Spinalas Sansibilitätsschema für die Segmentdiagnose der Rückenmarkskrankheiten zum Einzeichnen der Befunde am Krankenbett. Vierte Auflage. Spinales Sensibilitätsschema für die Ssomentdiaonose der Rückenmarkskrankheiten zum Einzeichnen der Befunde am Krankenbett. Von Prof. Dr. W. Seiifer, früher Privatdozent an der Universität BerliH. Vierte Auflage. Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1917 ISBN 978-3-662-34788-1 ISBN 978-3-662-35109-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-35109-3 Das vorliegende Schema soll eine Lücke ausfüllen in der Reihe der bisher zur Verfügung stehenden Schemata. Letztere befassten sich nur mit den Grenzen der peripheren :\erYenbezirke, welche bekanntlich von denjenigen der spinalen oder vYurzelgebiete auf der Haut total verschieden sind. Diese und andere Nachteile, so besonders der Mangel an genügend markierten Fixpunkten der Haut und des Knochensystems machen die peripheren Sensibilitätsschemata für spinale Zwecke ungeeignet. In den möglichst einfachen Körperumriss sind hier die wich tigsten Fixpunkte der Haut und der Knochen eingezeichnet und, soweit nötig, markiert; und zwar ron den Hautpunkten vor allem der Nabel, die Mamilla und der Anus, vom Knochensystem die Rippen, das Sternum, die Clavicula, die Scapula: das Kreuzbein und der Hüftkamm fein punktiert, um die Einzeichnungen möglichst wenig zu stören. Die Wirbelkörper, soweit sie abtastbar, sind etwas deutlicher angegeben, das Oleeranon, die Kniescheibe, die Malleolen, auch die 'frochanteren nur leicht angedeutet. Von spinalen Sensibilitätsgrenzen sind nur die wichtigsten und nur diejenigen eingetragen, welche auf Grund vergleichender Studien der Arbeiten von Allen Starr, Thorburn, Head, Kocher, Wichmann u. a. einigermassen sichergestellt sind 1). Bekanntlich bestehen ja auf diesem Gebiete wegen des starken Uebereinander greifens (Sherrington) der segmentalen Innervationsbezirke des Rückenmarks noch bedeutende Differenzen, besonders an den Ex tremitäten. Unser Schema enthält also: 1. Die Scheitel-Ohr-Kinnlinie (v. Sölder), welche einen etwa ihrem Namen entsprechenden Ve r lauf hat, und das 'l'rige minus- \·om Cervical-Gebiet trennt. :2. Die Hals-Rumpfgrenze (Wagner-Stolper), vorne in der Höhe des II. Intercostalraumes, hinten in der des \'. resp. VII. Hals- 1) Dieselben sind eingehender begründet in einer Arbeit: "Das spinale Sensibilitätsschema zur Segmentdiagnose der Rückenmarkskrankheitcn''. Hirsch wald, Berlin 1901 und ;\ rch. f. Psych., Bd. 34. 6 wirbeldornes; sie trennt das Gebiet des IV. Cervicalsegments von dem des 2. Dorsalsegments. 3. Eine Trennungslinie zwischen dem 4. und 5. DorsalsegmenL, welche zugleich die Lage der Brustwarze andeutet, indem sie durch diese hindurchgezogen ist und als Intermammillarlinie bezeichnet werden kann. Sie endet hinten in der Höhe des V. Brustwirbel dorns. 4. Eine Trennungslinie in der Höhe der .Mitte des Processus xiphoideus, wo das 6. und 7. Dorsalsegment aneinanderstossen: Xip hoidlinie. 5. Eine etwa durch den Nabel gezogene Linie, welche das Niveau der 10. Dorsalzone anzeigt: Nabe ll in i e. Jede bis zu dieser Linie heranreichende Sensibilitätsstörung beweist mit Sicher heit, dass das 10. Dorsalsegment mit affieiert ist. 6. Die Trennungslinie zwischen dem 12. Dorsal- und 1. Lumbal segment ist in mancher Hinsicht ein Analogon zu der Hals-Rumpf grenze und kann deshalb kurz und merkfähig als Rumpf-Bein grenze bezeichnet werden. Sie liegt hinten in der Höhe des 1. bis 2. Kreuzbeinwirbels, vorn etwa in der Höhe des Ligamentum Pouparti. 7. Eine ov1tlrunde Linie am caudalen Ende des Rumpfes, welche weniger eine scharfe Grenze zwischf'n S3 und S4 statuieren als die Form angeben soll, in welcher hier die spinale Sensibilität sich verteilt: Sakralkreis. 8. Eine ventrale Axiallinie dt•s Arms, 9. " dorsale " " " 10. " ventrale " " Beins, 11. " dorsale " " " welche entwicklungsgeschichtlich begründet sind, und um welc11e sich diP Extremitätensegmente in bestimmter Rt>ihenfolge anordnPn. Zwischen letzteren findet sehr starkes Uebcreinandergreifen statt und lassen sich sichere Grenzlinien im Schema nicht auf stellen. Nur für die etwaige untere Grenze von C 5 am Arm ist eine punktierte Linie angegeben. Ebenso lassen sich die Rumpf gebiete schematisch nicht weitt>r trennen. Die vorhandenen Linien geben abPr hinreichende Anhaltspunkte, denn es genügt z. B. zu wissen, dass D2 sich an die Hals-Rumpfgrenze, D4 an die Inter mammillarlinie anschliesst, D 3 also dazwischen liegen muss usw. Mit diesen LiniPn kann man für den praktischen Gebrauch auskommen. Dass ein jedes Schema cum grano salis verwPndet werden muss, ist selbstverständlich; denn e:; kann und will die Wirklichkeit nur approximativ wit'dergebt'n, es muss in grossen Zügen die Anordnung irgend welch<'r natürlichen Dinge zum klaren Ausdruck bringen, ec; darf c;inh nicht zu sehr anf EinzelheiLen ein lassen, wenn es nicht an Brauchbarkeit verlierPn will. Und speziell ein spinales Sensibilitätsschema kann nur verw<'rtd werden unter Berücksichtigung der bekannten spinalen Inneryationsgesetze von Sherrington, Herringham, PattPrson-Eis]Pr u. a. Wenn <'in Sonsibilitätsschema vor allem den Zweck hat: 1. eine gefundene Sensibilitätsstörung übersichtlich, graphisch dar- 7 gestellt, genau festzustellen, um sie eventuell mit späteren Befunden zu vergleichen, 2. dem Untersuchenden zur Erleichterung der Dia gnose zu dienen, so kann man einen weiteren Zweck darin er blicken, dass es zur Entscheidung strittiger Fragen über die Aus dehnung bestimmter Nervengebiete dienen soll. Mit Hilfe eines einheitlichen Schemas werden sich verschiedene Untersucher eher über Differenzen einigen, als wenn jeder seine eigenen Wege geht. Berlin, im Mai 1901. Privatdozent Dr. W. Seiffer. Leitwort zut' vierten Auflage. Die von einzelnen Autoren versuchten 1\'Iodifikationen des vor liegenden Schemas sind unwesentlich und zum Teil in ihrer Gel tung sehr unsicher. Eine wesentliche Ve rbesserang ist nirgends festgestellt. Ich habe daher keine Veranlassung genommen, das Schema zu ändern bis auf die beiden Axiallinien des Arms, welche ich jetzt nur bis oberhalb des Handgelenks gehen lasse, da die Segmentalgrenzen im Bereich der Hand (C 6-D 1) zurzeit noch eine der vielen ungelösten Fragen sensibler Spinalinnervation sind. Dies trifft bekanntlich auch bei der Segmentinnervation der Beine zu: das Schema hier zu ändern, lag kein Grund vor; es scheint mir immer noch. zweckdienlicher als die Verbesserungen, denen es standhielt. Zweck und Grenzen im Gebrauch eines Schemas habe ich in dem früheren Geleitwort angedeutet. An Stelle der damals vor geschlagenen Schemabezeichnung der Sensibilitätsqualitäten ist es vielleicht angebracht, einige der wichtigsten spinal-sensi.blen Inner vationsgesetze für den praktischen Gebrauch hier an zu führen: I. Die einzelnen Segmentgebiete der Haut sind nicht scharf gegeneinander abgegrenzt; in jedes einzelne greifen zugleich die Spinalnerven des nächst höheren und des nächst tieferen Segments (vielleicht auch je zweicr Nachbarsegmente) über. Das Uebergreifen geschieht nicht an allen Körpergebieten gleich stark, z·. B. am Rumpf weniger als an der Hand, und nicht fiir alle Empfindungsqualitäten gleich stark: Schmerzempfin dtmg greift weniger iiber als Tastempfindung. Die obere Insensibilitäfs grenze deutet also immer auf eine Läsion des nächst oder zweitnächst höheren Segments, als dieser Grenze entspricht (Sherrington 's Ge setz der plurisegmcntalen Innervation der einzelnen Haut gebiete). I!. Es gibt eine individuelle Schwankung im Innervationsverhältnis be stimmter Rückenmarkssegmente zu bestimmten Hautgebieten derart, dass ein bei den meisten Menschen z. B. von D 4 Yersorgtes Gebiet ausnahms weise bei einem Individuum von 03 oder D5 versorgt wird (Patterson 's präfixer resp. postfixer Typus). IIJ. Die Segmentgebiete am Humpf laufen nicht parallel zu den lUppen, haben also keinerlei Beziehung zu den Interkostalräumen, aber vorne und hinten Anschluss an die Medianlinie. Hinsichtlich der Lage beziehung zwischen Hautsegmentgebiet und zugehörigem Rückenmarks segment vergleiche die Anatomie der Hiiekcnmarkswurzeln (absteigender Verlauf!). IV. Die Segmentgebiete an den Extremitäten nehmen an diesen im allge meinen eine f,ängsriehtung ein unrl fiir ihre Anordnung sint! die Axial linien maassgebend. Im Dezember 1916. W. Seiffer. Datum: No:rne: Datum:: Name: