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Sprachen des Unsagbaren: Zum Verhältnis von Theologie und Gegenwartsliteratur PDF

300 Pages·2017·2.214 MB·German
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Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen Dörte Linke  Florian Priesemuth  Rosa Schinagl H rsg. Sprachen des Unsagbaren Zum Verhältnis von Theologie und Gegenwartsliteratur Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen Herausgegeben von J. Ahrens, Gießen, Deutschland J. Bonz, Innsbruck, Österreich M. Hamm, Graz, Österreich U. Vedder, Berlin, Deutschland Kultur gilt – neben Kategorien wie Gesellschaft, Politik, Ökonomie – als eine grundlegende Ressource sozialer Semantiken, Praktiken und Lebenswelten. Die Kulturanalyse ist herausgefordert, kulturelle Figurationen als ebenso flüchtige wie hegemoniale, dynamische wie heterogene, globale wie lokale und heterotope Phä- nomene zu untersuchen. Kulturelle Figurationen sind Produkt menschlichen Zu- sammenlebens und bilden zugleich die sinnstiftende Folie, vor der Vergesellschaf- tung und Institutionenbildung stattfinden. In Gestalt von Artefakten, Praktiken und Fiktionen sind sie uneinheitlich, widersprüchlich im Wortsinn und können doch selbst zum sozialen Akteur werden. Die Reihe „Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen“ untersucht kulturelle Phänomene in den Bedingungen ihrer Produktion und Genese aus einer interdisziplinären Perspektive und folgt dabei der Verflechtung von Sinnzusammenhängen und Praxisformen. Kulturelle Figu- rationen werden nicht isoliert betrachtet, sondern in ihren gesellschaftlichen Situ- ierungen, ihren produktionsästhetischen und politischen Implikationen analysiert. Die Reihe publiziert Monographien, Sammelbände, Überblickswerke sowie Über- setzungen internationaler Studien. Herausgegeben von Prof. Dr. Jörn Ahrens Dr. des. Marion Hamm Universität Gießen Karl-Franzens-Universität Graz Deutschland Österreich PD Dr. Jochen Bonz Prof. Dr. Ulrike Vedder Universität Innsbruck Humboldt-Universität zu Berlin Österreich Deutschland Weitere Bände in dieser Reihe http://www.springer.com/series/11198 Dörte Linke · Florian Priesemuth Rosa Schinagl (Hrsg.) Sprachen des Unsagbaren Zum Verhältnis von Theologie und Gegenwartsliteratur Herausgeber Dörte Linke Rosa Schinagl Berlin, Deutschland Berlin, Deutschland Florian Priesemuth Halle (Saale), Deutschland Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen ISBN 978-3-658-17346-3 ISBN 978-3-658-17347-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-17347-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Cori Antonia Mackrodt Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhalt Dörte Linke, Florian Priesemuth und Rosa Schinagl Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Theologie Georg Langenhorst » Ich gönne mir das Wort Gott « Annäherungen an die Gottes-Rede in der Gegenwartsliteratur . . . . . . 13 Maike Schult Vitalität des Abgesangs . Der protestantische Pfarrberuf in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Notger Slenczka Sibylle Lewitscharoff – » Pong « oder der Anspruch der Freiheit . . . . . . . 69 Florian Priesemuth Blumenberg . Die absolute Metapher als Grenze der metaphorischen Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Rosa Schinagl » Das Denken schöpft aus dem Sichtbaren seine Begriffe, um das Unsichtbare zu bezeichnen . « Hannah Arendt und die Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 VI Inhalt Christoph Gellner » Am Leben ist noch immer mehr Kunst, als wir fassen können . « Religion, Kunst und Lebenskunst bei Adolf Muschg . . . . . . . . . . . . 113 II. Germanistik und Literaturwissenschaft Caroline Sauter Liebe und/als Allegorie . Das Hohelied und seine Deutung in Umberto Ecos Der Name der Rose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Yael Almog Das Nachleben einer Opferung . Zu David Grossmans Eine Frau flieht vor einer Nachricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Hans R. Brittnacher Judas, der Archetyp des Verräters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Dörte Linke » Am Ende sei es natürlich ein Gottesproblem . « Metaphysik in Marion Poschmanns Roman Die Sonnenposition . . . . . . 199 III. AutorInnen Maximilian Czollek Jubeljahre . Zur Aktualität theologischer Topoi in der deutschen Gegenwartslyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Karla Reimert Recherchen im Licht der Prophezeiung . Beobachtungen zum religiösen Sprechen im literarischen Subfeld der zeitgenössischen Lyrik . . . . . . . . . . . . 267 Thea Dorn » Ich fiel, weil ich den Menschen zu sehr liebte . « Teufelsmonolog . Auszug aus dem Roman Die Unglückseligen . . . . . . . 291 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Einleitung Dörte Linke, Florian Priesemuth und Rosa Schinagl Theologie und Gegenwartsliteratur – damit greifen wir ein Forschungsfeld auf, das gegenwärtig wieder auflebt. Auch wenn die Beziehung zwischen Theologie1 und Dichtkunst nie ganz abgebrochen ist, findet derzeit nach einer tiefen » Be- ziehungskrise «2 eine Wiederannäherung statt.3 Nachdem Religion lange suspekt und tabuisiert war und sich explizit religiöse Werke zumindest dem Verdacht der ästhetischen Minderwertigkeit ausgesetzt sahen4, kehren religiöse Motive und Fragestellungen gegenwärtig in die Literatur zurück, was sich anhand der Werke 1 Schult macht auf die unklare Benennung des Forschungsfeldes aufmerksam, das zwischen » Theologie und Literatur «, » Religion und Literatur « und » Theologie und Literaturwissen- schaft « wechselt. Vgl. Schult 2011, S. 27. Hilfreich erscheint hier die Differenzierung, die Grözinger u. a. vornehmen: so sei der » Begriff der Religion notorisch vieldeutig «, eine ge- naue Definition würde daher eine starke Einengung der Zugangsweisen nach sich ziehen, so dass eine offene heuristische Perspektive, die der Frage nachgeht, was unter » Religion « je- weils zu verstehen ist, sinnvoller erscheint. Theologie ist hingegen neben der Religionswis- senschaft die Bezugswissenschaft der Religion und damit das Gegenüber der Literaturwis- senschaft als Bezugswissenschaft der Literatur. Vgl. Grözinger u. a. 2009, S. 2 ff. Mit dem Untertitel » Theologie und Gegenwartsliteratur « setzt der vorliegende Band den Schwer- punkt auf die Begegnung zweier wissenschaftlicher Disziplinen, vgl. dazu auch S. 4. 2 Peter 2005, S. 178. 3 Mit der Aufklärung verlor die christliche Religion ihren Status als umfassende und verbind- liche Lebens- und Weltdeutung. Auch die Literatur löste sich aus der Bindung an die dogma- tische Religion. Das ästhetische Sprachkunstwerk wurde autonom und zunehmend mit dem Anspruch vorgetragen, selbst ein Medium der Wahrheitsfindung zu sein. Diese Entwicklung findet schließlich im Konzept der Kunstreligion, die die Kunst selbst als Offenbarung ansieht und ihr damit eine religiöse Funktion zuschreibt, ihren Höhepunkt. Damit beginnt eine ex- plizite Konkurrenz der beiden » Wortwelten « von Religion und Literatur. Vgl., insbesonde- re auch zur Historie der Beziehung von Religion und Literatur, Auerochs 2002, S. 392 ff. Vgl. auch Peter 2005, S. 177 ff. sowie Schult 2011, S. 7 ff. und Garhammer, S. 13 f. 4 Vgl. Langenhorst 2014, S. 18 f., auch Auerochs spricht von der Marginalisierung religiöser Dichtung nach den Entwicklungen des 18. Jahrhunderts. Vgl. Auerochs 2002, S. 399. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 1 D. Linke et al. (Hrsg.), Sprachen des Unsagbaren, Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen, DOI 10.1007/978-3-658-17347-0_1 2 Dörte Linke, Florian Priesemuth und Rosa Schinagl verschiedenster AutorInnen nachweisen lässt. Diese als » religious turn « oder » Re- naissance der Religion « bezeichnete Entwicklung wird nicht nur vom Literatur- betrieb5, sondern auch von der wissenschaftlichen Forschung wahrgenommen. An dieser Stelle kann nur ein kleiner Ausschnitt der zahlreichen Publikationen zum Thema dargestellt werden. Dennoch sollen einige wichtige Arbeiten genannt werden, an die der vorliegende Band anschließt. Zu nennen sind hier zunächst die zahlreichen Arbeiten von Georg Langen- horst, insbesondere seine 2014 in einer völlig überarbeiteten Neuauflage erschie- nene Monographie » Ich gönne mir das Wort Gott. Annäherungen an Gott in der Gegenwartsliteratur «. Langenhorst macht deutlich, dass Religion nicht nur wie- der zum literarischen Thema wird, sondern dies, nachdem lange eine ablehnen- de Haltung überwog, auch vermehrt in affirmativer Weise: Gerade im Zusam- menhang mit Fragen nach der Identität gehen AutorInnen dem Verhältnis zur Religion, zum Glauben und zu Gott nach. Zugleich vollzieht sich diese Wieder- annäherung im Kontext der Postmoderne, so dass genauer gefragt werden muss, was diese neue Offenheit gegenüber Religion beinhaltet und ob sie mehr ist als ein vorübergehender Trend. Langenhorst spricht von einer nachkritischen affir- mativen Gottesrede6, die die Errungenschaften der Moderne einbezieht. Vor die- sem Hintergrund verlieren die etablierten Institutionen wie die christliche Kirche ihre Autorität und Deutungshoheit. Vielmehr geht es um eine Neuaneignung und einen kreativen Umgang mit den Überlieferungen verschiedener Konfessionen und transformative Prozesse in Bezug auf die Tradition. Langenhorst zeigt in sei- nem Überblickswerk einige grundlegende Tendenzen dieser äußerst vielgestalti- gen Entwicklung auf.7 Mit Erich Garhammer gab Langenhorst 2005 den Band » Schreiben ist Totenerweckung. Theologie und Literatur « heraus, der auf eine Ta- gung zurückgeht, die die Beziehung zwischen beiden Feldern aus verschiedenen Perspektiven auslotet, wobei sowohl theologische als auch germanistische Anlie- gen in Bezug auf das Forschungsfeld zur Sprache kommen. Die in den letzten Jahren erschienenen Sammelbände fragen nach dem Neuen und der spezifischen Ausformung einer gegenwärtigen Wiederkehr des Religiösen in der Literatur8 und versuchen dabei zumeist, die Vielfalt des Phänomens anhand exemplarischer Einzelanalysen aufzuzeigen, ohne den Anspruch, das Feld um- fassend zu überblicken oder durch eine gezielte Schwerpunktsetzung den Fokus unnötig zu verengen. Vielmehr geht es um eine Bestandsaufnahme, eine » kom- 5 Vgl. dazu Grözinger u. a. 2009, S. 1, Langenhorst 2014, S. 9 f. und S. 20 ff. 6 Langenhorst 2014, S. 344. 7 Vgl. Langenhorst 2014, besonders, S. 9 ff., S. 24 f., S. 339 ff. 8 Vgl. Grözinger u. a. 2009, S. 10. Einleitung 3 mentierende[..] Dokumentation von Vorhandenem «9 und darum, » die vielfälti- gen Gestalten dieser Schnittstelle […] in den Blick zu bekommen. «10 Dabei wird allerdings auch deutlich, dass die Setzung eines methodisch-theoretischen Rah- mens, unter den die verschiedenen Erscheinungsweisen subsumiert werden kön- nen, nach wie vor ein Desiderat ist.11 Zu nennen sind hier zunächst der Sammel- band der Schweizer Theologen Albrecht Grözinger, Andreas Mauz und Adrian Portmann » Religion und Gegenwartsliteratur. Spielarten einer Liaison «, erschie- nen 2009, sowie die von den Kieler TheologInnen Maike Schult und Philipp David 2011 herausgegebene Publikation » Wortwelten. Theologische Erkundung der Lite- ratur. « 2015 erschien der Band » Religion und Literatur im 20. und 21. Jahrhundert. Motive, Sprechweisen, Medien « der Germanisten Tim Lörke und Robert Walter- Jochum. Dieser scheint eine Tendenz in Frage zu stellen, die in den Publikatio- nen immer wieder beklagt wird: das Interesse am Austausch beider Diszi plinen sei bisher fast ausschließlich auf theologischer Seite zu verorten, beginnend mit den Arbeiten zur Literaturtheologie der 1970er Jahre. Dabei wird oft eine mög- liche Vereinnahmung kritisiert bzw. befürchtet. Der Theologie wird vorgeworfen, den literarischen Text als Quelle der Erneuerung, der » Auffrischung « theologi- scher Sprache und theologischen Gedankenguts von außen zu sehen und damit mit einem bestimmten Erkenntnisinteresse an den Text heranzutreten. Dadurch werde der ästhetische Eigenwert des Textes als sprachlich-autonomes Kunstwerk nicht wahrgenommen.12 Umgekehrt zeige die Literaturwissenschaft generell ein mangelndes Interesse an diesem Forschungsfeld, da sie die theologischen Ansät- ze nicht zur Kenntnis nehme und sich selbst vor allem mit religiösen Motiven und Narrationen in der Literatur, also etwa der Wirkungsgeschichte der Bibel, be- 9 Ebd., S. 9. 10 Vgl. Lörke und Walter-Jochum 2005, S. 10. 11 So bemerkt auch Auerochs: » Einen gemeinsamen Fokus der Probleme, die mit dem Verhält- nis von Literatur und Religion zu tun haben, gibt es gegenwärtig nicht. « Vgl. Auerochs 2002, S. 398. 12 Vgl. zum Begriff der Literaturtheologie ausführlich Schult 2011, S. 1 und S. 11. Gemeint sind hier die Versuche, sich der Literatur auf Augenhöhe anzunähern, sie also nicht zu verzwe- cken, sondern eben auch als kreativ-fiktiven Raum wahrzunehmen, der für die theolo- gische Sprache Anregung und Herausforderung darstellt. Allerdings bleiben auch diese Ver- suche oft dem binnentheologischen Bereich verhaftet, wie Schult anhand der Beispiele Sölle und Kuschel deutlich macht. So wird z. B. in einer der Untersuchungen Kuschels zu Gottes- und Menschenbildern in der Literatur (1985) Literatur als » Seismograph verstanden für die geheimen und offenen Erschütterungen und Irritationen unserer Zeit «, so der Klappentext des Buches, wobei implizit angenommen wird, dass diese zum Nachdenken über Religion und Gott in Beziehung stehen. Vgl. dazu ausführlich Schult 2011, S. 5 ff. Auerochs bemerkt, dass in der theologischen Untersuchung literarischer Texte stellenweise die Grenze zwischen Verstehen und Applikation überspielt werde und bestimmte Aspekte der Texte ausgespart werden. Vgl. dazu Auerochs 2002, S. 401 f. Vgl. auch Braungart 2005, S. 45 ff.

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