FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1654 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 625.03 Prof. Dr.-Ing. Werner Leins, Aachen Dr.-Ing. Sieg/ried Ve!ske, Remscheid v., Forschungsgese!lschaftfür das Straßenwmn e. Köln Spannungen im bindemittelfreien Unterbau von Straßen unter Verkehrseinwirkung WESTDEUTSCHER VERLAG KÖLN UND OPLADEN 1966 ISBN 978-3-663-04145-0 ISBN 978-3-663-05591-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-05591-4 Verlags-Nr. 011654 © 1966 by Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag Inhalt 1. Stand der Bemessung von Straßendecken ......................... 9 1.1 Feststellungen auf empirischem Wege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Feststellungen auf rechnerischem Wege. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.3 Kritische Betrachtung der bekannten Verfahren. . . . . . . . . . . . . . .. 12 2. Aufgabenstellung und Arbeitsprogramm .......................... 14 3. Meßeinrichtung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 16 3.1 Grundsätzliche Bedingungen für die Konstruktion. .... ... . .... 16 3.2 Beschreibung der verwendeten Meßeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . .. 18 3.3 Vergleich der Meßeinrichtung mit den Anforderungen ......... 21 3.4 Eichung der Meßelemente ................................. 22 4. Vorversuche im Laboratorium ................................... 24 4.1 Versuchseinrichtung ....................................... 24 4.2 Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 4.3 Versuchsergebnisse ........................................ 27 4.4 Beurteilung der Meßeinrichtung ............................. 33 5. Messungen unter Verkehrs einwirkung ............................ 35 5.1 Versuchsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 35 5.2 Versuchsprogramm ........................................ 42 6. Kontrollversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 45 7. Ergebnisse der Fahrversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 50 7.1 Maximale Vertikalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 50 7.11 Abhängigkeit von der Radlast. . .... . . . .. . . ... . . ... . ... . . .... 51 7.12 Abhängigkeit von der Deckentemperatur. .. . . ... . ... . ... . . .... 59 7.13 Abhängigkeit von der Geschwindigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 7.14 Vergleich mit Ergebnissen von Berechnungsverfahren ..... 67 5 7.15 Einfluß einer bedeutenden Fahrbahnunebenheit . . . . . . . . . . . . . . .. 71 7.16 Belastung durch einen Zwillingsreifen.. ... . . .. . ... ... . .. . .. .. 75 7.17 Auswirkungen von Bremsen und Beschleunigen................ 76 7.2 Größe und Richtung der größeren Hauptspannungen .......... 77 7.3 Scherspannungen und Spannungszustand ..................... 85 8. Zusammenfassung.............................................. 92 9. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 95 10. Anhang....................................................... 99 6 Verwendete Bezeichnungen E [kg/cm2] E-Modul EI; 2 [kg/cm2] E-Werte des Plattendruckversuches e [mm/mm] Relative Längenänderung e [ern] Außermittigkeit der Belastung e [0] Winkel der inneren Reibung (JvR [kg/cm2] Vertikalspannung mit Reifeneinfluß (Jv [kg/cm2] Vertikalspannung ohne Reifeneinfluß (J(X [kg/cm2] Normalspannung im Winkel Ge angreifend [0] Winkel zwischen Vertikaler und Spannungsrichtung Ge (Jo [kg/cm2] Aufgebrachte Spannung P [tl Aufgebrachte Last; Radlast r [ern] Abstand vom Lastmittelpunkt rs [ern] Schwerpunktabstand Pgem [tl Gemessene Last = J; (Jv Pk [tl Gemessene Last, mit k berichtigt v [rn/sec] Geschwindigkeit V [km/h] Geschwindigkeit , [0] Abweichung des oberen Meßelementes von der Vertikalen Ge (JI [kg/cm2] Größere Hauptspannung (JnI [kg/cm2] Kleinere Hauptspannung F [cm2] Reifenaufstandsfläche J(Jv [%] Spannungseinfluß aus F PR ply-rating-Zahl pa [kg/cm2] Reifenaufstandsdruck Pi [kg/cm2] Reifenfülldruck T [0C] Temperatur f [m] Achsabstand vs [mm/sec] Geschwindigkeit des Schreibbandes L [mm] Abstand der Meßmarken PI Penetrationsindex kb Stoßfaktor -c [kg/cm2] Scherspannung 7 1. Stand der Bemessung von Straßendecken 1.1 Feststellungen auf empirischem Wege Die Bemessung von Straßenkonstruktionen wird bis heute in der Praxis noch durch die Erfahrung bestimmt. Der Deckenaufbau und die Dicke und Anzahl der einzelnen Schichten wird dabei nach einem Maßstab gewählt, der sich durch das Überdauern oder Versagen vergleichbarer Konstruktionen bei ähnlichen Fun dierungs- und Verkehrsbedingungen herausgebildet hat [10]. Als Grundlage dieser Art von Bemessung haben lange Zeit nur die Beobachtun gen gedient, die am Straßennetz für den öffentlichen Verkehr gemacht wurden. Durch die starke Verkehrszunahme nach dem zweiten Weltkrieg sind jedoch die Verkehrsbedingungen so stark verändert worden, daß viele Decken, die nach den alten Regeln gebaut worden waren, versagten. Zur Behebung der sich daraus ergebenden Unsicherheit bei der Bemessung und zur Erprobung neuer, ver besserter Bauverfahren wurden daraufhin Versuchsstrecken gebaut, auf denen die Material- und Verkehrsbedingungen kontrolliert werden konnten, und bei denen aus der kurzfristigen Änderung der Straßeneigenschaften auf die dauernde Halt barkeit geschlossen werden sollte. Solche Strecken sind in anderen Ländern aber auch in der Bundesrepublik eingerichtet worden [16]. Ein mit außerordentlichem Aufwand an Sorgfalt, Zeit und Geld durchgeführtes und jetzt abgeschlossenes Unternehmen dieser Art ist der Aasho-Road-Test in den USA [20]. Auch hier sind wieder eine große Anzahl Deckenvariationen unter kontrolliertem Verkehr belastet und die Eigenschaften der Fahrbahn mit einem speziellen Brauchbarkeitsindex eingestuft worden. Das Ergebnis der Versuche wird eine zwar neue, aber wiederum rein empirische Bemessungsregel sein. 1.2 Feststellungen auf rechnerischem Wege Alle für den Straßenb au vorgeschlagenen Bemessungsverfahren stützen sich bisher auf die Berechnung der Spannungen nach der allgemeinen Elastizitäts theorie. Die Spannungskomponenten werden hiernach als Ausdrücke der Spannungsfunktion rp erhalten, die der Differentialgleichung für rp 2 2) 2 i14rp = (-8 + -1 -8 + -8 rp = 0 8r2 r 8r 8Z2 für den rotationssymmetrischen Belastungsfall in Zylinderkoordinaten ,. und Z genügen. 9 Für den speziellen Fall des elastisch-isotropen Halbraumes haben BOUSSINESQ [6] und MICHELL [17,28] die Lösungen dieser Differentialgleichung angegeben. Die hierzu getroffene Voraussetzung der gleichen Elastizität im gesamten Halb raum trifft jedoch auf den geschichteten Straßen körper auch nicht näherungs weise zu, da die obere Schicht in der Regel einen weitaus größeren Elastizitäts modul als die unteren Schichten besitzt. Aus diesem Grunde sind von BURMISTER [8] als Grundlage für die Bemessung von Flugpisten die Lösungen der obigen Gleichung für geschichtete Systeme angegeben worden. Die Voraussetzungen für die Berechnung der Spannungen hiernach sind: 1. Die oberen Schichten haben unendliche Horizontalausdehnung und be grenzte Dicke. Sie lagern gleichmäßig auf einer unteren Schicht unbegrenzter Dicke. 2. Die Massen der einzelnen Schichten sind homogen, isotrop und elastisch. Sie gehorchen dem Hookeschen Gesetz und haben die gleiche Poisson-Zahl. 3. Die Oberfläche der obersten Schicht ist außerhalb der Belastungsfläche normal und schubspannungsfrei. 4. a) Die Schichten haben an ihren Berührungsflächen vollkommenen Kontakt, d. h., die Übertragung von Normal- und Schubspannungen ist voll ge gewährleistet, oder b) die Schichten gleiten reibungslos aufeinander. Es können nur Vertikal spannungen übertragen werden. Alle aufgezählten Bedingungen sind im Straßenkörper nur unvollkommen erfüllt. Einen sehr geringen Einfluß wird die Begrenztheit der Straße ausüben, weil die Einflußzone einer Last bis zum Rand praktisch abgeklungen ist. Wichtiger aber ist, daß sowohl Erdstoffe wie bituminöse Massen auch im kleinen Spannungsbereich nicht streng dem Hookeschen Gesetz folgen. Erst nach einer großen Anzahl Lastwechsel wird sich ein nahezu elastischer Zustand einstellen, wenn die Vorbelastungen nicht mehr überschritten werden. Die Kontinuitätsbedingungen werden nur an Grenzschichten zwischen bituminös gebundenen Massen der Annahme der vollkommenen Kraftübertragung (4a) entsprechen. Ist die untere Schicht nicht gebunden, besteht die Möglichkeit, daß die auftretenden Schubspannungen den Scherwiderstand des ungebundenen Minerals überschreiten. Außerdem wird lediglich eine kreisförmige, gleichmäßige Vertikalauflast be trachtet, während der Luftreifen eine ellipsenähnliche Aufstandsfläche mit un gleichmäßiger Druckverteilung aufweist und durch die Walkverformung Hori zontalkräfte in der Aufstandsfläche auftreten. Die Gleichungen sind von BURMISTER für die Spannungen in der Lastachse nach Integration der Spannungskomponenten angegeben. Fox [17] hat für das Zweischichtensystem und Fox und AcuM [18] für das Drei schichtensystem die Auswertung für Spannungen vorgenommen, da BURMISTER 10 sich in der Auswertung auf die Verformungen der Oberfläche beschränkte. Für einige Größen der Parameter EI und!!... sind von Fox die Spannungsverhältnisse E h 2 im Zweischichtensystem in grafischer oder tabellarischer Form aufgezeichnet worden. Die Lösungen sind beschränkt auf Punkte der Lastachse innerhalb der unteren Schicht. Die Parameter berücksichtigen: EI E-Modul der oberen Schicht E E-Modul der unteren Schicht 2 a Radius der Belastungsfläche h Dicke der oberen Befestigungsschicht EI und E2 sind nicht zu verwechseln mit den Ergebnissen von Plattendruckver suchen. Mit entsprechenden Parametern sind auch die Gleichungen für das Dreischichten system ausgewertet worden. Die Lösungen beschränken sich auf wenige Varia tionen. Für Punkte außerhalb der Lastachse und innerhalb der oberen Schicht des Zwei schichtensystems hat SOUTHWELL [39,40] mit Hilfe der Relaxationsmethode in einigen Fällen die Spannungen berechnet. Innerhalb dieser Betrachtungen ist die Lösung von BOUSSINESQ als Sonderfall des Einschichtensystems zu sehen. Zu diesem Sonderfall führt auch die Aquivalentmethode von ODEMARK [33] zurück, der unter Voraussetzung einer gleichen Poisson-Zahl von 'JI = 0,5 in zwei ungleichen Schichten eines Systems eine Ersatzhöhe für die obere Schicht berechnet. Hierdurch wird die stärkere Lastverteilung der oberen Schicht infolge eines größeren Elastizitätsmoduls durch Vergrößerung der Dicke dieser Schicht und gleichzeitige Verringerung des E-Moduls auf die Größe des E-Moduls der unteren Schicht ausgeglichen, wobei theoretisch ein einheitlicher Körper größerer Höhe jedoch gleichen E-Moduls entsteht. DEMPwoLFF [11, 13] erweitert diese Methode auf mehrere Schichten durch Be rechnung von Ersatzhöhen für mehrere obere Schichten mit immer gleichem E-Modul und setzt auf die so erhaltene Ersatzoberkante des Systems die Be lastung an. Die Berechnung der Spannungen erfolgt danach mit den Boussinesq sehen Gleichungen. Die Berechnungen, die WESTERGAARD [44,45] für eine dünne Platte auf einem durch die Bettungsziffer beschriebenen Untergrund und HOGG [21] für die Platte auf elastischem Halbraum durchgeführt haben, beschränken sich auf die Spannun gen in der Platte selbst und erweitern nicht die Kenntnisse von den Beanspru chungen des Unterbaues. Ihre Anwendung auf die Berechnung einer flexiblen Decke ist auf die Belastungsfälle beschränkt, unter denen eine bituminöse Decke als Platte betrachtet werden kann. 11 1.3 Kritische Betrachtung der bekannten Verfahren Die empirischen Verfahren haben den Vorteil, die tatsächlichen Verhältnisse in der Straße hinsichtlich der Materialeigenschaften und des Verkehrs zu erfassen. Erkenntnisse können jedoch nur unter Aufwendung hoher Kosten und in lang wierigem Verfahren gewonnen werden, was volkswirtschaftlich bedenklich er scheint. Die Anpassung an neue Bauweisen und geänderte Verkehrsverhältnisse ist schwierig. Der Ingenieur wird von diesem Verfahren unbefriedigt bleiben, da nur Wir kungen, nicht aber die Ursachen und Zusammenhänge beobachtet werden. So erklärte ein Mitarbeiter beim Aasho-Road-Test auf der Konferenz über die Bemessung von Asphaltstraßen in Arbor, daß es wünschenswert sei, wenn eine Beziehung zwischen dem Brauchbarkeitsindex und den in der Konstruktion auf tretenden Spannungen aufgestellt werden könnte, um einen unabhängigen Maß stab für die Güte einer Konstruktion zu besitzen [1]. Die aus den theoretischen Berechnungsmethoden gewonnenen Erkenntnisse sind aber bisher zur Herstellung dieses Zusammenhanges noch nicht ausreichend fundiert. Die Ergebnisse, die durch Ausnutzung der Elastizitätstheorie gefunden werden, unterliegen alle der Unsicherheit, daß die vorausgesetzten Material- und Randbedingungen nicht mit der erforderlichen Genauigkeit eingehalten werden. Zu diesen Randbedingungen gehört z. B. die Größe und Art der Verkehrslast, die bei den Berechnungen einzusetzen ist. Zur Bestätigung der Berechnungsverfahren und zur Ermittlung des Verhaltens und der Materialeigenschaften ungebundenen Minerals sind bereits umfangreiche Versuche an Schüttungen und beim Bau von Gründungen durchgeführt worden [25,34,37]. Diese Versuche sind für den Straßenbau jedoch weniger wertvoll, da Größen- und Verdichtungsverhältnisse, die im Straßenbau üblich sind, nicht ein gehalten wurden. Bei der Straße liegt ein geschichtetes System vor, das Massen grober Körnung und geringen Hohlraumgehaltes enthält und indirekt durch eine schlaffe Belastungsplatte mit ausgleichender Druckverteilung belastet wird. Erste Versuche zur Messung vertikaler Druckspannungen in einer Straßenkon struktion sind in Deutschland von der Bundesanstalt für Straßenbau an der Ver suchsstrecke in Grunbach durchgeführt worden [16]. Sie dienten dort dem Vergleich verschiedener Unterbauarten, wobei als Maßstäbe die Maximaldrücke und die Breite der Druckverteilung angegeben wurden. Zum gleichen Zweck sind in den USA von EKSE und LA CROSS Modellversuche in einem Modellmaßstab von 1 : 3 begonnen worden [151. Außer den auch in Grunbach behandelten Problemen wird vor allem der Einfluß der Feuchtigkeit und des Frostes auf die Verteilung der Vertikalspannungen der Gesamtkonstruk tion untersucht. Diese Versuche können wegen des Modellmaßstabes nur vergleichenden Charak ter haben. Die Einflüsse der Korngröße und der Kohäsion des Materials sowie dessen Verdichtung und die Beschränkung auf einen kleinen Reifen machen Eich versuche zur Abschätzung der Umrechnungsfaktoren für natürliche Straßen bedingungen erforderlich. 12