Studien-Arbeiten ein Leitfaden zur Vorbereitung, DurchfUhrung und Betreuung von Studien-, Diplom- und Doktorarbeiten am Beispiellnformatik Marcus Deininger Debis, Stuttgart Horst Lichter ASS Forschungszentrum, Heidelberg Prof. Dr. Jochen Ludewig Universitat Stuttgart Kurt Schneider Daimler-Senz-Forschungszentrum, Ulm Hochschulverlag AG an der ETH Zurich B. G. Teubner Stuttgart Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Studien-Arbeiten : ein Leitfaden zur Vorbereitung, DurchfUhrung und Betreuung von Studien-, Diplom- und Doktorarbeiten am Beispiel Informatik / Marcus Deininger ... - 3., uberarb. und erw. Aufl. - Zurich: vdf ; Stuttgart : Teubner, 1996 ISBN 978-3-519-22156-2 ISBN 978-3-322-96784-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-96784-8 NE: Deininger, Marcus Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Ver lage unzulassig und strafbar. Das gilt besonders fUr Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 1. Auflage 1992 2., durchgesehene Auflage 1993 3., uberarbeitete und erweiterte Auflage 1996 © 1996 vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zurich und B. G. Teubner Stuttgart Umschlaggestaltung: Fred Gachter, Oberegg, Schweiz ~ Der vdf dankt dem Schweizerischen Bankverein ..,. fur die UnterstOtzung zur Verwirklichung seiner Verlagsziele Vorwort zur 1. Auflage Dieser Leitfaden ist als Skriptum des Kolloquiums "Wissenschaftliches Arbeiten" entstanden. Das Kolloquium wird auf Anregung der Fachschaft Informatik seit 1990 an der UniversWit Stuttgart regelmaBig abgehalten. Planung und Durch fUhrung liegen bei der Abteilung (oder nach anderem Sprachgebrauch bei dem Lehrstuhl) Software Engineering, wo die vier Autoren arbeiten. DaB gerade unsere Abteilung diese Aufgabe ubernommen hat, war kein Zufall: Fur die Bearbeitung eines technisch-wissenschaftlichen Textes (z.B. einer Diplomarbeit) gelten ahnliche Regeln wie fUr die Bearbeitung einer Software Komponente: In beiden Fallen geht es urn Information, fUr die gewisse Eigen schaften wie Korrektheit, Lesbarkeit, Strukturiertheit usw. angestrebt werden. Dieser Schrift liegen die Erfahrungen in der Fakultat Informatik zugrunde, und so stammen auch die Beispiele aus diesem Gebiet. Aber die Unterschiede gegen iiber anderen technischen Disziplinen sind marginal, so daB sich auch Studieren de benachbarter Facher, vor aHem der Ingenieur- und der Naturwissenschaften, beim Lesen nicht fremd fUhlen werden. Ahnliches UiBt sich fUr die lokalen Beziige sagen: Wir sprechen von der Univer sitat Stuttgart, aber unsere Erfahrungen in Hannover, Miinchen, Kaiserslautern, Erlangen und Zurich lassen darauf schlie Ben, daB die Regelungen, Gepflogen heiten und MaBstabe an den Technischen Universitiiten im deutschsprachigen Raum nicht stark variieren, nur die Fristen fur die Arbeiten sind unterschied lich. Marcus Deininger, Horst Lichter, Jochen Ludewig, Kurt Schneider Stuttgart, im Januar 1992 Vorwort zur 3. Auflage Inzwischen haben meine drei Koautoren die Universitiit Stuttgart mit einem Doktorhut im Gepack verlassen, urn die Erkenntnisse des Software Engineerings praktisch anzuwenden und weiter zu verbreiten. Ihre tagliche Praxis zeigt, daB die in diesem Buch behandelten Prinzipien und Techniken auch in der Industrie so wichtig sind wie die speziellen Fachkenntnisse. 4 Die 2. Auflage ist seit einiger Zeit vergriffen, so daB emeut Gelegenheit bestand, Korrekturen und Veriinderungen vorzunehmen. Fehler waren kaum noch auf gefallen; so sind die Anderungen vor allem inhaltlicher Art. Die 1995 von der Kultusministerkonferenz beschlossene "Rahmenordnung fUr die Diplompriifung im Studiengang Informatik an UniversWiten und gleich gestellten Hochschulen" wurde im Kapitel 2 beriicksichtigt, ebenso die neue Priifungsordnung unseres Informatik-Studiengangs an der UniversWit Stuttgart. Einige Abschnitte wurden hinzugefUgt, namentlich zu den Themen "Prasen tation am Rechner" und "Stellensuche". Der erste reflektiert die iiberwiegend unerfreulichen Beobachtungen, die ich in den vergangenen J ahren bei Programm-VorfUhrungen gemacht habe. Die Stellensuche wird kurz behandelt, da sie zeitlich mit der Anfertigung der Diplomarbeit zusammenfiillt (oder fallen sollte). Wer Hilfe bei der Durchfiihrung der Diplomarbeit sucht, kann ver mutlich auch Ratschliige fiir die Stellensuche gebrauchen. Viele Verbesserungen in der 2. und 3. Auflage sind den aufmerksamen und kritischen Lesem zu verdanken. Hier sollen stellvertretend nur H.-J. Hoffmann (TH Darmstadt), Udo Kelter (Uni Siegen), Lutz Prechelt (Uni Karlsruhe) und Dirk Steinkamp (Uni Dortmund) genannt werden. Auch die Diskussionen in unse rem Kolloquium, aus dem dieses Buch entstanden ist, haben Anregungen zu Verbesserungen geliefert. Das Buch ist damit emeut gewachsen. Ich habe mich bemiiht, trotzdem den Leitfaden-Charakter zu wahren. Wenn Sie Anregungen oder Kritik haben, schreiben Sie mir bitte an die Adresse: Prof. Jochen Ludewig Institut fiir Informatik Breitwiesenstr. 20-22 D-70565 Stuttgart oder per Electronic Mail an [email protected] Jochen Ludewig, im Februar 1996 Inhalt Abbildungen und Tabellen 6 1. Vorbemerkungen 7 1.1 Zielsetzung und Randbedingungen 7 1.2 Die Legende von der zweckfreien und objektiven Wissenschaft 8 1.3 Zur Diskrimierung der Frauen in der Sprache 9 2. Was ist eine wissenschaftliche Informatik-Arbeit? 11 2.1 Arten der wissenschaftIichen Arbeiten in der Universitat 11 2.2 Rollenbilder: die beteiIigten Personen 13 2.3 Wissenschaft und Technik 13 2.4 Das wissenschaftliche Prinzip 14 3. Der Bausteincharakter wissenschaftIicher Leistungen 17 3.1 NiitzIiche und andere Arbeiten 17 3.2 Breite und Tiefe 19 3.3 Eigenstandigkeit 20 4. WissenschaftIiches Arbeiten 21 4.1 Die Planung der Arbeit 22 4.2 Arbeitsgestaltung 24 4.3 Der Umgang mit der Fachliteratur 25 5. Aufbau und Inhalt von Berichten 33 5.1 Anforderungen 33 5.2 Bestandteile und Entstehung eines Berichts 33 5.3 Formen wissenschaftlicher Aussagen 37 6. Darstellung und Prasentation 41 6.1 Der rote Faden 41 6.2 Was sagt ein Bild? 42 6.3 Schriftliche und miindIiche Prasentation 43 6.4 Die schriftliche Darstellung 43 6.5 Der Vortrag 49 6.6 Die Demonstration am Rechner 54 7. Die Betreuung wissenschaftlicher Arbeiten 57 7.1 Die Interessen der BeteiIigten 57 7.2 Die Betreuung einer Arbeit 58 7.3 Die Bewertung 62 7.4 CheckIisten 65 8. Merkblatt fUr Studien-und Diplomarbeiten 66 9. Priifungstips 68 10. Stellensuche 70 11. Literatur 72 Abbildungen und Tabellen Abbildungen Abb.la Die Neuigkeit Abb.lb Die Abrundung 17 Abb.2a Das wiedererfundene Rad Abb.2b Das LuftschloB 18 Abb.3a L art pour l' art 0 Abb.3b Alter Wein in neuen Schlauchen Abb.3c Pionierieistung 19 Abb.4a Die Arbeit ist nur breit Abb.4b Die Arbeit ist nur tief Abb.4c Die Arbeit ist breit und tief 19 Abb.5 Tatigkeiten, unterstiitzende Methoden und Richtlinien einer wissenschaftlichen Arbeit 21 Abb.6 Beispiel fUr einen Zeitplan (Fragment) 23 Abb.7 Literatursuche 27 Abb.8 Beispiel flir ein Schlagwort "attributierte Grammatiken", mit zu- geh6rigen Nachweiskarten und dem Ablageort eines Artikels 30 Abb.9 Die Position des Losungsansatzes: Wie es (oft) ist, und wie es sein soUte 34 Abb.lO Wie lange kann man sich Lerninhalte merken? Schematische Darstellung nach Buchberger 42 Abb.ll Aufwendiger ist nicht besser, einfache, klare Bilder sind vorzuziehen 43 Abb.12 Beispiel einer guten Folie 50 Abb.13 Folie im Querformat, mit Kennzeichnung am linken Rand 51 Abb.14 Der Betreuungsaufwand 60 Abb.15 Der RoUenwechsel yom Ausbilder zum Priifer 62 Tabellen Tab. 1 Arten der Fachliteratur 26 Tab. 2 Angaben zum Auffinden und Referenzieren der Literatur 29 Tab. 3 Repriisentation des Autors im Text 49 Tab. 4: Das Prinzip AIDA 53 Tab. Sa Bewertungsbogen flir Studien- und Diplomarbeiten Tab.5b Zuordnung der Noten zu den Punktzahlen 64 1. Vorbemerkungen 1.1 Zielsetzung und Randbedingungen Mit diesem Leitfaden wollen wir Regeln und Techniken vermitteln, die bei der DurchfUhrung wissenschaftlicher Arbeiten in der Fakultiit Informatik anzuwen den sind. Die Doppeldeutigkeit der Formulierung "anzuwenden" im vorigen Satz ist beabsichtigt: Diese Regeln lassen sich anwenden, und sie sollten nach unserer Meinung auch angewendet werden. Als "wissenschaftliche Arbeiten" werden hier Seminar-, Studien-, Diplom- und Doktorarbeiten bezeichnet, also aIle Priifungsleistungen mit wissenschaftlichem Anspruch, die von Studenten und Assistenten unter Anleitung, aber in gewisser Selbstiindigkeit und iiber einen liingeren Zeitraum erbracht werden. Die Diplomarbeit dient uns dabei als Bezugspunkt, denn sie stellt einen zentralen Teil und in der Regel den AbschluB des Hauptstudiums dar und liegt, was wis senschaftlichen Anspruch und Selbstiindigkeit angeht, zwischen Studienarbeit und Dissertation. Auch auf andere Arbeiten, die die genannten Kriterien nicht erfiiIlen, beispiels weise Publikationen oder auch Software-Praktika, fUr die kein wissenschaftlicher Anspruch erhoben wird, lassen sich unsere Aussagen teilweise anwenden. Wir k6nnen damit das Ziel unserer Lehrveranstaltung und dieses Skripts etwas pointierter so formulieren: Teilnehmer mit den notwendigen Fachkenntnissen sollen in die Lage versetzt werden, ein wissenschaftliches Ein- oder Zwei Personen-Projekt auf dem Gebiet der Informatik • auszuwiihlen, • vorzubereiten, • durchzufUhren, • zu dokumentieren und zu priisentieren. Die Betreuer der Arbeiten sollen lemen, wie man Arbeiten • definiert, • verfolgt und unterstiitzt, • beurteilt. Dabei sind wir uns natiirlich bewuBt, daIS wir nur einen ganz kleinen Beitrag leisten k6nnen, denn wir werden auf wenigen Seiten mehrere Gebiete iiberfliegen, die jedes fUr sich ein Leben lang erkundet werden miissen (z.B. Arbeitstechnik, Fiihrungstechnik, Rhetorik). Wir sind also nicht aIlzu weit von der Realitiit amerikanischer Gruppenreisen entfemt: Miss Europe in five days! (Fur diese zweideutige Formulierung danken wir Dave Parnas.) 8 ~~1 1.2 Exkurs iiber die Legende von der zweckfreien und objektiven Wissenschaft Da wir uns hier mit Wissenschaft befassen, sollten wir auch einen Blick auf die Rander werfen und fragen, wie sie in die politischen, sozialen und kulturellen Zusammenhange eingebettet ist. Dieses Thema wird gern gemieden mit dem Argument, Wissenschaft sei quasi "freischwebend", namlich zweckfrei und objektiv. Wir sehen diese Behauptung als Legende. Die Forschung, auch die an den Hochschulen, erhalt ihre Mittel und Vorgaben aus der Umgebung, insbesondere aus der Politik und aus der Wirtschaft, und sie gehorcht und dient diesen beiden Herren nach Kraften. Wir sehen zu dieser Einbettung keine grundsatzliche Alternative; nur sollte der Zusammenhang jed em Informatiker klar sein, so dag er seine individuelle Verantwortung erkennt und ernstnimmt. Gerade die Informatik ist ein "klassisches" Beispiel fiir die Steuerung von augen: 1m Ostblock wurde sie in den spiiten fiinfziger Jahren von den herrschenden "Bezirksmarxisten" (Formulierung eines Prager Dissidenten) verdammt und damit viele Jahre lang retardiert, was sich bis heute auswirkt. In der ("alten") Bundesrepublik werden dagegen die Informatiker als Hefe des zukiinftigen Wirt schaftswachstums eingeschatzt; entsprechend wurden anders als in den ebenfalls iiberlasteten Geisteswissenschaften zahlreiche neue Lehrstiihle eingerichtet. An diesen sind die Arbeiten iiberwiegend so ausgerichtet, dag eine Kooperation mit Industriefirmen moglich ist. Wir stellen also fest: Informatik verfolgt Ziele, die vor allem durch wirtschaft liche Interessen bestimmt sind. Diese Ziele sind nicht generell positiv oder negativ, sondern miissen individuell beurteilt werden. Dazu ist jeder Beteiligte, insbesondere also jeder Informatiker, moralisch verpflichtet. Die Behauptung, Wissenschaft sei wertfrei, dient dazu, eine soIche Diskussion nicht aufkommen zu lassen. In vielen Fallen - ausgepragt in der sogenannten Grundlagenforschung - ist die Anwendung der Resultate auBer Sichtweite, so daB die Forscher kaum entscheiden konnen, weIchen Effekt ihre Arbeiten haben werden (oft allerdings konnten sie es ohne weiteres, wenn sie wollten). Hier helfen Schlagworter nicht weiter; wir halten es aber fiir notwendig, daB sich jeder Mensch dann die globalen EinfluBmoglichkeiten sichert, die der globalen Wirkung seiner Arbeit entsprechen. In der Praxis ist das oft schwierig oder unmoglich: Beispielsweise konnte Einstein zwar - seiner Bedeutung als Physiker entsprechend - die Entwicklung der Atombombe wirksam unterstUtzen, aber er konnte spater, als seine Motive nicht mehr bestanden, ihren Einsatz nicht verhindern. Da wir unseren Aufgaben nicht neutral gegeniiberstehen, sondern mit Zielen, Vorurteilen, Erfahrungen, Wissen und Wissensliicken, Wiinschen und Angsten an sie herantreten, konnen wir auch nicht objektiv sein; die "wissenschaftliche Objektivitiit" ist neben der Zweckfreiheit ein wei teres Einhorn der Gedanken welt. Daher wollen wir gleich zu Beginn klarstellen: Wir nehmen diese Objek- Vorbemerkungen 9 tivitat fiir unsere Aussagen nicht in Anspruch, weder die wissenschaftliche noch sonst irgendeine. Dieser Verzicht ist doppelt begriindet: Es gilt hier nicht nur das grundsatzliche Argument, daB Wissenschaft prinzipiell nicht objektiv ist, sondern auch die praktische Einsicht, daB wir uns hier als Laien auBern, die nicht mehr anzubieten haben als ihre personlichen, mehr oder minder zufalligen Erfahrungen und Einsichten. SchlieBlich erkennen wir mit dem Bekenntnis zur Subjektivitat auch an, daB iiber eine Reihe von Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, ein Konsens weder besteht noch in absehbarer Zeit erreicht werden kann, nicht ein mal innerhalb einer einzigen Fakultat einer einzigen Universitat. Wir konnen daher nur unsere Auffassung dadegen, begriinden und zur Diskussion stellen. Fiir das engere Thema unseres Biichleins, die Durchfiihrung wissenschaftlicher Arbeiten in der Informatik, hat diese Diskussion folgende Konsequenzen: • Themen soli ten nicht als "gottlich" akzeptiert und damit der Diskussion entzogen werden; jede Arbeit sollte sich auch mit dem eigenen Thema und seiner Legitimation auseinandersetzen. Das gilt verstarkt in der Disser tation, wo ja der Doktorand in der Regel an der Wahl des Themas beteiligt ist. • Wissenschaftliche Resultate sind nicht der Kritik entriickt, sondern stehen, nachdem das Pod est der Objektivitat zusammengebrochen ist, als mensch liche Resultate auf gleicher Stufe neben anderen. Jeglicher Hochmut gegen iiber weiteren Denkansatzen, z.B. religiosen und weltanschaulichen, ist unbegriindet und auch nach vielen Erfahrungen der Geschichte nicht gerechtfertigt. 1.3 Zur Diskrimierung der Frauen in der Sprache Traditionell wird in Texten dieser Art zur Bezeichnung unbestimmter Personen die maskuline Form verwendet ("Der Student trifft regelmaBig seinen Betreu er."). Dabei ist impliziert, daB jede der beiden Personen auch weiblich sein kann. Wer ehrlich ist, muB der Kritik daran recht geben, daB diese Sprache diskrimi nierend ist. Darum wurden verschiedene Alternativen vor- und eingefiihrt: a) die vollstandige Aufzahlung ("Der Student oder die Studentin trifft regel maBig seinen Betreuer oder ihren Betreuer oder seine Betreuerin oder ihre Betreuerin. "). b) die Mischschreibweise ("Der/Die StudentIn trifft regelmaBig seineN/ihreN BetreuerIn.") c) die Diskrimierung der Manner ("Die Studentin trifft regelmaBig ihre Betreuerin. ") d) die gemischten Prototypen ("Der Student, nennen wir ihn Klaus, trifft regelmaBig seine Betreuerin; wir wollen sie Irene nennen.") 10 Kapitell Losung (a) ist umstiindlich und grammatikalisch unklar: Es konnte im Beispiel auch sein, daB zwei Betreuer zur Verfiigung stehen. Vorschlag (b) ist keine Losung, sondern ein Alptraum. So geschriebene Texte wirken im giinstigsten Fall wie eine van Wijngaarden-Grammatik und sind auch etwa so gut lesbar. (c) ist dagegen ein achtbarer Ansatz, angewandt beispielsweise in der Promotions ordnung der Universitiit Hamburg; letztlich ist er aber genauso unbefriedigend wie (a). (d) weicht dem Problem aus: Man kann eben nicht immer mit Prototypen argumentieren, sondern will oft auch Aussagen iiber aile Betreuer oder irgend eine Kandidatin machen. Was also tun? Wir haben in einer friiheren Fassung versucht, die Rollen nicht festzulegen, indem wir das Neutrum verwenden ("Das Student trift regelmiiBig sein Betreuer."l). Auch wenn dieser Vorschlag den Vorteil hat, sich syntaktisch und semantisch im Rahmen der deutschen Grammatik zu halten, ist er nicht auf groBe Gegenliebe gestoBen. Wir sind aber gern bereit, ihn wieder auszugraben, wenn sich dies iindern sollte. Dieser Text folgt der leicht modifizierten Form d: In der Abteilung Software Engineering im Institut fiir Informatik der Universitiit Stuttgart sind derzeit die wissenschaftlichen Mitarbeiter iiberwiegend weiblich, die Diplomanden sind ganz iiberwiegend miinnlich. Der Priifer ist ebenfalls miinnlich. Damit lautet unser (erweiterter) Beispiel-Satz: "Der Student trifft regelmiiBig seine Betreuerin, gelegentlich auch seinen Priifer. ") 1 In der Schweiz bietet der populiire Diminutiv iihnliche Moglichkeiten: "Das Studentli trifft regelmiiBig sein Betreuerli."
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