Martin Heins Transformationsprozesse in Ostdeutschland Marlin Heins Transformations- • prozesse In Ostdeutschland Norm-, anomie- und innovationstheoretische Aspekte f[)fl1.\r7 DeutscherUniversitätsVerIag ~ GABLER ·YIEWEG ·WESTDEUTSCHERYERLAG Die Deutsche Bibliothek - ClP-Einheitsaufnahme Heins. Martin: Transformationsprozesse in Ostdeutschland : norm-, anomie- und innovationstheoretische Aspekte / Martin Heins. - Wiesbaden: DUV, Dt. Univ.-Verl., 1994 (DUV: Sozialwissenschaft) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1993 Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. © Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 1994 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorarm gebleichtem und säurefreiem Papier ISBN-13: 978-3-8244-4165-5 e-ISBN-13: 978-3-322-90040-1 00r: 10.1007/978-3-322-90040-1 5 Vorbemerkungen Die vorliegende Arbeit ist vom Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg als Dissertation angenommen worden. Mehreren Personen und In stitutionen möchte ich an dieser Stelle für ihre Hilfe danken. Ausdrücklich hervor zuheben ist Professor Dr. Jürgen Friedrichs, der mit konstruktiven Anregungen und Hinweisen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Auch nach seinem Wechsel von der Universität Hamburg zum Forschungsinstitut für Soziologie der Universität zu Köln war er immer für mich ansprechbar. Besonderer Dank gebührt allen Menschen, die es mir ermöglichten, nach der Maueröff nung im November 1989 persönliche Kontakte zu ehemaligen DDR-Bürgern herzustel len und somit Einblicke in ihr Leben zu bekommen: Andreas Braun aus Berlin, Elfriede und Herbert Fischer aus Chemnitz, Charlotte Queisser und Professor Dr. Fritz Hoff mann aus Erfurt und Familie Heinz Manske aus Wittenberge. Weiterer Dank gilt Dr. Schubert vom Amt für Stadtentwicklung, Statistik und Wahlen in Rostock, Traudei Ullrich von der Außenstelle Leipzig des Deutschen Jugendinstituts, Dr. Fritsch und Dr. Weinmeister vom Berliner Institut für Sozialwissenschaftliche Studien, Professor Dr. Walter Friedrich und Professor Dr. Peter Förster von der For schungsstelle Sozialanalysen Leipzig e.V. und schließlich dem Arbeitsamt in Rostock für die Überlassung von Daten, kartographischen Materialien und Texten. Nicht zu ver gessen ist Dr. Karl-Otto Richter vom Unabhängigen Centrum für empirische Sozial-, Politik- und Kommunikationsforschung e.V. in Rostock, der mir während der schwie rigen Befragung als Gesprächspartner zur Verfügung stand. 6 Für seine fachkundigen Ratschläge zur statistischen Auswertung danke ich Joachim Becker-Weseloh; Peter Paul Buder (Infas Bonn) sowie meiner Mutter Christa Heins für ihre Bemühungen beim Korrekturlesen. 7 Inhalt 1. Einleitung 11 2. Einige theoretische Ansätze zur Erklärung des gesellschaftlichen Wandels in Ostdeutschland im Überblick 16 3. Explikation psychischer und sozialer Transformationen mit Hilfe von Norm-, Anomie- und Innovationstheorien 20 3.1. Theoretische Konzeption der sozialen Norm 20 3.1.1. Definitionen und Möglichkeiten der empirischen Erfassung 21 3.1.2. Zur Entstehung von Normen 27 3.1.3. Kategorien sozialer Normen 29 3.1.4. Bezug zum Wertbegriff 31 3.2. Anomietheorie 33 3.3. Theorie zur Akzeptanz und Diffusion von Innovationen 40 3.3.1. Definitionen 40 3.3.2. Zeitliche Dimension der Diffusion 42 3.3.3. Eigenschaften einer Innovation 45 3.3.4. Merkmale der Übernehmer 46 3.3.5. Kommunikationsvorgang 50 3.3.6. Die Thesen von Rogers im Überblick 55 8 3.4. Ansatz zur Erklärung von Umstellungsprozessen ehemaliger DDR-Bürger 58 3.4.1. Werte und Normen als Innovationen 58 Exkurs: Wertunterschiede zwischen Ost- und West- deutschen 60 3.4.2. Kollektiver und individueller Adoptionsprozeß 66 3.4.3. Zur Ermittlung der Diffusion neuer Normen 70 3.4.4. Individueller Adoptionsprozeß und Anomia 72 3.4.5. Mertons Anpassungstypologie und der gesellschaftliche Wandel in Ostdeutschland 75 3.5. Hypothesen 80 4. Operationalisierung des Konzeptes 87 4.1. Festlegung des Untersuchungsgegenstandes 87 4.2. Bisherige Forschungsüberlegungen zum Umgang mit Institutionen 93 4.3. Zur Gestaltung des Fragebogens 101 5. Die Erhebung 114 6. Empirische Analysen 123 6.1. Demographische Daten im Vergleich mit Rostock 124 6.2. Bewertung der Selbständigkeit 128 6.3. Normakzeptanz 130 6.4. Anomia 138 9 6.5. Umstellungsprobleme 147 6.6. Bewältigungsangst 159 6.7. Erklärende Variablen 162 6.7.1. Merkmale der Person 162 6.7.1.1. Geschlecht 162 6.7.1.2. Alter 165 6.7.1.3. Bildung 168 6.7.1.4. Einkommen 172 6.7.1.5. Berufliche Position 174 6.7.1.6. Beschäftigungsgrad 177 6.7.1.7. Mediennutzung 182 6.7.1.8. Soziale Partizipation 193 6.7.1.9. Aktivität zur Informationssuche 196 6.7.2. Die Person und ihr Netzwerk 202 6.7.2.1. Struktur der Stichprobe nach Netzwerkmerkmalen 202 6.7.2.2. Netzwerkdichte 205 6.7.2.3. Soziale Kontakte zu Beratern und zu Westdeutschen 210 6.7.2.4. Zur "Stärke schwacher Beziehungen" 215 6.8. Zusammenfassung bisheriger empirischer Resultate 220 6.9. Multivariate Analysen auf Diskriminanz 223 6.10. Zur "Versorgungs haltung" ehemaliger DDR-Bürger 234 10 7. Schlußbemerkung 238 Literatur 243 Anhang: Fragebogen 271 11 1. Einleitung Die formelle Vereinigung der Deutschen Demokratischen Republik mit der Bundes republik Deutschland wurde durch die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zum 1.7.1990 und durch den "Einigungsvertrag", der die staatliche Einheit zum 3.10.1990 festschrieb, vollzogen. Es handelte sich um eine "einseitige Aneignung" (Bauer 1991, S. 441) der westdeutschen Gesellschaftsordnung, da fast das gesamte Rechtssystem sowie die Verwaltungs- und Parteistrukturen der Bundesrepublik übernommen wurden. Mit Begriffen wie "Inkorporation" (Lepsius 1991, S. 72; Mayer 1991, S. 88) oder "Verwest lichung" (Hartmann 1991, S. 101) wird versucht, die West-Ost-Übertragung des bundes deutschen Gesellschaftssystems zum Ausdruck zu bringen. Nur unter Vorbehalt lassen sich die Entwicklungen in der ehemaligen DDR mit dem Terminus der "Revolution" beschreiben. Es kam zu "einer 'stillen' Machtaufgabe des SED-Regimes" (Prosch/ Abraham 1991, S. 292), zu einer "freiwilligen Staatsaufgabe", die einem "geplanten sozialen Wandel" (Schäfers 1991a, S. 273 f.) entsprach. In der For schung besteht daher Uneinigkeit, ob sich die Vorgänge in der Ex-DDR als "Revolution" bezeichnen lassen (vgl. Opp 1991, S. 302; Prosch/ Abraham 1991, S. 291 f.). Durch den Zusammenschluß der alten Bundesrepublik mit der vormaligen DDR wurden zwei Gesellschaften verbunden, die sich über vierzig Jahre antagonistisch zueinander entwickelt hatten. Das zentralistisch-autoritäre System der ehemaligen DDR wurde durch ein pluralistisch-dezentrales ersetzt. Neue politische, soziale, kulturelle und ökonomische Strukturen wurden etabliert, die zu den bislang geltenden kontrastierten (vgl. Bauer 1991, S. 434; Klier 1990, S. 12 f.; Meier 1991, S. 30; Muszynski 1991, S.ll; Offe 1991, S. 77; Schäfers 1991b, S. 376 ff.). Binnen kürzester Zeit verloren viele der in