ebook img

Soda, Teer und Schwefelsäure : Der Weg zur Großchemie PDF

255 Pages·1985·18.288 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Soda, Teer und Schwefelsäure : Der Weg zur Großchemie

Zu der Buchreihe «Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik» Naturwissenschaftliche und technische Gegenstände sind nicht eindeutig, sondern vieldeutig. Ihre humanen, sozial- und geistes­ geschichtlichen Beziehungen zeigen sich nicht in Funktionsbe­ schreibungen. Ebenso sagt die rein fachliche Darstellung der Ge­ schichte von Naturwissenschaft und Technik nichts aus über deren gesellschaftliche, wirtschaftliche und allgemein geistesgeschicht­ liche Voraussetzungen und über die sich ergebenden Konsequen­ zen. Demgegenüber versucht die gemeinsam vom Deutschen Museum und dem Rowohlt Taschenbuch Verlag herausgegebene neue Buchreihe (Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik> auch jene Bezüge, welche die Fachgebiete übergrei­ fen, zu beschreiben und durch Bilder zu veranschaulichen. Die Bände richten sich an Lehrer und Ausbilder; doch sind sie so gestaltet, daß jeder interessierte Laie sie verstehen kann. Es zeigt sich, daß der Weg durch die Geschichte nicht eine zusätzliche Er­ schwerung des Lehr- und Lernstoffes bedeutet, sondern das Ver­ ständnis der modernen Naturwissenschaften und der Technik er­ leichtert. Dieter Osteroth Soda, Teer und Schwefelsäure Der Weg zur Großchemie ro ro ro Deutsches Museum Rowohlt Die Buchreihe zur Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik entstand im Rahmen zweier Projekte am Deutschen Museum, die vom Bun­ desminister für Bildung und Wissenschaft und der Stiftung Volkswagenwerk finanziell unterstützt wurden. Verantwortlich für die Konzeption der Reihe: Bert Heinrich, Friedrich Klemm t, Michael Matthes, Jürgen Teichmann. Die Interpretation der Fakten gibt die Meinung des Autors, nicht die des Deutschen Museums wieder. Redaktion im Deutschen Museum: Bert Heinrich Bildredaktion: Ludvig Vesely Bildrechte: Rolf Gutmann Redaktionsassistentin: Edeltraut Hörndl Diese VeröflentHchung wurde mit Mitteln des Bundesminteters für Bildung und Wissenschaft gefördert Originalausgabe Umschlagentwurf: Werner Rebhuhn (Ausschnitt aus dem Diorama der Farbenherstellung bei Bayer, Abteilung Technische Chemie, Deutsches Museum. Kleines Bild: Doppelkatalyse-Kontaktanlage zur Gewinnung von Schwefelsäure 1960, Modell im Deutschen Museum) Redaktion: Jürgen Volbeding Layout: Edith Lackmann Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Januar 1985 Copyright © 1985 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg Satz Times (Linotron 202) Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 1480-ISBN 3 499 17720 X Inhalt Einleitung 7 1. Die Ursprünge der modernen Technik 8 2. Die industrielle Revolution 10 3. Chemische Technik 11 4. Der Weg zum chemischen Prozeß 11 5. Ursprünge der chemischen Industrie 13 Zeittafel 15 l. Der Weg zur anorganischen Großchemie 27 1. Die englische Textilindustrie - Keimzelle der Industriealisierung 27 2. Soziale Auswirkungen der industriellen Revolution 30 3. Der Beginn der chemischen Industrie 31 4. Schwefelsäure 32 5. Das Leblanc-Verfahren zur Sodaherstellung 36 6. Die Nebenprodukte der Leblanc-Industrie 43 7. Die Bedeutung der Leblanc-Industrie 48 D. Die Anfänge der Kohleveredlung Leuchtgas, Koks, Teer und Ammoniak 51 1. Gaslicht 51 2. Die trockene Destillation von Kohlen 54 3. Gaswerk 54 4. Stahlrohre 58 5. Koks für Eisenhütten 60 6. Chemische Produktion schafft Umweltprobleme 63 7. Moderne Koksöfen 65 8. Die Gewinnung der Nebenprodukte bei der trockenen Destillation von Steinkohlen 68 m. Teerchemie 71 1. Rohstoffquelle Teer 71 2. Farbe 74 3. Drogen und Drogenhandel 74 4. Umweltskandal Anno 1864 76 5. Die Aufarbeitung von Rohteer 78 6. Der Schlüssel zum Geheimnis der Farbstoffe 87 7. Der große Durchbruch 92 8. Die Teerfarbenfabrik 95 9. Heilmittel aus Teerprodukten 100 IV. Die anorganische Industrie der zweiten Generation 107 1. Solvay contra Leblanc 107 2. Der Solvay-Prozeß 111 3. Neue Wege zu Chlor und Alkalilaugen 118 4. Die Chloralkali-Elektrolyse 121 5. Die Revolution in der Landwirtschaft 127 6. Düngemittelindustrie 131 7. Kontakt-Schwefelsäure 136 8. Der Chemiegroßbetrieb 145 V. Mit Hochdruck ins 20. Jahrhundert 150 1. Die Aufgabe: Stickstoffdünger aus Luft 150 2. Bosch meistert das Stickstoffproblem 153 3. Die Haber-Bosch-Synthese 156 4. Oppau und Leuna 158 5. Ammonsulfat 160 6. Salpetersäure 162 7. Düngemittel-heute 167 8. Der <Kohle-Strang> 168 9. Ethylen und Acetylen 171 10. Petrochemie 177 VI. Mensch-Gesellschaft-Chemie 184 1. Mensch und Chemie 184 2. Die chemische Industrie 188 3. Menschen in der chemischen Technik 204 4. Der Chemiker und seine Helfer 227 5. Chemische Fabrik und Umwelt 235 VII. Stadien im Deutschen Museum von G. Probeck 243 Anhang 248 Literaturverzeichnis 248 Personen- und Sachregister 250 Bildquellen 253 Einleitung Chemie ist die Wissenschaft von den Stoffen und Stoffänderungen; die chemische Technik befaßt sich mit der technischen und wirtschaftlichen Nutzung chemischer Erkenntnisse. Neben der technischen Durchführung von Vorgängen, bei denen stoffliche Umwandlungen stattfinden, spielt die Gewinnung chemisch reiner Verbindungen aus Stoffgemischen eine sehr große Rolle; ein Beispiel hierfür ist die Isolierung von Zucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben. Die Anfänge chemisch-technischer Betätigung reichen weit in die Ge­ schichte zurück, und das ist leicht verständlich: Besteht doch der Zweck dieser Tätigkeit darin, mineralische, pflanzliche und tierische Rohstoffe so umzuwandeln, daß sie dem Menschen für seine Ernährung, Beklei­ dung sowie insgesamt für die Sicherung seiner Existenz in einer ihm ursprünglich feindlichen Umgebung dienen können. Backen von Brot, Bereitung von Bier und Wein, Herstellung von Tonziegeln, Glas und ke­ ramischen Erzeugnissen, Metallgewinnung zur Herstellung von Geräten, Waffen und Schmuck, Bleichen und Färben tierischer und pflanzlicher Fasern oder das Sieden von Seife sind Beispiele, die umfangreiche, empi­ risch gewonnene Kenntnisse bei der Durchführung von Stoffumwandlun­ gen bezeugen. Die frühen Hochkulturen am Nil sowie an Euphrat und Tigris sind ohne solide «chemische Kenntnisse> nicht vorstellbar. So hatte die «Zähmung des Feuers« zur Herstellung von Tongefäßen und zur Glas­ macherei geführt; ein weiterer wichtiger Technologiezweig war die Zie­ gelbrennerei. Auch die Gewinnung von Metallen basiert auf der Beherr­ schung des Feuers: Holzkohle und Blasebalg waren die Hilfsmittel, die eine fast bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unveränderte Metallurgie ermöglichten. Aber auch Stoffumwandlungen auf «kaltem Wege> waren bekannt; Gärungsvorgänge wurden z. B. für die Herstellung von Bier, Käse und Wein benutzt. Man kannte u. a. auch die Gewinnung von Farb­ stoffen aus pflanzlichen und tierischen Materialien; die Farbstoffe dien­ ten sowohl für die Färbung von textilen Materialien wie auch für kosmeti­ sche Zwecke. Die Welt des technischen Chemikers gilt als schwer zugänglich: Che­ mie, Physik, Technik und Wirtschaft scheinen hierzu einem für den Laien nicht überschaubaren Netzwerk verflochten zu sein; tatsächlich kann man aber anhand einiger «roter Fäden> Verständnis für die chemische Technik gewinnen. Über die Ursprünge der modernen technischen Chemie gibt es einige 7 falsche Vorstellungen: Nur zu oft glaubt man, sie sei im Gefolge der gro­ ßen chemischen Entdeckungen des 18. und 19. Jahrhunderts entstanden, in jenen Jahrzehnten also, in denen die Chemie durch große Pioniere von der Empirie zur exakten Wissenschaft entwickelt wurde. Nicht selten wird dabei übersehen, daß die wirtschaftliche Entwicklung erst jenen Punkt erreicht haben mußte, wo Interesse an einer industriellen Verwer­ tung wissenschaftlich-chemischer Entdeckungen bestand: «Der Bedarf also führt zur Ausnutzung aller Erfindungen - falls man sich an sie erin­ nert - und regt zu neuen Erfindungen an» (W. Treue). Andererseits bleibt Grundlagenforschung Voraussetzung aller chemi­ schen Technik. Viele im Reagenzglas und in Laborapparaturen des For­ schers glatt verlaufende Reaktionen sind für eine wirtschaftliche Produk­ tion in großem Maßstab ungeeignet. Zahlreiche Gründe mögen dafür maßgeblich sein: Die benötigten Rohstoffe können zu teuer oder nicht verfügbar, die Reaktionsbedingungen (z. B. Druck, Temperatur) können für die technische Umsetzung zu extrem, die Ausbeuten an gewünschter Substanz zu gering und die Menge an unerwünschten Nebenprodukten zu groß sein, und auch den Problemen einer Umweltbelastung durch chemi­ sche Prozesse kommt - nicht erst in unseren Tagen! - ein hoher Stellen­ wert zu. Die chemische Industrie will ja nicht nur produzieren - sie muß vor allen Dingen wirtschaftlich und sicher produzieren. Wirtschaftliches Produzieren verlangt aber, sich der jeweiligen Situation (z. B. veränder­ ter Rohstoffsituation oder neuer Marktlage) anzupassen. Dies verlangt ständige wissenschaftliche Arbeit in Laboratorien und Technika; kaum irgendwo in Industrie und Wirtschaft ist Forschung von so fundamentaler Bedeutung wie in der chemischen Industrie. 1. Die Ursprünge der modernen Technik Zünfte (d. h. örtliche Fachverbände, in denen die Handwerker pflichtge­ mäß Mitglied sein mußten) und Universitäten schufen die Grundlagen für die von der Technik mitgeprägte abendländische Kultur. Parallel zueinan­ der begann im 13. Jahrhundert die Entfaltung der Universitäten und, ge­ fördert durch das Zunftwesen, der Übergang von der Hauswirtschaft zum marktversorgenden Gewerbe. Die Universitäten sind Ausdruck einer geistigen Bewegung mit der Zielsetzung, dem Menschen eine rationale Erfassung der Welt zu ermög­ lichen. Sie entstanden fast gleichzeitig um 1200 herum in verschiedenen Ländern Europas. «In Europa entstand die Universität tatsächlich spontan, nicht aus staatlicher oder kirchlicher Initiative, nicht aus sozialen oder wirtschaftlichen Beweggründen, son- 8 dem aus ursprünglichem Wissensdrang, aus Erkenntniswillcn und Wahrheitsstre­ ben und ging ihre eigenen, oft unbequemen Wege. In ihrem Ursprung und Wesen ist sie auf unabhängiges Denken, Forschen und Lehren gerichtet» (W. P. Neu­ mann). Der ursprüngliche Begriff Universität, die Gemeinschaft von Lehrern und Schülern mit korporativer Selbstverwaltung ist zuerst 1213 in Paris bezeugt. Die erste Universität auf deutschsprachigem Boden wurde 1348 von Karl IV. in Prag gegründet. Der idealistische Wesenszug der alten Universitäten wurde aber schließlich überdeckt von einer praxisbezogeneren Zielsetzung. Eine ih­ rer wesentlichen Aufgaben im 18. Jahrhundert bestand darin, einen wis­ senschaftlich geschulten Beamtennachwuchs für den absolutistischen Staat heranzubilden. An die Stelle der Intemationalität der mittelalterli­ chen Universität trat das Territorialprinzip. Die erste Universität der Neuzeit, die 1694 gegründete Universität Halle a. d. Saale, war die <Ge- brauchs-Universitäb der preußischen Monarchie. Zur Heranbildung wissenschaftlich geschulter Techniker entstanden im 19. Jahrhundert Gewerbeschulen, Ingenieurschulen und Technische Hochschulen, deren großes Vorbild die 1794 vom französischen National­ konvent gegründete École Polytechnique in Paris war. Zugleich entstan­ den an den Universitäten naturwissenschaftliche Disziplinen mit einer wachsenden Anzahl von Lehrstühlen und angegliederten Instituten und Laboratorien für experimentelle Forschung. Im ausgehenden 11. bzw. in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts war das Handwerk so sehr erstarkt, daß sich die Handwerker nach dem Vor­ bild der Kaufmannsgilden genossenschaftlich zusammenschlossen; im Verlauf des 14. Jahrhunderts setzte sich für diese Vereinigungen die Be­ zeichnung <Zünfte> durch. Hauptaufgabe der Zünfte war die Wahrneh­ mung der gemeinsamen Interessen der Zunftgenossen und die Sicherung ihrer handwerklichen Tätigkeit. Die Zünfte übten Zunftzwang aus: Handwerker desselben Gewerbezweiges, die der Zunft nicht angehörten, durften sich in der Stadt selbst bzw. innerhalb der städtischen Bannmeile nicht betätigen. Die Aufnahme in die Zunft erfolgte gegen eine Gebühr. Die Zünfte kontrollierten die Qualität der von ihren Mitgliedern er­ zeugten Waren und strebten an, daß möglichst nur einwandfreie Ware zur Auslieferung kam. Sie kümmerten sich ferner um den Nachwuchs und stellten Richtlinien für die Handwerkerausbildung auf; um Meister zu werden, mußte vom betreffenden Gesellen ein Meisterstück vorgewiesen werden. Jeder angehende Handwerker mußte eine Lehrzeit durchma­ chen, die mehrere Jahre dauerte. Die Zünfte organisierten zuweilen ge­ meinsam ihre Rohstoffe. Sie sorgten auch dafür, daß der einzelne Hand­ werksbetrieb eine bestimmte Größe nicht überschritt. Die Zünfte hatten Selbstverwaltung und kontrollierten durch ihre 9 Zunftverfassung den Arbeitsmarkt, indem sie die Anzahl der Meister festlegten und auch bestimmten, wieviel Lehrlinge und Gesellen der ein­ zelne Meister beschäftigen durfte. Die Zünfte waren von größter Bedeutung für die Entwicklung der Wirtschafts- und Gesellschaftsformen des Mittelalters bis zu dessen Aus­ gang. Sie waren in dieser Zeit die Zentren des handwerklich-technischen Fortschritts und trugen entscheidend dazu bei, von der Eigenversorgung im Rahmen einer Hauswirtschaft zur Marktversorgung zu gelangen. In späteren Jahrhunderten erwiesen sie sich beim Übergang auf neue Pro­ duktionsformen als Hemmschuh der technischen Entwicklung. Erstarrt in veralteten Gesellschaftsformen, und bedacht auf Wahrung ihrer Privi­ legien, überlebten sie sich schließlich selbst. Im 17. Jahrhundert zögernd beginnend, entstand im Zusammenhang mit der merkantilistischen Wirtschaftsordnung und den sich stärker ent­ wickelnden Manufakturen ein Interesse, die handwerklich-empirischen Methoden wissenschaftlich zu untersuchen, zu durchdringen und zu ver­ breiten. Dies führte im 18. Jahrhundert zum Entstehen der großen Enzy­ klopädien, in denen handwerkliche Erfahrungen systematisch gesammelt und geordnet wurden. Ein bedeutendes Beispiel dafür ist die 35bändige Encyclopédie - davon 12 Tafelbände - von Diderot und d’Alembert, die zwischen 1751 und 1780 erschien. Naturwissenschaftliche Denkweise, die auf der Erkenntnis beruht, daß - abgesehen vom freien Willen des Menschen - die Natur determiniert ist, daß also Naturgesetze Gültigkeit haben, hatte sich durchgesetzt; die Na­ tur wurde Gegenstand menschlicher Erkenntnis. Wichtige Wegbereiter waren Nikolaus Kopernikus (1473-1543), Galileo Galilei (1564-1642), Johannes Kepler (1571-1630) und Isaac Newton (1643-1727). Die Ar­ beiten dieser Forscher führten zur Aufstellung von Naturgesetzen, die mathematisch formuliert werden konnten. In dieser Zeit wurden auch die Anfangsgründe der Differential- und Integralrechnung durch Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) gelegt. 2. Die industrielle Revolution Parallel zu der großen Französischen Revolution von 1789, deren Folgen sich in Politik, Gesellschaftsstruktur, Kunst und Literatur dieser Zeit wi­ derspiegeln, vollzog sich eine zweite, aus heutiger Sicht gleich folgen­ schwere Revolution: Die moderne Technik entstand. Aus Handwerksbe­ trieben und Manufakturen entstanden die ersten Fabriken, entwickelte sich die Industrie. Besondere Bedeutung kommt der chemischen Indu­ strie zu: Düngemittel, synthetische Fasem, Kunststoffe, Farbstoffe, pharmazeutische Produkte, Waschmittel und Kosmetika gehören zu ih­ 10

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.