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Tragewirt-Gemeinschaften (Phoresie) bei Spinnentieren (Arachnida) PDF

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© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Tragewirt-Gemeinschaften (Phoresie) bei Spinnentieren (Arachnida) E. EBERMANN Abstract: Phoretic associations within the Arachnida. An introduction to the phenomenon of phoresy is provided. The spectrum of its occurrence and diversity is described together with specific adaptations within the Arachnida. Key words: Phoresy, hosts, adaptations, pseudoscorpiones, acarids, insects. Was ist Phoresie? fahrzeuge, ein Beispiel aus dem mensch- lichen Alltag, ist hinlänglich bekannt. Mit dem Begriff „Phoresie" (gr. phoresia Übersetzt auf die zwischen Tieren ablaufende = Tragen) wird ausgedrückt, dass eine Tierart Phoresie kann das bedeuten, dass beispiels- aktiv und vorübergehend eine andere Art als weise eine Ameise, die möglicherweise von Transportmittel nutzt (SCHALLER 1960; Tausenden, als Einzelindividuum prinzipiell FARISH & AXTELL 1971). Diese mehr oder harmlosen „phoretischen" Milben besetzt ist, weniger kurzfristige „Vergesellschaftung" in ihrer Mobilität extrem beeinträchtigt sein zwischen der zu transportierenden Art (Pho- wird und unter Umständen zugrunde geht ront, Phoresiegast) und dem Phoresiewirt (BlNNS 1982). Aus diesem Grunde wurde (Tragewirt) gereicht in jedem Fall nur dem auch vorgeschlagen, Phoresie als eine eige- erstgenannten Partner zum Vorteil. Dies ne, abgeschwächte Form von Parasitismus steht im krassen Gegensatz zur Symbiose aufzufassen (ATHIAS-BINCHE 1990). (i.e.S.), einer „mutualistischen" (lat. mutuus = gegenseitig) Beziehung zwischen zwei Or- ganismen, aus der beide beteiligten Arten Wer nutzt Phoresie und Nutzen ziehen. Ein anderes, häufiges Phäno- wozu dient sie? men, das in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss, ist der Parasitismus. In einer Phoresie ist im Tierreich außerordent- parasitischen Beziehung zwischen zwei art- lich weit verbreitet. Ein spektakuläres und verschiedenen Organismen gibt es stets nur oft zitiertes Beispiel sind die Schiffshalter einen Nutznießer; der parasitierte Partner (Echeneis remora), Fische, die sich mittels ei- hingegen wird aktiv geschädigt, bisweilen ner für den phoretischen Transport evoluier- sogar mit Todesfolge. Im Seitenblick auf den ten Saugscheibe an Haifischen oder großen Parasitismus erscheinen uns heute auch die Rochenarten (Mantarochen, Farn. Mobul- Folgen der Phoresie für den Tragewirt nicht idae) festsaugen und über weite Strecken immer völlig harmlos und in manchen kon- transportieren lassen. Die überwiegende kreten Fällen sind die Grenzen zum Parasi- Mehrzahl an phoretischen Tierarten findet tismus tatsächlich nicht eindeutig zu ziehen. sich allerdings nicht bei den Wirbeltieren, Die transportierten Arten verhalten sich sondern innerhalb der riesigen Arthropoden zwar während des Transportes in der Regel (Gliederfüßer)-Verwandtschaft, zu der unter „neutral" und stellen aus dieser Sicht kein anderem die Arachnida (Spinnentiere), die Problem für den Tragewirt dar. Eine bedeu- Crustacea (Krebse) und die Antennata (In- tende Rolle spielt in diesem Zusammenhang sekten und Tausenfüßer) gezählt werden. allerdings die Quantität der transportierten Das Auftreten von Phoresie ist stets mit der Denisia 12, zugleich Kataloge Tierart. Die Problematik überladener Kraft- geringen Eigenmobilität des potenziellen der OÖ. Landesmuseen Neue Serie 14 (2004), 93-110 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 1: Tropischer sengäste im Zusammenleben mit ihren Wir- Weberknecht ten eine Fülle an „Strategien" entwickelt (Laniatores) mit haben, die sich anbietenden Ressourcen zu parasitischen Milbenlarven. nutzen. Aus dem Zusammenleben verschie- dener Tierarten sind verschiedene Typen von sogenannten „Karposen" (gr. karposis = Nutzung der Früchte) hervorgegangen. Kar- posen beschreiben „Interaktionen" zwi- schen zwei Arten, aus denen letztlich nur ei- ne der beteiligten Arten Nutzen zieht, die andere aber auch nicht geschädigt wird (Symbiose i.w.S.). Eine der häufigsten derar- tigen zwischenartlichen Beziehungen ist der Kommensalismus (mlat. commensalis = Tischgenosse), bei der der zumeist kleinere Kommensale von der Nahrung des „Wirtes" profitiert; aus dem Verhalten des Kommen- salen resultiert weder Schaden noch Nutzen für den Wirt. Die Phoresie stellt ebenfalls ei- ne Karpose dar, sie zeigt allerdings bisweilen fließende Übergänge zum Parasitismus (HOUCK 1994), selten auch zu Symbiosen (i.e.S.). Das Phänomen Phoresie tritt in verschiedensten, oft nicht miteinander ver- wandten Tiergruppen auf und ist nicht sel- ten sogar innerhalb von engeren Verwandt- Phoresiegastes verbunden. Diese Eigen- schaftsgruppen in sehr differenzierter Aus- schaft findet sich am häufigsten bei Tier- prägung existent. Diese Fakten weisen da- gruppen, die kein Flugvermögen besitzen rauf hin, dass Phoresie wiederholt, und of- und zudem noch eine geringe Körpergröße fensichtlich ganz unabhängig voneinander aufweisen, was letztlich das eigenständige entstanden ist. Manche Beziehungsgefüge, Überwinden größerer Distanzen reduziert die sich in den oben beispielhaft genannten oder überhaupt ausschließt. Im Hintergrund Lebensgemeinschaften zwischen Ameisen steht die Notwendigkeit, an neue Biotope und Ameisengästen entwickeln, haben bzw. Mikrohabitate zu gelangen, die noch zweifellos präadaptiven Charakter und die- ungenutzte Nahrungsquellen bieten und/ nen als Ausgangsbasis für die Evolution viel- oder sich als Standorte für die Eiablage und fältiger „Strategien". Man muss davon aus- Entwicklung der Folgegeneration eignen. gehen, dass der Evolution von Phoresie bei vielen wirbellosen Tieren, vor allem bei den Zum Entstehen von Phoresie Arthropoden, ähnliche Vorausbedingungen zugrunde lagen. Das Ansetzen von Selek- Gute Voraussetzungen für die Evolution tionskräften an ähnlich präadaptierten von Transportgemeinschaften bietet das Zu- Strukturen und Verhaltensweisen gepaart sammenleben von potenziellen Tragewirten mit dem übereinstimmenden Erfordernis und Transportgästen in mehr oder weniger wenig mobiler Organismen zum „effizienten spezifischen Lebensgemeinschaften, wie sie Ortswechsel" führten und führen letztend- etwa in Nestern von sozialen Insekten sehr lich auch zu ähnlichen Ergebnissen, näm- häufig zu finden sind. Beispielhaft seien hier lich zur Evolution von Transportgemein- die Nester von Staaten bildenden (sozia- schaften, wie sie uns heute in den vielfälti- len), in Bodennestern lebenden Hymen- gen, einfachen bis hochkomplexen Erschei- opteren, etwa Ameisen, genannt. Deren nungsbildern des Phänomens „Phoresie" Nester beinhalten zumeist eine überaus di- entgegentreten. Eine detaillierte Diskussion verse Begleitfauna (HÖLLDOBLER & WILSON zur Evolution der Phoresie bei Milben findet 1990). Das Studium solcher komplexen Le- sich bei ATHIAS-BINCHE (1990, 1994). bensgemeinschaften zeigt, dass die Amei- 94 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Was ist nicht Phoresie ? Die Abbildungen 1 und 2 lassen auf den ersten Blick an Transportvergesellschaftun- gen denken. Abbildung 1 zeigt allerdings ein Beispiel für den oben genannten Parasi- tismus. Bei den scheinbaren Transport- gästen des tropischen Weberknechtes aus der Laniatores-Verwandtschaft handelt es sich um parasitische Larven einer Art der Milbenfamilie Trombidiidae. Die Mund- werkzeuge der Milben haben die gepanzerte Körperdecke des Kankers durchbohrt und entziehen dem unfreiwilligen Wirt Körper- flüssigkeit. Erst zu Beginn ihrer nächsten Entwicklungsphase verlassen die Milben den „Transporteur" und häuten sich zum Nymphen-Stadium, das ebenso wie die er- wachsenen Tiere einer räuberischen Lebens- weise nachgeht. große Spaltenbewohner der unterschied- Abb. 2: Geisselspinnen-Weibchen Abbildung 2 zeigt das Weibchen einer lichsten Bodenbereiche. Bevorzugter Le- (Amblypygi) mit frischgeschlüpften südamerikanischen Amblypygi (Geißelspin- Jungtieren auf dem Hinterleib; Beispiel für bensbereich ist die in Zersetzung befindliche ne), die für wenige Tage ihre eigene Nach- Brutfürsorge. Im Bild befinden sich auch 4 kommenschaft auf dem Hinterleib trägt. Laubstreu von Mischwäldern. Manche Ar- Exemplare einer dämmerungsaktiven ten leben unter Baumrinde, andere auf Weberknechtart, die sich tagsüber ebenso Diese kurzzeitig währende Transportgemein- Ästen und Zweigen von Büschen und Bäu- wie die Geisseispinne unter morschem Holz schaft ist ein Beispiel für Brutfürsorge und versteckt hält. men. Nicht selten finden sich mehr oder ist in ganz ähnlicher Ausprägung auch von weniger spezialisierte Pseudoskorpion-Arten den Scorpiones (echte Skorpione), den in Nestern bodenbewohnender Säugetiere Thelyphonida (Geißelskorpione), den Schi- und Vögel (BEIER 1948). Einige als Bücher- zomida (Zwerggeißelskorpione) und man- skorpione bekannte Arten gehen sogar in chen Araneae (Webspinnen) bekannt. Da Häuser, wo sie in Bibliotheken leben und es sich um ein innerartliches Phänomen dort nach Staubläusen jagen. Pseudoskor- handelt, ist auch hier die Anwendung des pione sind im Zusammenhang mit ihrer Terminus „Phoresie" nicht zulässig. räuberischen Lebensweise flinke Läufer, dennoch ist auch ihnen aufgrund der gerin- Spinnentiere als Phoresiegäste gen Körpergröße die Überwindung größerer Distanzen nicht möglich. Es ist daher nicht Innerhalb der derzeit 11 anerkannten überraschend, dass in der Pseudoskorpion- Arachniden-Klassen spielen nur zwei im Verwandtschaft Phoresie nicht selten vor- Hinblick auf das Vorkommen von Phoresie kommt. In den meisten Fällen lassen sich eine „aktive" Rolle. Es sind das die Pseudo- trächtige Weibchen transportieren. Das scorpiones (= Chelonethi, Pseudoskor- „strategische Konzept" dieser oft mehrere pione, Moosskorpione, Bücherskorpione, Tage währenden Transportverhältnisse liegt Afterskorpione) und die Acari (= Acarida, darin, vom Tragewirt in günstigere, für die Milben). Eiablage und die Brut geeignete Lebensräu- me transportiert zur werden. Nur sehr selten Phoresie bei Pseudoskorpionen lassen sich auch juvenile (= jugendliche) Tiere oder Männchen transportieren. Die Pseudoskorpione sind mit derzeit rund 3100 beschriebenen Arten weltweit Als Tragewirte kommen verschiedenste aus den Tropen, Subtropen, aber auch aus Insekten, bodenbewohnende Kleinsäuger gemäßigten Regionen bekannt (siehe auch und Vögel in Frage. Erwachsene, trächtige Beitrag MAHNERT in diesem Band). Pseu- Weibchen der in Europa verbreiteten Art doskorpione sind 0,8 bis maximal 12 mm Lamprochemes nodosus beispielsweise klam- 95 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at mern sich mit ihren scherenförmigen Die Acari sind weltweit verbreitet. Bis Tastern (Pedipalpen) an die Beine von flug- heute sind bereits mehr als 45.000 Arten be- fähigen Insekten, vor allem Riegen (Abb. schrieben. Trotz dieser hohen Artenzahl 3). Manche in den Tropen verbreitete Ar- kann es als sicher gelten, dass das noch im- ten set;en sich unter die schützenden mer weniger als ein Zehntel aller rezenten Flügeldecken von bestimmten Käferarten, Arten ist und somit zumindest 9/10 der vor allem Bockkäfern (z.B. Acrocinus). BEIER Weltarten noch ihrer Entdeckung harren. (1948) berichtet von Pseudoskorpion-Ar- Bei den Acari handelt es sich durchwegs um ten, die bisweilen in überraschend hohen Tiere mit geringer Körpergröße, d. h. es ist in Individuenzahlen (bis zu 54 Individuen je allen Gruppen das Phänomen der „Verzwer- Wirt) unter den Flügeldecken des Käfers zu gung" festzustellen. Die größten Arten sind finden sind. Diese Vergesellschaftungen mit unter den Zecken zu finden und erreichen Bockkäfern unterscheiden sich allerdings bis zu 30 mm Körperlänge. Aber das sind die von der „herkömmlichen", bei Pseudoskor- seltenen Ausnahmen, denn die Mehrzahl pionen zu beobachtenden Phoresie. Es sind der Milben weist eine Länge von maximal 2 nämlich auch Männchen daran beteiligt mm auf. Das ist vergleichsweise noch immer und in der Regel übersteigt die Zahl der groß, denn nach unten zu sind fast keine Männchen sogar die der Weibchen. BEIER Grenzen gesetzt. Die heterostigmaten Mil- Abb. 3: Phoretische Pseudoskorpione auf vermutet hinter dieser Sonderform der Pho- ben beispielsweise sind noch um eine Zeh- einer Stubenfliege. resie ein „Phagophilium", womit gemeint nerpotenz kleiner. Die Körperlänge der ist, dass die Pseudoskorpione während ihres kleinsten Milbenarten, etwa der Gallmilben vermutlich länger andauernden Aufenthal- (Eriophyidae) liegt sogar unter 0,1 mm. Mit tes auf dem Käfer nach den unter den Flü- der Reduzierung der Körpergröße ist keines- geln der Tragewirte oft massenhaft transpor- wegs eine Einschränkung der Lebensäuße- tierten Milben Jagd machen. Die Annahme rungen verbunden. Die Milben sind jene BEIERs entspricht vermutlich den Tatsa- Gruppe unter den Arachniden, welche chen, ist aber bislang noch nicht bestätigt nicht nur die größte Artenzahl aufweist, worden (MARTENS 1975). An vielen Bei- sondern die auch die unterschiedlichsten spielen konnte gezeigt werden, dass Pseu- Lebensräume erobert hat, nämlich den Bo- doskorpione in Nestern von Kleinsäugern den und das Süß- bzw. Meerwasser; Milben und Vögeln leben, wobei manche ihren mit parasitischer Lebensweise befallen tieri- Wirt auch als Transporteur nutzen. Letzteres sche und pflanzliche Organismen sowie ist jedoch eher selten der Fall (Abb. 4; vgl. nicht selten auch den Menschen. Als Resul- MARTENS 1975). tat aus einer derart breiten „adaptiven Radiation" präsentieren sich die Milben in Die ältesten Belege von phoretischen einer außerordentlichen Vielfalt sowohl im Pseudoskorpionen sind in Dominikani- äußeren Erscheinungsbild als auch in den schem Bernstein konserviert (Abb. 5). Die- Lebensäußerungen wie z. B. der Ernährungs-, se einzigartigen Fossilfunde belegen, dass Fortpflanzungs- und Entwicklungsbiologie. derartige Transportgemeinschaften schon Die überwiegende Mehrzahl der bekannten vor weit mehr als 20 Millionen Jahren ent- Milbenarten lebt am und im Boden und wickelt waren (SCHLEE 1980). zwar ist es vor allem die Laubstreuschicht, die den wohl wichtigsten Lebensraum der Phoresie bei Milben Bodenmilben darstellt. Individuendichten von 50.000 bis 250.000 oder mehr Milben Die Acari, die Milben (i.e.S.) und Ze- pro Quadratmeter in den oberen 10 cm Bo- cken einschließen, sind die größte und bio- den sind absolut nichts Ungewöhnliches. logisch vielfältigste Gruppe der Spinnentiere Den höchsten Artenreichtum und die (Arachnida). Obwohl Milben eine Fülle von höchste Populationsdichte findet man bei Sondermerkmalen erworben haben, die sie freilebenden terrestrischen (= bodenbewoh- von anderen Arachnida unterscheiden, sind nenden) Milben also in den organischen sie doch echte Spinnentiere, erkennbar an Schichten der Böden, wo sie den zahlenmä- den 4 Paar Laufbeinen und dem Besitz von ßig dominanten Anteil der Arthropoden- für Spinnentiere typischen Mundwerkzeu- Mesofauna bilden. Auch kann der Arten- gen, den sogenannten Cheliceren. 96 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at reichtum in derartigen terrestrischen Le- bensräumen ungewöhnlich hoch sein. Der Begriff „terrestrisch" geht noch über den Bo- den hinaus, ist also weiter gefasst, da Mil- ben, die auf Bäumen oder im Moos- und Flechtenbewuchs von Hausdächern zu fin- den sind, ebenfalls noch als „terrestrisch" bezeichnet werden. Die hohe Diversität und fallweise hohe Individuendichte der Milben ist mit einer beachtlichen ökologischen Bedeutung ge- koppelt. Es sei an dieser Stelle an die positi- ve Rolle von Bodenmilben beim Abbau des auf und in den Boden gebrachten pflanz- lichen („Bestandesabfall") und tierischen Abfalles erinnert; von ebenso hoher Bedeu- tung ist die aus menschlicher Sicht Häufig übernimmt im Entwicklungszyklus Abb. 4: Phoretische Pseudoskorpione „unrühmliche" Rolle von human- und tier- einer Art ein Jugendstadien, die Deuto- {Megachernes himalayensis) im Fell der pathogenen Milben sowie von Milben, die hochgebirgsbewohnenden Ratte Rattus nymphe (Wandernymphe), die Aufgabe, via als Parasiten und Schädlinge (i.w.S.) welt- rattoides. Aus MARTENS (1975). Phoresie neue Lebensbereiche aufzusuchen. weit in Erscheinung treten. Es wäre überraschend, würde sich eine Spinnentiere als Phoresiewirte Tiergruppe mit derart vielfältigen Lebens- von Milben weisen nicht auch unterschiedlicher Ver- breitungsmechanismen bedienen. Es seien Parasitische Milben sind auf manchen an dieser Stelle nur zwei genannt, nämlich Spinnentiergruppen, wie z.B. den Weber- die Winddrift und die Phoresie. knechten nicht allzu selten anzutreffen; hin- gegen gibt es nur wenige Nachweise über Eine ganz wesentliche Rolle dürfte die echte Phoresiegemeinschaften zwischen Verdriftung durch den Wind spielen. Ganz Spinnentieren. konkrete Hinweise darauf liefern die Pflan- zengallen erzeugenden Milben der Familie Eriophyidae, die ausschließlich durch Wind- Milben auf Ricinulei drift in neue Lebensbereiche gelangen. Der (Kapuzenspinnen) Abb. 5: Fossiler phoretischer Nachweis dafür gelang im Zuge der Analyse Pseudoskorpion auf einem Kernholzkäfer des Mageninhaltes von Mauerseglern, in EBERMANN & PALACIOS-VARGAS veröf- (Platypodidae), in Dominikanischem dem sich auch Gallmilben befanden. Diese fentlichten 1988 eine neue Milbenart (lm- Bernstein. Aus SCHLEE (1980, verändert). Kleinarthropoden sind offensichtlich Teil des „Luftplanktons", was vermutlich auch noch für zahlreiche andere Milbengruppen zutreffen dürfte. Phoresie ist bei Milben häufig zu beob- achten und ist, entsprechend dem Vorkom- men in verschiedensten Verwandtschafts- gruppen oftmals ganz unabhängig voneinan- der entstanden. Phoresie kennt man von nahezu allen Großgruppen der Milben, und zwar den Gamasida, Actinedida, Acaridida und, wenngleich vergleichsweise selten, auch von den Oribatida (Hommilben) (WOOLEY 1969; NORTON 1980). Phoresieverhalten zeigen nicht aus- schließlich adulte (= erwachsene) Tiere. 97 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Spinnen vollenden und sich schließlich von den auswandernden Jungspinnen verschlep- pen lassen. Das Zustandekommen derartiger Interaktionen liegt in der weitgehenden De- ckungsgleichheit der Wohnsubstratansprü- che von Bodenspinnen und Bodenmilben begründet. Milben auf Milben Zwei ebenfalls zu den Scutacaridae ge- hörigen Milbenarten, nämlich Scutacarus acarorum und S. deserticolus leben bevorzugt in den Nestern von bodenbewohnenden Hummeln (CHMIELEWSKI 1971; EBERMANN 1991a, 1992). Sie ernähren sich dort vom Inhalt der auf dem Detritus üppig gedeihen- den Hyphen Niederer Pilze. Der Artname Abb. 6: a: Hummelkönigin (Bombus paripes tocadphilus, Scutacaridae), die eine ,£carorumu weist auf eine Eigenart hin, die terrestris) mit phoretischen Raubmilben seltene, in mexikanischen Höhlen lebende beiden genannten Arten gemeinsam ist, (Parasitus sp). b: Beispiel für Hyperphoresie Kapuzenspinnenart (Crypwceüus boneti) als nämlich im Nest coexistierende Angehörige - Phoretische Raubmilbe (Parasitus sp.) im Hummelpelz mit phoretischer Milbe Phoresiewirt nutzt. Dieses Beispiel mag ku- der Gamasina (Raubmilben) als Transpor- {Scutacarus sp.) (Vergrößerung aus a). rios anmuten, da die Ricinulei durch eine in teure zu nutzen. Mit dem Aussterben der der Regel sehr langsame, träge Fortbewe- Hummelpopulationen im Spätsommer und gungsweise ausgezeichnet sind. Die Wahl ei- Herbst suchen sich die einzig überlebenden nes flugunfähigen, wenig mobilen Transpor- Königinnen ein Winterquartier. Solche Tie- teurs legt den Schluss nahe, dass diese Tra- re sind häufig vollbeladen mit Raubmilben gegemeinschaft opportunistischen Charak- (Abb. 6a), welche die Uberwinterungsphase ter trägt. Offensichtlich herrscht in dem be- im Winterquartier auf der Königin verbrin- treffenden Lebensraum Mangel an verfügba- gen. Erst im zeitigen Frühjahr, wird die Kö- ren Phoresiewirten und die Kapuzenspinnen nigin im Verlaufe der Neugründung eines stellen unter den vorherrschenden Bedin- Nestes verlassen. Eine nähere Inspektion gungen eine der wenigen alternativen Vek- der auf den Hummelköniginnen festsitzen- toren dar. den Milben zeigt, dass auch die beiden ge- nannten Scutacarus- Arten auf den Königin- nen überwintern und im dichten „Pelz" des Milben auf Araneae Thoraxbereiches sowie auf den Flügeln, aber (Webspinnen) ebenso häufig auch auf den Raubmilben selbst sitzen (Abb. 6b). Den beiden Scuta- Absolut selten sind Transportverhält- cariden-Arten stehen offensichtlich zwei al- nisse zwischen Webspinnen und Milben. ternative Transporteure zur Verfügung, VINCENT & RACK (1983) entdeckten erst- nämlich Hummel oder Raubmilbe. Im letzt- mals phoretische Milben auf Webspinnen: genannten Fall agiert das Phoresie ausüben- Eine Art der Familie Pygmephoridae ist mit de Tier gleichzeitig selbst als Transporteur. einer im Boden lebenden, kalifornischen Ein derartiges Phänomen wird als Hyper- Spinne (Antrodiaetidae) vergesellschaftet phoresie bezeichnet. Einer eigenen Beob- und nutzt diese auch als Transporteur. EBER- achtung zufolge wurden von einer Hummel MANN &. GOLOBOFF (2002) veröffentlichten zur selben Zeit sogar drei auf bzw. überein- ähnliches aus Argentinien von zwei Arten ander sitzende Transportgäste befördert, in der Familie Scutacaridae, die bodenbewoh- der Abfolge Hummel-Raubmilbe-Scutacari- nende Spinnen der Familie Nemesiidae als de-Deutonymphe einer Anoetide (Acaridi- Phoresiewirte nutzen. Diese Tragegemein- da). schaften kommen dadurch zustande, dass die Milben ihren Entwicklungszyklus in den im Boden befindlichen Wohnröhren der 98 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Anderweitige Phoresiewirte Tragewirtsspezifität einhergehenden Risiko, nämlich nicht auf den „richtigen" Transpor- Wie bereits gezeigt, agieren Spinnentie- teur zu treffen. re nur selten als Tragewirte für Milben (s. o.); noch seltener scheinen Isopoda (Land- Analog zu den oben genannten boden- asseln) (COLLOFF &. HOPKINS 1986) oder bewohnenden Spinnen bieten auch Insek- Myriopoda („Tausendfüßer") (RACK 1979) ten, deren Nester im Boden angelegt sind, Transportgemeinschaften mit Milben zu bil- ideale Lebensräume für Milben und schaffen den, obwohl sich der Lebensraum der poten- gute Vorbedingungen für die Entwicklung ziellen Partner oftmals deckt. von Tragegemeinschaften. An erster Stelle seien hier die Hymenoptera genannt (ElCK- Es sind in überwiegendem Maße Insek- WORT 1990). Aus den Bodennestern der ten, die in recht vielfältiger Weise in den Ameisen (HÖLLDOBLER & WILSON 1990) Lebenszyklus der Milben eingebunden wer- und sozialer oder solitärer Bienen und Wes- den. Insekten sind einerseits häufig Atta- pen (CHMIELEWSKI 1971; EICKWORT 1979; cken von parasitischen Milben ausgesetzt, KUHLMANN 1998; FAIN 6k PAULY 2001; EBER- andererseits kennt man aber auch zahllose MANN & FAIN 2002) sind weltweit unzählige Beispiele für „harmlose" phoretische Ge- Milbenarten beschrieben, die von ihren meinschaften zwischen Insekten und Mil- Gastgebern im wahrsten Sinne des Wortes ben (DELFINADO & BAKER 1976; KRANTZ profitieren: Die Milben finden im Nest des 1978; EICKWORT 1990; SAMSINÄK 1991) betreffenden Wirtes Schutz und auch bei oder Gemeinschaften mit möglicherweise unterschiedlichster Ernährungsweise (räube- sogar mutualistischem Charakter (OCON- risch, parasitisch, saprophag = in Zersetzung NOR 1993). begriffene organische Substanz fressend, ko- Die Auswahl des geeigneten Tragewirtes prophag = Exkremente fressend, fungiphag = hängt von verschiedensten Parametern ab. pilzfressend usw. ) ausreichend Nahrung. Manche Milbenarten sind aufgrund der en- Viele derartige Lebensgemeinschaften von gen Verkoppelung ihres Entwicklungszyklus Aculeata und Milben sind durch die enge mit dem ihres „ganz spezifischen" Tragewir- Verzahnung der jeweiligen Entwicklungszy- tes allein auf diesen angewiesen und besit- klen gekennzeichnet und mit einer „zykli- zen damit eine hohe Wirtsspezifität. Stell- schen Phoresie" (ATHIAS-BINCH 1995) ge- vertretend für zahllose andere Beispiele sei koppelt. Mit Beginn der Eiablage des Trage- hier die „Käfermilbe" Parasitus coleoptraW' wirtes wird dieser von den Milben verlassen. rum genannt, die sehr eng an die Entwick- Sie und die eigenen, in der Folge produzier- lung des Mistkäfers Geovrupes stercorarius ge- ten Nachkommen ernähren sich von den im bunden ist und nur bei Einschaltung in des- Wirtsnest verfügbaren Ressourcen, beispiels- sen Fortpflanzungszyklus überlebensfähig ist weise Pollen, Niedere Pilze, Nematoden (Fa- (eine detailliertere Erläuterung dieses Bei- denwürmer) oder Entwicklungsstadien des spiels findet sich weiter unten). Das andere Wirtes. Die juvenilen Milben schließen ihre Extrem, nämlich eine ausgeprägt opportu- Entwicklung zu dem Zeitpunkt ab, bei dem nistische Wirtswahl zeigt die auf verrotte- sich auch die Nachkommen des Wirtes zum tenden, schimmeligen Substanzen lebende Adultus wandeln und ab diesem Zeitpunkt Scutacariden-Art Imparipes (S.) dispar als „neue" Tragewirte zur Verfügung stehen (EBERMANN unveröff.). An einem einzigen (EICKWORT 1979, 1994). Neben Hymen- Untersuchungsstandort hat diese Milbenart opteren sind es vor allem Dipteren und Co- Transportinsekten aus insgesamt 15 Dipte- leopteren (RAPP 1959; NORTON 1973; ren (Fliegen)-, Hymenopteren (Hautflüg- SAMSINÄK 1984; EBERMANN 1988; KUROSA ler)- und Coleopteren (Käfer)-Familien ge- 1991), die verschiedensten Gruppen als Tra- nutzt. Da sich der Substratanspruch aller gewirte dienen. von /. dispar genutzten Transportinsekten mit dem der Milbe deckt, kann sie sich die- Auch Bodennester von Kleinsäugern se opportunistische Wirtswahl zu ihrem ei- bieten offensichtlich ähnliche Attraktivitä- genen Vorteil „leisten". Das zur Verfügung ten wie die oben genannten Hymenopteren- stehende breite Spektrum an Tragewirten Nester. Weltweit konnten parasitische, aber minimiert das ansonsten mit jeder hohen auch zahlreiche Phoresie ausübende Mil- 99 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 7: Anpassungserscheinungen an Pseudostigmatisches das Phoresieverhalten Organ (Trichobothrium) einer Scutacarid" Alle zur Phoresie befähigten Milben- (Lophodispus sr. i^ruppen weisen ein mehr oder weniger kom- plexes Gefüge morphologischer und physio- logischer Anpassungen sowie adaptierter Verhaltensweisen auf (LlNDQUIST 1975; ATHlAS-BlNCHE 1994). Sie stehen als evolu- tive Antwort auf den durch die Transport - risken resultierenden Selektionsdruck, der auf den Phoronten lastet: Ein primäres Gefahrenpotenzial liegt im Nichterreichen der angepeilten Destination, beispielswei- se durch Auswahl des „falschen" Trans- porteurs. Gleichermaßen ist auch der Auf- enthalt der Milben auf ihrem Wirt mit Ris- ken verbunden. Bei langen, manchmal bis mehrere Monate andauernden Transporten drohen vor allem Austrocknung sowie un- freiwillige Entfernung vom Tragewirt im benarten aus Nestern und den Bälgen diver- Zuge der bei Insekten und Spinnentieren ser Säugerwirte gesammelt und beschrieben üblichen Körperreinigung. werden (KRCZAL 1959; MAHUNKA 1973; RACK 1975; SMILEY SI WHITAKER 1979; Das Auslösen des Phoresieverhaltens Abb. 8: a: Erstes Bein einer Milbe DASTYCH et al. 1992). Manche dieser Mil- wird durch die Substrateigenschaften be- (Imparipes sp.) mit Kralle (kr) und benarten zeigt keine Bindung an eine spezi- stimmt. In der Regel erhöht abnehmende Solenidien (s). b: Solenidion mit Schlitzporen (Vergrößerung aus a); Länge fische Wirtsart; so ist beispielsweise die in Qualität der Nahrungsressourcen die Bereit- des Solenidions ca. 0,01 mm. Nordamerika beheimatete Pygmephorus whi~ schaft zum Phoresieverhalten. Bei den Aca- takeri bereits auf 31 Kleinsäugerarten gefun- ridida führt zunehmende Trockenheit zur den worden (DASTYCH et al. 1992). Eine Ausbildung der phoretischen Wandernym- noch unbeschriebene phoretische Art der phe. Gattung Heterodispus wurde in den Bälgen einiger afrikanischer Wüstenrennmausarten Erkennen des („Gerbil") sowie auf verschiedenen Käferar- potenziellen Tragewirtes ten entdeckt (EBERMANN unveröff). Milben besitzen Sinnesorgane, die zur differenzierten Wahrnehmung von Luftströ- mungen und Gerüchen befähigen. Luftströ- mungen werden von spezialisierten Sinnes- haaren registriert. Diese setzten bei mecha- nischer Ablenkung nervöse Reizimpulse frei, die wiederum in adäquate Information für das Tier umgesetzt werden. Bei den Aca- riformes finden sich zwei derartige, zumeist keulen- oder spindelförmig verdickte Sin- neshaare, die als Pseudostigmatische Organe oder Trichobothrien bezeichnet werden (Abb. 7). Als Geruchssinnesorgane dienen sogenannte Solenidien. Es sind das an das Nervensystem angebundene, haar-, zapfen- oder spindelförmige Organe, die vor allem am ersten Beinpaar lokalisiert sind (Abb. 8a). Ihre Oberfläche ist mit Reihen von punkt- oder schlitzförmigen Poren versehen, 100 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at die zur Aufnahme von Duftmolekülen die- nen (Abb. 8b). Bodenerschütterungen und Luftströmungen führen zu gesteigerter „Auf- merksamkeit" der Milben (KORN 1983 V Diese äußert sich bei manchen Heterostig- mata in einem auffälligen Appetenz (= War- te (-Verhalten (BINNS 1979; EBERMANN & RACK 1982): Die Milben stellen sich hoch und strecken die vorderen drei Beinpaare - wohl zum Zweck der effektiveren Erfassung von Duftmolekülen - weit vom Körper ab (Abb. 9). Milben mit ausgeprägter Wirts- spezifität können den Geruch „ihres" Wirtes erkennen. Die Bedeutung olfaktorischer (geruchlicher) Wahrnehmung wird von RAPP (1959) anschaulich am Beispiel des Entwicklungszyklus der Gamasiden-Art Pa- rasitus coleoptratorum dargestellt, die eine Abb. 9 : Phoretische Milbe (Petalomium fimbrisetum) in Warteposition enge Assoziation mit dem Mistkäfer Geotru- (Appetenzverhalten); Körperlänge ca. 0,28 pes stercorarius eingegangen ist. Die Milben Abb. 10: Unterseite des Mistkäfers sind räuberisch und ernähren sich von Dung Ceotrupes stercorarius mit Deutonymphen bewohnenden Nematoden (Fadenwürmer). gende Weibchen von /. dispar können im der Raubmilbe Parasitus coleoptratorum; Die phoretischen Deutonymphen lassen Länge des Käfers 22 mm. Aus RAPP (1959). Experiment mit einer geruchsneutralen, sich von den Käfern zu frischen Dunghaufen aber schnell bewegten Metallnadel zum Be- großer Pflanzenfresser transportieren (Abb. steigen der Nadel animiert werden (EBER- 10). In diesem speziellen Lebensraum findet MANN unveröff.). die Entwicklung der Käfer und der Milben statt. Austrocknende Dunghaufen werden Phoretische Stadien besitzen oft ein stär- von den Käfern und phoretischen Milben ker skierotisiertes Integument und sind da- wieder verlassen. Die Milben sind fähig, bei durch in der Lage, längerer Trockenheit wirk- ruhender Luft ihren Wirt schon im Abstand samer zu begegnen. Eine andere, oft genutzte von 2 cm an seinem spezifischen Geruch zu Option ist das Aufsuchen von austrock- erkennen. Dieser Geruch löst das Besteigen nungsgeschützten Körpeneilen des Wirtes. des Wirtes aus. Tote Mistkäfer werden Eine weitere Bedrohung liegt im Abge- außerhalb des Dunges innerhalb von einem putztwerden. Milben haben dagegen mehre- Tag von den aufsitzenden Milben verlassen, re, ganz verschiedene „Strategien" entwi- d.h. dass mit Ausbleiben des olfaktorischen Abb. 11: Scutacariden-Weibchen (lmparipes ckelt. Dazu gehört vor allem eine „optimier- Auslösungsreizes das Phoresieverhalten auf- sp.) mit helmartigem Panzer; Länge ca. 0,18 hört. Auf den Geruch von frischem Dung te" Körpergestalt und ein effizienter Festhal- mm. reagieren die Milben allerdings mit soforti- gem Verlassen ihres Transporteurs. Frischer Dung löst die Häutung zum adulten Tier aus und hemmt das Phoresieverhalten; er ist al- so gewissermaßen „stärker" als der Geruch des Käfers. In altem, ausgetrockneten Dung hingegen ist die Bereitschaft zur Phoresie sehr hoch. Es hat sich hier augenscheinlich ein verfeinertes Suchsysteme für das Erken- nen des „richtigen" Wirtes und der geeigne- ten Destination entwickelt. Opportunisti- sche Milben ohne Wirtsspezifität hingegen, wie z.B. die oben genannte Art lmparipes dispar zeigen keine Geruchspräferenzen für ihre Phoresiewirte. Appetenzverhalten zei- 101 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Die Befestigung am Wirt Im Folgenden werden die wichtigsten effizienten Festhaltetechniken phoretischer Milben beispielhaft vorgestellt. a) Krallen Einen hoch spezialisierten Festhalteappa- rat stellen die Krallen des ersten Beinpaares bei den Pygmephoroidea dar: Eine manchmal stark vergrößerte klauenförmige Kralle und ein basales Widerlager je Bein bilden eine zangenartige Apparatur (EBERMANN 1991a; DASTYCH & RACK 1993), mit der sich die Tiere an Körper- bzw. Beinborsten von Ar- thropoden oder an Säugerhaaren festklem- Abb. 12: Wanderform (Hypopus) von u-,ipi i: ii /,,\- Phoresie befähigte Milbenar- men (Abb. 14a). Erst die elektronenmikro- Sancassania sp. mit helmartigem Panzer; ten zeigen selbst in verschiedensten Ver- Länge ca. 0,20 mm. Foto: M. WALZL. skopische Analyse solcher Krallenapparate wandtschaftsgruppen eine bisweilen er- lassen die bis ins Detail perfekt ausmodellier- staunlich uniforme Gestalt. Die helmartige ten Strukturen erkennen. Bei Scuxocarus de- Ausprägung des Körpers der Scutacaridae serticolus sind die Unterseite des Krallenbo- (Abb. 11), der Wandernymphen der Acari- gens und die Innenseite des Widerlagers mit dida (Abb. 12) und mancher Uropodina einer schräg verlaufenden Riefung versehen (ELZINGA 1978) lässt sich als geradezu idea- (Abb. 14b); daraus resultiert beim Umklam- Abb. 13: Kopf einer Ameise (Lasius flavus) le Adaptation gegen Attacken des Tragewir- mit phoretischer Milbe {Scutacarus sp.); mern einer Borste eine Erhöhung des Rutsch- Länge der Milbe ca. 0,15 mm. tes deuten (Abb. 13). widerstandes. Manche Arten befestigen sich mit ihrem Krallenapparat an den Falten weichhäutiger Körperabschnitte ihrer Insek- tenwirte. Manche phoretische Arten weisen ein verstärktes erstes Beinpaar auf und zwar entweder durch eine Verdickung des äußer- sten krallentragenden Beingliedes oder durch Verschmelzen der zwei äußeren Glieder. So- ferne einzelne Krallen oder Krallenpaare an den übrigen drei Beinpaaren vorhanden sind, werden auch diese häufig zusätzlich zur Ver- ankerung an den Körperborsten des Trans- porteurs eingehakt. Dank derartiger effizienter Befesttgungs- mechanismen können auch an exponierten Körperstellen sitzende Milben dem Putzen des Wirtes widerstehen (Abb. 15). b) „Sonderfall" Mesoplophoridae Einige zu den bodenbewohnenden Eu- ptyctima (Oribatida) gehörige Arten besit- zen zwischen dem Prosoma ( = Vorderkör- per) und Opisthosoma (= Hinterkörper) eine Artikulation, die ein taschenmesserar- tiges Zusammenklappen der Tiere mit gleichzeitigem Einziehen der Laufbeine er- 102

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