesse gestalten und mit welchen Strate- gien Akteure auf nationaler und transnationaler Ebene versuchen, Einfluss zu nehmen. Im Anschluss an Marie-Laure Djelic und Sigrid Quack (2003) lassen sich die Akteure auf nationaler und transnationaler Ebene in ‚dominant players‘ und ‚fringe players‘ mit unterschiedlichem Einfluss und Handlungsarenen unter- Transnationale Sorgearbeit und Recht – Einleitung 9 teilen. Bei den dominanten Akteuren sind es zunächst die politischen Akteure, welche die Normbildung und Rechtsetzung auf nationaler Ebene und auf interna- tionaler Ebene gestalten (nationale Gesetzgeber, EU-Ministerrat, Europäisches Parlament u.a.). Auf der internationalen Bühne sind wichtige politische Akteure auch die internationalen Organisationen, die Normbildung einleiten und organi- sieren und internationale Übereinkommen zur Unterzeichnung durch National- staaten vorbereiten (UNO, Europarat, Internationale Arbeitsorganisation IAO, Welthandelsorganisation WTO, aber auch die formal zur Exekutive gehörende EU-Kommission). Der Europäische Gerichtshof ist bei der Auslegung und Schaffung ‚europäischer Rechtsbegriffe‘ ebenfalls eine wichtige Instanz.1 Zum ‚Rechtsstab‘ (Weber 1972 [1922]: 17) gehören weitere Akteure, die mit der Implementation von Rechtsnormen und deren Sanktionierung betraut sind (Gerichte, Polizei, Ausländerbehörden, Verwaltung, Sozialverwaltung‚ ‚Finanz- kontrolle Schwarzarbeit‘ des Zolls etc.). Pflegebeziehungen werden auf der Ebe- ne der Sozialleistungsbeziehungen durch öffentliche Sozialleistungsträger, Leis- tungserbringer und die Leistungsberechtigten als Akteure gestaltet und auf der Ebene des Pflegemarkts durch die Marktteilnehmenden, zu denen auch die Migrantinnen als Selbstständige oder Arbeitnehmerinnen sowie die Pflegehaus- halte als Arbeitgeber zählen. Pflegebedürftige befinden sich hier in einer Doppel- rolle: Sie sind einerseits selbst sozialleistungsbedürftig und LeistungsempfängerIn, andererseits sind sie Arbeitgeber oder Auftraggeber auf dem Pflegemarkt – dies führt zu Ambivalenzen und Rollenkonflikten. Vermittlungsagenturen bearbeiten das ‚Matching‘ von Arbeitskräften für Pflegehaushalte transnational und sind eine Organisationsform, die eine wichtige Rolle für die Migration von Haus- haltsbeschäftigten spielt (vgl. Krawietz in diesem Band). Innerhalb der Forschung über die Transnationalisierung von Pflegearbeit wurden immer wieder Nationalstaaten und ihre Institutionen als wesentliche Produzenten von Recht in den Blick genommen, die durch Verrechtlichung we- sentliche Rahmenbedingungen für Care-Work gestalten (vgl. Mundlak/Shamir 2008). Das Europarecht als Teil der europäischen Institutionenbildung ist umfas- send erforscht (vgl. Stone Sweet 2004). Auch die Global-Governance-Forschung hat auf die zunehmende Bedeutung von supranationalem Recht auf europäischer und auf internationaler Ebene aufmerksam gemacht (vgl. Quack 2009; Kötter 2009). Akteure und Institutionen ‚beyond the state‘ generieren zunehmend trans- nationales Recht (vgl. Calliess 2004; Hanschmann 2009; Teubner 1996). In Europa ist die Europäische Union ein ‚dominanter Spieler‘ der Regulierung des Binnenmarkts, der Dienstleistungsfreiheit und Arbeitnehmerfreizügigkeit und zunehmend auch in der Migrations- und Asylpolitik. Dadurch wird auch die natio- 1 Vgl. anstelle vieler anderer die Beiträge in Slaughter (1998). 10 Kirsten Scheiwe und Johanna Krawietz nale Regulierung transnationaler Haushalts- und Pflegearbeit beeinflusst. Die Tätig- keit von Migrantinnen als ein Problem- und Bearbeitungsfeld anzusehen, scheint auf der Ebene politischer Institutionen wohl eher eine Ausnahme zu sein. Ein sol- cher Einzelfall ist der Bericht ‚Regulating Domestic Help in the Informal Sector‘ des Europäischen Parlaments (European Parliament 2000), der hervorhebt, dass Arbeitsmigrantinnen als eine Gruppe, die des besonderen Schutzes bedarf, in den Fokus zu nehmen sind. Der Bericht enthält auch Empfehlungen zur Unterstützung der Lebens- und Arbeitssituation der Migrantinnen (vgl. auch Cyrus 2008: 182ff.) Daneben spielen nationale und internationale Interessenorganisationen und Lobbies wie Selbsthilfeorganisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs),2 Menschenrechtsvereinigungen (vgl. Ayalon in diesem Band zu Menschenrechts- organisationen in Israel) und Gewerkschaften eine Rolle, die Einfluss auf Verän- derungsprozesse und Reformen der Institutionen nehmen. Die Initiativen ver- schiedener Gruppen (gewerkschaftliche und nicht-gewerkschaftliche Organisati- onen von domestic workers)3 haben dazu geführt, dass das Thema ‚Decent Work for Domestic Workers‘ 2008 in den Leitungsgremien der IAO aufgegriffen wur- de. So wurde die Frage des ‚Standard Setting‘ sozialer Rechte auf die Tagesord- nung der 99. International Labour Conference im Juni 2010 gesetzt. Voraussicht- lich 2011 wird zudem ein Übereinkommen zu ‚Domestic/Household Workers‘ Rights‘ zur Beschlussfassung durch die IAO vorliegen. 2 Perspektiven auf grenzüberschreitende Sorgearbeit und Recht Viele der in Privathaushalten tätigen Migrantinnen befinden sich in irregulären unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, die immer wieder in Studien themati- siert werden (vgl. Larsen u.a. 2009). In diesen Studien werden die rechtlichen Rahmenbedingung zwar berücksichtigt; das Recht läuft jedoch als „artefact“ bzw. „background variable“ (Mundlak/Shamir 2008: 161) und damit nur als ‚Hintergrund‘ für Untersuchungen und theoretische Überlegungen zu grenzüber- schreitender Sorgearbeit mit. Wir wollen Institutionen aus dem Hintergrund in den Vordergrund holen, denn aus unserer Sicht handelt es sich bei der Gestaltung von Institutionen, der Auslegung und Implementation von Recht sowie dessen 2 Siehe dazu die Website http://www.domesticworkerrights.org und die Website des ‚Irene‘-Netz- werks (http://www.irene-network.nl), dort insbesondere den Bericht zu der internationalen Konferenz ‚Protection for Domestic Workers‘ vom 8. bis 10. November 2006 in Amsterdam (Zugriff jeweils am 07.04.2010). 3 Vgl. dazu die Berichte der IAO (ILO 2010) sowie die von der IAO herausgegebenen wissen- schaftlichen Untersuchungen über die rechtliche Lage von Haushaltsbeschäftigten weltweit (Rami- rez-Machado 2003) und die Situation von Haushaltsbeschäftigten in Westeuropa (Gallotti 2009). Transnationale Sorgearbeit und Recht – Einleitung 11 Veränderung um aktive und oft kontroverse Prozesse, in dem die verschiedenen Beteiligten über Handlungsspielräume verfügen. Auch ‚abweichendes Verhalten‘ ist Teil dieser Prozesse und trägt zur Bildung von informellen Institutionen, von ‚Subkulturen‘ und von alternativen Normorientierungen bei. Deshalb kann es aus unserer Sicht fruchtbar sein, die theoretischen Perspektiven auf den Prozess der Transnationalisierung von Sorgearbeit und Recht mit Perspektiven auf Institutio- nen und ihren Wandel zu verknüpfen (vgl. auch Djelic/Quack 2003 zu Globali- sierung und Institutionen allgemein). In der wissenschaftlichen Diskussion ist die Globalisierung von Pflege- und Haushaltsarbeit vor allem von der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung sowie von der Migrations- und Genderforschung aufgegriffen worden. In der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung haben Autorinnen schon früh die Erwerbszentriertheit der Mainstream-Forschung kritisiert und auf die Vernach- lässigung der Organisation von Familien-, Gender- und Care-Beziehungen hin- gewiesen (vgl. Daly 2000), die integrativer Teil der sozialstaatlichen Absiche- rung ist. Untersuchungen widmeten sich den Besonderheiten der ‚Dienstleis- tungsorganisation‘ in unterschiedlichen Ländern (vgl. Alber 1995; Bahle 2007) und den Möglichkeiten einer Typisierung von Ländern nach ‚Dienstleistungs- modellen‘ (vgl. Anttonen/Sipilä 1996) oder diskutierten Care im internationalen Vergleich (vgl. Daly/Lewis 2000) und inwieweit Care-Regime transnationale Pflegemärkte fördern (vgl. Bettio/Plantenga 2004; Dallinger/Eichler 2008). Im Hinblick auf Pflege wurden unterschiedliche Typisierungen der ‚Pflegeregimes‘ vorgeschlagen (vgl. Theobald 2009). Gemeinsam ist den genannten vergleichen- den Ansätzen die Frage, wie Dienstleistungen durch unterschiedliche institutio- nelle Arrangements als ‚Public-Private-Mix‘ organisiert sind; neben Kinder- betreuung ist die Versorgung pflegebedürftiger Menschen ein wesentlicher Ge- genstand dieser Untersuchungen. Die institutionellen Veränderungen wohlfahrtsstaatlicher Rahmenbedingun- gen für Sorgearbeit und Pflege innerhalb einzelner Länder sind stark beeinflusst von Globalisierungsprozessen und Migrationsbewegungen, die Staaten durch ihre nationalen ‚Migrationsregime‘ und das supranationale Migrationsregime der EU (vgl. Jahn u.a. 2006) zu beeinflussen versuchen. Der Begriff des ‚Migrations- regimes‘ wird verwendet für Normen, Regelungen und Prinzipien, die Wande- rungsbewegungen regulieren, und bezeichnet ein Konglomerat aus behördlichen, rechtlichen und politischen Regelungen und Aktivitäten (vgl. Karakayal(cid:213) 2008). Migration wird als soziales Verhältnis gefasst, in dem Migrantinnen nicht nur Objekt institutioneller Regulierung und Bearbeitung sind, sondern auf das sie durch ihre Praktiken aktiv einwirken (vgl. Karakayal(cid:213)/Tsianos 2007: 13). Die Migrations- und Genderforschung beschäftigte sich insbesondere mit den Gründen für die Tabuisierung irregulärer Beschäftigungsverhältnisse inner-
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