Strukturierungsvorschlag zum Thema »Die griechische Antike und das Leben zwischen zwei Stadtstaaten«; Rahmenplan Geschichte, 1. Stufe der Sekundarschule Themenstrukturierung, Materialvorschläge, Kommentare Im Auftrag des Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens Abteilung Unterricht, Ausbildung und Beschäftigung August 2012 Caroline Mekelburg (Ingolstadt) Index 0. Vorwort 2 1. Schema einer möglichen Themenstrukturierung 3 1.1. Wege zum Unterrichtseinstieg 4 2. Frage- und Orientierungskompetenz 5 3. Materialien 7 3.1 Zusammenfassung 1: Die griechische Kolonisation 7 3.2 Zusammenfassung 2: Entstehung der Polis 9 3.3 Zusammenfassung 3: Solon 10 3.4 Kleisthenes 12 3.5 Zusammenfassung 4: Athenische Demokratie 13 3.6 Die Perserkriege 14 3.7 Exkurs: Rezeption der Perserkriege 15 3.8 Vergleich: Sparta und Athen 18 3.9 Zusammenfassung 5: Zusammenhalt der griechischen Staaten 19 4. Erläuterungen zur Sachkompetenz 21 5. Hinweise 22 Konzept: Dr. Marcus Ventzke, unter Mitarbeit von Florian Sochatzy und Prof. Dr. Waltraud Schreiber Satz & Grafik: Thomas Zimmermann © 2012 bei: Waltraud Schreiber, Florian Sochatzy und Marcus Ventzke Westenstraße 23 85072 Eichstätt Copyright-Hinweis: Die Verwendung dieses Materials ist in den Sekundarschulen der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens erlaubt. 0. Vorwort Diese Strukturierungshilfe richtet sich an lehrerinnen und lehrer, die im Fach Geschichte in der ers- ten Stufe der Sekundarschule unterrichten. Sie stellt kein Unterrichtsmaterial dar, das direkt an Schüler weitergegeben werden soll. Die Absicht der hier vorgelegten Ausarbeitung besteht darin, die Vorberei- tung des Unterrichts zu unterstützen. Sie zielt also auf jene „abendlichen Arbeitsstunden“, in denen am Schreibtisch des lehrers die Themen des kommenden Tages erarbeitet, dazu passende Inhalte ausge- wählt und Fragestellungen zugewiesen werden. In diesem Prozess entsteht ein didaktisch-methodisches Konzept, das die Vorgaben des Rahmenplans mit den vorhandenen Möglichkeiten (lehrmaterialien, Räumen, medialen Ausstattungen) zusammen- führt. Der entstehende Unterrichtsentwurf wird von der Kreativität und Erfahrung der unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen getragen. Genau auf diesen Prozess der Unterrichtsvorbereitung zielt die Ausarbeitung, denn in der Unterrichtspla- nung werden Auswahlentscheidungen getroffen, Sinnfragen gestellt, über Orientierung nachgedacht (Wa- rum behandeln wir dieses Thema? In welcher Verbindung zur lebenswelt der Schülerinnen und Schüler steht es? Wie lassen sich Schülerinnen und Schüler zu geschichtlichen Denkprozessen motivieren?). Die nachfolgenden Schemata, Quellen und Zusammenfassungen sollen also die dem Unterricht voraus- gehenden Überlegungen der Unterrichtenden im Sinne eines kompetenzorientierten Unterrichts beein- flussen. Die Schwerpunkte der Themenstrukturierung liegen vor allem auf der Kolonisationsgeschichte und der Entwicklung der athenischen Demokratie. Die vorgeschlagenen Methoden und Ansätze müssen in den konkreten Unterrichtsvorbereitungen auf den leistungsstand, die sprachlichen Voraussetzungen sowie kulturellen Hintergründe der Schülerinnen und Schüler abgestimmt werden. Insofern ist es zwar möglich, die hier ausgewählten Materialien im Unterricht zu verwenden, es ist jedoch keineswegs zwin- gend, nicht einmal pauschal gewollt. Die Ausarbeitung ist einem Modell vergleichbar. Sie legt einen möglichen „roten Faden“ durch das his- torische Geschehen und macht dabei die prägenden Fragestellungen und Auswahlkriterien transparent. Die vorgeschlagene Themenstrukturierung ist also bereits das Ergebnis einer begründeten Auswahl. Ihr werden dann Überlegungen zur Erreichung von Kompetenzzielen zugeordnet. In der exemplarischen Form erfolgt nicht selten eine Reduktionen auf Grundsätzliches und Funktionales. Zusammenhänge sollen so schnell und übersichtlich wie möglich erfassbar sein. Auf diese Weise kön- nen sie unmittelbar für die Planung des konkreten, auf Kompetenzförderung ausgerichteten Unterrichts genutzt werden. Diesem Ziel dienen vor allem die Auswahl von und der Umgang mit Materialien und Darstellungen. Es wird jeweils verdeutlicht, wie mit ihrer Hilfe Methodenkompetenz weiterentwickelt sowie Sachkompetenz und systematischer Wissensaufbau gefördert werden kann. Zudem wird immer wieder gezeigt, dass die Auseinandersetzung mit den Materialien immer auch darauf zielt, über Fragen der historischen Orientierung nachzudenken. letztlich kommt es darauf an, das Potenzial von Geschichte als deutendes und sinngebendes, Identität stiftendes und Alteritätserfahrungen ermöglichendes Fach zu erschließen. Geschichte soll nicht abge- fragt, sie muss gedacht werden. Die Faustregel im Umgang mit dieser Ausarbeitung ist daher einfach formuliert: lassen Sie sich anregen, seien Sie kritisch und nutzen Sie das vorliegende Angebot mit dem Blick auf Ihre konkrete Unterrichts- situation! STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 2 / 22 1. Schema einer möglichen Themenstrukturierung n Die griechische Kolonisation 750 – 550 v. Chr. o i t - zeitliche Einordnung, Auslöser und Verlauf (3.1) a u Zusammenfassung 1 (S.7) t i - natürliche Bedingungen s s - Übersicht Karte g n a g s u A Die Entstehung der athenischen Demokratie Strukturen der griechischen Staatenwelt - Übersicht: Solon, Wegbereiter der Demokratie (3.3) - Die Entstehung der Polis (3.2) Zusammenfassung 3 (S.10) , Quelle 1 (S.11) Zusammenfassung 2 (S.9) n e - Kleisthenes: Begründer der Demokratie (3.4) - Institutionen der Polis g - Zusammenfassung: die vier Säulen der Demokratie Übersicht 1 (S.9) n u (3.5) - Vergleich: Sparta und Athen (3.8) l k Zusammenfassung 4 (S.13) c i - Die Perserkriege (500 – ca. 450 v. Chr.) (3.6) w Quelle 2 (S.14) nt E - Exkurs: Rezeption der Perserkriege am Beispiel der Schlacht an den Thermophylen (3.7) Quelle 3 (S.16) Integration durch Kultur n e - Zusammenhalt der griechischen Staaten (3.9) g n Zusammenfassung 5 (S.19) u - Religion k r - Panhellische Spiele Wi STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 3 / 22 1.1 Wege zum Unterrichtseinstieg Fachliche Absicht (für die Lehrkraft): Thematisierung der Relevanz des antiken Griechenlands in der Gegenwart (Bsp.: Satz des Pythagoras, griechische Philosophen, Olympische Spiele, das griechische als Grundlage für das lateinische Alphabet, Verwendung griechischer Buchstaben in der Mathematik, Verwendung von Wörtern, die einen griechi- schen Ursprung haben). Orientierungskompetenz: Welches Menschenbild steht hinter einer demokratischen Staatsauffassung? Wie möchte jeder Schüler in der Schule, in der Familie, in der Gesellschaft gesehen werden? Wie wird er gesehen? Entsprechen die Sichtweisen und Behandlungen einem demokratischen Menschenbild, das auf Würde beruht? Welche Rechte und Pflichten entstehen daraus? 1. Impulse für eine Diskussion: Bilder vom Satz des Pythagoras, zufälliges nachschlagen griechischer Wörter im Duden, Bilder von den aktuellen Olympischen Spielen. Grafik: Caroline Mekelburg (Ingolstadt). 2. Moderation eines Brainstormings zu der Frage, inwiefern das antike Griechenland in unserem Alltag noch präsent ist? Wo haben die SuS Berührungspunkte mit der griechischen Kultur und Geschichte? Vorgehen: • Fragestellung: An welchen Stellen seht ihr Berührungspunkte mit der Welt der griechischen Antike? • Fixierung und Aufbereitung: Sammeln der Einfälle, ohne diese zu bewerten durch lehrer oder Schüler. Verdichten und Strukturgeben der nennungen durch Gestal-tung von Mindmaps. • Operationalisierung für einen historischen Denkprozess: lenkung der Diskussion auf eine Orientierungsfrage: lassen sich im antiken Griechenland die Wurzeln unserer heutigen Europas suchen? Für welche le-bensbereiche lässt sich diese Frage bejahen bzw. verneinen? STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 4 / 22 2. Frage- und Orientierungskompetenz / Sachkompetentes Arbeiten und alternative thematische Strukturierung Fragekompetenz: Der lehrer entscheidet, unter welcher Fragestellung er mit seinen Schülern „Das leben in zwei un- terschiedlichen Stadtstaaten“ betrachten möchte. Er erläutert seinen Schülern diese Fragestellung und eröffnet die Möglichkeit, diese zu diskutieren und zu verändern. Fragestellung des Autors: – fokussiert auf die beiden Themenfelder Politik und Kultur. Lehrerfragestellung (Vorschlag allgemein und spezifisch): 1. Kann die griechische Antike heute immer noch als historischer Bezugspunkt dienen? Wenn ja, in welchen Bereichen und für wen? 2. Ist die athenische „Graswurzeldemokratie“, in der potentiell jeder Bürger Athens in ein politisches Amt gelost werden konnte, eine geeignete Vorlage für die Demokratie im heutigen Europa? (diese Frage kann am Ende der Themeneinheit erneut aufgegriffen werden) Fragestellungen, die für Schüler von Bedeutung sind: Was ist an dem neuen Unterrichtsthema das Besondere? Was nützt mir die Beschäftigung mit der Ge- schichte des antiken Griechenlands? In welchen Themenbereichen gibt es Parallelen zu meinem eigenen leben? (Diese Fragen können am Anfang diskutiert und immer wieder aufgegriffen bzw. ergänzt und erweitert werden). Am Ende sollen die SuS die Kompetenz erlangt haben, grundlegende Fragen nach der In-terpretation des Zeitverlaufs zu stellen und zu beantworten. War die Entwicklung des antiken Griechenlands ein gesell- schaftlicher Aufstieg (Fortschritt) oder ein Art von Fortsetzung der bisherigen Entwicklungen (Stabilität), ...? Sachkompetentes Arbeiten und alternative Themenstrukturierung: Die hier vorgeschlagene Themenstrukturierung fokussiert auf die Bereiche Politik und Kultur. Alternativ dazu lässt sich die griechische Antike auch am Beispiel anderer thematischer Schwerpunkte erarbeiten. Eine mögliche Alternative ist das Thema Religion, das in alle lebens- bereiche der Griechen hineinreichte und wie selbstverständlich zum öffentlichen und privaten Alltag gehörte. Die meisten Feste, Riten und Bräuche waren den griechischen Göttern gewidmet. Auch die anti-ken Olympischen Spiele waren ursprünglich mehr ein religiöses Fest zu Ehren des Götterva-ters Zeus als ein sportliches. Von den fünf Veranstaltungstagen der antiken Olympischen Spiele wurden zwei Vormittage und der gesamte letzte Tag religiösen Riten und Ze- remonien gewidmet. Darstellung der feierlichen Eröffnung der Olympischen Spiele Grafik: Caroline Mekelburg (Ingolstadt). STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 5 / 22 Frage- und Orientierungskompetenz: Gesamteinordnung des Geschehens und Zusammenhang mit der eigenen Weltsicht: Mit Hilfe von Zeitverlaufsvorstellungen (des lehrers / der lernenden) können Ereignisse gedeutet werden. War das Geschehen ein … (linearer) Aufstieg Vermutung eines gesellschaftlichen Fortschritts (durch demokratische Wahlen etc.) (linearer) Abstieg Vermutung eines gesellschaftlichen Verfalls (infolge die Bedrohung der griechischen Staaten durch die Per- ser / Römer) (waagerechte) linie Vermutung gesellschaftlicher Stabilität (als Folge einer anhaltend demokratisch ausgerichteten Entwick- lung) Kreisbewegung / Kreislauf Vermutung, dass sich gesellschaftliche Entwicklungen wiederholen (z. B. durch die ständige Wiederkehr von Konflikten zwischen den Stadtstaaten oder mit den benachbarten Reichen der Perser, der Römer etc.) Spirale Vermutung, dass Gesellschaften sich mal auf- und mal abwärts ent- (aufwärts oder abwärts) wickeln (z. B. durch eine politische Synchronuntersuchung, wonach man vermuten könnte, dass die Poleis Auf- und Abstiegsphasen haben) Konjunktur (Sinuskurve) Vermutung, dass Gesellschaften sich in Wellenbewegungen ent- wickeln (Man kann den Hellenismus als eine Erneuerung der griechischen Zivilisation interpretieren, die zuvor in eine Krise geraten war und unter Alexander d. Gr. einen neuen [militäri-schen] Aufschwung er- lebte.) Auf- und Abschwung Vermutung, dass Gesellschaften aufsteigen, (kulturelle) Höhepunkte (Parabel) erreichen und wieder verfallen (Man kann annehmen, dass die griechische Kultur einen einmaligen Höhepunkt der Menschheitsentwicklung darstellte: Die „philosophi- sche Tradition Europas lautet, daß sie aus einer Reihe von Fußnoten zu Platon besteht.“ [Alfred north Whitehead, Prozess und Realität, Teil III, Kap. 1/1]) Ellipse Vermutung, dass Gesellschaften Entwicklungen wiederholen und da- bei Phasen unterschiedlicher Dauer durchlaufen (Die Bündnissysteme Athens und Spartas hatte stets eine lange Stabilitäts- und eine kürzere Verfallsphase.) Stufenfolge Vermutung, dass Gesellschaften sich in Sprüngen und Plateauphasen (ab- oder aufsteigend) entwickeln (Die Reformen Solons erfolgten plötzlich und etablierten eine Rechts- und Politikgrundlage, auf die man sich immer wieder bezog.) Punkt Vermutung, dass alle menschlichen Gesellschaften aller Zeiten stets mehr gemeinsame als trennende Kennzeichen haben (Die griechischen Stadtstaaten mit ihren licht- und Schattensei- ten sind nur eine Ausprägung eines stets gleichbleibenden Gesell- schaftsgefüges: „Es ändert sich im Grunde nie etwas.“) STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 6 / 22 3. Materialien 3.1 Zusammenfassung 1: Die griechische Kolonisation 750-550 v. Chr. Schema: Ausgangssituation Fachliche Absicht (für die Lehrkraft): Kenntnisse über die Ursachen und den Verlauf der griechischen Kolonisation vom 8. bis zum 6. Jh. v. Chr. sowie über die naturräumlichen Besonderheiten Griechenlands. Geografischer Überblick über die Ausmaße der Kolonisation. Zeitliche Einordnung der griechischen Kolonisation In der Zeit von 1650 bis 1200 v. Chr. gab es in Griechenland und auf Kreta die hochentwickelte mykeni- sche Kultur, deren Überreste von großen kulturellen leistungen (z.B. die Verwendung einer Schrift) und einer hoch entwickelten Organisation und Verwaltung zeugen. Auf das Ende der Mykenischen Kultur folgten von 1200 bis 750 die sogenannten dunklen Jahrhunderte, über die auf Grund fehlender Quellen heutzutage nur wenig bekannt ist und deren Entwicklungsniveau, verglichen mit den Jahrhunderten zuvor und danach, niedrig war. Zugleich aber entwickelte sich in dieser Zeit die griechische Bevölkerung weiter, denn an die dunklen Jahrhunderte schloss sich die sogenannte archaische Zeit (750-500 v. Chr.) an, die von einem 250 Jahre andauernden Auswanderungsprozess geprägt war. Naturräumliche Bedingungen Hohe Gebirgsketten und das Meer dominieren die landschaften des griechischen „Mutterlandes“ (Pele- ponnes, Mittelgriechenland, zahlreiche Inseln) und beeinflussten maßgeblich das leben ihrer Bewoh- ner. Während die hohen Gebirgsketten keinerlei Bewirtschaftung zuließen, eigneten sich die fruchtbaren Flusstäler für die landwirtschaft. Allerdings trennten unwegsame Höhenzüge die Täler voneinander. Die- se konnten nur zu Fuß überwunden wer-den. Oft war der Seeweg der schnellere und der einzige Weg, um Waren zu den Tälern, an die Küsten und zu den Inseln zu transportieren. Somit war das Meer für die Griechen von jeher eher ein verbindendes als ein trennendes Element. Auslöser der griechischen Kolonisation Die Hauptursachen für die Auswanderungsbewegung waren Bevölkerungswachstum und landknapp- heit. Die heimische landwirtschaft, deren Kapazitäten ausgeschöpft waren, konnte die ständig wach- sende griechische Bevölkerung nicht mehr ausreichend versorgen. Rivalitätskämpfe auf Grund knapper Ressourcen sowie Missernten verschärften Existenzkämpfe und soziale Spannungen. Aber auch Han- delsinteressen spielten eine Rolle. Die geografischen Kenntnisse der weitgereisten Kaufleute waren eine wichtige Grundlage für die Auswanderungsbewegung. Da nur wenige Griechen ihre Heimat freiwillig verlassen wollten, wurde ihnen im Falle einer Weigerung mit der Todesstrafe gedroht. Unter der Führung eines Adligen machten sich vor allem junge unverheiratete Männer auf die Reise in unbekannte Gebiete. Verlauf der Auswanderung und Besiedlung Die ersten Ziele der Auswanderer waren Süditalien, Sizilien und die Küstengebiete des Mittelmeers bis nach Marseille, das zu den westlichen Außenposten des bereits bestehenden Fernhandels zählte. Die Griechen wanderten nur dorthin aus, wo es keine oder kaum gefestigte Machtverhältnisse gab, so dass sie nicht in Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung kommen konnten. Von der französischen Mittel- meerküste aus erschlossen sie sich weitere Orte an der spanischen und vereinzelt auch an der afrikani- schen Mittelmeerküste. Der Philosoph Platon beschrieb die Griechen „wie die Frösche um den Teich“. Die Schwarzmeerkolo-nisation setzte erst um 700 v. Chr. ein, wobei die Griechen entlang der gesamten Küste Ko-lonien errichteten. STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 7 / 22 Quelle der stummen Karte: http://d-maps.com/carte.php?num_car=6026&lang=de [aufgerufen am 22.08.2012]; Beschriftung der Karte durch die Autorin. Historische Bedeutung Durch die Auswanderung wurden die von der Überbevölkerung ausgelösten gesellschaftlichen Probleme im griechischen „Mutterland“ entschärft. Vor allem aber bildete sich in dieser Zeit die Form des Zusam- menlebens heraus, die die gesamte Antike entscheidend prägen sollte: die Polis (vgl. Kap. 3.2). Die in der Fremde gegründeten Tochterstädte wurden mit ähnlichen Strukturen versehen wie ihre Mutterstädte, so dass das Modell der Polis gewis-sermaßen exportiert wurde. Des Weiteren kam es zu einer Ausweitung des griechischen Sprachgebiets. Die wechselseitigen kulturellen Einflüsse der Griechen und der ansässi- gen einheimischen Bevölkerung führten zu einem neuen Weltbild einerseits und zu einem neuen griechi- schen Gemeinschaftsbewusstsein andererseits. Autorin: Caroline Mekelburg auf der Grundlage von: Detlef lotze, Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis zum Hellenis- mus, München 1995; Die Zeit. Welt- und Kulturgeschichte. Epochen, Fakten, Hintergründe in 20 Bänden, hg. vom Zeitverlag Gerd Bucerius, hier Bd. 4: Klassische Antike. Griechische Antike (1600-30 v. Chr.) und römische Antike I (650 v. Chr.-395 n. Chr.), Hamburg 2006. STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 8 / 22 3.2 Zusammenfassung 2: Die Entstehung der Polis Schema: Entwicklung Fachliche Absicht (für die Lehrkraft): Mit dieser Zusammenfassung soll der Zusammenhang von Polis- und Demokratie-Entwicklung in Grie- chenland verdeutlicht werden. Die Entwicklung der Polis als Staatsform war eine wichtige Grundlage dafür, dass sich die Demokratie in Griechenland entfalten konnte. Die Anfänge der Polis Die Entstehung der Polis lässt sich auf Grund archäologischer Funde und durch Hinweise aus der Mytho- logie auf die Übergangszeit zwischen dem dunklen Zeitalter und der archaischen Zeit datieren (800-600 v. Chr.). Vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums kam es zu einer zunehmenden Organisation der einzelnen Städte, wobei ländliche Siedlungen aufgegeben und auch neue Städte gegründet wurden. Die geografische Gliederung Griechenlands in Kleinlandschaften, die durch Berge oder Wasser vonein- ander getrennt wa-ren, förderte diese Entwicklung von einzelnen Stadtstaaten. Allen gemeinsam war, dass die Polis immer eine Verbindung zwischen einer städtischen Siedlung, die sich in der Regel auf einer Anhöhe befand, und dem agrarischen Umland war. Das land diente als landwirtschaft-liche Basis für die städtische Siedlung. In der Regel waren die Poleis sehr klein (50-100km2), Ausnahmen bildeten einzelne Stadtstaaten wie Athen, Sparta oder Korinth. Bis 500 v. Chr. entstanden etwa 700 Poleis in Griechenland und anderen griechisch besiedelten Gebieten. Eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Poleis hatte der Adel, der die Organisation voran-trieb und wichtige Ämter bekleidete (Verantwortliche für Religion, Kriegführung und Recht-sprechung). Die Ämter wurden von Anfang an nur für ein Jahr besetzt, um Amts- missbrauch zu vermeiden. Übersicht 1: Institutionen der Polis Grafik: Caroline Mekelburg auf der Grundlage von: Uwe Walter, Die Antike (Abitur Wissen Geschichte), Freising 2000. STRUKTURIERUnGSVORSCHlAG ZUM THEMA „BElGIEnS DEMOKRATISIERUnG“; RAHMEnPlAn GESCHICHTE, 1. STUFE DER SEKUnDARSCHUlE 9 / 22
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