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Sternbilder und ihre Mythen PDF

390 Pages·1998·12.968 MB·German
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Gerhard F asching Sternbilder und ihre My then Dritte, erweiterte Auflage Springer-Verlag Wien GmbH O. Univ.-Prof. Dr. techn. habil. Gerhard Fasching Technische Universităt Wien Wien. Osterreich Das Werk ist urheberrechtlich geschUtzt. Die dadurch begrUndeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdruckes. der Ent nahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder iihn lichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bIei ben, auch bei nur auszugs weiser Verwertung vorbehalten. <0 1993, 1994 und 1998 Springer-Verlag/Wien Ursprunglich ersehienen bei Springer-Verlag Wien New York 1998 Softeover reprint of the hardcover 1s t edition 1998 Satz: Reproduktionsfertige Vorlage des Autors Umschlagentwurf: Tino Erben. Wien Umschlagbild: Planisphăre des nordlichen (Vorderseite) und sUdlichen (RUckseite) Himmels. Holzschnitt von A. DUrer, 1515 Gedruckt auf săurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier - TCF SPIN: 10632663 Mit 101 Abbildllngen lInd S4 Tabellen r-~-~--------~------------------- Die Deutsche 8ibliothek - CIP-Einheitsaufnahme • Fasching, Gerhard: Sternbilder und ihre Mythen / Gerhard Fasching. - 3 .. erw. Aufl. - I Wien: New York: Springer. 1998 ISBN 978-3-7091-7336-7 ISBN 978-3-7091-6498-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-6498-3 Vorwort Dieses Buch spricht iiber Sternbilder und ihre My then und tut das in zweifacher Weise. Erstens hat es die Absicht dem Leser zu helfen, wenn er sich am Sternenhimmel zurechtfinden mochte, und zweitens will es ihm die Vielfalt der Bilder vermitteln, die damit verbunden sind. Da sind Geschichten und Erziihlungen, iiberlieferte Dichtungen und Sagen, die von Gottern und Diimonen, von der Entstehung der Welt und von der Erschaffung des Menschen sprechen. Hunderte Namen erinnern uns an friiheste Bil der vergangener Kulturen, die geheimnisvoll durch Jahrtausende zu uns heraufleuchten. Daneben gibt es aber auch "rationale Bilder", wie das ptolemiiische und das koperni kanische Weltbild. Diese Vielfalt der Bilder hat etwas ganz Eigenartiges an sich: Sie widersprechen sich scheinbar und stehen doch in gleichwertiger Pluralitiit nebeneinan der und bereichern in wertvoller Weise unsere ganzheitliche Sicht. Ein Bilderpluralismus tut sich also auf und befreit uns aus der Enge eines eingleisigen Denkens. Am Anfang des Buches (Kapitel 2) stehen die priichtigen Erziihlungen aus Ovids Metamorphosen. Dann (Kapitel 9) ist yom Sternenhimmel im Jahreskreis die Rede, um den Leser anzuregen, diesen fast unendlichen Bilderreichtum sich selbst durch ei gene Beobachtungen zu erschlieBen. Der Sternenhimmel im Friihjahr, im Sommer, im Herbst und im Winter wird gezeigt, und ein weiterer Satz von Himmelskarten ermoglicht das selbstandige Beobachten zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Jahres im Bereich von 35 bis 65 Grad nordlicher geographischer Breite. Ein umfangreicher Abschnitt (Ka pitel 4) spricht von den einzelnen Sternbildern und dem hierzu iiberlieferten Wissen. Sternkarten und alte Kupferstiche zeigen, wie man sich das Sternbild vorgestellt hat. Sternsagen und My then werden dort erziihlt und durch Anmerkungen ergiinzt und er weitert. Beitriige aus vielen Kulturkreisen wurden hier zusammengefiihrt. Angaben iiber einzelne Sterne und iiber bemerkenswerte Objekte, die man zum Teil mit freiem Auge sehen kann, run den das Gesamtbild abo 1m Lauf der Geschichte ist aber auch noch eine andere, besondere Art des Begreifens hervorgetreten: die rationale Vorgangs weise, die zu einem wissenschaftlichen Weltbild yom Universum fUhren soll. Man wollte Sicherheit gewinnen und man wollte loskommen yom ungewissen, bloB iiberlieferten Mythos. Man wollte einen verliiBlichen Blick auf die "Realitiit" werfen. Ein Abschnitt des Buches (KapiteZ 5) zeigt die wissenschaitliche Vorgangsweise an zwei Beispielen: am ptolemiiischen und am kopernikanischen System. Zu unserer Uberraschung werden wir sehen, daB auch wissenschaitliche Bilder bloB Bilder sind. Ein Abschnitt iiber eine Phi losophie der Bilder (Kapitel 6) will fiir die hier gewonnene Auffassung ein Fundament abgeben. Ein umfangreicher Anhang spricht von Menschen, Gottern und Diimonen, nennt ihre Symbole, Eigenschaiten, Funktionen und Aufgaben; manches haben wir ja davon in unserer heutigen Zeit schon vergessen und verdriingt. Sachverzeichnisse mit iiber 3000 Suchbegriffen wollen den Zugang zum Text erleichtern. Die hier vorliegende dritte Auflage des Buches wurde im Anhang durch Tabel len ergiinzt, die die Lage des Mondes und der wichtigsten Planeten auf der Ekliptik abzulesen gestatten. Aus diesen Tabellen kann man fUr die kommenden Jahrzehnte entnehmen, in welchem Sternbild der Mond und die Planeten zu sehen sind, man kann fiir jeden Zeitpunkt feststellen, in welcher Himmelsrichtung sie stehen, an welcher Stelle am Horizont sie auf- bzw. untergehen, in welchem astrologischen Tierkreiszeichen sie sich befinden und manches mehr. Vl Eine zweite sehr wertvolle Erganzung des Anhanges sind Himmelskarten, die den Sternenhimmel zeigen, wie er bei besonders giinstigem Wetter mit bloBem Auge zu sehen ist. Diese Karten dienen einerseits dazu, daB man lernt, in den Punktmustern des Sternenhimmels Gestalten zu erkennen. Anderseits sagen diese Karten dem Leser, an welcher Stelle des Himmels man mit dem Fernglas besonders schone Sternhaufen, Gasnebel oder Galaxien finden kann. Man hat dadurch fUr jeden Zeitpunkt des Jahres einen Wegweiser zur Hand, der auf jene "Gustostiickerln" aufmerksam macht, die man miihelos am Himmel auffinden kann. Wien, im Dezember 1997 Gerhard Fasching Inhaltsverzeichnis 1 Der Blick zu den Sternen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . . . . . 2 Ovids gewolbter Himmel 3 Der Sonnenwagen 3 Jupiter und Kallisto 12 Jupiter und Europa 15 Perseus und Andromeda 16 3 Der Sternenhimmel im Jahreskreis 19 Der Himmel im Friihling . . . . . 21 Sternzug: "Deichsellinie bis Spica" . 26 Der Himmel im Sommer ...... . 27 Sternziige: "Fiinfsternreihe" und "Grof3es Dreieck" . 32 Der Himmel im Herbst . . 33 Sternzug: "Kolurlinie" . . . . . . . . . . . 38 Der Himmel im Winter . . . . . . . . . . . . . 39 Sternziige: "GroBer Wagen und Polarstern" und "GroBes Sechseck um Orion" 44 Himmelskarten fUr das ganze J ahr 45 Tabellen 46 Karten ......... . 52 4 Sternbilder und iiberliefertes Wissen. . 64 Adler ... 67 Andromeda 71 Barenhiiter 76 Becher 81 Delphin 84 Drache 88 Fische 92 Fuhrmann . 95 Grof3er Bar 100 GroBer Hund 105 Hase .. 109 Herkules 112 Jungfrau 117 Kassiopeia 121 Kleiner Bar 125 Kleiner Hund 128 Krebs. 131 Leier ... . 134 Lowe ... . 138 Nordliche Krone 142 Nordliche Wasserschlange 146 Orion ........ . 150 Vlll - Inhaltsverzeichnis - Pegasus 155 Perseus 158 Rabe . 162 Schlange, Schlangentrager 165 Schiitze . 170 Schwan . 174 Skorpion 177 Steinbock 180 Stier . . 183 VVaage 188 VVa lfisch 190 VVassermann . 193 VVidder . 197 Zwillinge . . 200 5 Wissenschaftliche Bilder 204 Das Universum antiker Astronomen 205 Beobachtung der Sonne ..... . . . . 205 Beobachtung der Sterne . . . . . . ... 207 Die Bewegungder Sonne vor dem Fixsternhintergrund 208 Die Deutung der Beobachtungen als Zwei-Kugel-Universum 211 Die Bewegung von Planeten vor dem Fixsternhintergrund 215 Kopernikanisches Universum . . ... 218 6 Die Philosophie der Bilder • • 225 Das naturwissenschaftliche Bild 227 Zeiten "normaler VVissenschaft" 231 Selbst und Sein . . . . . . . 233 Quellen und weiterfiihrend'e Literatur 234 Quellenhinweise . . . . . . . . . . . 234 Schrifttum ............. 236 Friihe Quellen iiber Sternbilder und My then 240 Anhang • • • • . • . . • • • • . 244 Menschen, Gotter und Damonen . . . . 244 Namen und Kurzbeschreibungen 244 Ahnliche oder nahezu iiquivalente Gottheiten 268 Symbole, Kennzeichen und Eigenschaften. . 270 Funktion, Tatigkeit und Aufgabe . . . . . 274 Die Lage des Mondes und der Planeten auf der Ekliptik . 279 Himmelskarten und besondere Objekte 335 Danksagung . . . . . . . . . . . . . 348 International gebrauchliche Fachbezeichnungen und Sternbildabkiirzungen 350 Verzeichnis der Sterne und Sternbilder 353 Verzeichnis zur Mythologie 363 Gesamtverzeichnis . . . . 367 1 1 Der Blick zu den Sternen Fiirs erste wird man meinen, daB dieses Buch die Absicht hat, dem Leser zur Hand zu gehen, wenn er sich am abendlichen Sternenhimmel zurechtfinden will. Es ist ja auch kein Wunder, daB man kaum mehr als zwei, drei Sternbilder kennt, denn der Himmel ist zumeist durch die Segnungen unserer Zivilisation recht dunstig und trub geworden und auch das Streulicht tut das Seine. Die Hl1userschluchten verengen den Blick, die geistige Tradition ist abgerissen und Zeit hat man auch keine. Irgendwann hat man einmal davon gehort, daB der Sternenhimmel fur die friihen Menschen von groBer Bedeutung war, er hat nicht nur die Uhrzeit in der Nacht gezeigt, er war auch ein Kalender, er hat dem Landwirt gesagt, wann es Zeit ist den Acker zu bestellen, wann die Ernte einzubringen ist, wann der Honig zu schleudern ist und wann die Niluberschwemmungen zu erwarten sind, die den fruchtbaren Schlamm auf die Felder bringen. All das ist sicher recht interessant, aber fur unsere heutige Zeit eher belanglos, denn wir haben Uhren und Kalender, wir haben Daten und haben Datenbanken, die uns das alles genauer sagen. Der Rest wurde wegrationalisiert. Dann und wann stehen wir allerdings in kohlschwarzer Nacht im Freien, der Mond leuchtet nicht und trotzdem ist es klar und je langer wir stehen und ruhig schauen, desto unbegreiflicher wird es uns, was da an hellen und zarten Lichtpunkten am Himmel im mer mehr hervortritt; scharfe Punkte sieht man da, die wie gestochen aus dem Dunkel strahlen; manche Lichtpunkte wiederum wirken beim genauen Hinsehen gar nicht so punktformig, sie wirken eher wie kleine helle Lichtscheibchen - sind das Planeten? Je Hinger man schaut, des to mehr sieht man; an manchen Stellen findet man den Himmel fast fll1chenhaft erhellt: Ein Blick durch das Fernglas zeigt uns, daB dort viele schwach leuchtende Sterne angehauft sind. Woanders zeigt sich ein zart leuchtender Nebel schleier. Wenn man an einem solchen Abend einmal das Band der MilchstraBe gesehen hat, dann bleibt das wohl als besonderes Erlebnis in Erinnerung. Irgendwie laBt es uns erschauern, wenn uns in den Sinn kommt, daB all diese Punkte und diese Punktchen Sonnen sind - so weit entfernt, daB man sie kaum mehr sieht. Welch unbegreifliche Ent fernungen sind das - existieren diese Sterne uberhaupt noch, wenn das Licht Millionen Jahre unterwegs war urn bei uns einzutreffen? Man fiihlt sich fast hinausgeschleudert in einen kalten, lichtlosen und lebensfeindlichen Kosmos. Was ist da meine Existenz? Was sind da meine Sorgen und Hoffnungen, meine Wiinsche? Alleingelassen und einsam empfindet man sich da und was man sieht, ist einem fremd. Alte Kulturen haben hier anders empfunden. Der Mensch war nicht hinausgewor fen in die Unendlichkeit, er war umgeben und gehalten von bekannten Figuren, von Gottern und Menschen, von Frauen und Jagern, von Recken und Schlangen und Baren und Bestien. Und diese Wesen konnte man am Himmel sehen, sie haben gelebt, sie standen zueinander in Beziehung, man hat sich an ihnen gefreut, vielleicht hat man sich auch vor ihnen gefiirchtet, sie haben das Leben beeinfluBt, sie haben die Zukunft bestimmt. Furs erste wird man meinen, daB dieses Buch bloB die Absicht hat, dem Leser zur Hand zu gehen, wenn er sich am Sternenhimmel zurechtfinden will. Ja, das ist die eine Absicht, die dieses Buch verfolgt. Es wird vom Friihling-, Sommer-, Herbst- und Win terhimmel gesprochen, man lernt die typischen Sterngruppen kennen, man verbindet sie mit Linien und erkennt bald die typischen Strukturen, wie zum Beispiel den GroBen 2 - Del Blick zu den Sternen - Wagen. Diese Linienstrukturen - oft sind sie ja nicht gerade anschaulich - werden deutlicher, es werden Figuren daraus, die plastisch am Himmel stehen, Aber nicht nur einzelne Figuren sind es, die wir hier starr wie Statuen sehen. Die Figuren beginnen zu leben, zu handeln, wenn wir von den Erzahlungen und My then horen. Die Figuren wandeln sich aber auch, ihre Gestalt wird anders, wenn sie in eine andere Erzahlung eingebunden sind. Manche Geschichten sind kurz, manche sind langer und manche verbinden mehrere Sternbilder miteinander und ilbergreifen grofie Teile des sichtbaren Himmels. Manche Gestalten sind eindeutig, bei anderen Sternbildern uberlagern sich mehrere Teilbilder, von manchen ist nur mehr ein Name ilbrig, der geheimnisvoll an das Denken vergangener Kulturen erinnert. Bilder uber Bilder sind das, die uns aus den Sternpunkten entgegenkommen. Unvollstandig mufi es bleiben, wenn man von Bil dern sprechen will, die zum Teil viele tausende Jahre alt sind und dennoch bis zu uns dringen. Ja, dieses Buch hat die Absicht, dem Leser zu helfen, sich am Sternenhimmel zurechtzufinden und es will auch dafur sorgen, dafi die Sternbilder vor unseren Augen lebendig werden und auch lebendig bleiben. Vor unserem heutigen, naturwissenschaftlich gepragten Weltbild erscheinen uns die My then - wenn wir sie wohlwollend betrachten - aber eher wie ein Kinderglaube. Es beriihrt einen fast peinlich zu bemerken, wie weit doch die Sicht dieser fruhen Kulturen von der Wirklichkeit entfernt waren. Wir sind uns heute namlich doch sehr sicher, dafi die Welt wirklich so beschaffen ist, wie wir sie in unserem naturwissenschaftlich privilegierten Bild erkennen. Diese Sicherheit kommt oft sehr der Selbstsicherheit in die Nahe und lafit dadurch die Bilder vergangener Kulturen immer mehr verb lassen und fast wie ein Zerrbild erscheinen. So ist es verstandlich, dafi das Buch auch noch eine andere Absicht verfolgt. Es will darauf aufmerksam machen, dafi diese alten Bilder vielleicht doch nicht so weit entfernt sind von unseren heutigen Bildern, wie wir immer glauben. Denn dieses tiefe, transzendente Etwas, das aHem zugrundeliegt, kann man niemals direkt sehen und unmittelbar begreifen. Gleichgultig wie wir es auch anfangen, immer stehen wir bloB vor Bildern, die jenes tiefe Etwas nie wirklich abzubilden vermogen. Privilegierte Bilder gibt es nicht. Und da hilft auch unsere heutige Wissenschaft nicht sehr viel weiter. So gesehen, stehen die My then dann plotzlich ganz anders vor uns: Sie sind ein Zeugnis fur ein ernstes Bemuhen vergangener Kulturen die Welt und die Tiefe des Transzendenten zu verstehen. Das Buch verfolgt also auch ein philosophisches Ziel - es will von einer Philosophie der Bilder reden. 3 2 Ovids gewolbter Himmel In den Metamorphosen von Ovid, in dem herrlichen Buch der My then und Ver wandlungen, lesen wir* von dem pra.chtigen Bild, das sich die Menschen vor fast zwei tausend Jahren vom Himmel gemacht haben. Von manchen Sternbildern wird da ge sprochen, von denen wir heute nur mehr eine ganz blasse Vorstellung haben, was sie einst bedeuteten. Der Sonnenwagen STIER, SCHOTZE, LOWE, SKORPION, KREBS, GROSSER BAR, SCHLANGE, ALTAR, DRACHE, BARENHOTER, FLUSS ERIDANUS. >Epaphos gleich an Stolz und Jahren war der Sohn des Sonnengotts, Phaethon. Ais dieser einmal prahlte und, iibermiitig wegen seiner Abkunft von PhObus Apollo, hinter jenem nicht zuriickstehen wollte, nahm das der Enkel des Inachos nicht hin und sprach: "Deiner Mutter glaubst du alles, du Narr, und briistest dich mit einem falschen, eingebildeten Vater!" Phaethon errotete, Scham unterdriickte seinen Zorn, und er hinterbrachte seiner Mutter Klymene die gemeine Krankung durch Epaphos. "Und was dich noch mehr schmerzen mufi", sprach er, "ich, Mutter, der ich sonst so freimiitig, so trotzig bin, schwieg still dazu. Ich scha.me mich, daB ich mir solche Schma.hungen anhOren mufite, ohne sie widerlegen zu k6nnen. Doch bin ich wirklich ein Sprofi aus g6ttlichem Stamm, dann gib mir ein Zeichen so hohen Ursprungs und erhalte mir meinen Anspruch auf den Himmel!" So sprach er, schlang seinen Arm um den Nacken der Mutter und be schwor sie bei seinem eigenen Haupt, bei dem seines Stiefvaters Merops und bei den Hochzeitsfackeln der Schwestern, ihm einen Hinweis auf seinen wahren Vater zu ge ben. Ungewifi ist, ob Klymene sich mehr von Phaethons Bitten leiten liefi oder von der Emporung iiber den ihr gemachten Vorwurf. Jedenfalls hob sie beide Arme zum Himmel, blickte zur hellen Sonne empor und sprach: "Bei diesem Himmelslicht, geziert durch schimmernde Strahlen, das uns h6rt und sieht, schw6re ich dir, mein Sohn: Der Gott da, den du erblickst, der die Welt erw4rmt, ist dein Vater. Sage ich nicht die Wahrheit, so solI er mir auf ewig seinen Anblick entziehenj dann solI dieses Licht das letzte sein, das meine Augen schauen! Aber es ist keine miihsame Reise vonnoten, um das Haus deines Vaters kennenzu lernen. Der Palast, wo er aufgeht, steht an der Grenze zu unserem Land. Treibt dich de in Herz, so geh und befrage ihn seiber!" Gleich stiirmt Phaethon fort wie der Blitz, froh iiber die Worte der Mutter, und greift nach dem Himmel im Herzen. Er durchwandert Athiopien und das sonnenver brannte Inderland und eilt rastlos dahin, wo am Morgen sein Vater emporsteigt. * Quellenangaben findet man in einem eigenen Abschnitt am SchluB des Buches.

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