Friedrich Rapp . Paul T. Durbin (Hrsg.) Technikphilosophie in der Diskussion Friedrich Rapp . Paul T. Durbin (Hrsg.) TechEdkphilosoplrle in der Diskussion Ergebnisse des deutsch-amerikanischen Symposiums in Bad Homburg 0¥. Reimers-Stiftung) 7. -11. April 1981 Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig/Wiesbaden CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Technikphilosophie in der Diskussion. Ergebnisse d. dt.-amerikan. Symposiums in Bad Homburg (W. Reimers-Stiftung), 7.-11. April 1981/ Friedrich Rapp; Paul Durbin (Hrsg.). - Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg 1982. NE: Rapp, Friedrich [Hrsg. J; Werner-Reimers Stiftung Die Herausgabe diesesSammdbandes wurde Yom Stifterverband fiir die Deutsche Wissenschaft gefOrdert. Die englische Fassung der Tagungsbeitrlige wird 1983 unter dem Titd Philosophy and Technology: The Werner-Reimers-StiftungIBad Homburg Conference 1981 bei Reidel, Dordrecht, erscheinen. 1982 Aile Rechte vorbehalten © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1982 Die Vervielfaltigung und Obertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch fiir Zwecke der Unterrichtsgestaltung, gestattet das Urheberrecht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vercinbart wurden. 1m Einzelfall muB iiber die Zahlung einer Gebiihr fiir die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt fiir die Vervielfaltigung durch aile Verfahren einschlieBlich Speicherung und jede Obertragung auf Papier, Transparente, Filme, Blinder, Platten und andere Medien. ISBN-13: 978-3-528-08505-6 e-ISBN-13: 978-3-322-89413-7 DOl: 10.1007/978-3-322-89413-7 Inhaltsverzeichnis I. Die Steuerung der technischen Entwicklung Gunter Ropohl Zur Kritik des technologischen Determinismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3 Edmund Byrne Kann die Regierung die Technik steuem? ......................... 19 Alois Huning Technik und Menschenrechte ................................. 29 Langdon Winner Techne und Politeia: die technische Verfassung der Gesellschaft .......... 41 Robert S. Cohen Soziale Foigen moderner technischer Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 53 Alex C. Michalos Tatsachen, Werte und rationale Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 75 II. Technikbewertung Stanley R. Carpenter Technoaxiologie: angemessene Normen fiir die Technikbewertung . . . . . . . .. 93 Hans Sachsse Was ist alternative Technik? .................................. 103 Friedrich Rapp Die Moglichkeiten der Technikbewertung ......................... 107 Kristin Shrader-Frechette Das QuantiflZierungsproblem bei der Technikbewertung ............... 123 Walther Ch. Zimmerli Prognose und Wert: Grenzen einer Philosophie des 'Technology Assessment' .. 139 III. Die Verantwortung gegeniiber der Natur Bernard Gendron Die Oberzeugungskraft der Umweltethik .......................... 159 Klaus Michael Meyer-Abich Bedingungen einer gerechten Verfassung der menschlichen Herrschaft in der Natur nach dem Gleichheitsprinzip ... . . . . . . . . . . . . . . . . ...... 171 Hans Lenk Verantwortung und technische Macht ............................ 187 IV. Historisch-metaphysische Deutungen Don Ihde Die historisch-ontologische Prioritiit der Technik .................... 205 Carl Mitcham Religiose und politische Urspriinge der modernen Technik .............. 219 Reinhart Maurer Die Entstehung der modemen Technik aus dem Geist des Chiliasmus ....... 229 Wolfgang Schirmacher Yom Phiinomen zum Ereignis Technik: ein dialektischer Zugang zu Heideggers Phiinomenologie ................................ 245 ) oseph Margolis Pragmatism us, transzendentale Argumente und die Technik ............. 259 V. Die Zukunft der Technikphilosophie Alwin Diemer Kulturalitiit der Technik .................................... 275 Hans Heinz Holz Die Bedeutung soziaIer, politischer und anthropologischer Gesichtspunkte fur eine adiiquate Philosophie der Technik ......................... 283 Paul T. Durbin Pliidoyer fUr eine praxisorientierte Technikphilosophie: die Erfahrungen in den USA ............................................. 289 Elisabeth Stroker Philosophie der Technik: Schwierigkeiten einer philosophischen Disziplin .... 297 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . ........... 316 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 320 Vorwort Die philosophische Beschaftigung mit der Technik ist vergleichs weise jtingeren Datums: Ihre ersten Ansatze reichen kaum hundert Jahre zurlick - im Vergleich mit den seit der Antike durchge haltenen philosophischen Reflexionen, etwa liber das wahre Wis sen, die Natur und die Gesellschaft, ein ausgesprochen kurzer Zeitraum. Inzwischen sind unter spekulativer, sozialkritischer und empiristischer Akzentsetzung unterschiedliche Ansatze zur Technikphilosophie vorgelegt worden. Doch ist der Gegensatz zwischen der praktischen Lebensbedeutung der Technik und ihrer vergleichsweise geringfligigen philosophischen Aufarbeitung nach wie vor unverkennbar. Die komplexe Struktur der modernen Technik hat zur Folge, daB sehr verschiedenartige philosophische Zugange gewahlt werden kennen, die von theoretischen, metaphysischen Deutungen bis hin zu praktischen Fragen der politischen Willensbildung rei chen. Es ist nur natlirlich, daB die philosophische Diskussion innerhalb des dadurch vorgezeichneten allgemeinen Rahmens spe zifische nationale Schwerpunkte aufweist, die gepragt sind durch bestimmte philosophische Traditionen (Pragmatismus, Meta physik) und die jeweils im Vordergrund des Interesses stehen den aktuellen Probleme. Trotzdem erfordern die weltweite Aus breitung der Technik, ihr Vordringen in alle Bereiche des indi viduellen, sozialen und kulturellen Lebens und die dadurch aufgeworfenen schwerwiegenden Probleme liber spezifische Sprach grenzen hinweg eine gemeinsame philosophische Behandlung. Die Uberwindung solcher sprachlicher und kultureller Schranken bei der philosophischen Aus"eipandersetzung mit der Technik It,,,,., '! ~ L ... "'e .... e stellt also ein echtes Desiderat dar. VII Die vorliegenden Aufsatze sind das Ergebnis des deutsch-ameri kanischen Kolloquiums zur Technikphilosophie, das vom 7. - 11. April 1981 in der Werner-Reimers-Stiftung in Bad Hornburg statt gefunden hat. Dabei sind bemerkenswerte Uberschneidungen und Ubereinstimmungen ebenso zutage getreten wie die Pragung durch die jeweilige nationale Tradition. Die Konzeption fUr diese Konferenz geht zurUck auf ein Gesprach zwischen zwei Teilnehmern, S.R. Carpenter und F. Rapp. DaB diese internationale Tagung, die zum ersten Mal in der west lichen Welt ausschlieBlich der Philosophie der Technik gewid met war, zustandekommen konnte, ist der aktiven F5rderung durch die Werner-Reimers-Stiftung, und ihrem Vorstand, Herrn v. Krosigk, zu verdanken. Die Reimersstiftung hat ihre von allen Beteiligten als ideal empfundene Tagungsstatte zur Ver fUgung gestellt und vorbildliche Betreuung gewahrt, sowie die Reisekosten fUr die deutschen Teilnehmer Ubernommen. DarUber hinaus gilt unser Dank der National Science Foundation, und Dr. S. Smith von deren deutsch-amerikanischem Austauschpro gramm, sowie dem Canada Council fUr den kanadischen TeilnehmeL Sie haben die Reise der nordamerikanischen Fachphilosophen finanziert und dadurch eine internationale Beteiligung moglich gemacht. Neben dieser deutschen Ausgabe erscheint die (z.T. etwas um fangreichere) englische Fassung der Beitrage unter dem Titel 'Philosophy and Technology: The Werner-Reimers-Stiftung / Bad Homburg Conference 1981' mit denselben Herausgebern in der Reihe 'Boston Studies in the Philosophy of Science' des Ver lages D. Reidel, Dordrecht 1983. Friedrich Rapp und Paul T. Durbin VIII I. Die Steuerung dar technischen Entwicklung Zur Kritik des technologischen Determinismus GUnter Ropohl Universitat Frankfurt 1. Die technopolitische Herausforderung Alle Industrielander haben wahrend der letzten Jahrzehnte po litische Institutionen und Prozeduren eingerichtet, urn die technische Entwicklung zu beeinflussen. Dabei kann man zwei Tendenzen unterscheiden, die einander in gewisser Weise wider sprechen. Der eine Ansatz sucht die technische Entwicklung so stark wie moglich zu fordern und soll als Innovationspolitik bezeichnet werden. Der andere Ansatz dagegen soll die tech nische Entwicklung beschranken und ist mit dem Begriff der Technikbewertung verbunden. Innovationspolitik ist als beschleu nigende 'positive' Steuerung,1 Technikbewertung dageqen als ver zogernde. 'neg.;lUv~,' St.eue:x;ung ... deJ;.,te9hnischen Entwicklung zu verstehen,. Nun werden solche technopolitischen Anstrengungen ohne RUcksicht darauf unternommen und mit betrachtlichen offent lichen Mitteln finanziert, ob sich ihre Wirksamkeit theore tisch rechtfertigen lasst. Genau darin liegt die technopoliti sche Herausforderung fUr die Technikphilosophie: in dem ekla tanten Theoriedefizit angesichts einer unreflektiert geUbten Praxis. 2. Das Grundproblem Die Innovationspolitik und die Technikbewertung sind ihrer In tention nach hochst unterschiedlich, aber sie gleichen einan der in ihrer grundlegenden Voraussetzung: Beide namlich gehen davon aus, dass die technische Entwicklung, als ganze oder we nigstens in Teilen, gesteuert werden kann. Aber gerade diese Hypothese ist problematisch. Die Behauptung, die technische Entwicklung sei steuerbar, ist bislang nicht grlindlich genug geprUft worden, zurnal die entgegengesetzte Behauptung, die als Technokratieverdacht oder gar als technologischer Determinismus auf tritt, geradezu ein Gemeinplatz in der Technikphilosophie ist. Uberdies konnte gefragt werden, ob die Steuerung der technischen Entwicklung, selbst wenn sie moglich ware, auch wUnschenswert 3 ware - eine Frage, die von Uberzeugten Liberalen gewohnlich verneint wird (z.B. W. Becker 1978); aber dieser sozialphilo sophische Aspekt mag der weiteren Diskussion Uberlassen blei ben. NatUrlich konnte man entgegenhalten, dass dieses Grundproblem letzten Ehdesein empirisches ist: Wenn und insofern Innova tionspolitik und Technikbewertung erfolgreich sind, kann man die Steuerbarkeit der technischen Entwicklung als bewiesen an sehen. Leider lassen sich jedoch Beispiele fUr und Beispiele gegen die Hypothese finden. Wie man aus der Wissenschaftstheo rie weiss, reichen einzelne Verifikationen nicht aus, die Hypo these hinreichend zu bestatigen: einzelne Falsifikationen frei lich vermogen sie auch nicht zu widerlegen, sofern sie, wie fUr soziale Prozesse sinnvoll, lediglich als statistische Regel massigkeit formuliert ist. Dass Ubrigens die technische Entwick lung tatsachlich als sozialer Prozess gesehen werden muss, ist schon eine zusatzliche theoretische Annahme, und so zeigt es sich, dass eine bloss empirische Untersuchung ohne einen hin reichenden theoretischen Hintergrund unfruchtbar ware. Solange eine entwickelte interdisziplinare Technikforschung fehlt (Lenk/Ropohl 1976; Ropohl 1979; 1981), ist es offensichtlich eine Aufgabe der Technikphilosophie, die richtigen Fragen fUr eine theoretische Untersuchung zu formulieren. , Zunachst hat man zu fragen, wie das zu untersuchende Phanomen, die technische Entwicklung, angemessen beschrieben werden kann. Zweitens ist zu prazisieren, was 'Steuerbarkeit' bedeutet, wenn dieser Begriff auf die technische Entwicklung angewandt wird, und was hier im einzelnen zu steuern ist. Dann muss seklart werden, welche Instanzen die Steuerung vornehmen konnten. Schliesslich ist zu erortern, nach welchen Zielen und Werten die technische Entwicklung g~~teuert. .. werden solI te. Bevor wir jedoch ein Beschreibungsmodell vorschlagen, urn jene Fragen zu erortern, wollen wir uns zunachst mit dem technolo gischen Determinismus beschaftigen; denn wenn diese Auffassung richtig ware, brauchte man nicht langer Uber die Steuerbarkeit der technischen Entwicklung nachzudenken. Uberdies konnte es sich herausstellen, dass der technologische Determinismus tat- 4