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Soviet Foreign Policy under Gorbachev: Motivation, Practice, Theory, Perspectives PDF

38 Pages·1989·6.211 MB·English
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Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien Soviet Foreign Policy under Gorbachev: Motivation, Practice, Theory, Perspectives Dieter Heinzig 66-1989 Die Meinungen, die in den vom BUNDESINSTITUT FÜR OSTWISSENSCHAFTLICHE UND INTERNATIONALE STUDIEN herausgegebenen Veröffentlichungen geäußert werden, geben ausschließlich die Auffassung der Autoren wieder. © 1989 by Bundesinstitut fur ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln Abdruck und sonstige publizistische Nutzung - auch auszugsweise - nur mit vorheriger Zustimmung des Bundesinstituts sowie mit Angabe des Verfassers und der Quelle gestattet. Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien Lindenbornstraße 22, D-5000 Köln 30, Telefon 0221/5747-0 CONTENTS Page Kurzfassung 1 ) 1. The Soviet Union: Unchanged Interests and a new Image 7 2. Changes in Soviet Foreign Policy: Motivation 8 3. Changes in Soviet Foreign Policy: Practice TO 4. Changes in Soviet Foreign Policy: Theory 15 5. Conclusions and Perspectives 18 Notes 21 Summary 27 October 1989 This Bericht is an expanded version of a paper delivered at the "International Symposium '89" in Tokyo in November 1989. Dieter Heinzig Sowjetische Außenpolitik unter Gorbatschow: Motive, Praxis, Theorie, Perspektiven Bericht des BlOst Nr. 66/1989 Kurzfassung Von westlichen Beobachtern wird heute nicht mehr bestritten, daß sich in der sowjetischen Außenpolitik nach Gorbatschows Amtsantritt ein beachtlicher Wandel vollzogen hat. Diskutiert werden hingegen Ursachen, Substanz und Zukunftsaussichten die ses Wandels sowie seine Bedeutung für die Politik des Westens und die internationalen Beziehungen. Dieser Bericht unternimmt es, den Motiven des Wandels nachzuspüren, die Praxis und die Theorie der neuen Außenpolitik zu untersuchen und mögliche Per spektiven aufzuzeigen. Der Verfasser stützt sich auf sowjeti sche Quellen, wertet aber auch Meldungen und Analysen der inter nationalen Medien aus und zieht die Fachliteratur heran. Ergebnisse 1. Die Veränderungen in der sowjetischen Außenpolitik seit Gor batschows Amtsantritt erklären sich hauptsächlich aus der Anfang der achtziger Jahre einsetzenden und seither fortschrei tenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes. Gorbatschow hatte schon vor seiner Amtsübernahme klar erkannt, daß eine Fortsetzung des ökonomischen Niedergangs früher oder später die innenpolitische Stabilität der Sowjet union und ihre Stellung als Weltmacht gefährden würde. Das abso lute Wachstum des Nationaleinkommens stagnierte in den siebzi ger Jahren und begann in den achtziger Jahren zu sinken. Die technologische Lücke gegenüber den fortgeschrittenen Industrie ländern erweiterte sich zunehmend. Im Vergleich zu den Vereinig ten Staaten betrug der Pro-Kopf-Verbrauch Anfang der achtziger Jahre etwa ein Drittel, die Arbeitsproduktivität Mitte der acht ziger Jahre weniger als die Hälfte. Zur gleichen Zeit lebte et wa 20 Prozent der sowjetischen Bevölkerung unterhalb der Armuts grenze . 2. Gorbatschows Antwort auf diese krisenhafte Entwicklung lau tete "Perestrojka", d. h. wirtschaftlicher (und - hierfür nötig -politischer) "Umbau" des Landes. Es waren somit nicht neue moralische Einsichten, sondern es war ökonomische Schwä che, die die Rolle der Hebamme bei der Geburt von Perestrojka spielte. Unter den neuen Umständen hatte die Außenpolitik haupt sächlich die Führung bei der Aufgabe zu unterstützen, den wirt schaftlichen Aufschwung und die Modernisierung des Landes her beizuführen. Es besteht also ein klar erkennbarer Kausalzusam- - 2 - menhang zwischen den beiden Bereichen insofern, als die neue Qualität der Außenpolitik eine logische Konsequenz der innovato rischen Prozesse darstellt, die im Inneren der Sowjetunion vor sich gehen. Die Diplomatie soll, mit anderen Worten, "möglichst günstige Bedingungen für die Beschleunigung der sozio-ökonomi- schen Entwicklung der sowjetischen Gesellschaft schaffen" (Gor batschow im Mai 1986). 3. Die sowjetische Rüstungslast betrug nach Schätzungen von CIA/DIA im Jahre 1987 zwischen 15 und 17 Prozent (nach so wjetischen Angaben 10 bis 15 Prozent) des Bruttosozialprodukts der UdSSR. Sie macht im Vergleich zu den USA einen zweieinhalb mal so hohen Anteil am BSP aus. Diese riesige Belastung ist auf ein erforderliches Minimum zu begrenzen, um so die dringend be nötigten Ressourcen für die zivile Wirtschaft freizusetzen. Im Zusammenhang mit Beschaffungsprogrammen, die bereits vor Gorba tschows Amtsantritt angelaufen waren, sind allerdings die Rü stungsausgaben bis 1988 weiter angewachsen und sollen offenbar erstmals 1989 sinken. Die Konversion von Rüstungsfabriken ist bereits in Gang gekommen. Die Außenpolitik soll ebenfalls ihren Beitrag zum Abbau der Rüstungsausgaben leisten. Die früher gel tende Auffassung, die Sowjetunion müsse so stark sein wie eine beliebige denkbare Koalition gegnerischer Staaten, wird inzwi schen verworfen. Der Warschauer Pakt hat eine "defensivere" Dok trin entwickelt. In der Sowjetunion werden Konzeptionen wie "vernünftige Hinlänglichkeit" (razumnaja dostatocnost') und "Nichtangriffsfähigkeit" (nenastupatel'nost') diskutiert. 4. Um die Rüstungslast zu reduzieren, muß die Sowjetunion vor allem für ein friedliches internationales Umfeld sorgen und das Vertrauen schaffen, das erforderlich ist, um Rüstungsbegren zung und Abrüstung möglich zu machen. Das eindrucksvollste Bei spiel hierfür ist der Rückzug aus Afghanistan. Dem Ziel einer Vertrauensbildung gegenüber China dienten die bis Anfang 1991 geplante Reduzierung der in den Militärbezi rken Transbaikal und Fernost stationierten Truppen um rund ein Drittel und die Beteiligung an einem Krisenmanagement im Kambodscha-Konflikt. Auch gegenüber den Vereinigten Staaten und Westeuropa wurde das Bemühen erkennbar, Spannungen zu mindern und Vertrauen zu bil den. Der INF-Vertrag vom Dezember 1987 konnte abgeschlossen wer den, nachdem Moskau die Forderung nach einem vorherigen Ver zicht der USA auf SDI fallenlassen und Verifikationsmaßnahmen zugestimmt hatte. Konziliantes Verhalten der UdSSR ermöglichte den erfolgreichen Abschluß der Stockholmer KVAE. inzwischen er scheint auch der Abschluß eines START-Vertrages denkbar, seit dem nämlich die sowjetische Führung Ende September 1989 erken nen ließ, daß sie nicht mehr auf dem vorherigen Verzicht Wa shingtons auf SDI besteht. Im übrigen räumt die sowjetische Westpolitik auch unter Gorbatschow den Beziehungen zu den Ver einigten Staaten, dem globalen Rivalen, den Vorrang ein. Gleich zeitig wird indes dem westeuropäischen Machtzentrum als dem Vor zugspartner bei der Modernisierung der sowjetischen Wirtschaft - 3 - mehr Aufmerksamkeit geschenkt als bisher. Die sowjetische Idee eines "gemeinsamen europäischen Hauses" ist vor allem in diesen Zusammenhang einzubetten. 5. Der INF-Vertrag hat die beträchtliche konventionelle Überle genheit der Sowjetunion in Europa nicht reduziert, sondern ihr Gewicht verstärkt. Die von Gorbatschows angekündigte einsei tige Verminderung der konventionellen Streitkräfte vom Dezember 1988 schwächt, wenn sie verwirklicht wird, diese Überlegenheit zumindest quantitativ ab. Sie beseitigt zwar nicht die Inva sionsfähigkeit des Warschauer Pakts, vermindert aber die Fähig keit, einen Überraschungsangriff durchzuführen. Wenn eine sol che Verminderung mit der angekündigten Zerstörung oder Konver sion eines wesentlichen Teils der relevanten Ausrüstung verbun den wird, dann erscheint das Szenario eines Überraschungsan griffs kaum mehr plausibel. Als Prüfstein für die Aufrichtig keit der sowjetischen Abrüstungsabsichten ist anzusehen, wie sich Moskau bei den im März 1989 begonnenen Wiener Verhandlun gen über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) verhalten wird. Ganz allgemein sollte bei KSE der Grundsatz gelten, daß sich Sicherheitspolitik nicht so sehr an den schnell veränderba ren Absichten, sondern an den militärischen Fähigkeiten des potentiellen Gegners zu orientieren hat. Gorbatschows Botschaft an Bush von Ende September 1989 bietet allerdings Anlaß für ei nen vorsichtigen Optimismus. 6. Ein weiteres außenpolitisches Instrument, das zur Unterstüt zung der ökonomischen Perestrojka eingesetzt werden soll, ist die wachsende Integration der Sowjetunion in die Weltwirt schaft. Auch die Politik gegenüber den Entwicklungsländern soll "ökonomisiert" werden. In ihrer Dritte-Welt-Politik beteiligt sich Moskau heute an der friedlichen Lösung von regionalen Kon flikten (Afghanistan, Kambodscha, Namibia, Horn von Afrika) oder verhält sich zumindest beschwichtigend (Naher Osten, Golf, Mittelamerika). Sowjetische Hilfe soll nicht mehr wie früher zur primär ideologisch begründeten Aufpäppelung "sozialisti scher Staaten" und Staaten mit "sozialistischer Orientierung" verwendet werden. In Moskau ist man nicht mehr daran interes siert, die Anzahl solcher kostgängerischer Klienten zu erhöhen. 7. Auch die neue Politik der sowjetischen Führung gegenüber Osteuropa ist darauf ausgerichtet, weltweit Vertrauen aufzu bauen. Angesichts früherer militärischer Interventionen (DDR 1953, Ungarn 1956, Tschechoslowakei 1968) geht es darum, die Glaubwürdigkeit der Sowjetunion als einer nicht-interventioni stischen Macht zu unterstreichen. Dies ist der Gorbatschow-Admi nistration weitgehend gelungen. Die "Breshnew-Doktrin" ist de facto außer Kraft gesetzt worden. Der überzeugendste Beleg ist das sowjetische Verhalten gegenüber den Sytemveränderungen in Polen und Ungarn. Das Prinzip der Nichteinmischung gilt aller dings auch gegenüber konservativen Staaten wie Rumänien, DDR und CSSR. Ihren eigentlichen Härtetest wird Moskaus neue Osteu ropa-Politik zu bestehen haben, wenn einzelne Staaten den War- - 4 - schauer Pakt oder den RGW verlassen wollen. Dies ist mehr als eine hypothetische Annahme, seitdem hochrangige Budapester Poli tiker das Ziel einer Neutralisierung Ungarns bis zum Jahr 2000 verkündet haben. Ob die Sowjetunion eine derartige "Finnlandi- sierung" osteuropäischer Staaten tolerieren würde, läßt sich gegenwärtig nicht voraussehen. 8. Parallel zu den Veränderungen in der Praxis wurden intensi ve Anstrengungen unternommen, unter dem Stichwort "neues Denken" (novoe mySlenie) eine neue Theorie der Außenpolitik zu entwickeln. Die praktischen Veränderungen, zu denen man sich aus bitterer wirtschaftlicher Not gezwungen sah, ließen ein Be dürfnis nach theoretischer Rationalisierung entstehen. "Glas- nost'" tat ein Übriges, und was nunmehr entstand, kann man als eine Entideologisierung oder Entdogmatiserung der Außenpolitik in dem Sinne bezeichnen, daß man auf realitätsverhüllende ideo logischen Ladenhüter verzichtete und an den harten Tatsachen der Gegenwart orientierte neue theoretische Überlegungen ent wickelte. Das "neue Denken" stellt keine geschlossene außenpoli tische Doktrin dar, sondern besteht aus einigen Grundideen, wo nach u.a. die Welt als zunehmend interdependent betrachtet wird, "allgemeinmenschlichen Werten" der Vorrang vor den Prinzi pien des Klassenkampfs einzuräumen sei, das Prinzip der "fried lichen Koexistenz" als höchstes Prinzip der internationalen Be ziehungen anzusehen ist, jedes Volk sein politisches und sozia les System frei wählen soll sowie dem Völkerrecht und den Men schenrechten eine stärkere Bedeutung zuerkannt werden müsse. 9. Inwieweit es die sowjetische Führung mit diesen Grundgedan ken völlig ernst meint, kann man gegenwärtig schwer abse hen. Vorstellbar ist, daß das, was zunächst aus einer Zwangsla ge heraus entstand, sich inzwischen zu vernünftigen Einsichten entwickelte. Es könnte sich aber auch um eine Mischung aus prin zipiellen und taktischen Überlegungen handeln. Nicht zu beant worten ist daher auch die Frage, ob "neues Denken" und die neue praktische Außenpolitik vor allem darauf angelegt sind, der öko nomisch geschwächten Sowjetunion lediglich eine "Atempause" (pe- redys'ka) Leninscher Provenienz zu verschaffen, wonach sich Mos kau gestärkt dem alten Expansionismus zuwenden würde. Sicher ist allerdings, daß nicht alle sowjetischen Führer mit allen Ideen des "neuen Denkens" einverstanden sind. So wandte sich Jegor Ligatschow im August 1988 öffentlich gegen die Abkehr vom Klassenkampf in den internationalen Beziehungen. 10. Die Veränderungen in der sowjetischen Innen- und Außenpoli tik haben zu einer neuen Detente im Ost-West-Verhältnis ge führt, eine weitere Annäherung zwischen der UdSSR und der VR China bewirkt und zur Dämpfung regionaler Konflikte beigetra gen. Das Rapprochement zwischen der UdSSR und dem Westen schuf ein positives Klima, in dem die Regeln des Nullsummenspiels nicht mehr uneingeschränkt gelten. Im asiatisch-pazifischen Raum ist es Moskau allerdings bisher nicht gelungen, sich mit Washington über Abrüstungsschritte zu verständigen. In den ost- - 5 - und südostasiatischen Ländern reagiert man überdies skeptischer auf Gorbatschows Offensive des Charms als in den USA und in Westeuropa. 11. Die entspannende Wirkung der neuen sowjetischen Außenpoli tik wird anhalten, solange diese Politik anhält, d. h. so lange Perestrojka und "neues Denken" die Politik der Sowjetfüh rung bestimmen. Zwar hält man in letzter Zeit in der Sowjet union einen Sturz Gorbatschow durch einen Staatsstreich für wahrscheinlicher denn je. Doch auch konservative Nachfolger Gor batschows hätten angesichts der sich immer mehr zuspitzenden Wirtschaftskrise im Lande keine andere vernünftige Alternative als die, Reformen durchzuführen - wenn auch vielleicht vorsich tiger und langsamer - und hierfür ein kooperatives internatio nales Klima zu schaffen, wenn sie den Abstieg der Sowjetunion als Weltmacht verhindern will. Eine ernsthafte Bedrohung der Kontinuität der sowjetischen Politik besteht für die nächste Zukunft allerdings in der Gefahr, daß sich Gorbatschow oder sein Nachfolger gezwungen sehen könnte, die geplante Sezession der baltischen Staaten mit Gewalt zu verhindern. Eine "chinesi sche Lösung" der baltischen Frage könnte zur Folge haben, daß die so hoffnungsvoll begonnene Ost-West-D6tente mitsamt ihrer entspannenden Wirkung auf die globalen internationalen Beziehun gen für eine noch unabsehbare Zeit in sich zusammenbricht.

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