Klaus Düsing: Subjektivität und Freiheit Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Spekulation und Erfahrung Texte und Untersuchungen zum Deutschen Idealismus Herausgegeben in Verbindung mit den Institutionen Fichte-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München Hegel-Archiv der Ruhr-Universität Bochum Istituto Italiano per gli Studi Filosofici, Napoli Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Abteilung II: Untersuchungen Band 47 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Subjektivität und Freiheit Untersuchungen zum Idealismus von Kant bis Hegel von Klaus Düsing 2.,um ein Nachwort erweiterte Auflage frommann-holzboog 2013 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Redaktion: Walter Jaeschke, Bochum Jörg Jantzen, München Guiseppe Orsi, Napoli Günter Zöller, München in Verbindung mit: Wilhelm G. Jacobs, München Otto Pöggeler, Bochum Dieser Band wird vorgelegt vom Hegel Archiv der Ruhr-Universität Bochum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografisehe Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-7728-2614-6 © frommann holzboog Verlag e.K. • Eckhart Holzboog Stuttgart-Bad Cannstatt 2013 Satz: Tobias Schlicht, Köln Druck und Einband: SDL — Schaltungsdienst Lange, Berlin Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Inhalt Einleitung: ’Subjektivität' in gegenwärtiger und in klassischer deutscher Philosophie.............................................................. 7 I. Theoretische Philosophie im transzendentalen Idealismus ........................................................................ 33 Objektive und subjektive Zeit. Untersuchungen zu Kants Zeittheorie und zu ihrer modernen kritischen Rezeption....................................................................... 35 Einbildungskraft und selbstbewußtes Dasein beim frühen Fichte........................................................ 89 Gibt es einen Zirkel des Selbstbewußtseins? Ein Aufriß von paradigmatischen Positionen und Selbstbewußt seinsmodellen von Kant bis Heidegger ...................... 111 II. Subjektivitätstheorie und Metaphysik im spekulativen Idealismus ........................................................................ 141 Konstitution und Struktur der Identität des Ich. Kants Theorie der Apperzeption und Hegels Kritik .. 143 Vernunfteinheit und unvordenkliches Daßsein. Konzeptionen der Überwindung negativer Theologie bei Schelling und Hegel................................................ 181 III. Ethik und Freiheitslehre................................................. 209 Spontaneität und Freiheit in Kant praktischer Philosophie.................................................................... 211 Ethik und Staatslehre bei Plato und Hegel ................ 236 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. IV. Idealistische Ästhetik ...................................................... 251 Schellings Genieästhetik................................................. 253 Die Theorie der Tragödie bei Hölderlin und Hegel..... 275 Nachweise................................................................................. 313 Danksagung.............................................................................. 315 Nachwort zur zweiten Auflage............................................... 317 Personenregister ...................................................................... 319 Sachregister............................................................................... 322 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Einleitung: 'Subjektivität' in gegenwärtiger und in klassischer deutscher Philosophie I. Skizze der gegenwärtigen Situation - Wer heute Fragen zu 'Subjektivität' und <Selbstbewußtsein, erör tert, kann sich wieder einer breiteren wissenschaftlichen Aufmerk samkeit erfreuen. Das war vor kurzem noch anders. Aus unter schiedlichen, oft miteinander unverträglichen Gründen waren diese Themen weitgehend verfemt. Man suchte die Einheit des Selbst und des Selbstbewußtseins vielmehr aufzulösen, z.B. in bewußte und vorbewußte Erlebnisse und Erlebniskomplexionen, so daß solche Dekomposition dem Schlachtruf, wie ihn Ernst Mach for mulierte, folgen konnte: „Das Ich ist unrettbar"1; dies geschah in unterschiedlichen Theorien des Tsychologismus,; oder man ver senkte die Einheit des Selbst bzw. der aktionsfähigen Person in der als eigene substantielle Entität verstandenen Gesellschaft, bzw. man löste sie systemtheoretisch ganz auf in einem derartigen sub stantiellen Sozialsystem; dies wurde in durchaus divergenten Theo rien des bis in die Gegenwart fortwirkenden 'Soziologismus' un ternommen, wenn man diese Analogiebildung zum Tsychologismus, zugesteht. Jedesmal wird eine selbständige Bedeutung schon eines empirischen Selbst oder Selbstbewußtseins, erst recht diejenige eines apriorischen Selbstbewußtseins geleugnet, und zwar ohne daß eine fundierte Auseinandersetzung mit einer der klassischen Subjektivitätstheorien insbesondere aus der Epoche von Kant bis Hegel stattfindet. Dies gilt in gesteigertem Maße für die unterschied lichen Versionen von Einwänden gegen Selbst und Selbstbewußtsein 1 1 E. Mach: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen (zuerst 1886), 9. Aufl. Jena 1922 (Nachdruck: Darmstadt 1985), S. 20. 7 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. in der zu Ende gehenden, aber immer noch wirkungsmächtigen und weitverbreiteten analytischen Philosophie. Hier werden ver schiedene Einwände gegen einen genuinen Sinn der Rede in der ersten Person oder der 'ich'-Rede erhoben, ferner gleichartige behavioristische, Introspektion leugnende Einwände und vor allem diverse Einwände gegen den Sinn von Selbst und Selbstbewußt sein überhaupt aufgrund eines Physikalismus oder aufgrund einer der Versionen des modernen Materialismus. Gerade Einwände der letzten Art werden auch heute entschieden und kompromiß los vertreten. Diese Kontrapositionen bieten ein seltsames Schau spiel, da die klassischen Positionen, gegen die sie sich wenden müßten, nahezu aus ihrem Blickfeld geraten sind.2 Die Wiederbelebung der Debatte um den Sinn von Bewußt sein, Selbst, Selbstbewußtsein oder Subjektivität ist heute im Be reich der Wissenschaften wesentlich durch die stürmischen Fort schritte in der Gehirnphysiologie verursacht. Diese wurden und werden freilich keineswegs überwiegend zugunsten einer Revita lisierung des Sinnes jener Termini ausgelegt. Von zentraler Bedeu tung ist, betrachtet man solche Auslegungen, die Unterscheidung der neuen, teilweise aufsehenerregenden empirischen Erkenntnisse der Gehirnphysiologie von deren grundlegender philosophischer Interpretation bzw. von deren Einordnung in übergeordnete, oft nicht hinreichend durchschaute, philosophische Zusammenhänge. Daher muß man damit rechnen, daß durchaus subtile, innovative empirische Erkenntnisse in der Neurophysiologie eine philosophi sche Deutung erfahren, die nicht notwendig oder sogar überhaupt nicht daraus folgt. So ist es nicht zu verwundern, daß es zu sehr divergierenden Auffassungen über das Verhältnis von Geist und Gehirn bei sol chen Deutungen gekommen ist, sei es daß sie von produktiven, 2 Zur ausführlicheren Darlegung und Erörterung dieser und weiterer Grundtypen von Einwänden gegen den eigenständigen Sinn von Selbst und Selbstbewußt- sein im 20. Jahrhundert mag der Hinweis erlaubt sein auf die Untersuchung des Verf.s: Selbstbewußtseinsmodelle. Moderne Kritiken und systematische Entwürfe zur konkreten Subjektivität. München 1997, S. 23-120. 8 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. empirisch Forschenden in der Gehirnphysiologie, sei es daß sie von Philosophen konzipiert wurden. Drei Grundrichtungen las sen sich unterscheiden, die je in sich noch Differenzierungen ber gen: Eine ältere, heute kaum mehr explizit fortgesetzte Richtung ist der neutrale Monismus (W. James, E. Mach, B. Russell).3 Er unterscheidet das Physische und das Psychische nach den jeweili gen Methoden der Erforschung durch Physik und durch Psycho logie, jeweils in weitem Sinne verstanden, führt aber diese Un tersuchungsgegenstände auf einen für sich selbst „neutralen Stoff" der Welt zurück. Implizit lebt diese Auffassung heute in man cherlei bloß methodischen Unterscheidungen zwischen mentalen Vorgängen und ihnen korrespondierenden Gehirnprozessen fort. Wie allerdings eine Erkenntnis des objektiv zugrunde liegenden „neutralen Stoffs* selbst möglich sein soll, bleibt offen. Eine zwei te Richtung ist der Dualismus von Geist- und Gehirnprozessen. Er wird als cartesianischer Dualismus vor allem von J.C. Eccles4 und seinen Anhängern vertreten; danach ist der menschliche Geist eine vom Gehirn distinkte eigene Realität. Die sich bei dieser Theorie einstellenden Probleme sind denjenigen analog, die sich bei Descartes ergeben, z.B. wie ein Geist in das Gehirn eines auf wachsenden Menschen gelangt und sich dort ausbildet. Eine vor sichtigere Variante des Dualismus ist der Eigenschaftsdualismus 3 Vgl. W. James: Does 'Consciousness' Exist? (zuerst 1904). In: Ders.: Essays in Radical Empiricism. Hrsg, von R.B. Perry. New York 1912, S. 1-38; E. Mach: Die Analyse der Empfindungen (s. Anm. 1); B. Russell: The Analysis of Mind (zuerst 1921), 10. Aufl. London und New York 1971. Als implizite Fortset zung mag Th. Nagels Ansatz interpretiert werden: Der Blick von nirgendwo. Übersetzt von M. Gebauer. Frankfurt a. M. 1992 (The View from Nowhere. New York/Oxford 1986), vgl. auch unten D.J. Chalmers (s. Anm. 5). 4 Vgl. bes. K.R. Popper/J.C. Eccles: Das Ich und sein Gehirn. Übersetzt von A. Hartung und W. Hochkeppel. 2. Aufl. München und Zürich 1982 (The Self and Its Brain. Heidelberg, London etc. 1977). Vgl. auch J.C. Eccles: Die Evo lution des Gehirns - die Erschaffung des Selbst. Übersetzt von F. Griese. München und Zürich 1993 (Evolution of the Brain: Creation of the Self. Lon don und New York 1989). 9 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. (z.B. bei D. Chalmers5); er unterscheidet nur Bewußtseinsvorgän ge von physikalischen Gehirnprozessen; das Substrat beider soll zunächst offenbleiben. Darin aber hat diese Variante eine Unbe stimmtheitsstelle, die weiterer Klärung bedarf. Vom Dualismus, insbesondere vom Dualismus cartesianischer Prägung setzen sich dezidiert moderne Materialismen verschiedener Schattierungen ab. Als gemäßigt tritt noch die Theorie der Identität von Körper und Geist auf (H. Feigl); soll diese Identität aber empirisch-wissen schaftlich erkannt werden, so wird der Physikalismus wohl un vermeidlich; denn auch Geist erweist sich dann als eine bloß phy sikalische Realität (W. van O. Quine, G. Roth6 u.a.). Wird diese Realität objektiv identifiziert, so ergeben sich Versionen des mo dernen Materialismus, der Materie nur im Lichte der modernen Physik verstehen will. Der eliminative Materialismus (R. Rorty, D. Dennett7) vertritt die Ansicht, subjektive Bewußtseinserlebnis se und -geschehnisse werden nur in einer Sprache unwissenschaft licher Volkspsychologie geäußert, die sich mit dem Fortschritt der Wissenschaft, insbesondere der Gehirnphysiologie als über flüssig erweisen wird und eliminiert werden kann; der reduktive 5 Vgl. z.B. DJ. Chalmers: The Conscious Mind. In search of a fundamental theory. New York und Oxford 1996, S. 124ff., auch ders.: What is a Neural Correlate of Consciousness? In: Neural Correlates of Consciousness. Hrsg. von Th. Metzinger. Cambridge, Mass. 1999, S. 17-39 (hierauf wies mich dan kenswerterweise Tobias Schlicht hin). 6 Vgl. H. Feigl: The „Mental" and the „Physical". In: Concepts, Theories, and the Mind-Body-Problem. Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Vol. IL Hrsg, von H. Feigl, M. Scriven, G. Maxwell. Minneapolis 1958, S. 370-497; W. van O. Quine: Word and Object (zuerst I960). 9. Aufl. Cambridge 1975, bes. S. 284f.; G. Roth: Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Frankfurt a. M. 1994. 7 Vgl. zur Begriffsbestimmung R. Rorty: Incorrigibility as the Mark of the Men tal. In: The Journal of Philosophy LXVII (1970), S. 399-424; zu dieser Position vgl. bes. D. Dennett: Philosophie des menschlichen Bewußtseins. Übersetzt von F.M. Wuketits. Hamburg 1994 (Consciousness Explained. New York usw. 1991). 10 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.