FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 2259 Herausgegeben im Auftrage des Ministerprasidenten Heinz KUhn vom Minister fur Wissenschaft und Forschung Johannes Rau Prof. Dr. -Ing. Wilfried Konig Dr. -Ing. Dieter Pahl Dr. -Ing. Egbert Scholz Dr. -Ing. Rainer Stockmann Lehrstuhl fUr Technologie der Fertigungsverfahren Laboratorium fiir Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der Rhein. -Westf. Techn. Hochschule Aachen Steigerung der Genauigkeit und Betriebs sicherheit bei den elektrochemischen Bearb eit ungsverfahren Westdeutscher Verlag Opladen 1972 ISBN-13: 978-3-531-02259-8 e-ISBN-13: 978-3-322-88325-4 DOl: 10_1007/978-3-322-88325-4 © 1972 by Westdeutscher Verlag, Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag Inhalt Einlei tung ............................................... 5 1. Elektrochemisches Senken ••••••••••••.•••••••••••• 5 1.1 Prinzip des elektrochemischen Senkens •••••••••••• 5 1. 2 Grundlagen des elektrochemischen Senkens •.••••••• 6 < 1. 2.1 FormelmaBige Beschreibung des Senkprozesses •••••• 6 1. 2.2 GesetzmaBigkeiten des Abbildungsvorganges •••••••• 7 1.3 Spaltausbildung beim elektrochemischen Senken mit nichtpassivierenden Elektrolyten ••••••••••••• 8 1. 3.1 EinfluBgroBen auf die Spaltausbildung beim Senken von prismatischen Bohrungen .•••••••••••••• 9 1.3.1.1 Bearbeitungsparameter bzw. Stirnspalt ag ••••••••• 11 1.3.1.2 Teilspal t ao ••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 12 1.3.1.3 Teil spal t as 14 I •••••••••••••••••••••••••••••••••••• 1.3.1.4 Sei tenspal t as ••••••••••••••.•••••••••••••••••••• 14 1. 3. 2 Abbildungsgenauigkeit beim Senken von Raumformen • 17 2. Elektrochemisches Honen mit passivierender Elektrolytlosung •••••••••••••••••••••••••••.••••• 19 2.1 Anforderungen an das Honwerkzeug ••••••••••••••••• 20 2.2 Abtragleistung ••••••••••••••••••••••••••••••••••• 22 2.3 Rundhei tsfehler •••••••••••••••••••••••••••••••••• 23 3. KurzschluBerkennung und -abschaltung bei der elektrochemischen Metallbearbeitunq •••••••••••••• 26 3.1 Entstehungsursachen von KurzschlUssen •••••••••••• 26 3.1.1 Metallische Fremdkorper •••••••••••••••••••••••••• 26 3.1.2 Nichtmetallische Fremdkorper ••••••••••••••••••••• 27 3.1. 3 UngenUgender ElektrolytdurchfluB ••••••••••••••••• 27 3.1.4 Passivierungsschichten ••••••••••••••••••••••••••• 27 3.2 Erfassungsm5g1ichkeiten von KurzschlUssen •••••••• 28 3.2.1 Untersuchungen des Spannungsverlaufes beim eintretenden KurzschluB •••••••••••••••••••••••••• 28 3.2.2 Theoretische Betrachtung zu den KurzschluB- vorg:ingen ....................................... . 30 3.2.3 Schaltungen zur KurzschluBerfassung •••••••••••••• 32 3.2.3.1 Schaltung zur statischen KurzschluBerfassung ••••• 32 3.2.3.2 Schaltung zur dynamischen KurzschluBerfassung •••• 33 3.3 KurzschluBabschaltung •••••••••••••••••••••••••••• 39 3.3.1 Aufbau einer Thyristor-KurzschluBanlage •• : ••••••• 40 3.3.2 Auslegung der Hauptthyristoren ••••••••••••••••••• 41 4. Zusammenfassung ••.•.•••••••..•••••..••••••••••••• 43 Literaturverzeichnis ••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 45 Verwendete Formelzeichen ••••••••••••••••••••••••••••••••• 46 Abbildungen ............................................... , 48 3 Einleitung Entwicklung und Einsatz der elektrochemischen Bearbeitungsverfah ren waren zunachst gepragt durch den Einsatz und die Verarbei tung von hochwarmfesten metallischen Werkstoffen, besonders im Flugzeugbau und in der Raumfahrttechnik. Es bieten sich jedoch he ute zahlreiche Einsatzoebiete filr eine elektrochemische Bear beitung in allen Produktionszweigen der metallverarbeitenden In dustrie an. Unter Berilcksichtigung der spezifischen Vorteile sollten diese Verfahren weit starker in die Gesamtheit der Me tallbearbeitungsverfahren nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingegliedert werden. Voraussetzung hierfilr ist eine moglichst genaue Kenntnis der Moglichkeiten und Grenzen dieser Verfahren. 1m vorliegenden Bericht - Weiterfilhrung der Forschungsberichte 1716, 1845 und 1991 (1, 2) - werden die Abbildungs- und Formge nauigkeit sowie die KurzschluBerkennung und Abschaltung beim elektrochemischen Senken und Honen eingehend untersucht. Die Abbildungs- und Formgenauigkeit werden im wesentlichen von der GroBe und der Art der Ausbildung des Arbeitsspaltes bee in fluBt. Beim elektrochemischen Senken ergibt sich der Arbeits spalt aus den Arbeitsparametern, w1ihrend er beim elektrochemi schen Honen vorgegeben wird. In ersten Versuchen ergab sich, daB mit kleinerem Arbeitsspalt sowohl beim Senken als auch beim Ho nen groBere Form- und Abbildungsgenauigkeiten zu erzielen sind. Ein sehr kleiner Spalt zwischen den Elektroden erhoht jedoch die Gefahr von Kurzschlilssen und der damit verbundenen Gefahr der Werkzeug- und Werkstilckzerstorung erheblich. Urn die Folgen von Kurzschlilssen weitestgehend ausschlieBen zu konnen, wurde die Entstehung von Kurzschlilssen untersucht und Moglichkeiten ihrer frilhzeitigen Erkennung aufgezeigt. Aus die sen Kenntnissen ergeben sich KurzschluBabschaltungen, die eine elektrochemische Bearbeitung mit sehr kleinen Arbeitsspalten ge statten, ohne eine Zerstorung der Werkzeuge durch Kurzschlilsse befilrchten zu milssen. 1. Elektrochemisches Senken 1.1 Prinzip des elektrochemischen Senkens Das elektrochemische Senken ist ein Fertigungsverfahren, das auf der konseguenten und logischen Ausnutzung der im Faraday'schen Gesetz zum Ausdruck gebrachten Erkenntnisse beruht. 1m ilbertra genen Sinne besagt dieses Gesetz, daB der elektrochemische Ab trag an der Anode, der hervorgerufen wird durch Ladungsaustausch vorgange zwischen Anode, Kathode und einem elektrolytischen Wirk medium, proportional der durch den Elektrolyten geflossenen La dungsmenge ist. Urn einen hohen 'Abtrag pro Zeiteinheit zu erzie- 5 len, werden hohe Strome benotigt bzw. es mUssen bei gegebener Elektrodenfliiche hohe Stromdichten erreicht werden. Aufgrund des Abtrages an der Anode wUrde sich der Widerstand der Elektro lytsaule zwischen den Elektroden vergroBern, d. h. bei konstan ter Spannung wUrde die Stromdichte und damit die Abtragsleistung geringer, wenn nicht die Kathode entsprechend dem Abtrag an der Anode in Richtung auf diese zugestellt wUrde. Damit ergibt sich das Prinzip des elektrochemischen Senkens, das anhand der in Abb. 1 dargestellten maschinellen Anordnung er Uiutert wird. WerkstUck und Werkzeug lieqen als Elektroden am positiven bzw. negativen Pol einer Gleichstromquelle, deren Spannunq zwischen 5 und 20 Volt einstellbar ist. D~s Werkzeug wird mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung des ArbeitsfQrtschrittes zugestellt. In einzelnen Fallen erfolgt diese Vorschubbewegung auch gere gelt (3). Zwischen Werkzeug und WerkstUck bilden sich Spalte in der GroBenordnung von 0,05 - 1 mm aus. Entsprechend dem Ohm' schen Gesetz resultieren aus diesen Spaltweiten Stromdichten, deren Werte zwischen 0,5 und 5 A/mm2 betragen konnen. Da sich die Elektrolytlosung bei Stromdurchgang erwarmt und die se Stromwarme zur Aufrechterhaltung des Abtragsprozesses abge fUhrt werden muB, ist eine hohe Stromungsgeschwindigkeit der Elektrolytlosung im Spalt zwischen den Elektroden erforderlich. Die Elektrolytlosung wird deshalb mit DrUcken bis zu 15 kp/cm2 und darUber durch Bohrunqen oder Schlitze, die meist im Werkzeug angeordnet sind, in den Arbeitsspalt gefUhrt und flieBt gegen Atmospharendruck oder gegen einen Drosseldruck von 1 - 3 kp/cm2 abo Aufgrund dieser Druckdifferenzen sind Stromungsgeschwindig keiten der Losung bis zu 50 m/s moglich. 1.2 Grundlaqen des elektrochemischen Senkens Die GesetzmaBigkeiten, die dem elektrochemischen Senken zugrun de liegen, sind in vorangegangenen Forschungsberichten '(I, 2), ausfUhrlich erlautert wo~den. Sie werden im folgenden nur kurz angefUhrt, urn die nachfolgenden AusfUhrungen verstandlich tiar stellen zu konnen. 1.2.1 FormelmaBige Beschreibung des Senkprozesses Aus dem Faraday'schen Gesetz, das die an den Elektroden umge setzte Stoffmenge beschreibt, laBt sich fUr den Materialabtrag V an der Anode die Beziehung V=V ·I·t (1) sp ableiten. Darin ist I der Arbeitsstrom (A) und t die Bearbei tungszeit (min). In dem Faktor Vsp (mm3/A . min), dem spezifi schen Abtragvolurnen, sind die Elementkennwerte, das spezifische Gewich~ und die Faraday'sche Konstante zusammengefaBt. Vsp ist somit eine Werkstoffkonstante. Da es sich bei den oraktisch zu bearbeitenden Werkstoffen nicht urn reine Metalle handelt son dern urn Materialien, die metallische Komponenten in unterschied lichen Konzentrationen und GefUgephasen sowie nichtmetallische 6 Bestandtei1e entha1ten, besteht die anodische Auf15sung aus meh reren parallel ab1aufenden und sich eventue11 gegenseitig be- . einf1ussenden Reaktionen. AuBerdem k5nnen die einze1nen Legie rungse1emente mit mehreren Wertigkeiten in L5sung gehen. Diese Einf1Usse erschweren die rechnerische Bestimmung des spezifi schen Abtrages, so daB es zweckmaBig ist, den Vsp-Wert experi mente11 zu ermitte1n. Aus der Beziehung (1) 1aBt sich eine fUr das e1ektrochemische Senken wichtige G1eichung ab1eiten: vA=s.V (2) sp Danach ist die Abtraggeschwindigkeit vA (mm~min) am WerkstUck direkt proportional der Stromdichte 5 (A/mm ) auf der Anoden oberf1ache. Da sich beim e1ektrochemischen Senken die Werk stUckoberf1ache aufgrund des Abtrages mit derse1ben Geschwin digkeit wie die Werkzeugoberf1ache bewegt (4), kann die Ein senkgeschwindigkeit vE des Werkzeuges gleich der Abtraggeschwin digkeit vA gesetzt werden. Damit ist die Stromdichte auf den E1ektroden der Einsenkgeschwindigkeit direkt proportional. 1.2.2 GesetzmaBigkeiten des Abbi1dungsvorganges Die GesetzmaBigkeiten der Spa1tausbi1dung zwischen den E1ektro den werden aus dem Faraday'schen und Ohm'schen Gesetz abge1ei tet. Prinzipie11 ist zwischen drei Spa1tarten zu unterscheiden: Der Stirnspa1t ag, der in Einsenkrichtung gemessen wird (Abb. 2), ste11t sich nach Erreichen des G1eichgewichtszustandes in Ab hangigkeit von den Bearbeitungsbedingungen nach G1. (3) ein: u . x • V sp (3) a g Die Spa1tgr5Be ist also der Spannung U, der spezifischen Leit fahigkeit x der E1ektro1yt15sung und dem spezifischen Abtrag direkt und der Einsenkgeschwindigkeit umgekehrt proportional. Die Gr5Be des Seitenspa1tes as bei einer prismatischen Ein senkung wird in erster Naherung nach G1. (4) berechnet, in der b die Dicke des profi1erzeugenden Tei1es der Werkzeuge1ektrode ist (Abb. 2). , ='; a 2a b (4) 5 g Die Berechnung des Spa1tes an, der eine Raumform umgibt und senkrecht zur WerkstUckkontur gemessen werden 5011 (Abb. 3), erfo1gt nach der Beziehung (5): a (5) =~ sin a Danach ist der Norma1spa1t an umgekehrt proportional dem Sinus des Winkels a zwischen der Tangente an die WerkstUckkontur und der Vorschubrichtung. Die Spa1tweiten zwischen den E1ektroden sind also sowoh1 von den Bearbeitungsparametern a1s auch von der Form der werkzeug- 7 elektrode bzw. der zu fertigenden Kontur abhangig. Diese Spalt weiten mUssen bei der Auslegung der Werkzeugelektroden zur Her stellung maB- und formgenauer Einsenkungen BerUcksichtigung fin den. Die angefUhrten GesetzmaBigkeiten sind nur dann gUltig, wenn an der Anode auBer der Metallauflosung keine Nebenreaktionen ablaufen, wie es beispielsweise fUr die Bearbeitung unlegier ter Stahle mit NaCI-Losungen zutrifft. Bei der Verwendung sogenannter passivierender Elektrolyte kann dagegen der an der Anode erzielte Abtrag nicht mehr durch die genannten Beziehungen beschrieben werden, da ein Teil der dem ProzeB zugefUhrten Ladung in Nebenreaktionen verbraucht wird und somit nicht zur Werkstoffauflosung beitragt. Diese Tatsache findet durch den Begriff der Stromausbeute ~i (1) BerUcksichti gung: ~, = aufgeloste Werkstoffmenae (6) 1 theoretisch auflosbare Werkstoffmenge Die Stromausbeute ist einerseits abhangig von der Paarung Werk stoff - Elektrolyt, andererseits ist sie eine Funktion der Be arbeitungsparameter. FUr die Praxis des elektrochemischen Senkens ist in diesem Zu sarnrnenhang zunachst nur die Aussage zu machen, daB fUr dieses Verfahren Elektrolyte verwendet werden konnen, die sowohl eine nahezu 100 %ige Stromausbeute gewahrleisten als auch solche, die aufgrund von Passivierungserscheinungen die Metallauflosung und damit die Stromausbeute zum Teil drastisch reduzieren kon nen. Die Stromausbeute wiederum hat einen erheblichen EinfluB auf die Abbildungsgenauigkeit. Da die Aussage, ob ein Elektrolyt passivierend wirkt oder nicht, irnrner von der Paarung Elektrolyt - Anodenwerkstoffabhangig ist, wird fUr die folgenden AusfUhrungen festgelegt, daB sich diese Begriffe stets auf die Paarung Elektrolyt - Eisen und des sen Legierungen beziehen. 1.3 Spaltausbildung beim elektrochemischen Senken mit nichtpas·si vierenden Elektrolyten Aus den im Abschnitt "GesetzmaBigkeiten des Abbildungsvorganges" angefUhrten.GI. (3), (4), (5) geht der EinfluB der Bearbeitungs parameter auf die Spaltausbildung zwischen den Elektroden her vor. In diesen Beziehungen ist jedoch nur ein Teil der bee in flussenden GroBen enthalten. Sie beinhalten beispielsweise nicht die Leitfahigkeitsanderung der Elektrolytlosung im Arbeitsspalt aufgrund der zwangslaufig auftretenden Temperaturerhohung und der Gasanreicherung. Obgleich diese EinflUsse zum Teil sicher lich rechnerisch erfaBbar sind (5), werden si'e in den folgenden Untersuchungen bewuBt eliminiert, urn die Spaltberechnungen nicht unnotig zu komplizieren. Das laBt sich weitgehend dadurch er reichen, daB.die Elektrolytstromung so gefUhrt wird, daB die Lo sung an dem zu betrachtenden Spalt mit einer definierten Leit fahigkeit vorliegt: Sollen zum Beispiel prismatische Bohrungen gesenkt werden, so interessiert fUr die MaBgenauigkeit des Tei les die GroBe des Seitenspaltes as. 8 Wird nun die ElektrolytH:isung - wie allgemein ublich - durch Spulbohrungen oder -schlitze in den Arbeitsspalt geleitet (vgl. Abb. 2), so wird sie beim Passieren des Stirnspaltes ag aufgrund der elektrochemischen Vorgange mit Wasserstoffgas angereichert und erwarmt. Diese Erwarmung nimmt noch mit der Einsenktiefe zu, da durch den sich in der Spulbohrung bildenden Zapfen die strom beaufschlagte Spaltlange standig verlangert wird. Die so gefuhr te Elektrolytlosung tritt also mit einer undefinierten Leitfa higkeit in den Seitenspalt ein, wodurch eine genaue Spaltberech nung auBerst schwierig wird. Durch Umkehren der Stromungsrich tung lassen sich diese Schwierigkeiten jedoch beheben, da hier durch die Elektrolytlosung mit der im Tank gemessenen, konstan ten Leitfahigkeit den Seitenspalt erreicht. Weiterhin geht aus den o. a. Gleichungen hervor, daB verfahrens bedingt zwischen zwei Arten der Spaltausbildung unterschieden werden muB: 1. Der Stirnspalt ag und der Seitenspalt as bilden sich mit ei ner konstanten GroBe aus, die von den Bearbeitungsparametern und beim Seitenspalt zusatzlich noch von der Breite der Pro filplatte b abhangt. Diese Spaltweiten, besonders aber der Seitenspalt, interessieren bei der Auslegung der Werkzeug elektroden zum Senken von Bohrungen. 2. Der Normalspalt an ist keine konstante GroBe, sondern eine Funktion des Konturneigungswinkels bzw. der Werkstuckkontur. Das bedingt eine zum Teil umfangreiche Korrektur der Werk zeugelektroden, die zum Senken von Raumformen eingesetzt werden. rm folgenden werden deshalb diese beiden Einsatzgebiete des elektrochemischen Senkens - das Senken von prismatischen Bohrun gen und von Raumformen - getrennt behandelt, und die Moglichkei ten zur Verbesserung der MaB- und Formgenauigkeit untersucht. 1.3.1 EinfluBgroBen auf die Spaltausbildung beim Senken von prismatischen Bohrungen Die Wirkflache der Werkzeugelektroden, die zum elektrochemischen Senken von prismatischen Sacklochern oder Durchbruchen verwen det werden, ist im allgemeinen eine dunne Profilplatte, die mit einem hohlen, allseitig isolierten Stromtrager verbunden ist. Die Kontur dieser Profilplatte ist eine Aquidistante zu der im Werk stuck zu erzeugenden Kontur im Abstand des Seitenspaltes as (vgl. Abb. 2). Voraussetzung fur die Fertigung maBgenauer Werk stucke ist daher die exakte Bestimmung dieser Spaltweite. Mit Gl. (4) ist bereits eine naherungsweise Berechnung des Sei tenspaltes angefuhrt worden, die aus der Differentialgleichung (7) abgeleitet wurde (Abb. 4): da S I u. x • V sp (7 ) ;rr- a ' a s w Mit aw = 0 und der Bedingung, daB zur Zeit t = 0 der Seiten spalt die GroBe ao hat, lautet die Losung der Gl. (7): a ' = , I 2U'x • V • t + a 2 (8) s \j sp 0 9 Wird fur die Zeit t die Beziehung (9) t = ( 9) ( 10) in der b die Breite der Profilplatte bedeutet (4). Die allge mein getroffene Annahme, daB der Ausdruck ao verh~ltnism~Big klein gegenuber dem Ausdruck 2 ag • b und daher vernachl~ssigbar sei, fuhrte zu der Beschreibung des Seitenspaltes durch die Gl. (4). Diese Annahme erscheint jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn die Werkzeugelektrode an ihrer Stirnseite scharfkantig aus gebildet ist. Sobald sie aber, wie es aus stromungstechnischen Gesichtspunkten erforderlich ist, stirnseitig mit einem Radius versehen wird, nimmt der Wert ao eine nicht mehr zu vernachl~s sigende GroBe an, die dann zwangsl~ufig in die Berechnung des Seitenspaltes einbezogen werden muB. Galloway (6) gibt fur die Ermittlung von ao die Beziehung (11 ) an, jedoch macht er keine Angabe uber die GroBe des Elektroden radius r, der verfahrensbedingt einen EinfluB auf ao ausuben muB. Bei Kawafune (7) findet sich die Angabe, daB fur einen Radius von 5 mm ao sich nach der GesetzmaBigkeit (12) ausbildet. Wird zun~chst einmal von den unterschiedlichen Angaben zur Be rechnung von ao abgesehen, so laBt sich mit Gl. (10) und einer der Beziehungen (11) oder (12) immer noch nicht die gesamte Spaltweite as erfassen: Aufgrund des elektrischen Streufeldes erfolgt - in Vorschubrichtung gesehe~ - hinter der Profilplatte eine zus~tzliche Spaltaufweitung as - as' (l>.bb. 5). Grunds~tzlich setzt sich also der Seitenspalt as aus drei unter schiedlichen Teilspalten zusammen: a) dem Spalt ao, der von dem Elektrodenradius r erzeugt wird und auBerdem noch eine Funktion der in der GroBe ag ent haltenen Bearbeitungsparameter ist, b) dem Teilspalt as' - ao, der nach Gl. (10) von der Profilplat tendicke b und den Arbeitsbedingungen abh~ngt, c) der Spaltaufweitung as - as', die durch das elektrische Streu feld zwischen den Elektrodenhervorgerufen wird und demnach eine Funktion der Bearbeitungsparameter ist. Die Einflusse dieser Faktoren, also der Elektrodenform und der Bearbeitungsbedingungen, auf die GroBe des Seitenspaltes werden 10 im folgenden diskutiert. Dabei werden, der Einfachheit halber, die Bearbeitungsparameter entsprechend Gl. (3) durch die Gr5Be des Stirnspaltes ausgedrUckt. 1.3.1.1 Bearbeitungsparameter bzw. Stirnspalt ag Die Ableitung der Gl. (3) zur Berechnung des Stirnspaltes ag erfolgte unter Vernachlassigung des Spannungsabfalles an den Elektroden (Polarisationsspannung). FUr eine exakte Berechnung der beim elektrochemischen Senken auftretenden Spaltweiten ist diese Vereinfachung jedoch nicht zulassig. Wie die in Abb. 6 dargestellten MeBergebnisse verdeutlichen, kann sich erst dann eine endliche Spaltweite ag zwischen den Elektroden ausbilden, wenn an diesen eine Spannung U anliegt, die gr5Ber ist als die Polarisationsspannung Upol. Die Gr5Be des Stirnspaltes errechnet sich demnach nach der -Ge setzmaBigkeit (13): x·V sp (13) Aus Abb. 6 ist zu erkennen, daB die Vernachlassigung der Polari sationsspannung bei der Spaltberechnung einen Fehler verursacht, des sen relative Gr5Be d ag : ag zwar konstant ist, wahrend sein Absolutbetrag d ag mit zunehmender Leitfahigkeit oder auch ab nehmender Einsenkgeschwindigkeit gr5Ber wird und dann zu erheb lichen Fehlberechnungen fUhrt. Eine analytische Bestimmung der Gr5Be der Polarisationsspannung gelang bisher nicht, obwohl durch umfangreiche wissenschaftliche Arbeiten die EinflUsse auf die unter .dem Oberbegriff Polarisa tionsspannung zusammengefaBten Teilpotentiale bekannt geworden sind z. B. (8). Danach wird der Elektrolytart, also der Gr5Be bzw. der Wanderungsgeschwindigkeit der Anionen und Kathionen sowie der von der Stromdichte abhangenden Ionenverarmung in der Phasengrenze Elektrode - Elektrolytl5sung ein groBer EinfluB auf den Betrag der Polarisationsspannung zugeschrieben. Ferner wirken sich die Elektrodenwerkstoffe je nach ihrer Lage in der Spannungsreihe auf die Gr5Be der Polarisationsspannung aus. FUr die beim elektrochemischen Senken zur Anwendung kommenden Stromdichten konnten durch die Auswertung zahlreicher Versuche mit NaCl-L5sunqen, Messing als Kathoden- und Ck 45 bzw. 56NiCrMoV 7 als Anodenwerkstoff Polarisationsspannungen zwischen 1,8 und 2,2 V ermittelt werden (siehe Abb. 6). Wenn auch diese Werte im Verhaltnis zu einer, maximalen Arbeitsspannung von U =20 V noch einen relativ groBen Bereich Uberstreichen, so wird dennoch der Fehlbetrag in der Spaltberechnung, der bei Anwen- dung von Gl. (3) noch 10% betrug, durch BerUcksichtigunq des Mittelwertes von Upol = 2 V in Gl. (13) auf 1% reduziert. Beim Arbeiten mit passivierenden Elektrolyten muB zusatzlich noch der Spannungsabfall in der Passivschicht Up in der Gl. (13) BerUcksichtigung finden. 11