ERGEBNISSE DER MATHEMATIK UND IHRER GRENZGEBIETE UNTER MITWIRKUNG DER SCHRIFTLEITUNG DES "ZENTRALBLATT FÜR MATHEMATIK" HERAUSGEGEBEN VON L.V.AHLFORS· R.BAER· R.COURANT· J.L.DOOB· S.EILENBERG P. R. HALMOS· M. KNESER . T. NAKAY AMA . H. RADEMACHER F. K. SCHMIDT· B. SEGRE . E. SPERNER ====== ====== NEUE FOLGE· HEFT 15 THEORIE DER LIMITIERUNGSVERFAHREN VON KARL ZELLER SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH .ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER üBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALTEN OHNE AUSDRüCKLICHE GENEHMIGUNG DES VERLAGES IST ES AUCH NICHT GESTATTET, DIESES BUCH ODER TEILE DARAUS AUF PHOTOMECHANISCHEM WEGE (pHOTOKOPIE, MIKROKOPIE) ZU VERVIELFÄLTIGEN © SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG 1958 URSPRÜNGLICH ERSCHIENEN BEI SPRINGER-VERLAG BERLIN • GÖTTINGEN • HEIDELBERG 1958 ISBN 978-3-642-52768-5 ISBN 978-3-642-52767-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-52767-8 MEINEN LEHRERN K. KNOPP t UND G. LORENTZ GEWIDMET Vorwort Herrn Professor F. K. SCHMIDT und dem Verlag danke ich, daß sie dieses Buch anregten und in die Sammlung "Ergebnisse der Mathematik" aufnahmen, obwohl es sich von andern Bänden der Sammlung stark unterscheidet. Die Limitierungstheorie ist nämlich so weit verzweigt, die Literatur so umfangreich, daß es mir nicht möglich war, eine abge schlossene Darstellung zu geben. Der Bericht verfolgt den bescheideneren Zweck, den Leser an die Literatur heranzuführen und ihm eigene Arbeiten zu erleichtern. In erster Linie betrachte ich Matrixtransformationen gewöhnlicher Zahlenfolgen und die zugehörigen Limitierungsverfahren. Allgemeine Aussagen werden betont, spezielle Verfahren verhältnismäßig kurz be handelt; der Aufbau des Buches ist wesentlich bestimmt durch die grund legenden funktionalanalytischen Untersuchungen von S. MAZUR und W.ORLICZ. Auf die Anwendungen der Limitierung konnte ich nur am Rande eingehen. Es bedeutete einen unschätzbaren Vorteil, daß ich in den hiesigen Bibliotheken fast alle benötigten Zeitschriften zur Verfügung hatte. Herr Professor J. E. HOFMANN half bei der Abfassung des Abschnittes über Geschichte der Limitierung. Herr Professor W. MEYER-KöNIG und Herr Dozent D. GAIER gaben mir zahlreiche wertvolle Ratschläge. Vor allem aber gilt mein Dank meinen verehrten Lehrern, deren Einfluß überall in diesem Buche hervortritt: K. KNOPP t und G. LORENTZ. Tübingen, im Herbst 1956 Karl Zeller Inhaltsverzeichnis Seite Einleitung . . . . . . . 1 Erstes Kapitel Grundbegriffe der Limitierung 1. Zusammenfassung. . . . . . . . 2 2. Geschichte der Limitierungstheorie 2 3. Allgemeine Limitierungstheorie . 3 4. Matrixverfahren 6 5. Hauptprobleme . . . . . 9 6. Nichtmatrixverfahren . . 11 7. Absolute Limitierbarkeit 13 8. Limitierung von Mehrfachfolgen 14 9. Integraltransformationen 16 10. Sonstiges . . . . . . . . . . 18 Zweites Kapitel Hilfsmittel aus der Funktionalanalysis 11. Zusammenfassung. . . . . 19 12. Lineare Räume. . . . . . 20 13. Einfache Sätze über lineare Räume 22 14. Das Fortsetzungsprinzip . 24 15. Stetigkeitssätze . 25 16. Grundmenge und Basis 28 17. FK-Räume ..... 29 18. Matrizenrechnung. . . 31 19. BANAcH-Algebren und FOURIER-Transformation 34 20. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . 37 Drittes Kapitel Struktur von Wirkfeldern 21. Zusammenfassung. 37 22. Wirkfelder als FK-Räume . 38 23. Perfekte Verfahren . . . . 40 24. Abschnittskonvergenz . . . 42 25. Allgemeine Limitierbarkeitskriterien 45 26. Einfolgenverfahren . . . . 48 27. Vorgeschriebenes Wirkfeld . 49 28. Inäquivalenzsätze. 51 29. Beschränkte Folgen. 53 30; Sonstiges . . . . . 55 ------------------- Inhaltsverzeichnis VII Viertes Kapitel Direkte Sätze Seite 31. Zusammenfassung 55 32. Einschließungssätze 56 33. Kernsätze . . . . 59 34. Konvergenzfaktoren . 61 35. Vergleichssätze . . . 63 36. Verträglichkeit . . . 66 37. Varianten der Vergleichssätze 68 38. Translation und Umordnung . 69 39. Multiplikationssätze . 71 40. Sonstiges . . . . . 72 Fünftes Kapitel Umkebrsätze 41. Zusammenfassung. . . . . . 73 42. Wachstumsbedingungen . . . 74 43. Konvergenzgleiche Verfahren 76 44. Lückenumkehrsätze . . . . . 78 45. Elementare Umkehrsätze 81 46. Optimale Umkehrbedingungen 84 47. Tieferliegende Umkehrsätze . 85 48. Die Methoden von LITTLEWOOD, WIENER, KARAMATA und SCHMIDT 88 49. Funktionentheoretische Umkehrsätze und Beweise 91 50. Sonstige Umkehrsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Sechstes Kapitel Verfabren von Cesaro-Abel-Typ 51. Zusammenfassung. . . . . . 99 52. Arithmetische und bewichtete Mittel 100 53. CEsARo-Verfahren. . . . . . . 104 54. HÖLDER- und CESARO-Verfahren 107 1\5. Das ABEL-Verfahren 110 56. Mehrfachfolgen . . . . . . . 113 57. Integraltransformationen 115 58. Die LAPLAcE-Transformation 118 59. RIESZ- und DIRICHLET-Verfahren. 120 60. Sonstiges . . . . . . . 124 Siebentes Kapitel Verfabren funktionentbeoretiscben Typs 61. Zusammenfassung 125 62. Zweierverfahren . . . . . . . . 125 63. Das NÖRLuND-Verfahren 127 64. Die Verfahren von EULER-KNoPp 130 65. Allgemeine EULER-Verfahren. . 132 66. BOREL-Verfahren . . . . . . . 134 67. Varianten des BOREL-Verfahrens 138 68. Kreisverfahren . . . . . 140 69. Analytische Fortsetzung. 145 70. Sonstiges . . . . . . . 146 VIII Inhaltsverzeichnis Achtes Kapitel Weitere Verfahren und Klassen Seite 71. Zusammenfassung .......... . 147 72. HAusooRFF-Verfahren. . . . . . . . . . 147 73. Das Verfahren von OE LA VALLEE-POUSSIN 153 74. GRoNwALL-Verfahren ..... . 155 75. ROGOSINSKI -BERNSTEIN -Verfahren 156 76. RIEMANN-Verfahren ..... 158 77. Zahlentheoretische Verfahren 160 78. WIENER-Verfahren . . 161 79. Klassen von Verfahren 164 80. Sonstiges 165 Literaturverzeichnis 167 Sachverzeichnis 231 Verzeichnis der Verfahren. 235 Verzeichnis der Sätze. 237 Bezeichnungen. . . . 241 Einleitung Das Buch ist in acht Kapitel (I-VIII) eingeteilt, von denen jedes zehn Nummern umfaßt (1---80). Die erste Nummer eines Kapitels gibt jeweils eine Übersicht. Sätze (I, II, ... ) und Formeln ((1), (2), ...) sind nur innerhalb einer Nummer durchgezählt. Verschiedene Register (Literatur, Begriffe, Verfahren, Sätze, Bezeichnungen) sollen die Be nützung des Berichtes erleichtern. In Kapitel I grenzen wir unseren Stoff ab, definieren die Grundbe griffe und formulieren die Hauptproblerne. Wir befassen uns haupt sächlich mit der Limitierung von (allgemeinen) Zahlenfolgen, wozu wir vornehmlich Matrixtransformationen benützen. Nur am Rande betrach ten wir Nichtmatrixverfahren, absolute Limitierung, Mehrfachfolgen, Integraltransformationen und Anwendungen. Wir betonen die allgemeine Theorie, die von TOEPLITZ, HAHN, ÜRLICZ, MAZUR, BANACH, WIENER, HILL, LORENTZ, BRUDNo, AGNEw, DAREVSKY, COOKE und anderen gefördert wurde. Daher behandeln wir in Kapitel 11 recht ausführlich die funktional-analytischen Grundlagen (B- und F-Räume, BANAcH-Algebren), um dann in KapitelIII Schlüsse auf die Struktur von Wirkfeldern zu ziehen (Approximation von Folgen, Limitierbarkeitskriterien, mögliche Wirkfelder) . Entscheidend für das nächste Kapitel (IV) sind der Satz von TOEPLITZ (über Permanenz von Verfahren) und seine Varianten, die zu Vergleichs sätzen - im weitesten Sinn - und damit zu weiteren Strukturaussagen (Konvergenzfaktoren, Translation, Reihenmultiplikation) führen. Schär fere Hilfsmittel benötigen wir in Kapitel V (Umkehrsätze), wo es darum geht, aus Eigenschaften der transformierten Folge meist mit Hilfe von Nebenbedingungen auf solche der Urfolge zurückzuschließen. Die hier für entwickelten Methoden betrachten wir unter möglichst einheitlichem Gesichtspunkt. Die folgenden Kapitel wenden die allgemeine Theorie auf spezielle Verfahren an (CESARO-, ABEL-Verfahren u. ä. in VI; EULER-, BOREL Verfahren u. ä. in VII; sonstige Verfahren und Klassen in VIII). Dabei wiederholen wir jedoch gut anwendbare allgemeine Ergebnisse nicht mehr bei den einzelnen Verfahren - ausführlicher ist diese Einteilung in 51 erläutert. Auch unterdrücken wir die meisten Rechnungen. Das Buch will einen Überblick über die Limitierungstheorie und ihre Methoden verschaffen und an die Literatur heranführen. Formuliert Ergebn. d. Mathem. N. F. H. 15, Zeller. 1 2 1. Grundbegriffe der Limitierung sind daher typische, leicht verständliche Sätze - der Vollständigkeit halber auch einige recht einfache Aussagen -, und von den Beweisen wurden nur die Grundzüge .wiedergegeben. Verschärfungen, Verall gemeinerungen, vollständige Beweise findet der Leser in der zitierten Literatur, über die er sich mit Hilfe der im Verzeichnis genannten Refe rate vorher noch genauer informieren kann. Vom Leser wird eine gewisse Vorbildung erwartet, da auch manche Definitionen, Erläuterungen usw. knapp gefaßt sind und Vorverweise auftreten. Das Literaturverzeichnis sollte im Rahmen unserer Stoffabgrenzung einigermaßen vollständig sein. Jedoch konnte nicht an jeder Stelle im Text die gesamte in Frage kommende Literatur angeführt werden. Auch ist bei einem Bericht der vorliegenden Art die Möglichkeit von Fehlern und Lücken besonders groß. Für alle Hinweise auf Verbesserungsmög lichkeiten bin ich sehr dankbar. Bei Gelegenheit werde ich das Verzeich nis in der Mathematischen Zeitschrift fortführen. Erstes Kapitel Grundbegriffe der Limitierung 1. Zusammenfassung Nach einem kurzen geschichtlichen überblick (2) erläutern wir in 3 die Grundbegriffe der Limitierung und grenzen das in diesem Buch behandelte Gebiet ab: Wir untersuchen hauptsächlich die in 4 bespro chenen Matrixverfahren bei allgemeinen Folgen und die in 5 genannten Hauptprobleme (Einschließungs-, Vergleichs-, Umkehrsätze). Die fol genden fünf Nummern bringen Dinge, die wir im Rest des Buches nur mehr streifen werden: Nichtmatrixverfahren (6), absolute Limitierbar keit (7), Mehrfachfolgen (8), Integraltransformationen (9), Anwendungen, Funktionenfolgen, abstrakte Transformationen, Ungleichungen, be stimmte asymptotische Sätze, Produkte (10). 2. Geschichte der Limitierungstheorie Das Gebiet der unendlichen Reihen geht auf Wurzeln in der antiken Mathematik zurück (siehe BECKER-HoFMANN [51*J und HOFMANN (1957*)): Auswertung von Summenausdrücken, Zerlegung von Funk tionen, Irrationalitätsüberlegungen, Inhaltsberechnungen (z. B. ARcHI MEDES). Um 1200, vor allem aber nach 1600, wurden diese überlegungen wieder aufgenommen (siehe auch REIFF [89*J). Wir nennen FERMAT, MENGOLI, GREGORY (der schon von Konvergenz spricht), NEWTON, LEIBNIZ. Solange man Reihen in einfachen anschaulichen Problemen verwandte, ergaben sich von selbst nur konvergente Reihen. Die 2. Geschichte der Limitierungstheorie 3 Funktionenreihen führten dann zwangsläufig zu divergenten Reihen, zu deren Benützung die Erfolge des Kalküls verleiteten. Die sich nun an bahnende Entwicklung ist geschildert bei PRlNGSHElM [98*J, BOREL [01*, 28*J, BURKHARDT [l1J, SM AlL [25*J, MooRE [38*J, HARDY [49*]. ]ACOB BERNOULLI, GRANDl und LEIBNlZ behandeln um 1700 die aus + + der Reihe für 1/(1 x) zu erhaltende Gleichung 1/2 = 1 - 1 1 - + . .. 1 Die Leibnizschen Betrachtungen (lex continuitatis, Wahr scheinlichkeitsüberlegungen) erinnern an die Limitierungsverfahren Al und Cl (55, 52). GOLD BACH verwendet 1727 Reihenmultiplikation zur Transformation divergenter Reihen (vgl. Zl,) in 62). Vor allem bedient sich EULER weitgehend divergenter Reihen, wobei er die "Summations methoden" der stetigen bzw. analytischen Fortsetzung ausbaut; vgl. 55 und 64 sowie die Abhandlungen von J. E. HOFMANN (1956, 1957, 1958). D'ALEMBERT, DANIEL BERNOtJLLI, LAGRANGE und RAABE gebrauchen um 1800 die arithmetischen Mittel (Cl)' teilweise im Vergleich zum "ABEL-Verfahren" (woran FROBENIUS [80J mit der ersten modernen Limitierungsarbeit anschließt). HUTToN schlägt 1812 die Transfor mation Zt (siehe 62) vor. Auch PorSSON benützt 1823 das "ABEL-Ver fahren" bei FouRIER-Reihen. Alle diese Arbeiten entbehren jedoch der heutigen Strenge; die Transformationen werden mehr als Rechen hilfsmittel denn zur Untersuchung von Konvergenzfragen eingesetzt. Überhaupt war der Konvergenzbegri// noch nicht geklärt. So fehlt es auch nicht an warnenden Stimmen. LEIBNlZ lehnt es + ab, daß WOLFF sogar Reihen wie 1 - 2 4 - ... behandelt. Selbst EULER möchte einer divergenten Reihe keine eigentliche Summe zu ordnen. Sehr kritisch sind V ARIGNON und D' ALEMBERT. N. BERNOULLI, CALLET und LAGRANGE weisen auf mögliche Vieldeutigkeiten bei der Eulerschen "Summendefinition" hin. LAPLACE spricht bezüglich diver genter Reihen von Illusionen. + Schon GRANDl leitete aus 1/2 = 1 - 1 1 - . .. die Gleichung 0= 1/2 ab, was die Möglichkeit der Erschaffung der Welt aus dem Nichts beweisen soll. Später bemerkte man weitere Widersprüche, die durch das Rechnen mit divergenten Entwicklungen entstehen, wobei allerdings oft Operationen verwendet wurden, die selbst im Falle der Konvergenz unzulässig sind. Mit FOURIER, GAUSS, BOLZANO beginnt dann um 1810 die Periode der exakten Behandlung der Reihen. CAUCHY, POlNSOT und ABEL (um 1825) verwarfen die divergenten Reihen; einer seits mit sehr scharfen Worten (Erfindung des Teufels), andererseits mit gewissem Widerstreben, weil sie doch wertvolle Resultate geliefert hatten. Durch ihre Grenzwertsätze legten ja auch CAUCHY und ABEL den Grund für die neuzeitliche Limitierung. In Deutschland und England ging dann noch einige Zeit eine Diskussion über divergente Reihen weiter. Von 1850-1880 wurde es still um sie, bis zur Arbeit von FROBENIUS [80]. 1*