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Strafbarkeitsrisiken des Arztes bei religiös motiviertem Behandlungsveto PDF

290 Pages·2010·1.534 MB·German
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Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim 36 Herausgegeben von Thomas Hillenkamp, Lothar Kuhlen, Eibe Riedel, Jochen Taupitz (Geschäftsführender Direktor) Lisa-Maria Bleiler Strafbarkeitsrisiken des Arztes bei religiös motiviertem Behandlungsveto 1 3 Reihenherausgeber Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp Professor Dr. Lothar Kuhlen Professor Dr. Eibe Riedel Professor Dr. Jochen Taupitz (Geschäftsführender Direktor) Autorin Lisa-Maria Bleiler Hamburg Deutschland [email protected] Gedruckt mit Unterstützung der Graduiertenakademie der Universität Heidelberg und mit Mitteln der Exzellenzinitiative. ISSN 1617-1497 ISBN 978-3-642-13045-8 e-ISBN 978-3-642-13046-5 DOI 10.1007/978-3-642-13046-5 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2010 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Über- setzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenver- arbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) Meinen Eltern Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Sommersemester 2009 von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen worden. Sie wurde im Mai 2009 abgeschlossen; seither erschienene Literatur konnte nur noch teilweise berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gebührt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Hillenkamp. Er selbst hat sich in einem Festschriftenbeitrag mit dem Thema dieser Arbeit beschäftigt und so mein Interesse für die vorliegende Fragestellung geweckt. Ich danke ihm herzlich für die Anregung der Dissertation, den Freiraum, den er mir bei der Erstellung der Arbeit gelassen hat, sowie für seine Betreuung und Unterstützung in vielfältiger Weise. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Lothar Kuhlen für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich ferner den zahlreichen Ärzten, die mir bereitwillig für Fra- gen zur Verfügung standen und reges Interesse an meiner Arbeit bekundeten. Ebenfalls danken möchte ich den Menschen, die mir offen Auskunft über ihren Glauben und ihre religiöse Gemeinschaft gaben und mir Informationsmaterial zur Verfügung stellten, ohne das mir eine fundierte Beschreibung der in meiner Arbeit besprochenen Religionsgemeinschaften nicht möglich gewesen wäre. Herzlich danke ich auch meinen Eltern, denen diese Arbeit gewidmet ist, und meiner Schwester Tatjana. Meine Eltern haben mich zeitlebens gefördert und standen mir, wie meine Schwester, mit ihrem anhaltenden Interesse und ihren aufmunternden Worten stets unterstützend zur Seite. Schließlich gilt mein Dank der Graduiertenakademie der Universität Heidel- berg, welche den Druck der Arbeit großzügig unterstützt hat. Hamburg, im März 2010 Lisa-Maria Bleiler Inhaltsverzeichnis Einleitung ............................................................................................................... 1(cid:3) A Verfassungsrechtliche und ethische Hintergründe ...................................... 5(cid:3) I. Die kollidierenden Verfassungsgüter ......................................................... 5(cid:3) 1. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ......................................... 5(cid:3) a) Herleitung aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG ............................................ 6(cid:3) b) Herleitung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) .............................................. 8(cid:3) c) Herleitung aus Art. 2 Abs. 1 GG ................................................... 9(cid:3) d) Zwischenergebnis ....................................................................... 10(cid:3) 2. Die Religions-, Weltanschauungs- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 GG ........................................................................................... 10(cid:3) a) Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit .............................. 10(cid:3) b) Die Gewissensfreiheit ................................................................. 13(cid:3) c) Beschränkungsmöglichkeiten der Grundrechte des Art. 4 Abs. 1, 2 GG ..................................................................... 16(cid:3) 3. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nach Art.2 Abs. 2 S. 1 GG .......................................................................... 16(cid:3) 4. Die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG........................................ 18(cid:3) 5. Fazit ................................................................................................... 19(cid:3) II. Die Hintergründe der Einwilligung im Arztrecht ..................................... 19(cid:3) 1. Die philosophische Entstehungsgeschichte der rechtfertigenden Einwilligung ...................................................................................... 20(cid:3) 2. Die Einwilligung im Arztrecht .......................................................... 22(cid:3) a) Prägung durch die Rechtsprechung ............................................. 23(cid:3) b) Prägung durch die ärztliche Standesethik ................................... 23(cid:3) 3. Fazit ................................................................................................... 25(cid:3) B Die betroffenen Religionsgemeinschaften ................................................... 27(cid:3) I. Die Zeugen Jehovas und die Bluttransfusion ........................................... 27(cid:3) 1. Die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas – ein kurzer Überblick ......... 28(cid:3) 2. Die Lehren der Zeugen Jehovas ......................................................... 29(cid:3) X Inhaltsverzeichnis a) Festlegung durch die „Leitende Körperschaft“ ........................... 29(cid:3) b) Zeugen Jehovas und Bluttransfusion .......................................... 30(cid:3) aa) Die herrschende Lehre der Zeugen Jehovas ......................... 31(cid:3) (1) Biblische Grundlagen ...................................................... 31(cid:3) (2) Die Auswirkungen der biblischen Ge- und Verbote ....... 32(cid:3) (a) Der Umfang des Transfusionsverbots und Behandlungsalternativen .......................................... 32(cid:3) (b) Die Tragung der Kosten einer blutfreien Alternativbehandlung ............................................... 36(cid:3) (3) Konsequenzen bei einem Verstoß gegen das Transfusionsverbot .......................................................... 38(cid:3) (4) Berufung auf die Risiken der Bluttransfusion ................. 40(cid:3) bb) Die Lehre der Association of Jehova’s Witnesses for Reform on Blood (AJWRB) ................................................. 41(cid:3) II. Evangelischer Brüderverein und medizinische Behandlungen ................. 42(cid:3) 1. Die Gemeinschaft des Evangelischen Brüdervereins – ein kurzer Überblick ........................................................................................... 42(cid:3) 2. Die Lehre des Evangelischen Brüdervereins in Hinblick auf medizinische Behandlungen .............................................................. 42(cid:3) III. Die „Christliche Wissenschaft“ und medizinische Behandlungen ........... 44(cid:3) 1. Die Gemeinschaft der Christlichen Wissenschaft – ein kurzer Überblick .......................................................................... 44(cid:3) 2. Die Lehre der Christlichen Wissenschaft .......................................... 45(cid:3) C Die Wirksamkeit des Behandlungsvetos des Patienten .............................. 49(cid:3) I. Die Einwilligungs- bzw. Verweigerungsfähigkeit des Patienten .............. 50(cid:3) 1. Allgemeine Überlegungen ................................................................. 51(cid:3) a) Gleichstellung von Einwilligungs- und Verweigerungsfähigkeit .............................................................. 51(cid:3) b) Wirksamkeitsvoraussetzungen .................................................... 51(cid:3) aa) Allgemeine Anforderungen an die Einwilligungsfähigkeit .. 51(cid:3) bb) Verweigerungsfähigkeit bei Lebensgefahr und religiös motiviertem Handeln ............................................................ 57(cid:3) (1) Verweigerungsfähigkeit des Minderjährigen bei Lebensgefahr ................................................................... 57(cid:3) (2) Verweigerungsfähigkeit des Minderjährigen bei religiös motiviertem Handeln .......................................... 60(cid:3) (a) Die religiöse Entwicklung aus psychologischer Sicht .......................................................................... 61 (b) Die Lehren der WTG in Hinblick auf die religiöse Kindererziehung ....................................................... 62 (c) Folgen für die Einwilligungsfähigkeit des minderjährigen Sektierers ......................................... 67 (d) Fehlende Vorwerfbarkeit bei falscher Einschätzung der Einwilligungsfähigkeit ................. 70 Inhaltsverzeichnis XI (3) Ermittlung der Einwilligungsfähigkeit im Laufe des Aufklärungsgesprächs durch den Arzt ............................ 71(cid:3) (4) Folgen der Einwilligungsfähigkeit beziehungsweise -unfähigkeit ..................................................................... 72(cid:3) (a) Einwilligungsfähigkeit des Minderjährigen ............. 72 (b) Einwilligungsunfähigkeit des Minderjährigen ......... 74 2. Sonderprobleme bei religiös motivierter Behandlungsverweigerung 75(cid:3) a) Objektive Vernunft als Wirksamkeitshindernis des Patientenentscheids ..................................................................... 75(cid:3) aa) Wirksamkeitsausschließender Irrtum des Sektierers ............ 75(cid:3) bb) Willensausschließender Zwang durch die Glaubensgemeinschaft ......................................................... 76(cid:3) cc) Mangelnde Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Sektierers ... 77(cid:3) b) Unbeachtlichkeit des Patientenwillens wegen Sittenwidrigkeit .. 80(cid:3) 3. Fazit ................................................................................................... 84(cid:3) II. Die Aufklärung des Patienten ................................................................... 85(cid:3) 1. Einleitung ........................................................................................... 85(cid:3) 2. Allgemeine Grundsätze der Aufklärungspflicht ................................ 87(cid:3) a) Der Inhalt der Aufklärungspflicht ............................................... 87(cid:3) aa) Die Selbstbestimmungsaufklärung ....................................... 87(cid:3) bb) Die „therapeutische Aufklärung“ ......................................... 91(cid:3) b) Der Umfang der Aufklärungspflicht ........................................... 92(cid:3) c) Die Begrenzung des Aufklärungsumfangs .................................. 93(cid:3) d) Der Zeitpunkt und die Form der Aufklärung .............................. 95(cid:3) e) Der Aufklärungspflichtige .......................................................... 95(cid:3) f) Zwischenergebnis ....................................................................... 96(cid:3) 3. Die Aufklärungspflicht bei dem die Behandlung verweigernden Patienten ............................................................................................ 97(cid:3) a) Wirksamkeit der Behandlungsverweigerung ohne Aufklärung des Patienten ............................................................ 97(cid:3) b) Der Schutz des Patienten durch die Aufklärung als selbständige Pflicht des Arztes ..................................................100(cid:3) aa) Inhalt ...................................................................................101(cid:3) bb) Dogmatische Einordnung ....................................................103(cid:3) cc) Straf- und zivilrechtliche Folgen einer Aufklärungspflichtverletzung ..............................................104(cid:3) c) Fazit ...........................................................................................107(cid:3) D Strafbarkeitsrisiken bei Unterlassen der medizinisch indizierten Behandlung ...................................................................................................109(cid:3) I. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens ...........................109(cid:3) 1. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens gemäß §§ 212, 13 StGB ....................................................................109(cid:3) XII Inhaltsverzeichnis a) Ansprechbarkeit des Patienten ...................................................112(cid:3) aa) Die Ablehnung der gesamten Behandlung durch den Patienten ..............................................................................112(cid:3) bb) Die Ablehnung der Bluttransfusion durch den Patienten ....115(cid:3) b) Bewusstlosigkeit des Patienten ..................................................118(cid:3) 2. Die Tatbestandsmäßigkeit des ärztlichen Unterlassens gemäß § 323 c StGB .....................................................................................122(cid:3) a) Die Krankheit als „Unglücksfall“ ..............................................122(cid:3) b) Die Erforderlichkeit der Hilfeleistung bei Verweigerung durch den Patienten ....................................................................124(cid:3) 3. Die Verwirklichung einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB .125(cid:3) 4. Fazit ..................................................................................................126(cid:3) II. Die Rechtswidrigkeit des ärztlichen Unterlassens ...................................127(cid:3) 1. Ansprechbarkeit des Patienten ..........................................................127(cid:3) 2. Bewusstlosigkeit des Patienten .........................................................127(cid:3) a) Abgrenzung der mutmaßlichen Einwilligung zum Notstand i.S.v. § 34 StGB ..........................................................127(cid:3) b) Der Rückgriff auf den mutmaßlichen Patientenwillen ..............131(cid:3) aa) Der Maßstab der Untersuchung: Der individuelle Wille des Patienten........................................................................132(cid:3) bb) Die Subsidiarität der mutmaßlichen Einwilligung ..............133(cid:3) (1) Subsidiarität im Verhältnis zu unmittelbar vor dem Eintritt der Bewusstlosigkeit geäußerten mündlichen Willensbekundungen ......................................................133(cid:3) (2) Subsidiarität im Verhältnis zu antizipierten Behandlungsanweisungen ..............................................134(cid:3) (3) Subsidiarität im Verhältnis zu Betreuerentscheidungen .................................................148(cid:3) (a) Die gesetzliche und die gewillkürte Betreuung i.S.d. §§ 1896 ff. BGB .............................................148 (b) Die Kriterien für die vom Betreuer zu treffende Entscheidung ...........................................................150 (c) Das Verhältnis der Betreuung zur mutmaßlichen Einwilligung ............................................................155 (4) Subsidiarität im Verhältnis zur Entscheidung der Sorgeberechtigen ............................................................157(cid:3) (a) Vertretungsbefugnis der Eltern als Sorgeberechtigte ......................................................157 (b) Missbrauch des elterlichen Sorgerechts durch die Ablehnung einer vital indizierten medizinischen Behandlung ......................................157 cc) Die Mutmaßung des individuellen Patientenwillens ...........164(cid:3) (1) Frühere schriftliche oder mündliche Äußerungen ..........165(cid:3) (2) Religiöse Überzeugungen ..............................................166(cid:3) (3) Objektive Kriterien .........................................................167(cid:3) III. Die persönliche Vorwerfbarkeit des ärztlichen Unterlassens ..................168(cid:3) IV. Fazit .........................................................................................................169(cid:3)

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