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Totale Institution und Rechtsschutz: Eine Untersuchung zum Rechtsschutz im Strafvollzug PDF

247 Pages·1997·5.991 MB·German
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Johannes Feest . Wolfgang Lesting . Peter Selling Totale Institution und Rechtsschutz Johannes Feest· Wolfgang Lesting P eter Selling Totale Institution und Rechtsschutz Eine Untersuchung zum Rechtsschutz im Strafvollzug Westdeutscher Verlag Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Feest, Johannes: Totale Institution und Rechtsschutz: eine Untersuchung zum Rechtsschutz im Strafvollzug / Johannes Feest; Wolfgang Lesting; Peter Selling. - Opladen: Westdt. Verl., 1997 ISBN 978-3-531-12998-3 NE: Lesting, Wolfgang:; Selling, Peter: Alle Rechte vorbehalten © 1997 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfäl tigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem Papier ISBN 978-3-531-12998-3 ISBN 978-3-322-90405-8 (eBook) DOI 10.1007/ 978-3-322-90405-8 Danksagung Ich bedanke mich bei der Universität Bremen, die dieses Projekt zweimal mit kleineren Summen gefördert hat: einmal als "Vorlauf förderung" zur Stellung eines Antrages bei der Deutschen For schungsgemeinschaft, einmal nachträglich zur Aufarbeitung einiger quantitativer Materialien, die nach Ablauf der Förderung durch die DFG liegengeblieben waren. Ich bedanke mich bei zahlreichen Gefangenen und Anstaltslei tern, die unsere Anfragen mehr oder weniger ausführlich beantwor tet und uns intensive, wenn auch manchmal einander widerspre chende Einsichten in die Vollzugsgestaltung vermittelt haben. Ich bedanke mich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die dieses Projekt gefördert und insbesondere die Mitarbeit von Peter Selling ermöglicht hat. Ich bedanke mich bei Peter Selling, der auch noch nach Ablauf seines Vertrages sein Engagement nicht reduziert hat und (bis zu seiner Übersiedlung nach Rostock) an der Auswertung der Untersu chung weitergearbeitet hat. Ich bedanke mich bei Klaus-Dieter Franzen, der mir geholfen hat, aus dem hinterlassenen Torso einen den Anforderungen der Deut schen Forschungsgemeinschaft wenigstens in etwa entsprechenden Forschungsbericht zu machen und bei Eva Munz für die SSPS-Arbeit an den Tabellen zu Kapitel 11. Ich bedanke mich bei Wolfgang Lesting, der die Untersuchung von Anfang an mitkonzipiert hatte und neben den Berufen eines Staatsanwaltes, Anwaltes und Zivilrichters immer wieder die Zeit und Energie fand, an dem Manuskript zu arbeiten. Ohne ihn hätte ich das Projekt längst aufgegeben. Und ich danke letztlich Johannes Pohl für die Erstellung der Druckvorlage, die dem Verlag zusätzliche Kosten und dem Leser einen höheren Ladenpreis erspart hat. Angesichts so viel freundlicher Unterstützung ist es kaum ver ständlich, daß das Buch erst jetzt erscheint. Dafür und für alle ver bliebenen Schwächen übernehme ich notgedrungen die Verantwor tung. BremenjOftati, März 1996 Johannes Feest Dem Inspirator und Freund: Ehrhard Hoffmann (2.3.1940 -27.3.1990) Inhalt I. Rechtsschutz in der totalen Institution 9 1. Renitente StraJuollzugsbehärdern 9 2. Totale Institution und Verrechtlichung 12 3. Untersuchungen zum Rechtsschutz 17 4. Implementationsansatz 25 11. Quantitative Aspekte des gerichtlichen Rechtschutzes 35 1. Anrufung von Gerichten 36 2. Erfolge bei Gericht 49 3. Erfolge in der Anstalt 56 III.Anstaltsstrategien 63 1. Strategien der Beschwerdeverhinderung 63 2. Strategien der Beschwerdebescheidung 66 3. Strategien des gerichtlichen Verfahrens 74 4. Umsetzung von Gerichtsentscheidungen 118 5. Fernwirkung von Gerichtsbeschlüssen 146 IV. Gefangenen-Portraits 159 1. Suad Krpo: Portrait eines Verlierers 160 2. Jeanette Roberts: Portrait einer Widerspenstigen 170 3. Rolf Dewit: Portrait eines Pyrrhus-Siegers 183 7 V. Rechtspolitische Folgerungen 199 1. Reduzierung der Entscheidungsmacht der Anstalten 199 2. Verbesserung des gerichtlichen Rechtsschutzes 200 3. Brauchen wir unabhängige Schiedsstellen oder Strafvollzugsbeauftragte ? 201 VI. Literaturverzeichnis 207 VII. Anhang zur Implementaionsbefragung 211 A. Auflistung der untersuchten Fälle 211 B. Untersuchungsinstrumente 243 1. Anschreiben zur Implementaionsbejragung 243 2. Interviewleitfaden für die Expertengespräche 245 (Fassung für Anstaltsleitung) 3. Interviewleitfaden für die Expertengespräche 249 (Fassung für Gefangene) 8 I. Rechtsschutz in der totalen Institution 1. Renitente Strajvollzugsbehörden Die Frage der Respektierung und Umsetzung gerichtlicher Entschei dungen durch Strafvollzugsbehörden hat seit einigen Jahren erstaun liche Publizität erlangt (vgl. LESTING/FEEST 1987; WEBER 1990; KAMANN 1993). Ausgelöst wurde die Diskussion durch Berichte in der Berliner Tagespresse, wonach sich der Leiter der Justizvoll zugsanstalt Berlin-Tegel geweigert hatte, einem rechtskräftigen Be schluß des Landgerichts Berlin Folge zu leisten, mit dem die Anstalt verpflichtet wurde, einem Gefangenen auch ohne die Anwesenheit eines Gruppenleiters die Teilnahme an einer monatlichen Gemein schaftssprechstunde zu ermöglichen.' Die Aussichten des vor Gericht erfolgreichen Gefangenen, den Anstaltsleiter zur Änderung seiner Haltung zu bewegen, erschienen umso geringer, als das Kammerge richt Berlin2 und das Oberlandesgericht Frankfurt' eine Vollstrek kung gerichtlicher Entscheidungen durch Androhung eines Zwangs geldes in Strafvollzugsverfahren für unzulässig erklärt hatten. War das Problem "renitenter Strafvollzugsbehörden" bis dahin weitge hend verdrängt beziehungsweise umgangen worden so bewirkte 4, die plötzliche Publizität sowie die Aktivität einiger Gefangener und eines interessierten Fachpublikums, daß wenig später die SPD-Frak tion und die Alternative Liste im Berliner Abgeordnetenhaus eine Vollstreckungsmöglichkeit durch Zwangsgeldregelung forderten. Schließlich brachte die Fraktion DIE GRÜNEN sogar im Deutschen Bundestag einen Gesetzesentwurf ein, der durch eine Änderung des Kurioserweise ist dieser klassische Fall von Renitenz später dementiert worden. Im Zusammenhang mit unserer Untersuchung erhielten wir ein Schreiben vom 20.6.1988 des Berliner Senators für Justiz und Bundesangelegenheiten, in dem es heißt: "Zum einen hat der Anstaltsleiter niemals erklärt, er wolle den Ge richtsbeschluß nicht befolgen; der von Ihnen zitierte Tagesspiegel-Artikel ist in soweit falsch. Zum anderen hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel auch tatsächlich den Gerichtsbeschluß befolgt und dem Antragsteller die Teilnahme an sog. Gemeinschaftssprechstunden ermöglicht". 2 StV 1984, 33 m.Anm. Müller-Dietz. 3 GA 1984, 26. 4 vgl. Lesting/Feest a.a.O. 9 § 120 StVollzG eine Anwendung der Vollstreckungsregelung der §§ 170, 172 VwGO ermöglichen sollte. Eine aufgrund dieser Gesetzesinitiative durchgeführte Umfrage des Bundesministers der Justiz bei den Landesjustizministern führte dann allerdings zu der Feststellung, daß in der (alten) Bundesre publik lediglich 3 Fälle verzögerter Umsetzung vorgekommen seien. Hierbei habe es sich durchweg um Mißverständnisse gehandelt, de ren Aufklärung die Implementation gesichert habe. Demzufolge wurde ein praktisches Bedürfnis für die Gesetzesänderung von den Bundesländern einhellig vemeint5• Die Vermutung, daß es sich bei der Nichtbefolgung gerichtlicher Entscheidungen durch Strafvollzugsbehörden um seltene Ausnah men handelte, bestimmte auch die wenigen einschlägigen Stel-lung nahmen von Rechtsprechung und Literatur. Soweit derartige Fälle überhaupt vorkämen, seien "Schwierigkeiten praktischer Verwirkli chung" ursächlich, etwa weil die Vollzugsbehörde "aus personellen und/ oder finanziellen Gründen die ihr obliegende Leistung nicht gewähren oder die von ihr durchzuführende Maßnahme nicht tref fen" könne. Insofern sei auch eine Zwangsgeldregelung "kein ge eignetes und wirksames Mittel zur Durchsetzung" der Entscheidung, zumal den Gefangenen ja noch indirekte Zwangsmittel (Petition, Dienstaufsichtsbeschwerde etc.) als "durchaus erfolgversprechende Rechtsbehelfe" zur Verfügung stünden6• Um diese Vermutungen zu überprüfen, veröffentlichten wir ei nen Aufruf in Gefangenenzeitschriften und schrieben gezielt Rechts anwälte und juristisch besonders aktive Gefangene an mit der Bitte um Schilderung von Fällen mit Implementationsdefiziten. Aufgrund der Antworten konnten wir 13 Fälle dokumentieren, in denen eine sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Verzögerung bei der Umset zung der Gerichtsentscheidungen durch die Strafvollzugsbehörden vorgekommen war7• Die damalige Untersuchung hat zu folgenden vorläufigen Generalisierungen geführt: 5 Bundesminister der Justiz 1986. 6 Müller-Dietz StV 1984, 37. 7 Feest/Lesting 1987. 10 -Es gibt weitaus mehr Fälle mit Implementationsschwierigkeiten als bislang offiziell angenommen bzw. eingeräumt. Dabei ist zu be rücksichtigen, daß die in der Falldokumentation mitgeteilten Fälle nur die Spitze des Eisberges darstellen dürften. Eine genauere Un tersuchung von Gefangenen gewonnener Gerichtsentscheidungen könnte zeigen, daß im Dunkelfeld weitere Fälle bisher nicht be kanntgewordener "Renitenz" zu finden sind. - Die Nichtbefolgung von Gerichtsentscheidungen läßt sich nicht auf Fälle objektiver Unmöglichkeit reduzieren. Die Falldoku mentation enthält keinen einzigen Fall, in dem diese Behauptung sich letztlich als zutreffend erweist. Vielmehr scheinen eine Reihe anderer Motive eine Rolle bei problematischen Implementationen zu spielen: Rücksichtnahme auf die Öffentlichkeit, Kostenerwägungen, Disziplinierung von 'aufsässigen' Gefangenen etc. - Die Falldokumentation enthält kein Beispiel einer wirksamen Anwendung indirekter Zwangsmittel. Die uns in diesem Zusammen hang bekannten Dienstaufsichtsbeschwerden und Petitionen waren durchweg erfolglos. Der Nachweis renitenter Strafvollzugsbehörden verdeutlicht aber nicht nur Defizite bei der Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entschei dungen, sondern wirft ein bezeichnendes Licht auf die Besonder heiten des Rechtsschutzes in einer totalen Institution. Die extreme Abhängigkeit des Gefangenen von der Anstalt läßt auf der einen Seite einen Anpassungsdruck entstehen, auch ungerechtfertigte Maß nahmen hinzunehmen. Auf der anderen Seite versetzt das beste hende Machtgefälle die Anstalten in die Lage, bei einem Rechtsstreit auf die tatsächliche oder rechtliche Ausgangslage verändernd ein zuwirken und so den Prozeßverlauf zu ihren Gunsten zu beeinflus sens. Renitenz stellt in diesem Sinne nur das letzte Mittel und die of fensichtlichste Verweigerung einer rechtlichen Kontrolle durch die Anstalten dar. 8 Lesting/Feest 1987, 393. 11

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