ebook img

Soziale Kontrolle: Zum Problem der Normkonformität in der Gesellschaft PDF

164 Pages·2000·4.748 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Soziale Kontrolle: Zum Problem der Normkonformität in der Gesellschaft

Helge Peters (Hrsg.) Soziale Kontrolle Helge Peters {Hrsg.) Soziale Kontrolle Zum Problem der Normkonformität in der Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2000 Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme ISBN 978-3-8100-2917-1 ISBN 978-3-663-11405-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-11405-5 © 2000 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 2000 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mi kroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt Vorbemerkung ......................... .......... ................................................ ..... 7 Helge Peters Soziale Kontrolle. Einführende Bemerkungen ........................................ 9 Konfonnitätsherstellung: Nonnalitätskontrolle oder soziale Ausschließung? Reinhard Kreissl Soziale Kontrolle, Kriminalität und abweichendes Verhalten in zeitgenössischen Gesellschaften. Einige Überlegungen in gesellschaftstheoretischer Absicht .. . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. . .. . . ..... .. . . . .. ... . . .. .. . . . . . . .. 19 Helga Cremer-Schäfer, Heinz Steinert Soziale Ausschließung und Ausschließungs-Theorien: Schwierige Verhältnisse ............................................................................................. 43 Erprobungen der Leistungsfähigkeit des Begriffs Soziale Kontrolle Peter Franz Wie weit trägt das Konzept "Soziale Kontrolle" bei der Analyse aktueller gesellschaftlicher Entwicklungstrends? Eine Diskussion anband der These der gefährdeten Integrationsfunktion der Stadt .......... 67 Christian Lüdemann Normen, Sanktionen und soziale Kontrolle in der Theorie rationalen Handeins von ]ames S. Coleman ............................................................ 87 6 Inhalt Detlef Nogala Erscheinungs-und Begriffswandel von Sozialkontrolle eingangs des 21. Jahrhunderts.................................................................. 111 Plädoyer für konstruktivistische Analysen Gabi Löschper Wie die Rechtspsychologie richterliches Handeln im Strafprozess analysiert- und wie sie es analysieren sollte .......................................... 135 Erneute Verteidigung des Begriffs soziale Kontrolle Sebastian Scheerer .,Soziale Kontrolle" -schöner Begriff für böse Dinge? 153 Autorinnen und Autoren ......................................................................... 171 Vorbemerkung Die Sektion "Soziale Probleme und soziale Kontrolle" der Deutschen Gesell schaft für Soziologie veranstaltete am 30.9. und 1.10.1999 in der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg eine Tagung zum Thema "Soziale Kontrol le" . Die in diesem Band abgedruckten Beiträge sind erweiterte und ausgear beitete Fassungen der Referate, die auf dieser Tagung gehalten wurden. Zu danken habe ich Petra Menze, die die technischen Arbeiten an der Endfassung des Bandes kompetent und klaglos erledigte. Oldenburg, im ]uni 2000 Helge Peters Helge Peters Soziale Kontrolle Einführende Bemerkungen George Orwell hatte wohl doch Unrecht. Wir leben nicht in einem Überwachungsstaat Wir werden zwar oft überwacht, häufiger als unsere Väter und Mütter. Wir sind aber nicht - wie Detlef Nopala in seinem in die sem Band abgedruckten Beitrag ausführt - (vgl. 120) der steten Aufmerk samkeit einer Autorität ausgesetzt. Eine Vielzahl von verschiedenen Interes senten beobachtet uns oder lässt uns beobachten: der Tankstellenpächter, pri vate Sicherheitsdienste, Eigner von Warenhäusern, die Polizei. Und deren Mittel, unser Verhalten zu steuern, bestehen nicht nur aus negativen Sanktio nen. Es gibt andere Möglichkeiten: die Verinnerlichung von Normen be kanntlich und Verlockungen - Pazifizierungen durch Befriedigung uns ange sonnener Bedürfnisse oder durch Scharfmachen, das uns dazu bringt, den öden, gut bezahlten Job durchzuhalten. So wollen wir oft das, was wir sollen. Reinhard Kreissl hebt in dem Beitrag, der in diesem Band abgedruckt wird, die verhaltenssteuernden Funktionen der Verlockungen hervor. In schöner Gleichnishaftigkeit wird die Entwicklung bestimmter Sektoren sozialer Kon trolle als ein Ersetzen des Panoptikums durch die Anlage eines Club Mediter rane beschrieben. Die Kontrollunterworfenen werden zu Kunden, die Kon trolleure zu Animateuren. Sie stehen einander ziemlich gleichberechtigt ge genüber, verhandeln miteinander. Nur weniges wird erzwungen, und dies Wenige entgeht der Aufmerksamkeit vieler, weil anderes lockt. Unwesentlich beeinträchtigt wird die Attraktivität dieses Daseins von einer gewissen Selbstbeteiligungserwartung. Bei ihren Verhandlungen werden die Bürger aufgerufen, "sich für Sicherheit und Ordnung vor Ort in ihrem eigenen Inter esse zu engagieren", schreibt Kreissl (37). Engagieren sollen sich die Bürger zunächst einmal für den normalen Gang der Dinge. Man muss schon mitma chen bei der Herstellung und dem Erhalt von Grenzen und Strukturen. Aber es wird einem leicht gemacht. Wer will schon einfach herumlungern, wenn Rate- und Geschicklichkeitsspiele locken. Diese "smooth-running-society" Verweise ohne Erscheinungsjahr beziehen sich auf Beiträge, die in diesem Band ab gedruckt sind. 10 Helge Peters funktioniert allerdings oft nur, wenn die alten Ausschlusspotentiale aktuali siert werden. Auch hier passt das Bild der Ferienkolonie - vielleicht ist sie etwas südlicher gelegen. Umstellt sind diese Clubs von Angehörigen privater Sicherheitsdienste, die darauf zu achten haben, dass keiner derer, die nicht dazugehören, eindringt. Folgt man den in diesem Band abgedruckten Überlegungen Helga Cre mer-Schäfers und Heinz Steinerts, so ist mit dieser Variante jenes Gleichnis ses ein zentrales Thema gerade moderner westlicher Gesellschaften ange sprochen: die Vorgänge sozialer Ausschließung. Solche Vorgänge passieren nicht einfach. Sie sind eingelassen in legitimie rendes Wissen. Mit ihm vor allem beschäftigen sich die beiden Autoren. Als dessen Basis identifizieren sie die aus der Entstehung bürgerlicher Gesell schaften resultierenden Nötigungen, Vernunft und Disziplin von Wahnsinn und Liederlichkeit abzugrenzen (vgl. 43). Ausschließung erfolge, wenn 'Disziplinie rung. die auf Marktnützlichkeit der Adressaten ziele, erfolglos sei. Das Wissen, das der Behandlung der Überflüssigen und der Thematisierung ihres Status' diene, variiere mit dem Status derer, die Umgang mit ihnen haben. Das Exper tenwissen, das kulturindustrielle Wissen, das Alltagswissen und das wissen schaftliche Wissen, das sich auf Überflüssige bezieht, sei voneinander zu unter scheiden: Es seien Paraphrasen des Ausschlussthemas. Cremer-Schäfer und Steinert pointieren ihre Diagnosen mit der These, dass auch die Wissenschaf ten, die zur Verhinderung von sozialer Ausschließung beitragen wollen, Agen ten der Ausschließung sind. Das von den Autoren so genannte Soziale-Proble me-Wissen, das von der Soziologie hergestellt werde, definiere soziale Aus schließung in ein zu lösendes Ordnungsproblem. Es erzeuge damit Ausschluss kategorien. Die Angehörigen der "gefährlichen Klassen" z.B. ließen sich über diese Kategorien auf ein Kontinuum von "sozial schwach, aber verbesserbar" bis "unter den gegebenen Umständen nicht zu retten" anordnen (58). Erkennbar werden Ausschließungsvorgänge vor allem in großen Städten. Peter Franz gibt in dem in diesem Band abgedruckten Beitrag die These wieder, dass die ",ntegrationsmaschine Stadt" zu versagen drohe und damit eine "break-down-of-social-control-panic" entstehe: Personen, die sich im Innenstadtbereich aufhielten, würden mit Situationen konfrontiert, die sie als unangenehm und bedrohlich wahrnähmen (vgl. 77). Soziale Kontrolle werde als mangelhaft erfahren. Im Einklang mit dieser Wahrnehmung bildeten sich Strategien sozialer Kontrolle heraus, das Aussprechen und Durchsetzen von Verboten etwa, sich an bestimmten Orten der Stadt aufzuhalten- eine Folge rung wohl auch aus den Forderungen, die die Bürger in die von Kreissl er wähnten Verhandlungen einbringen. In Deutschland ergebe sich das Problem vor allem als Folge des poli tisch-administrativen Umgangs mit Asylbewerbern. Das ihnen auferlegte Ar beitsverbot und die Beschränkung ihrer Konsumsouveränität treibe sie in die Schwarzarbeit und die Kriminalität. Dies verschärfe ihre problematische Si tuation und Diskreditierbarkeit. Soziale Kontrolle 11 Verordnungen und Gesetze ermöglichen solche Verbote, sagen uns aber nicht, welches Ereignis der Verbotsfall ist. Dies sagen uns die Anwender der Verordnungen und Gesetze aufgrund ihres Wissens und ihrer Plausibilitäten. Indem sie sagen, was der Fall ist, schaffen sie ihn. Gabi Löschper macht in ihrem in diesem Band abgedruckten Beitrag auf diesen Zusammenhang auf merksam. Am Beispiel der Strafjustiz zeigt sie, dass in Kontrollprozessen kein Sachverhalt festgestellt, sondern Fakten hergestellt werden (vgl. 14 7). Handlungen, um deren Identifizierung es in solchen Prozessen gehe, lägen nicht einfach vor. Ihre Qualität gewönne sie im Zuge sozial organisierter und kommunikativer Prozeduren. Sie bestünden aus Reden, in denen die Kon texte erkennbar würden, aufgrund derer die Redenden Handlungen als krimi nell definieren würden. Im Ansatz falsch verfahre die gegenwärtige Rechts psychologie - die Kritik an ihr ist das Thema des Beitrags Löschpers -, die strafrichterliches Handeln unter dem Gesichtspunkt erörtere, warum sich Ur teile verschiedener Richter bei gleich gelagerten Fällen unterschieden, warum Urteile von rechtlichen Regeln abwichen. Dem latenten Objektivismus sol chen Fragens müsse sich eine wirklichkeitsangemessene Analyse der straf rechtlichen Praxis widersetzen. Deutlich zu machen sei, dass strafrichterli ches Urteilen auch von Gesetzen unabhängigen handlungskontextdefinieren den Plausibilitätsstandards folge. Diese Standards können alle möglichen Relationen von handelnden Merkmalen und Handlungen umfassen, solche von Schichtung und Nationa lität einerseits und Handlungen andererseits. Ausschließungsbegründendes Wissen kann also Eingang finden in korrektes strafrichterliches Handeln, das Leben des einen Verdächtigen erschweren, das des anderen erleichtern. Soziale Ausschließung und soziale Kontrolle also im Wesentlichen Folgen gesellschaftsstrukturell begründeter Selektivität, inszenierter Paniken und Zu rechnungen der Kontrolleure? Variiert soziale Kontrolle nicht auch mit dem, was in ihrem Handlungsfeld einfach passiert? Mehrere Autoren dieses Bandes verneinen die erste und bejahen- meist implizit- die zweite Frage. Zwei Ge genthesen sind zu erwähnen: Zum einen wird auf die Konsequenz zunehmen der Individualisierung verwiesen (vgl. etwa den hier abgedruckten Beitrag von Kreissl- 21): Aufgegriffen wird ein Ge_danke Ronald Hitzlers, demzufolge mit dem Zerfall sozial-moralis~her Milieus Verlässlichkeiten und Erwartbarkeiten schwänden. Immer weniger Menschen könnten sich unter immer seltener vor kommenden Bedingungen aufeinander verlassen. Sie täten deswegen gut daran, .. immer öfter bzw. grundsätzlichjedem anderen prophylaktisch zu misstrauen" (1998: 206). Kreissl folgert aus dieser Einschätzung in seinem hier abgedruck ten Beitrag, dass soziale Kontrolle sich zu einer Kontrolle wandele, die die pre kärer werdende soziale Normalität aufrechtzuerhalten habe (vgl. ebd.). Soziale Kontrolle und Ausschließung also im Dienst und Interesse eines stets größer werdenden Teils der kontrollierten Menschen? Die andere These. die der Annahme widerspricht, soziale Kontrolle va riiere im Wesentlichen mit vom Verhalten der Kontrolladressaten unabhängi-

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.