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Subjektorientierte Soziologie: Karl Martin Bolte zum siebzigsten Geburtstag PDF

257 Pages·1997·5.882 MB·German
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Subjektorientierte Soziologie G. Gunter V 081 Hans J. Pongratz (Hrsg.) Subjektorientierte Soziologie Karl Martin Bolte zum siebzigsten Geburtstag Mit Beitragen von Ulrich Beck, Elisabeth Beck-Gernsheim, Karl Martin Bolte, Ute Hoffmann, Karin Jurczyk, Werner Kudera, Ilona Ostner, Hans J. Pongratz, Barbara Pieper, Erhard Treutner, G. GUnter VoB und GUnther Wachtler Leske + Budrich, Opladen 1997 ISBN 978-3-8100-1964-6 ISBN 978-3-322-99578-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99578-0 © 1997 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzuliissig und strafbar. Das gilt insbesondere fur VervielfaItigungen, Ubersetzungen, Mi kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt G. Gunter Voft, Hans J. Pongratz Subjekt und Struktur - die Miinchener subjektorientierte Soziologie. Zur Einfuhrung 7 Karl Martin Bolte "Subjektorientierte Soziologie" im Rahmen soziologischer Forschung -Versuch einer Verortung 31 Erhard Treutner Auf dem Weg zum Verhandlungsstaat? Zum Verhaltnis von Strukturen und handelnden Subjekten im staatlich-administrativen Bereich: Stand der Diskussion, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven 41 Gunther Wachtler Strategie und Subjektivitiit. Das Zusammenspiel von betrieblichen Entscheidungen mit person lichen Motiven in der Organisation nachberuflicher Erwerbsarbeit 61 Ilona Ostner Beruflichkeit und Sozialpolitik 73 Ute Hoffmann Die ertriigliche Leichtigkeit des Seins: Subjektivitiit und Sozialitiit in der Netzwelt 95 Barbara Pieper Subjektorientierung jenseits des Zaunes: Anregungen fUr die Praxis -Ideen aus der Praxis (F eldenkrais-Methode®) 127 Elisabeth Beck-Gernsheim Der Geburtenrlickgang in Ostdeutschland 155 Karin Jurczyk Ein subjektorientierter Blick auf die "Zeit" . Wider unbrauchbare Dualismen 169 Werner Kudera Die Lebensftihrung von Arbeitem - ein gesamtdeutsches Phlinomen? 183 G. Gunter Va) Beruf und alltagliche Lebensfiihrung - zwei subjektnahe Instanzen der Vermittlung von Individuum und Gesellschaft 201 Ulrich Beck Was halt modeme, individualisierte Gesellschaften zusammen? Politische Freiheit als Sinnquelle der Modeme 223 Daten zu Leben und Werk von Karl Martin Bolte Berufsbezogene Lebensdaten 243 VerOffentlichungsverzeichnis 248 Autorinnen und Autoren des Bandes 261 G. GUnter VoB, Hans J. Pongratz Subjekt und Struktur - die Miinchener subjektorientierte Soziologie. Zur Einfiihrungl Es ist ziemlich genau 25 Jahre her, daB in Munchen die Arbeiten an einer sozialwissenschaftlichen Forschungsperspektive ihren Anfang nahmen, die unter dem Namen "subjektorientierte Soziologie" inzwi schen eine nicht unerhebliche Resonanz gefunden und einen durchaus beachtlichen Kreis von Soziologinnen und Soziologen gepdigt hat. Karl Martin Bolte und Erhard Treutner legten 1983 unter dem Titel "Subjektorientierte Arbeits- und Berufssoziologie" mit einer Zusam menstellung exemplarischer Texte eine erste Bestandsaufnahme jener Forschungsarbeiten im Rahmen des Sonderforschungsbereichs "Theoretische Grundlagen sozialwissenschaftlicher Berufs- und Ar beitskrafteforschung" (SFB 101) vor, die sich einer subjektorientier ten Perspektive zuordnen lieBen. Der vorliegende Band dokumentiert nicht nur die Weiterentwicklung dieser Ansatze noch im SFB 101 und dann im nachfolgenden Sonderforschungsbereich "Entwicklungsper spektiveri von Arbeit" (SFB 333), sondem auch ihre Fortflihrung in den recht verschiedenen Arbeitskontexten, in denen sich subjektori entierte Forscherinnen und Forscher inzwischen befinden. Subjektorientierte Soziologie bezeichnet eine Forschungsper spektive, die "das wechselseitige Konstitutionsverhaltnis von Mensch und Gesellschaft ins Blickfeld" (Bolte 1983: 15) ruckt. Sie fokussiert die aktuell in der Soziologie vieldiskutierte Wechselwirkung von "Subjekt und Struktur", ohne sich auf bestimmte theoretische oder empirische Zugangsweisen festzulegen. Diese Offenheit manifestiert Die Herausgeber m6chten sich herzlich bei allen bedanken, die bei der Organisa tion der Tagung "Subjektorientierte Soziologie" und den Arbeiten zu diesem Band mitgewirkt haben, insbesondere jedoch bei Judith Aust, Reinhard Bauer, Karl Martin Bolte, Nina Dege\e, Oliver Dopheide, Hermann Iding, Susanne Kappler, Frank Kienzle, Frank Kleemann, Eva Scheder-VoB, Thomas Wex, dem "Internationalen Begegnungszentrum der Wissenschaft Milnchen e.V." sowie nicht zuletzt bei Herrn Prof. Dr. Lutz v. Rosenstiel (Prorektor der Ludwig Maximilians-Universitat, Milnchen) und Herrn Prof. Dr. Hans Wagner (Dekan der Fakultat flir Sozialwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universitat, Milnchen). 8 G. Gunter Voj3, Hans 1. Pongratz sich u.a. in der Vielfalt der Themen und Verfahren der Beitrage in diesem Band. Angesichts des groBen Spektrums der Forschungsansat ze stellt sich aber zugleich die Frage, ob man auch nach 25 Jahren noch zurecht von einer gemeinsamen Forschungsperspektive sprechen kann. Wir wollen uns in dieser Einleitung mit dem Entstehungshinter grund und mit einigen charakteristischen GrundzUgen subjektorien tierter soziologischer Forschung in MUnchen auseinandersetzen und dam it mogliche Bezugspunkte fur die Verortung verschiedener For schungsarbeiten anbieten. Wir sind nach wie vor der Ansicht, daB die Sozio log inn en und Soziologen, die sich einer subjektorientierten Per spektive verpflichtet fuhlen, eine Reihe gemeinsamer Interessen und Sichtweisen teilen, auch wenn sich diese' nicht lehrbuchmaBig zu sammenfassen und strukturieren lassen sollten. Die subjektorientierte Sichtweise, als ein spezifisches "In-den Blick-nehmen" (Bolte) soziologischer Forschungsanliegen, hat sich herausgebildet in intensiven und kontinuierlichen Interaktionen von Forscherinnen und Forschem, wie sie im Ublichen Lehr- und For schungsbetrieb eher selten sein dUrften. Die Qualitat dieses kommu nikativen Austauschs, fur den die institutionellen Bedingungen der Sonderforschungsbereiche 101 und 333 in MUnchen einen sehr for derlichen Rahmen abgaben, hat wesentlich die Eigenart der For schungsperspektive mitbestimmt. Deshalb ist die Darstellung des Ent stehungshintergrunds nicht nur formaler Chronistenpflicht geschuldet, sondem auch dem BewuBtsein der entscheidenden Bedeutung von Kommunikationskultur, Arbeitsatmosphare und institutioneller Kon tinuitat in der Sozialforschung. 1 Entstehungshintergrund und fruhe Entwicklung der subjektorientierten Soziologie Ein Blick in uns vorliegende Materialien zeigte, daB erste Uberlegun gen zu einer damals noch "subjektbezogen" genannten Forschungs perspektive fur eine ins Auge gefaBte Revitalisierung der deutschen Berufssoziologie vermutlich von Michael Brater zu Beginn der sieb ziger Jahre formuliert und dann in Zusammenarbeit mit Ulrich Beck weiterentwickelt wurden2. Von einer "subjektorientierten" Berufsso- 2 Der 1973 verfaBte und dann 1975 in der grauen Reihe des SFB 101 veroffent- Einfohrung 9 ziologie wurde dann erstmals explizit in einem (leider nur randstandig veroffentlichten) Herausgeber-Band von BeckIBrater (1977) gespro chen, obwohl auch spater noch Cz.B. bei BeckIBrater 1978) gelegent lich der ursprlingliche Begriff Verwendung fand. AnlaB fur eine "subjektbezogene" Ausrichtung berufssoziologischer Forschung im damals neugegrlindeten SFB lOP waren Defizite der Arbeitsmarkt und Qualifikationsforschung, insbesondere die Unmoglichkeit, sich zuspitzende Anpassungsprobleme zwischen Bildungs- und Beschafti gungssystem angemessen zu verstehen. Die damals an der Mlinchener Berufsforschung beteiligten Soziologen4 kritisierten vor aHem, daB bis dahin fast ausschlieBlich der "technisch-okonomische Bedarf' an Arbeitskraft und nur vollig unzureichend der "gewissermaBen entge gengesetzte 'Pol' C.. . ) der Bedeutung fur ihre Inhaber, die arbeitenden Personen" CBrater 1975: 16) untersucht worden sei5. Diese Frage nach den "personlichen Interessen und 'sozialen Faktoren' auf der Seite der Berufstatigen" Cebd.) wurde dann nach und nach zur leiten den Programmatik der F orschungsarbeiten, wobei man sich zuneh mend auch von der damals dominierenden polit-okonomischen Per spektive absetzte: "Die im folgenden untersuchte Problemstellung laBt sich demgegeniiber in der Frage fassen: Inwieweit ist Arbeit flir die Arbeitenden lediglich als Erwerbsmittel relevant, in ihrer konkreten Bestimmtheit aber gleichgiiltig, oder inwieweit sind die besonderen beruflichen Fahigkeitsinhalte auch flir sich genommen ( ... ) bereits wichtig und bedeutsam flir sie? Letztlich versucht die vorliegende Arbeit dam it, einen in diesem Sinne subjektbezogenen Ansatz zur Analyse beruflicher Qualifi kationsstrukturen in Umrissen zu skizzieren. Damit ist die programmatische Frage gestellt nach den Interessen und Anforderungen, die fUr die arbeitenden Personen - im Unterschied zu den Interessen und Anforderungen der sie einsetzenden Betriebe - mit ihrer Arbeit und ihrem Arbeitsvermogen verbunden sind, wahrend in den heute in der Bundesrepublik dominanten, theoretisch z.T. sehr unterschiedlich ori entierten Richtungen der Arbeitsmarkt- und Arbeitskrafteforschung - wie gesagt - dieses Problem nicht explizit thematisiert wird" (BeckIBrater 1978: 13). lichte Text "Gesellschaftliche Arbeitsteilung und berufliche Strategie. Zur Be deutung der Berufe flir die Interessen der Arbeitenden. Vorarbeiten zu einer subjektbezogenen Theorie der Berufe" ist die frUheste QueUe mit Verweisen auf eine subjektorientierte Perspektive flir die darnals im Entstehen begriffene Miin chener Berufssoziologie, die uns zuganglich war. 3 Vgl. als Uberblick zur Entwicklung und zu den Arbeiten des SFB 101 Bolte (1988). 4 Karl Martin Bolte, Ulrich Beck, Michael Brater, anfangs auch Eckart Tramsen, spater kamen hinzu Ute Hoffmann, Carmen Tatschmurat, Ortrud Zettel, zeitwei se auch Heine Bollinger u.a.; vgl. zur Miinchener Berufssoziologie z.B. BeckIBrater (I977a, 1978), BeckiBraterlDaheim (1980). 5 Vgl. auch den Beitrag von VoG in diesem Band. 10 G. Gunter Voj3, Hans J. Pongratz Anliegen dieser frUhen "subjektbezogenen" Sicht war also erst ein mal nur eine kontrastierend zu objektivistischen Denkschulen (i.w.S. marxistische Ansatze und dazu oppositionelle Positionen, allen voran der damals immer noch sehr starke Struktur-Funktionalismus) ange legte Forderung nach konzeptioneller und empirischer Beriicksichti gung der "Bedeutung" von gesellschaftlichen Sachverhalten fur die davon betroffenen "konkreten Personen" (Brater 1975: 12), vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Interessen, BedUrfnisse, Orientierungen, Lebenssituationen usw. Nicht nur die Berufsforschung des SFB 101 arbeitete lange Zeit primar mit dieser vorwiegend auf subjektive (praktische wie sinnhaf te) Bedeutungen ausgerichteten Vorstellung von "Subjektorientie rung", sondem auch das auf den Zusammenhang von familialer und beruflicher Arbeit bei Frauen bezogene Projekt6. Urn die gedoppelte Realitat von Frauen erfassen zu konnen, versuchte man dort, theore tisch und empirisch "die Sicht des handelnden Subjekts einzuneh men", d.h. "mit den Personen 'mitzugehen': mitzuverfolgen, wo und wie sie unterschiedlichen Bereichen gesellschaftlicher Realitat be gegnen" (Pieper 1983: 300), wozu ein systematischer "Wechsel der Perspektiven" (ebd. 306) ein wichtiges Verfahren sei. Erst so sei es moglich, die Verschiedenartigkeit der weiblichen Lebensbereiche, de ren Verbindung in der alltaglichen Praxis, ein dadurch notorisch "vermischtes Tun" von Frauen und das dahinter stehende "weibliche Arbeitsvermogen" soziologisch angemessen zu rekonstruieren. Liest man die damaligen Texte genauer, zeigt sich, daB diese pri mare Frage nach der subjektiven Bedeutung von sozialen Strukturen auch dort schon gelegentlich mit (damals keineswegs selbstverstand lichen) Fragen nach den aus sozialen Prozessen hervorgehenden ge sellschaftlichen Strukturen verbunden war. "Berufe" beispielsweise wurden nicht mehr primar als technisch-okonomisch bedingt defi niert, sondem auch als Ergebnis von gesellschaftlichen Auseinander setzungen und dabei z.B. eingesetzter "beruflicher Strategien" von Gruppierungen (v.a. der "Professionen"). Den damals noch vorherr schenden "subjektbezogenen" Fragen, wie Gesellschaft auf die Per sonen "wirkt" und was das fur sie "bedeutet", wurde damit schon in ersten Ansatzen auch das gegenlaufige Thema, wie soziales Handeln 6 Elisabeth Beck-Gernsheim, Ilona Ostner, Barbara Pieper, spater auch Karin Jurczyk, Anneliese Durst u.a.; vgl. z.B. Beck-Gernsheim (1980), Ostner (1978), OstnerlPieper (1980). Einfiihrung 11 auf gesellschaftliche Strukturen zuruckwirkt und diese tendenziell mitkonstituiert, zur Seite gestellt. In den Parallelprojekten des von Karl Martin Bolte betreuten A Bereichs des SFB 101 wurde diese bis dahin nur latente (mit heutigen Worten "konstruktivistische'~) Sicht dann teilweise expliziter entwik kelt. Besonders deutlich wurde dies im Mehr-Ebenen-Ansatz des Projekts zur "Arbeit im Rahmen staatlicher Verwaltungen"7. Man untemahm dort den Versuch (nicht zuletzt angeregt durch den in MUnchen die amerikanische Renaissance der verstehenden Soziologie systematisch rezipierenden Walter L. BUhl), die Funktionsweise von staatlichen Verwaltungsorganisationen und die dort typischen Ar beitsformen sowohl gesellschafisstrukturell (in Anlehnung an Staats theorien und eine im weiteren Sinne kritisch-theoretisch beeinfluBte Gesellschaftsanalyse) als auch organisationstheoretisch (unter Bezug auf damals neuere Organisationskonzepte aus dem angelsachsischen Raum) und schlieBlich sogar handlungstheoretisch (unter Bezug nicht zuletzt auf die Ethnomethodologie) zu konzeptualisieren. Gezielt wurde dabei sowohl der Weg von "oben nach unten", d.h. die Wirkung von sozialen Makro- und Mesostrukturen auf die arbei tenden Subjekte und ihr Handeln, als auch der Beitrag der Handeln den fUr das "situative" Wirksamwerden der Strukturen konkret vor Ort (begriffen als "aktive Herstellung" des "Verwaltungshandelns" durch die Arbeitenden) thematisiert. Aber selbst in diesem Ansatz wurde die Frage nach dem aktiven Beitrag der Handelnden arifangs nur halbherzig gestellt. Erst wesentlich spater (z.B. in Treutner u.a. 1986, s.a. kurz in VoB 19888) wurde dann systematisch auch die Perspektive von "unten nach oben" in den Ansatz aufgenommen und konsequent gefragt, wie die Subjekte und ihr Handeln nicht nur von Strukturen "gepragt" sind und bei det'en situativer Realisierung ,,mitwirken", son dem wie sie seiber struktur-bildend wirksam sind (was bezogen auf die Organisation als "innovative Leistung" gesehen wurde). Genau genommen wird die subjektorientierte Perspektive erst in die sen und anderen relativ spaten Arbeiten (zum Teil sogar erst in den Ar- 7 Sabine Kudera, Erhard Treutner, Stephan Wolff, zeitweise Wolfgang BonB, an fangs auch Christoph Lau, Bernd Zimmermann; spliter kamen hinzu Christoph Hilgenfeld, Thomas Lau, G. GUnter VoB, Uwe Watzlawczyk; vgl. zu den Arbei ten des Projekts z.B. TreutnerlWolffIBonB (1978); Wolff u.a. (1979); Lau u.a. (1986). 8 Vgl. auch VoB (1984), wo erstmals explizit der damals neu entstehende (v.a. sy stemtheoretische) Konstruktivismus rezipiert und fUr eine subjektorientierte Per spektive fruchtbar gemacht wurde.

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