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Theorien zur Formalanalyse mehrstimmiger Musik.: Die Entropieabnahme bei Abhängigkeit zwischen mehreren simultanen Informationsquellen und bei Übergang zu Markoff-Ketten höherer Ordnung, untersucht an musikalischen Beispielen PDF

77 Pages·1967·2.025 MB·German
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1768 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Heinz Kühn von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 1) 781.1 :519.24 2) 519-2 :007 :78.01 Dr. phil. Walter Reckziegel Theorien zur Formalanalyse mehrstimmiger Musik Roland Mix Die Entropieabnahme bei Abhängigkeit zwischen mehreren simultanen Informationsquellen und bei Übergang zu Markoff-Ketten höherer Ordnung, untersucht an musikalischen Beispielen I. Physikalisches Institut der Rhein.-WestJ. Techn. Hochschule Aachen Direktor: Prof. DrAng. Wilhelm Fucks WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1967 ISBN 978-3-663-{)6420-6 ISBN 978-3-663-07333-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07333-8 Verlags-Nr.011768 © 1967 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag Dr. phil. Walter Reckziegel I. Plrysikalisches Institut der Rhein.-Westf. Techn. Hochschule Aachen Direktor: Prof. Dr.-lng. Wilhelm Fucks Theorien zur Formalanalyse mehrstimmiger Musik Inhalt Einleitung ........................................................ 9 1. Symbole und Zeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1 Der musikalische Raum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 12 1.2 Die musikalische Zeit.. . ..... .... . .... . ... .. .... . ... . . .... . ... 13 1.3 Die musikalische Intensität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 15 2. Tonmaterial und Ambitus 16 3. Bewegung und Rhythmus 18 3.1 Die rhythmische Ordnung .................................... 18 3.2 Die metrische Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 19 3.3 Bestimmung der Metrischen Einheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 4. Intensität und Dichte ............................................ 25 5. Zusammenklang und Struktur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 5.1 Berechnung der Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 29 5.2 Wertung der Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 31 5.3 Die Komplexität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 33 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 7 Einleitung Der vorliegende Bericht stützt sich auf die Arbeiten von WILHELM PUCKS und baut auf den Methoden und Ergebnissen des genannten Autors auf. Die Kenntnis der im Verzeichnis angeführten Literatur darf vorausgesetzt werden. Die im Text erwähnten statistischen Begriffe (Mittelwert, Streuung etc.) wurden von FUCKS zur Untersuchung musikalischer Elemente benutzt. Er stellte eine Reihe von Analysen an, indem er zunächst die relative Häufigkeit der Tonhöhen einstimmiger Melodien (Violin- und Flötenstimmen, Gesangs-Oberstimmen aus klassischen Werken von etwa 1500 bis heute) berechnete. Es wurde gezeigt, daß die Streuung und die Entropie der Zahlenwerte unabhängig voneinander proportional zur Entstehungszeit der Musik monoton ansteigen. Sodann wurden Intervalle zwischen je zwei benachbarten Tönen gebildet und ebenfalls deren Häufigkeit ausgezählt. Da hier die Streuung wegen der qualitativen Gleichheit oktavversetzter Töne als Hilfsmittel unbrauchbar ist, wurde die Kyrtosis der Zahlenwerte be rechnet. Trägt man die erhaltenen Werte wieder als Punktion der Zeit auf, so erfolgt nur zum Teil ein monotoner Anstieg; eine Gruppe von Zwölftonkompo sitionen dagegen sinkt auffallend tief, sogar noch unter die Werte der Barockzeit und der franko-flämischen Periode, ab. Die sog. Tonhöhenübergangsmatrix in den erwähnten Arbeiten gibt ein anschau liches Bild davon, welche Töne jeweils aufeinander folgen. Vergrößert man den Abstand zwischen den benachbarten Elementen schrittweise um 1, so kann für jeden Abstand q eine weitere Matrix aufgestellt werden. Die Übergangsmatrizen q-ter Ordnung lassen sich durch Korrelationsellipsen ersetzen, die zwischen den Grenzfällen »Parallele Geraden« und »Kreis« alle möglichen Formen annehmen können. Dasselbe Verfahren läßt sich auch auf Intervallpaare anwenden. Außerdem wurde untersucht, wie viele Intervalle gleicher Art aufeinander folgen (sog. Gruppenlängenmatrix), und welche simultanen Intervalle zwischen zwei Violinstimmen entstehen. Das Ergebnis war in den angeführten Beispielen eine bevorzugte Verwendung kleiner Intervalle - zum Teil gehäuft - bei BACH und BEETHOVEN, und eine fast zufällig anmutende Vielfalt bei SCHÖNBERG und WEBERN. Von W. PUCKS und J. LAUTER wurden schließlich Korrelogramme gebildet, indem die Autokorrelation der Tonhöhen und Intervalle für verschiedene Ab + stände k berechnet wurde. Die Werte liegen zwischen 1 und -1 und werden als Funktion von k aufgetragen; positive Werte bedeuten eine »Bindung« der Elemente, negative einen Gegensatz, die Annäherung an die Nullachse Indifferenz bzw. Zufallszahlen. Die Anwendung der erprobten Methoden auf andere musikalische Parameter stieß indes auf Schwierigkeiten, teils weil das Zahlenmaterial zu umfangreich wurde, 9 teils weil die Musiktheorie keine geeigneten Handhaben für quantitative Unter suchungen bot. Es war daher notwendig, eine Klärung der elementaren musik theoretischen Voraussetzungen herbeizuführen. Einige der Ergebnisse werden hier vorgelegt, so die Neuordnung der Klangstrukturen und die Definition der Metrischen Einheit. Die Anwendung der exakt-wissenschaftlichen Analyse auf eine größere Anzahl musikalischer Beispiele soll in kurzem erfolgen. Der Verfasser ist Herrn Professor Dr.-Ing. W. FucKs, dem Direktor des 1. Phy sikalischen Instituts der Technischen Hochschule Aachen, zu großem Dank für seine großzügige Unterstützung der Arbeit verpflichtet. Desgleichen gebührt allen Kollegen, die mit Rat und Tat zur Fertigstellung beitrugen, aufrichtiger Dank, insbesondere den Herren Dr. J. LAUTER, N. MALMENDIER, R. MIX, H. WEISS und D. WICKMANN. Aachen, im Februar 1966 10 1. Symbole und Zeichen In der Entwicklung der Sprache oder der Musik eines Volkes gibt es einen ent scheidenden Zeitpunkt: wenn das Bedürfnis nach Fixierung so stark wird, daß eine Schrift entsteht. Erst von da an kann eine sinnvolle Forschung einsetzen, wenn man unter Forschung die Anwendung objektiver und wissenschaftlich nachprüfbarer Methoden versteht. Der Streit, ob das Wesen der Sprache oder der Musik im akustisch wahrnehmbaren Ablauf oder in der optisch wahrnehmbaren Aufzeichnung zum Ausdruck komme, ist müßig, wenn man bedenkt, daß beide Erscheinungsweisen nur Teilaspekte eines im menschlichen Gehirn erregten Denkprozesses sind. Ob die Notenschrift eine minderwertige Reduzierung der erklingenden Musik oder die musikalische Aufführung eine behelfsmäßige Reali sierung des codifizierten Opus sei, ist keine ernsthafte Alternative; vielmehr ist bei des ein Wechselvorgang, ein Circulus, der nur durch einen geistigen Akt immer wieder neu entsteht. Fest steht, daß sich die Wissenschaft seit jeher des Hilfsmittels der Abstraktion bedient, welche darin besteht, daß gleiche oder ähnliche Erscheinungen durch gleiche Symbole und Zeichen definiert und festgehalten werden. Erst durch Abstraktion wird es möglich, wesentliche Zusammenhänge zu erkennen und all gemeingültig zu formulieren. Es ist kein Zufall, daß gerade heute, und zwar in dem Augenblick, wo ein getreues Festhalten und Wiedergeben akustischer Phänomene durch Tonträger möglich geworden ist, das Interesse am Analysieren geschriebener Schrift- und Notenzeichen stark angewachsen ist. Der Vorteil der geschriebenen Vorlage ist ihre Einmaligkeit und Unveränderlich keit, im Hinblick auf die Originalfassung auch ihre Originalität. Als Nachteil wird oft angeführt, daß der Autor eine von der Notenvorlage abweichende Realisierung im Sinn hatte, oder daß der Mensch des 20. Jahrhunderts das Notenbild etwa des 16. Jahrhunderts nicht wie eine Partitur des 20. Jahrhunderts interpretieren dürfe. Der Vorwurf ist berechtigt für die Aufführungspraxis, nicht aber für die Formal analyse. Der objektive Analytiker will nicht interpretieren, sondern Tatsachen fest stellen. Die gesuchten Tatsachen sind in diesem Fall die aufgezeichneten Symbole und nicht mehr. Für die Naturwissenschaften ist es eine Selbstverständlichkeit, daß nur in gleich förmigen Maßeinheiten gemessen werden kann und daß eine Größe nicht gleich zeitig verschiedene Werte annehmen kann. Die exakte Bestimmung von Maß einheiten, sei es per comparationem oder per definitionem, ist die Voraussetzung für jede objektive Aussage, auch wenn das subjektive Empfinden mitunter zu anderen Ergebnissen kommt. Eine Stunde ist objektiv immer eine gleichlange Zeitdauer, sie mag dem einzelnen Menschen länger oder kürzer erscheinen. 11 Ebenso notwendig ist die gleichförmige Bedeutung der Zeichen für die Analyse. Symbole können absolut oder relativ sein, d. h. sie können entweder globale oder lokale Bedeutung haben. Mit relativen Symbolen erzielt man keine gültige Aussage, wenn nicht vorher ein absoluter Bezugspunkt bestimmt und beibehalten wird. Die Buchstaben der Schrift sind absolute Symbole, wenn man sie isoliert betrach tet; als Bestandteile von Worten nehmen sie zusätzlich relativen Charakter an, von dem ihre jeweilige Bedeutung herrührt. Worte sind ebenfalls absolute Symbole; als Bestandteile der Sprache jedoch werden sie zusätzlich zu Trägern relativer Sinngehalte. Will man also vergleichbare Ergebnisse erreichen, muß der akzes sorische Sinngehalt von dem formalen Symbol getrennt werden: entweder man Hechnet« mit den isolierten Symbolen ohne Rücksicht auf deren Bedeutung - oder man »rechnet« mit bloßen Sinngehalten ohne Rücksicht auf deren formale Reali sierung. Beides bedeutet eine zulässige Abstraktion. 1.1 Der musikalische Raum Wie verhält sich nun das musikalische Baumaterial ? Ein absolutes Klangsymbol müßte nach Tonhöhe (Grundfrequenz), Klangfarbe (Frequenzspektrum), Dauer (Realzeit) und Lautstärke (Phon) bestimmbar sein. Solche Parameter können aber nur bei rein maschineller Klangerzeugung verwendet bzw. unmittelbar abgelesen werden, z. B. bei elektronischer Musik. Die traditionelle Notenschrift ist mehr oder weniger eine Griffaufzeichnung in der Sicht des jeweiligen Instruments. Die all gemein verbreitete heutige Notenschrift basiert hauptsächlich auf der Grifft echnik des Klaviers, d. h. sie symbolisiert Tasten durch Punkte und den ungefähren Zeitpunkt des Niederdrückens bzw. Aufhebens der Finger durch relative Noten werte. Das ist nicht immer so gewesen. Die Neumenschrift z. B. war ein relatives Ton höhensystem. Das einzelne Neuma ist unleserlich, wenn es nicht im Zusammen hang betrachtet wird. Ist die Relation unterbrochen oder unklar, so ist die gesamte folgende Aufzeichnung unklar oder unleserlich. Der »Punkt« als Zeichen für einen Ton ist an sich nur ein einziges absolutes Symbol. Erst die räumliche Anordnung von Punkten in ein Notensystem liefert alle erforderlichen Symbole, unter der Voraussetzung, daß ein absoluter Bezug gegeben wird. Ein solcher Bezugspunkt wäre z. B. ein Kammerton mit einer gleichbleib enden Grundfrequenz. Nun gibt es zwar seit rd. 100 Jahren eine Ver einbarung über den Kammerton a' mit der Schwingungszahl 435 Hz, aber die Praxis zeigt, daß es eine einheitliche Tonhöhe auch heute nicht gibt und natürlich viel weniger vor dieser Vereinbarung gegeben hat. Daher wird man zweck mäßigerweise die Frequenz als Bezugsgröße vermeiden und das Notensystem als in sich geschlossen, die Notennamen als absolut betrachten. Das hat einige Konsequenzen für die Codierung: wir benutzen an Stelle der Ton namen eine Folge von positiven ganzen Zahlen, wobei der Ausgangspunkt immer gleichbleibt (z. B. das Subcontra-C als Skalenwert »eins«). Das Verfahren 12 impliziert stillschweigend einige Abstraktionen, die keineswegs selbstverständlich sind, hauptsächlich folgende: 1. Es wird angenommen, daß jeder musikalische Ton eine bestimmte feststellbare Lage im Raum (»Tonhöhe«) hat, der ein Symbol, eben der betreffende Ton name bzw. sein Zahlenäquivalent, eindeutig zugeordnet werden kann. 2. Es wird angenommen, daß· jeder Halbton gleichwertig und von den benach barten Halbtönen gleichweit entfernt ist. 3. Es wird angenommen, daß die lose Aneinanderreihung von Einzelnoten für die Darstellung einer musikalischen Linie, auch über Pausen hinweg, ausreicht. Der dritte Punkt, zweifellos die schwerwiegendste Abstraktion, ist für uns vor läufig ohne Belang. Wir müssen zwangsläufig vom musikalischen Zusammenhang absehen, denn als Bestandteil einer Melodie oder eines Zusammenklanges hat jeder Ton wechselnde, nicht notwendig eindeutige Bedeutung, die von der jeweiligen Musiktheorie, d. h. der musikästhetischen Vorstellungswelt des Ausführenden abhängt. Der ästhetische Bereich kann aus der Formalstruktur nicht abgeleitet und nicht übersetzt werden, er ist daher bei Formalanalysen auszuklammern [11]. Die angeführten Abstraktionen sind in der Notenschrift selbst begründet und seit der Einführung der Gleichtemperierung auch praktisch belegt und bewährt. Es besteht kein Grund, warum unsere Untersuchung sich ihrer nicht bedienen sollte. Wir sind uns freilich klar darüber, daß die Tonhöhe nur einen Teilaspekt des Klanges erfaßt; einen Teilaspekt zwar, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als völlig ausreichend angesehen wurde, der aber heute durch die Mittel maschineller Klangerzeugung fast nebensächlich geworden ist. Wir beschränken uns daher auf jene Musik, die mit dem herkömmlichen Instrumentarium ausführbar ist, da Ver gleiche mit elektronischer Musik wegen der Unvergleichbarkeit der Parameter wenig sinnvoll erscheinen. Der traditionelle Klangfarbenbereich läßt sich schlecht präzisieren und ist im wesentlichen durch die Wahl des Instruments vorgegeben. Die Musiktheorie pflegt sich mit der Einteilung in Instrumente mit bestimmter bzw. unbestimmter Ton höhe zu begnügen und überläßt die Beschreibung der Klangfarbe der Ästhetik. Aber auch die Komponisten selbst betrachteten die Instrumentierung meist als Nebensache. Diese Einstellung änderte sich erst in der Romantik, und die Kunst des »farbigen« Instrumentierens erhielt durch die Impressionisten, durch SCHÖN BERG und WEBERN neue Impulse. 1.2 Die musikalische Zeit Ähnliche Probleme wie die Einteilung des musikalischen Raumes wirft die Frage nach der musikalischen Zeit auf. Die ersten historisch überlieferten Zeitangaben sind relativ: neben den Tonhöhenschlüssel tritt die »Proportion«, der Mensur schlüssel. Bedingung hierfür sind unterscheidbare Notenwerte, der »Punkt« in abgewandelter Gestalt: eckig und rund, schwarz und weiß (gefüllt und ausgehöhlt), 13

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