Johann Hinken Supraleiter-Elektronik Grundlagen Anwendungen in der Mikrowellentechnik Mit 94 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1988 Prof. Dr.-Ing. Johann Heyen Hinken Institut für Hochfrequenztechnik Technische Universität Braunschweig Postfach 3329 3300 Braunschweig ISBN 978-3-662-10151-3 ISBN 978-3-662-10150-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-10150-6 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Hinken, Johann H.: Supraleiter-Elektronik: Grundlagen in d. Mikrowellentechnik I Johann H. Hinken. Berlin ; Heidelberg; NewYork; London ; Paris; Tokyo : Springer, 1988 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes odervon Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nurin den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der Fassung vom 24. Juni 1985 zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1988 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1988 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1988 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die VOllständigen Vorschriften oder Richtlinien in derjeweils gültigen Fassung hin zuzuziehen. Offsetdruck: Color-Druck, G. Baucke, Berlin; 2068/3020-543210 Vorwort Mit der Entwicklung von Materialien, die beim Abkühlen schon oberhalb der Siedetemperatur des flüssigen Stickstoffs ihren elektrischen Widerstand verlieren, haben die Supraleitertechnik und mit ihr die Supraleiter-Elektronik erheblich an Interesse gewonnen. Mit dieser Entwicklung war zwar nicht zu rechnen, als vor gut einem Jahr die Arbeit an dem vorliegenden Buch aufgenommen wurde. Den noch konnten Erkenntnisse zu Materialien mit hoher Sprungtemperatur, soweit sie sich inzwischen bestätigt haben und für die Supraleiter-Elektronik interessant erscheinen, mit aufgenommen werden. Das vorliegende Buch behandelt die physikalischen und technischen Grundla gen der Supraleiter-Elektronik, so wie man sie kennen muß, um die prinzipielle Wirkungsweise supraleitender elektronischer Bauelemente zu verstehen. Speziel le Ausführungsformen solcher Bauelemente können mit Vorteil z.B. in der Da tentechnik, der Hochfrequenztechnik, der elektrischen und magnetischen Präzi sionsmeßtechnik oder in der Elektromedizin eingesetzt werden. Von diesen Bauelementen werden im Text darüber hinaus diejenigen detaillierter behan delt, deren Entwurf oder Einsatz unter mikrowellentechnischen Gesichtspunkten erfolgt. Dieses Buch hat sich aus Teilen der Unterlagen zu einer Vorlesung heraus ent wickelt, die für Studierende der Elektrotechnik, insbesondere der Hochfrequenz technik, Elektronik und Elektrophysik an der Technischen Universität Braun schweig gehalten wird. Vom Leser werden nur die Grundlagen der Elektronik und der Maxwellschen Theorie sowie, in Kapitel 6, die elementaren Grundlagen der Thermodynamik erwartet. Damit können alle Studierenden der Elektrotech nik und der Physik das Buch verstehen. Es eignet sich als vorlesungs begleiten der Text, zum Selbststudium und zur Einarbeitung in das Fachgebiet, aber auch als Handbuch für den in Forschung und Entwicklung tätigen Ingenieur oder Physiker. Für die kritische Durchsicht einzelner Kapitel ist Herrn Prof. Dr. K.H. Gund lach, Institut für Radioastronomie mit Millimeterwellen in Grenoble und Herrn Dr. N.D. Kataria, National Physical Laboratory in New Delhi, zu danken. Frau A. Demmer und Frau B. Titze danke ich herzlich für ihre Sorgfalt beim Schrift satz und beim Zeichnen der Bilder. Herrn Dipl.-Ing. U. Klein und besonders Herrn cand. el. R. Halx ist für vielfältige technische Unterstützung zu danken VI sowie dem Springer-Verlag für die angenehme Betreuung während der Entste hungsphase dieses Buches. Schließlich soll noch ein besonderer Dank für ihre Geduld an meine Frau und meinen Sohn gerichtet werden, denn das Familien leben kam in letzter Zeit sicherlich oft zu kurz. Braunschweig, November 1987 Johann Hinken Inhaltsübersicht Einleitung 1 1 Grundlagen der Supraleitung 4 1.1 Grundphänomene 4 1.2 London-Gleich ungen 9 1.3 Cooper-Paare und Bändermodell 13 1.4 Stromwärmeverluste in Normal- und Supraleitern 21 1.5 Flußquantisierung 26 1.6 Einfluß von Geometrie und Magnetfeld 28 2 SIS-Elemente 35 2.1 Strom-Spannungs-Charakteristik 36 2.2 Detektoren 42 2.3 SIS-Mischer 45 2.3.1 Konversionsmatrix und -gewinn eines Mischers 45 2.3.2 Konversionsgewinn des SIS-Mischers 51 2.3.3 Rauschen des SIS-Mischers 56 2.3.4 Eigenschaften praktischer SIS-Mischer 59 3 J osephson-Element e 64 3.1 Physikalische Grundlagen 64 3.2 Konzentrierte Josephson-Elemente 69 3.2.1 Autonomer Betrieb 70 3.2.2 Mikrowelleninjektion 74 3.3 Ausgedehnte Josephson-Tunnelelemente 77 3.4 Supraleitende Schleifen mit Josephson-Elementen 81 4 Anwendungen von Josephson-Elementen in der Mikrowellen technik 87 4.1 Josephson-Spannungsnormale 87 4.2 Detektoren 95 4.2.1 Breitband-Detektor 97 VIII 4.2.2 Frequenzselektiver Detektor 99 4.3 Mischer 102 4.4 Verstärker 108 4.5 Oszillatoren 112 4.6 Eigenrauschen kryogener Empfangseinrichtungen 114 5 Materialien und Herstellungsverfahren 116 5.1 Tunnelelemente und planare supraleitende Schaltungen 116 5.1.1 Elektrodenmaterialien 117 5.1.2 Tunnelbarrieren 121 5.1.3 Strukturierung 125 5.2 Mikrobrücken 129 5.3 Punktkontakte 131 5.4 Oxidische Supraleiter mit hoher Sprungtemperatur 134 6 Technik tiefer Temperaturen 140 6.1 Erzeugung tiefer Temperaturen 140 6.1.1 Joule-Thomson-Expansion 143 6.1.2 Expansionsmaschinen 144 6.1.3 Stirling-Verfahren 144 6.1.4 Gifford-McMahon-Verfahren 145 6.2 Kühlung in Badkryostaten 146 6.3 Temperaturmeßtechnik 148 6.4 Werkstoffe 150 6.5 Kühlsysteme für Mikrowellellempfänger 152 Literaturverzeichnis 155 Liste der wichtigsten Formelzeichen 169 Sachverzeichnis 172 Einleitung Die Elektronik ist das Sondergebiet der Elektrotechnik, welches sich mit den Auswirkungen von Ladungsträgerbewegungen im Vakuum, in Gasen und in Festkörpern befaßt und sie in Bauelementen und Schaltungen für praktische Anwendungen nutzbar macht. Der bedeu~~ndste Teil der Elektronik ist die Halbleiterelektronik. Insbesondere mit der Ubertragung und Verarbeitung von Daten und Nachrichten durchdringt sie viele unserer Lebensbereiche. Sie basiert auf halbleitenden Materialien, also auf solchen, deren spezifischer Widerstand zwischen denen guter Leiter und guter Isolatoren liegt. Supraleiter haben einen elektrischen Gleichstromwiderstand, der unmeßbar klein ist. Dieser Effekt tritt bei Temperaturen auf, die kleiner als die sogenannte Sprungtemperatur sind. Die Supraleiter-Elektronik ist nun das TeilgebIet der Elektronik, welches sich mit den Ladungsträgerbewegungen in Supraleitern und zwischen Supraleitern befaßt. Im engeren Sinne versteht man unter Supraleiter Elektronik die Elektronik, die sich mit den nachrichtentechnischen oder schwach stromtechnischen Anwendungen der Supraleitung befaßt und nicht so sehr mit ihren energietechnischen und Hochmagnetfeld-Anwendungen. Was bietet uns nun die Supraleiter-Elektronik Neues oder Besseres als die so vielfach bewährte Halbleiterelektronik? Zunächst einmal entfallen mit dem ver schwindenden elektrischen Widerstand auch die parasitären Leistungsverluste, die in den Bahnwiderständen und Zuleitungen von Halbleiter-Bauelementen auftreten. Deshalb liegen die Frequenzgrenzen der Supraleiter-Bauelemente ganz ungewöhnlich hoch. Und wenn sie als Sensoren betrieben werden, kann ihre Nachweisgrenze so tief liegen, wie es die Heisenbergsche Unschärferelation nur zuläßt. Darüber hinaus kann die Supraleiter-Elektronik spezielle Effekte ausnutzen, die bei Halbleitern nicht auftreten. Es sind dies vor allem der Gleichstrom- und der Wechselstrom-Josephson-Effekt. Sie gehören zu den im Makroskopischen be obacht baren Quanteneffekten. Die in ihrem Ansprechvermögen unübertroffe nen SQUID-Magnetfeldsensoren basieren in ihrer Wirkung auf dem Gleichstrom Josephson-Effekt. Bei ihnen wird die Quantisierung des magnetischen Flusses makroskopisch beobachtbar und technisch ausnutzbar. Beim Wechselstrom Josephson-Effekt wird die Quantisierung elektromagnetischer Feldenergien in Form von Photonen makroskopisch beobachtbar. Dieser Effekt wird in hoch präzisen Gleichspannungsnormalen technisch genutzt. 2 Daß in Supraleitern der elektrische Widerstand verschwindet, gilt streng genom men nur für Gleichstrom. In einem weiten Frequenz bereich ist der Wider stand jedoch immer noch um viele Größenordnungen kleiner als der von guten Normalleitern, auch dann, wenn diese sich ebenfalls bei tiefen Temperaturen befinden. Die obere Frequenzgrenze für den extrem kleinen Wechselstromwider stand von Supraleitern ergibt sich aus der Vorstellung, daß es im Bereich der Su praleitung für jeweils zwei Elektronen energetisch günstig und damit wahrschein lich ist, daß sie sich zu einem festkorrelierten Paar, einem Cooper-Paar, zusam mentun. Die Elektronen werden erst dann wieder normalleitend, wenn genügend Energie zugeführt wird, um die Cooper-Paare aufzubrechen. Diese Energie 2.6. kann einem Wechselstrom entnommen werden, wenn seine Frequenz so hoch ist, daß die Photonenenergie hf die Energie 2.6. erreicht oder überschreitet. Erst oberhalb der hieraus folgenden Frequenzgrenze 2.6./ h verhält sich der Supralei ter wie ein Normalleiter. Bei Temperaturen, die deutlich unter der Sprungtem peratur liegen, beträgt diese Grenzfrequenz beispielsweise für Pb etwa 650 GHz und für YBa2Cu307 etwa 7 THz. Dies sind also materialabhängige obere Fre quenzgrenzen, bis zu denen in supraleitenden Elektroden und Zuleitungen elek tronischer Bauelemente nur äußerst kleine Leistungsverluste auftreten. Obere Frequenzgrenzen in der Größenordnung von .6./ h treten aber auch für die Funktionsmechanismen supraleitender Bauelemente auf, die auf dem quanten mechanischen Tunneln von Einzelelektronen bzw. Cooper-Paaren beruhen. Wir werden sehen, daß für das Tunneln von Einzelelektronen der SIS-Mischer ein Beispiel ist. Der mit dem Tunneln von Cooper-Paaren verknüpfte Strom wird für solche Josephson-Elemente, die für empfindliche Hochfrequenzempfänger benutzt wer den, zu hohen Frequenzen hin immer kleiner. Bei einer charakteristischen Fre quenz wird er gleich dem Strom der auch noch vorhandenen normalleitenden Elektronen, der parallel zum Cooper-Paarstrom fließt. Bei Frequenzen, die weit oberhalb dieser charakteristischen Frequenz liegen, ist der Cooper-Paarstrom viel kleiner als der resistive Strom. Die speziellen Eigenschaften des Josephson Elementes sind dann verschwunden. Für hochwertige Josephson-Elemente liegt diese charakteristische Frequenz ebenfalls in der Größenordnung von .6./ h. Die oberen Frequenzgrenzen supraleitender elektronischer Bauelemente liegen damit schon weit außerhalb des Mikrowellenbereiches, mit dem man normaler weise die Frequenzen zwischen 300 MHz und 300 G Hz, entsprechend Wellenlän gen von 1 m bis 1 mm, bezeichnet. Die meisten hochfrequenztechnischen Anwen dungen von Josephson-Elementen gibt es bislang jedoch im Bereich der Mikro wellen. Die Möglichkeit für den Einsatz bei höheren Frequenzen ist jedoch durch aus gegeben. Dies gilt in ganz ausgeprägter Weise, wenn Materialien mit hoher Energielücke 2.6. verwendet werden. Wie wir sehen werden, begrenzt die Energielücke 2.6. auch die maximale Gleich spannung, die in Präzisions-Gleichspannungsnormalen pro Josephson-Element
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