Klaus Stierstadt Temperatur und Wärme – was ist das wirklich? Ein Überblick über die Definitionen in der Thermodynamik essentials essentials liefern aktuelles Wissen in konzentrierter Form. Die Essenz dessen, worauf es als „State-of-the-Art“ in der gegenwärtigen Fachdiskussion oder in der Praxis ankommt. essentials informieren schnell, unkompliziert und verständlich • als Einführung in ein aktuelles Thema aus Ihrem Fachgebiet • als Einstieg in ein für Sie noch unbekanntes Themenfeld • als Einblick, um zum Thema mitreden zu können Die Bücher in elektronischer und gedruckter Form bringen das Expertenwissen von Springer-Fachautoren kompakt zur Darstellung. Sie sind besonders für die Nutzung als eBook auf Tablet-PCs, eBook-Readern und Smartphones geeignet. essentials: Wissensbausteine aus den Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissen- schaften, aus Technik und Naturwissenschaften sowie aus Medizin, Psychologie und Gesundheitsberufen. Von renommierten Autoren aller Springer-Verlagsmarken. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13088 Klaus Stierstadt Temperatur und Wärme – was ist das wirklich? Ein Überblick über die Definitionen in der Thermodynamik Klaus Stierstadt Universität München München, Deutschland ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716 (electronic) essentials ISBN 978-3-658-28644-6 ISBN 978-3-658-28645-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-28645-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbiblio- grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. 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Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Was Sie in diesem essential finden können • Sie erhalten einen Überblick über die Definitionen von Temperatur, Wärme und Entropie in der Thermodynamik. • Sie lernen wie Temperatur, Wärme und Entropie für verschiedene Systeme aus den mikroskopischen Energiezuständen der Atome berechnet werden können. • Dieses essential schlägt eine Brücke zwischen den beiden Thermodynamik- Vorlesungen, nämlich der einfachen Wärmelehre im 1. oder 2. Semester und der anspruchsvollen Statistischen Physik im 5. Semester. Was Sie in der Zwischen- zeit vergessen haben, oder was im 5. Semester vorausgesetzt wird, das nfi den Sie in diesem essential. V Vorwort Die Thermodynamik – ursprünglich die Lehre von den Dampfmaschinen – ist wegen ihrer relativen Abstraktheit das unbekannteste Gebiet der klassischen Physik. Sie ist aber gleichzeitig ihr heute wichtigster Teil. Als Lehre von den Umwandlungen der Energie braucht man sie zum Verständnis unseres weltweiten Energieproblems und damit der aktuellen Klimaveränderung (siehe mein Buch „Energie – das Problem und die Wende“, 2015 [1]). Um so unverständlicher ist es, dass die Thermodynamik bzw. die Wärmelehre aus den Lehrplänen unserer Schulen fast ganz verschwunden ist. Und an den Hochschulen wird sie ebenfalls oft stiefmütterlich behandelt. Das verdanken wir allerdings der Bologna-Reform unserer Studiengänge. Aus diesem Grunde habe ich drei essentials geschrieben, in denen die wesent- lichen Inhalte der Thermodynamik besprochen werden: Die atomistische Inter- pretation von Temperatur und Wärme, die thermodynamischen Potenziale, und die damit erklärbaren Eigenschaften der Stoffe. Diese drei essentials – von denen Sie eines hier in der Hand halten – liefern zusammen genommen eine Brücke zwischen der einfachen Wärmelehre, wie sie am Anfang des Bachelorstudiums angeboten wird, und zwischen der anspruchsvollen Statistischen Physik am Ende dieses Studiums. Sie sollten daher bereits ein wenig Grundwissen zu den Begriffen der Thermodynamik mitbringen. Die drei essentials stellen auch jedes für sich ein nützliches Werkzeug dar, um das Wesentliche, das „Essenzielle“ der Thermodynamik zu verstehen. So dient zum Beispiel das Wissen von der Entropie zum Verständnis des Wirkungsgrads unserer Energie-Wandler. Und die Energiebilanz unserer Atmosphäre bildet die Grundlage zum Verständnis des Klimawandels. Für diese und viele andere Probleme in Natur und Technik ist eine solide Kenntnis der Thermodynamik unverzichtbar. Klaus Stierstadt VII Inhaltsverzeichnis 1 Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Was ist Temperatur? ........................................ 3 3 Energiezustände eines Gasatoms .............................. 13 4 Berechnung der Zustandszahl Ω eines idealen Gases ............. 23 5 Die statistische Temperaturdefinition beim idealen Gas ........... 29 6 Temperatur und Wärmekapazität eines Magneten ............... 33 7 Temperatur und Wärmekapazität eines idealen Kristalls ......... 39 8 Was ist Wärme? ........................................... 45 9 Die Entropie ............................................... 51 10 Anhang: Das ideale Gas ..................................... 57 Literatur ...................................................... 65 IX 1 Einführung Temperatur, Wärme und Entropie sind allgemeine Eigenschaften von Materie und Strahlung. Sie werden im Rahmen der thermischen Physik bzw. der Thermo- dynamik behandelt. Diese drei thermischen Größen T, Q und S sind aber nicht den einzelnen Atomen, Elementarteilchen oder Strahlungsquanten zu eigen, son- dern sie treten erst bei Systemen von sehr vielen solcher Teilchen in Erscheinung. Das heißt, sie sind kollektive oder kooperative Eigenschaften. Was „viel“ in die- sem Zusammenhang bedeutet, das ergibt sich aus dem Anspruch an die Genauig- keit der Messung oder der Berechnung. Ganz grob gesprochen liegt die Grenze oft bei etwa 10.000 Teilchen. Dann beträgt der statistische Fehler mancher Aus- sagen etwa 1 %. Vereinfacht kann man sagen: Ein Atom hat keine Temperatur, aber 10.000 Atome haben schon eine solche. Die thermischen Größen werden in jedem Thermodynamiklehrbuch beschrieben und definiert, nur leider in fast jedem etwas anders. Allgemein gebräuchliche und zutreffende Definitionen sind etwa die folgenden: • Temperatur ist die Eigenschaft eines Körpers, die es ermöglicht, dass er mit anderen Körpern Energie austauschen kann. Das kann auch dann geschehen, wenn zwischen den Körpern keine sonstigen Kräfte wirksam sind, wie zum Beispiel Druck, elektrische oder magnetische Felder, ein chemisches Potenzial usw., sondern, wenn nur eine Temperaturdifferenz besteht. Die Energie strömt dann vom wärmeren zum kälteren Körper. • Wärme nennt man diejenige Energie, die genau auf diese Weise ausgetauscht wird, wenn also nur eine Temperaturdifferenz zwischen beiden Körpern © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 1 K. Stierstadt, Temperatur und Wärme – was ist das wirklich?, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-28645-3_1 2 1 Einführung herrscht. Die Wärme ist daher eine spezielle Übertragungsart der Energie, das heißt, eine Prozessgröße. • Entropie ist ein Maß für die Anzahl der möglichen Energiezustände eines Körpers. Ihre Änderung bei einem Wärmeübertrag ist größer oder gleich der Energieänderung dividiert durch die Temperatur. Diese Wortdefinitionen sind, wie man sieht, untereinander abhängig. Sie haben zunächst keinen Bezug zu den Eigenschaften der Bestandteile der Materie. Man kann mit diesen Größen Thermodynamik treiben, wenn man noch die Arbeit und die innere Energie hinzunimmt. Und zwar ohne, dass man auf die Eigenschaften der Atome oder Elementarteilchen zurückgeht. Solche Eigenschaften sind zum Beispiel die Masse, die elektrische Ladung, das magnetische Moment, die Ener- gie und der Impuls der Bestandteile. Wenn man jedoch wissen will, was T, Q und S nun wirklich sind, so muss man sie auf diese Eigenschaften der Bestandteile von Materie zurückführen. Denn das verstehen wir in der Physik unter „ver- stehen“. Oft wird die thermische Größe Temperatur am Beispiel eines idealen Gases erläutert und definiert (vgl. Kap. 10). Aus der thermischen Zustandsgleichung, der idealen Gasgleichung, folgt PV T = , (1.1) Nk und es gibt dazu die kalorische Zustandsgleichung 2U T = (1.2) 3Nk (P Druck, V Volumen, N Teilchenzahl, k Boltzmann-Konstante, U innere Energie). Aber diese beiden sind empirisch gewonnene Beziehungen für die Temperatur, die aus dem Modell eines idealen Gases folgen. Die Eigenschaften der Atome kommen darin nicht vor. Für Flüssigkeiten, Festkörper usw. lauten solche Beziehungen für die Temperatur ganz anders. Jedoch wächst auch hier die Tem- peratur in erster Näherung monoton mit der inneren Energie U eines Körpers. Noch ein Wort zur Umgangssprache: Dort werden die Begriffe Wärme und Kälte für hohe bzw. tiefe Temperaturen benutzt. Sie haben dabei nichts mit der physikalisch definierten Wärme zu tun.