FORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORD RHEIN -WESTF ALEN Nr. 2986 / Fachgruppe Maschinenbau/Verfahrenstechnik Herausgegeben vom Minister für Wissenschaft und Forschung Prof. Dr. -Ing. Konstantin Kokkinowrachos Dipl. -Ing. Hans Georg Zibell Lehrgebiet Grundlagen der Meerestechnik an der Rhein. -Westf. Techn. Hochschule Aachen Spannungs- und Verformungszustand von Pipelines bei der Verlegung im Meer Westdeutscher Verlag 1980 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kokkinowrachos, Konstantin: Spannungs- und Ver~ormungszustand von Pipelines bei der Verlegung im Meer / Konstantin Kokkinowrachos ; Hans Georg Zibell. - Opladen : Westdeutscher Verlag, 1980. (Forschungs berichte des Landes Nordrhein Westfalen ; Nr. 2986 : Fachgruppe Maschi nenbau, Verfahrenstechnik) NE: Zibell, Hans Georg: © 1980 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag ISBN 978-3-531-02986-3 ISBN 978-3-322-88446-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-88446-6 - !II - INHALT 1. Bezeichnungen V 2. Einleitung 3. Methoden der Verlegung. problemstellungen 3 4. Spannungs- und Verformungszustand einer Pipeline während der Verlegung 5 4.1 Aufstellung der Differentialgleichung der Biegelinie 5 4.2 Grundzüge einiger Lösungsverfahren 9 4.2.1 Lösung der linearisierten Differentialgleichung 10 4.2.2 Kettenlinie als Näherungslösung für die Biegelinie 16 4.2.3 "Biegesteife" Kettenlinie (stiffened catenary) 17 4.2.4 Finite Elemente-Methode 18 4.2.5 Integrationsverfahren nach Pedersen 19 4.2.6 Das Verfahren von Neathery 23 4.3 Bewertung der Rechenverfahren 35 5. Ähnlichkeitsmechanische Betrachtung des Spannungs- und Verformungszustandes 37 6. Ergebnisse einer Parameterstudie 41 7. Zusammenfassung 50 8. Literatur 51 9. Bildanhang 5S - v - 1 • BEZEICHNUNGEN x • y kartesisches Koordinatensystem mit Ursprung im Kontaktpunkt am Meeresboden Koordinaten des Kontaktpunktes am Meeresboden (Index 0); Xo = Yo = 0 Koordinaten des oberen Endpunktes der Pipe- line (Index LI 5 laufende Bogenlänge der Pipeline gemessen vom Kontaktpunkt am Meeresboden Gesamtbogenlänge der Pipeline Bogenlänge bis zum Wendepunkt der Biegelinie X nl • Yn l n-te Ableitung von x bzw. y nach s Winkel zwischen der Horizontalen und der Achse der Pipeline .J'* Winkel zwischen der Vertikalen und der Achse der Pipeline (-J'* = ~ - J' ) "'0 . "'L Winkel am Meeresboden bzw. am oberen Ende der Pipeline Koordinaten des oberen Endpunktes einer Pipe- line mit .J;. = 0 d Wassertiefe Horizontal- bzw. Vertikalkraft F" . F Horizontal- bzw. Vertikalkraft ohne Berück- y sichtigung des hydrostatischen Drucks Längs- bzw. Querkraft Längs- bzw. Querkraft ohne Berücksichtigung des hydrostatischen Drucks - VI - M Biegemoment E Elastizitätsmodul I äquatoriales Trägheitsmoment EI Biegesteifigkeit G' Spannung E Dehnung ez • Eb Zug- bzw. Biegedehnung 5 Fließspannung F p. , Py Linienlast in x- bzw. y-Richtung Linienlast infolge Strömung P"str ' PYstr p hydrostatischer Druck w Gewicht der Pipeline pro Längeneinheit in p Luft Wa Auftrieb der Pipeline pro Längeneinheit W effektives Gewicht der Pipeline pro Längen- einheit (w w - w ) p a Op spezifisches Gewicht der Pipeline ;w spezifisches Gewicht des Wassers Wand stärke des Rohres d mittlerer Rohrdurchmesser M da äußerer Rohrdurchmesser di innerer Rohrdurchmesser d4T äußerer Durchmesser der Pipeline einschließ- lich des Zementmantels Aq Querschnittsfläche der Pipeline R Krümmungsradius - VII - Rs Krümrnungsradius des Stingers ~ dimensionslose KenngröBe der Biegesteifigkeit h dimensionslose KenngröBe des Horizontalzuges t normierte Bogenlänge ( !S = L ) s· normierte Bogenlänge ( s· = (E'5 / w)'" ) normierte Bogenlänge ( s" '" = ~) F"L )(... , y'.". normierte x- bzw. y-Koordinate x" SXL , y. sLY ) p. , Pr normierte Linienlast normierte Horizontal- bzw. Vertikalkraft Verhältnis der Bogenlänge zur Höhe des oberen Endes der Pipeline über Meeresboden ( A = s /y ) L L - 1 - 2. EINLEITUNG Dieser Bericht enthält die wichtigsten Ergebnisse eines For schungsvorhabens zur Untersuchung von Pipelines während der Verlegung im Meer, das vom Minister für Wissenschaft und For schung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wurde. Der Einsatz von Unterwasser-Pipelines kann in vielen Fällen die wirtschaftlich vorteilhaftere Lösung für den Transport von Erdöl und Erdgas aus Offshore-Gebieten sein. Die Phase des Verlegens einer Pipeline ist besonders kritisch und kann die technische Durchführbarkeit und Wirtschaftlich keit der gesamten Unternehmung stark beeinträchtigen. In der Regel werden Pipelines für mittlere und größere Was sertiefen von schwimmenden Rohrlegern aus verlegt. Während des Verlegevorgangs können maximale Beanspruchungen der Pipeline entstehen, die im späteren Betrieb normalerweise nicht erreicht werden. In solchen Fällen ist der Zustand während der Verlegung bestimmend für den Entwurf und die Aus legung der Pipeline. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurden vorerst die wich tigsten Berechnungsmethoden zur Erfassung des Spannungs- und Verformungs zustandes einer Pipeline bei ihrer Verlegung im Meer hinsichtlich ihrer Genauigkeit sowie der Grenzen ihrer Gültigkeit überprüft und kritisch bewertet. Ziel der in diesem Bericht beschriebenen eigenen Untersuchun gen war, für die während der Verlegung durch statische Lasten (Eigengewicht, Auftrieb, hydrostatischer Druck, sta tionäre Strömungskräfte, vom Rohrleger aufgebrachter Hori zontalzug) beanspruchte Pipeline Berechnungsunterlagen zu erstellen, die dem Konstrukteur eine schnelle und zuverläs sige Abschätzung des Spannungszustandes während des Verle gens·und damit eine Beurteilung der Verlegetechnik ermög lichen. - 2 - In einem vorgeschalteten Abschnitt werden die wichtigsten Methoden der Verlegung und einige der damit verbundenen Festigkeitsprobleme kurz erörtert. Anschließend wird der Spannungs- und Verformungszustand einer Pipeline während der Verlegung betrachtet und die Differenti algleichung der Biegelinie aufgestellt. Nach einer kurzen Diskussion der wichtigsten Methoden zur Lö sung des sich ergebenden nichtlinearen Problems werden das Verfahren von Neathery und seine im Rahmen des Forschungs vorhabens vorgenommenen Erweiterungen dargelegt. Es folgt eine Bewertung der numerischen Verfahren, wobei ins besondere die Bereiche der Gültigkeit der Lösung der lineari sierten Biegegleichung sowie der Kettenlinie besprochen werden. In einem weiteren Abschnitt wird aufgezeigt, wie durch ähn lichkeitsmechanische Betrachtungen dimensionslose Kennzahlen für den Spannungs- und Verformungs zustand einer Pipeline wäh rend der Verlegung abgeleitet werden können. Die Ergebnisse von mehreren systematisch ausgewählten Bei spielen sind in Abhängigkeit dieser Kennzahlen in Form von Kurvenscharen aufgetragen, die in der Praxis zur ·überschlägi gen Auslegung von Pipelines während der Verlegung benutzt werden können. - 3 - 3. METHODEN DER VERLEGUNG. PROBLEMSTELLUNGEN Zur Verlegung von Pipelines im Meer sind je nach Wassertiefe, Durchmesser und Länge der Pipeline vier Verfahren gebräuch lich und zwar die Lay-Barge-, die Reel-Barge-, die Floating String- und die Bottom-Pull-Methode (/1/; Abbildungen 1 bis 6). Bei den ersten drei Verfahren wird die Pipeline von einem schwimmenden Rohrleger aus verlegt. Es stellt sich dabei wegen der relativ großen, nicht unterstützten Länge der Pipe line zwischen Meeresboden und Rohrleger je nach Wassertiefe, Gewicht, Auftrieb, Horizontalzug und Verlegeverfahren ein s- bzw. J-förmiger Verlauf der Pipeline ein. Die Lay-Barge-Methode ist das wichtigste Verfahren zur Ver legung von Pipelines mittleren und größeren Durchmessers in tieferem Wasser. Die Reel-Barge-Methode unterscheidet sich von der Lay-Barge-Methode lediglich dadurch, daß die auf einer Trommel gelagerte Pipeline vor dem Verlegen abgerollt werden muß. Wegen des begrenzten Durchmessers der Trommel und der im Falle von Stahlpipelines durch das Auf trommeln entstehen den plastischen Verformung ist diese Methode nur für Pipe lines kleineren Durchmessers geeignet. Bei der Floating String-Methode. ist die sich bei der Verlegung einstellende Konfiguration der Pipeline von der Größe und der Anordnung der beim Absenkvorgang verwendeten Auftriebskörper abhängig. Die Bottom-Pull-Methode ist nur in unmittelbarer Küsten- nähe und für relativ kurze Pipelines anwendbar. Bei dieser Methode wird die Pipeline an Land gefertigt und über Rollen ins Meer gezogen. Für die sich bei der Verlegung einstellende Konfiguration der Pipeline sind die statischen Lasten (Eigengewicht, Auf trieb, hydrostatischer Druck, stationäre Strömungskräfte, Horizontalzug aufgebracht vom Rohrleger) maßgeblich. überschreitet der Durchmesser eine bestimmte Größe, so wird - 4 - die Pipeline schwimmfähig. Der zu ihrem Absenken notwendige Abtrieb wird mit Hilfe eines Zementmantels erreicht, der auch Schutz vor Korrosion und Beschädigung bietet. Das "effektive Gewicht" der Pipeline pro Längeneinheit, definiert als die Differenz zwischen Gewicht und Auftrieb je Längeneinheit, wird dabei so eingestellt, daß ein sicheres Absenken und Aufliegen der Rohrleitung auf dem Meeresboden gewährleistet ist. Ein mögliches unkontrolliertes Aufschwimmen der ROhrleitung ist unter allen Umständen zu vermeiden. Bei der S-förmigen Konfiguration der Verlegelinie treten in der Nähe des Meeresbodens (Sag-Bend-Bereich) und in der Nähe der Meeresoberfläche (Over-Bend-Bereich) maximale Krümmungen und daraus resultierend maximale Biegebeanspruchungen der Pipeline auf. Im Over-Bend-Bereich können diese Beanspruchungen schon bei kleineren Wassertiefen eine derartige Größe erreichen, daß eine Entlastung der Rohrleitung durch eine Ablauframpe (Stin ger) notwendig wird. Die Biegebeanspruchung der Rohrleitung im Bereich des Stingers wird von dessen Krümmungsverlauf be stimmt, so daß sich aus Festigkeitsgründen ein minimaler zu lässiger Krümmungsradius für den Stinger ergibt. Qie notwendige Länge des Stingers ergibt sich aus der Neigung der Rohrleitung gegenüber der Horizontalen im Kontaktpunkt der frei hängenden Pipeline mit dem Stinger, in dem die KrUm mungen beider Elemente gleich sind. Durch das Aufbringen ei nes Horizontalzuges vom Rohrleger aus läßt sich sowohl die Krümmung der Rohrleitung im Sag-Bend-Bereich als auch die Stingerlänge reduzieren. In größeren Wassertiefen ist die Verlegung ohne Horizontalzug nicht mehr möglich. Hier können sich notwendige Stingerlängen ergeben, die technisch nicht mehr realisierbar sind, geht man von der Forderung nach Fertigung der Pipeline auf dem Rohrleger in horizontaler Lage aus. Verzichtet man dagegen auf diese Forderung, so kann die J-Methode (Abb. 3) bei größeren Wassertiefen eingesetzt werden (/20/,/46/,/47/).