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Stammheim. Eine moderne Haftanstalt als Ort der Auseinandersetzung zwischen Staat und RAF PDF

348 Pages·2016·2.731 MB·German
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Sabine Bergstermann Stammheim Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte Band 112 Sabine Bergstermann Stammheim Eine moderne Haftanstalt als Ort der Auseinandersetzung zwischen Staat und RAF ISBN 978-3-11-040482-1 E-ISBN (PDF) 978-3-11-040499-9 E-ISBN (EPUB) 978-3-11-040510-1 ISSN 0481-3545 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- biblio grafie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH Berlin/Boston Titelbild: Aus Stammheim – eine Gebäudemonographie von Andreas Magdanz, www.andreasmagdanz.de Einbandgestaltung: hauser lacour Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com Inhalt Vorwort......................................................... VII I. „Tödlicher Ort in bleierner Zeit“ – Ein Gefängnis als Symbol? ...... 1 1. Fragestellung und Forschungsinteresse ....................... 4 2. „Ortsbegehung“: Methodische Annäherung an drei Dimensionen des Ortes Stammheim ..................................... 8 3. Widerstreit der Anschauungen: Eine Begriffsklärung ............ 13 4. Die RAF im Blickpunkt der Forschung ....................... 19 5. Quellen ................................................. 26 6. Gang der Untersuchung.................................... 29 II. Strafrechtsreform und Innere Sicherheit ......................... 33 1. Die Konstituierung der RAF ................................ 34 2. Strafrechtsreform als Gesellschaftsreform ..................... 41 3. Die „innere Sicherheit“ als neuer Diskurs ..................... 51 III. Die umstrittene Organisation des Haftvollzugs ................... 61 1. Der Haftvollzug im Brennpunkt der Kritik .................... 61 2. Stammheim als Idealbild eines Reformgefängnisses ............. 73 3. Kritik an Stammheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 IV. Vor Stammheim: Haftbedingungen und Strategien der RAF ......... 87 1. Die Inhaftierung in „strenger Einzelhaft“ ..................... 88 2. Die Vereinnahmung von Begriffen: Die erste Säule der RAF-Strategie ............................................ 101 3. Hungern gegen die Isolation: Die zweite Säule der RAF-Strategie ............................................ 111 V. In Stammheim: Privilegien der RAF............................. 127 1. Umbaumaßnahmen: Kein Mehr an Sicherheit ................. 127 2. Privilegien: Der „Staat“ gibt nach ............................ 130 3. Konfrontation: Widerstand statt Disziplin ..................... 152 VI. Neben Stammheim: Legislative Reaktionen und Prozess ............ 161 1. Strafrechtsverschärfung und „Betonfestung“: Die Reaktion aus Bonn ................................................... 161 VI Inhalt 2. Freiheit und Aufmerksamkeit für die Angeklagten: Die Strategie der Verteidiger ................................ 176 3. Prozessführung: Rechtsbeugung im Gerichtssaal?................ 190 VII. Stammheim im „Deutschen Herbst“............................. 203 1. Freiheit für die Gefangenen: Die Strategie der „zweiten Generation“.............................................. 203 2. „Kontaktsperre“ und Kontaktaufnahme: Die Strategie der Bundesregierung ......................................... 209 3. Der „Hochsicherheitstrakt“: Ort von Sicherheitsdefiziten........ 221 VIII. Über Stammheim: Der Diskurs über den „Staat“ .................. 253 1. Die „Vernichtung“ der RAF: Die Strategie des „Staates“?......... 254 2. Der schwache Staat: Die Strategie der Boulevard-Medien ........ 276 3. Der bedrohte Staat: Die Strategie der Opposition.............. 284 IX. Nach Stammheim: Was bleibt?................................. 297 Abkürzungsverzeichnis ............................................ 309 Quellen und Literatur ............................................. 311 Personenregister.................................................. 335 Vorwort Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertations- schrift, die im Sommersemester 2013 im Fach Neuere/Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde. Eine Doktorarbeit hat viele Väter – und Mütter – und damit der lange Weg gelingt, braucht es viele Begleiter. Mein erstes großes Dankeschön gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Martin Geyer. Ich musste zwar erst ein wenig Über- zeugungsarbeit leisten, um über die RAF zu promovieren, doch war mir seine Un- terstützung stets gewiss. Letztlich geht das Thema meiner Dissertation auf seine Anregung zurück, mich doch mit dem Aspekt „Gefängnis“ näher zu beschäftigen. Frau Prof. Dr. Szöllösi-Janze danke für Ihre Bereitschaft, das Zweitgutachten zu übernehmen, sowie für Ihre wertvollen Anregungen. Herr Prof. Dr. Johannes Hürter vom Institut für Zeitgeschichte hat sich nicht nur dafür eingesetzt, dass die Arbeit in der Reihe „Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte“ erscheinen kann, sondern mir auch wiederholt die Möglichkeit gegeben, mein Thema einem Fachpublikum vorzustellen. Seine Anregungen und seine Begleitung waren mir eine große Hilfe. Ein Promotionsstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung ermöglichte es mir, mich drei Jahre ganz meiner Promotion widmen zu können. Für diese Freiheit möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Die Verantwortlichen am Hauptstaatsarchiv in Stuttgart, am Bundesarchiv in Koblenz, am Staatsarchiv Ludwigsburg, am Hamburger Institut für Sozialforschung, am Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestages, Berlin, am Archiv der Bundes- behörde für die Unterlagen der Staatssicherheit, Berlin, und am International In- stitute for Social History, Amsterdam haben mich in vielfacher Weise unterstützt. Ein Reisestipendium des Münchner Promotionsprogramms ProMoHist ermög- lichte mir den Forschungsaufenthalt in Amsterdam. Darüber hinaus danke ich Herrn Dr. Hans-Jochen Vogel, Herrn Dr. Horst He- rold, Herrn Siegfried Bassler und Herrn Horst Bubeck für ihre Gesprächsbereit- schaft, für so manches Detail, das sonst verborgen geblieben wäre, und nicht zu- letzt für einen sehr angenehmen Kontakt. Herr Bassler und Herr Bubeck erlaubten mir zudem einen Einblick in ihr Privatarchiv. Nicht unerwähnt bleiben darf hier mein „alter“ Freund Fritz: Du hast bislang jede meiner sogenannten Qualifikationsschriften – Diplom-, Magister- und nun auch meine Doktorarbeit – gelesen und Dich davon nicht abschrecken lassen. Fritz, ich danke Dir nicht nur für ungezählte Cappuccino-Einladungen, für leb- hafte Diskussionen und Lebensweisheiten, sondern vor allem für Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten. Leider erleben weder meine Großväter, noch mein Vater den Abschluss dieses Forschungsprojekts. Dabei ist mein Interesse für Politik und Geschichte, aber auch für so manche soziale Frage sicherlich auf all die Diskussionen am Sonntagstisch und bei unseren langen Spaziergängen zurückzuführen. Erst als Erwachsene habe VIII Vorwort ich begriffen, dass sie mir ein ganz wichtiges Gut mit auf meinen Lebensweg gege- ben haben – die Fähigkeit, die eigene Position zu reflektieren sowie den Mut und das Zutrauen, Positionen zu diskutieren und zu vertreten. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei meiner Mutter Marianne bedanken. Das Thema RAF wurde mir ja fast schon in die Wiege gelegt. Als Du damals Dein erstes Kind – mich – vermutlich mit einer gewissen Vorfreude erwartet hast, hat Dich Deine Frauenärztin wohl ziemlich unsanft mit dem Hinweis begrüßt, man wisse heute ja nicht, welchen Terroristen man auf die Welt bringe. Das war wohl symptomatisch für jene Wochen im „Deutschen Herbst“. Du hast uns allerdings sicher und liebevoll durch die kleinen sowie großen Katastrophen des Lebens be- gleitet und uns dazu ermahnt, immer auch den anderen und nicht nur uns selbst zu sehen. Mein größter Dank gilt meinem Mann Martin. Die Phase unserer Beziehung, in der diese Arbeit entstand, war größtenteils wunderbar spannend und leicht und stre ckenweise die schwerste unseres Lebens. Du hast mich aufgefangen, wenn ich gestolpert bin. Deine Liebe war meine Kraft. Du hast mich in den inzwischen ganz schön vielen Jahren, die wir gemeinsam gemeistert haben, stets angespornt. Gleich- zeitig konnte ich mich bei Dir immer geborgen und verstanden fühlen. Möge es immer so weitergehen, mindestens aber noch für 50 Jahre. Dieses Buch ist Dir ge- widmet: von ganzem Herzen. München, im April 2016 Sabine Bergstermann I. „Tödlicher Ort in bleierner Zeit“ – Ein Gefängnis als Symbol? „Ein tödlicher Ort“1 titelte die Süddeutsche Zeitung im November 2012 über die Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim und Der Spiegel berichtete vom „Todes- trakt“2. Anlass für die Berichterstattung war eine Ausstellung im Stuttgarter Kunstmuseum. Der Fotograph Andreas Magdanz zeigte eine Sammlung von drei- ßig vorwiegend in nüchternem Schwarz-Weiß gehaltenen Aufnahmen der Justiz- vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim. Lediglich ein Bild präsentierte er in Farbe: Zelle 719 – und damit den Ort, an dem sich zuerst Ulrike Meinhof und später auch Andreas Baader das Leben genommen hatten. Die Zeit der Inhaftierung der Roten Armee Fraktion (RAF) in Stuttgart- Stammheim ist in den Medien weiterhin präsent. Den Anknüpfungspunkt für die Berichterstattung bietet häufig die Erinnerung an den „Deutschen Herbst“; auch nach vierzig Jahren scheint der „Mythos“ Stammheim ungebrochen. Was aber zeichnet diesen Ort eigentlich aus? Wie wird ein Gefängnis am Stadtrand von Stuttgart zum Spiegel der gesellschaftspolitischen Umbrüche des noch jungen bundesdeutschen Staates? Warum und wie wird die Auseinandersetzung zwischen der Bundesrepublik und einer terroristischen Gruppierung gerade dort „ver- ortet“? Der Historiker und Journalist Michael Sontheimer schrieb vom „bösen Wort Stammheim […], das zumindest bei allen Westdeutschen, die die siebziger Jahre bewusst erlebt haben, ungute Erinnerungen wachruft“3. Ein Wort, das „beunruhi- gende Bilder aus dem Dunkel der kollektiven Erinnerung [befördert]: Mit Sta- cheldraht gekrönte Betonmauern, hartes Scheinwerferlicht, Scharfschützen auf den Dächern. Ein düsteres Deutschland“4. Denn in eben diesem „Gefängnis und dem Gerichtsgebäude am nördlichen Stadtrand Stuttgarts“ sei der „nicht erklärte Bürgerkrieg“5 zwischen der RAF und der Bundesrepublik Deutschland eskaliert. Mit dem Hinweis auf die geographische Lage Stammheims verdeutlichte Sont- heimer den Widerspruch zwischen der Peripherie des Standorts einerseits und 1 Catrin Lorch: Ein tödlicher Ort. Fotografien vom RAF-Gefängnis Stammheim, in: Süddeut- sche Zeitung vom 19. November 2012, unter: http://www.sueddeutsche.de/kultur/fotografien- vom-raf-gefaengnis-stammheim-ein-toedlicher-ort-1.1526943, letzter Zugriff: 19. Februar 2013. Alle im Folgenden zitierten Zeitungsartikel wurden auf verschiedenen Wegen recherchiert: In den Online-Archiven der entsprechenden Verlage, über die Pressedokumentation des Deut- schen Bundestages und über die Zeitschriftensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek. Da- durch erklärt sich die mitunter abweichende Zitation. 2 Michael Sontheimer: Stammheim-Ausstellung. Fotorecherche im Todestrakt, in: Der Spiegel vom 15. November 2012, unter: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/ausstellung- stammheim-von-andreas-magdanz-im-kunstmuseum-stuttgart-a-867419.html, letzter Zugriff: 14. Januar 2013. 3 Sontheimer: Stammheim-Ausstellung. 4 Ebd. 5 Ebd.

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