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Sizilianische Kontrafakturen: Versuch zur Frage der Einheit von Musik und Dichtung in der sizilianischen und sikulo-toskanischen Lyrik des 13. Jahrhunderts PDF

272 Pages·1992·79.628 MB·German
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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRÜNDET VON GUSTAV GRÖBER FORTGEFÜHRT VON WALTHER VON WARTBURG UND KURT BALDINGER HERAUSGEGEBEN VON MAX PFISTER Band 230 JOACHIM SCHULZE Sizilianische Kontrafakturen Versuch zur Frage der Einheit von Musik und Dichtung in der sizilianischen und sikulo-toskanischen Lyrik des 13. Jahrhunderts MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1989 Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Schulze Joachim : Sizilianische Kontrafakturen: Versuch zur Frage der Einheit von Musik und Dichtung in der sizilianischen und sikulo-toskanischen Lyrik des 13. Jahrhunderts / Joachim Schulze. - Tübingen : Niemeyer, 1989 (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie; Bd. 230) NE: Zeitschrift für romanische Philologie / Beihefte ISBN 3-484-52230-5 ISSN 0344-6727 © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1989 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Lichtsatz Walter, Tübingen-Lustnau Druck: Gulde-Druck GmbH, Tübingen Einband: Heinr. Koch, Tübingen Dem Andenken HANS SPANKES ... e'l suoln] buon da gradir• . Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IX 1. Die These vom «divorzio tra musica e poesia» ... ..... ..... ... . . 2. Musik als Ehr und Zier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 31 3. Die Kontrafakturhypothese, Giacomo da Lentini und Raimbaut de Vaqueiras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 4. Die «amor lontano»-Kanzone von Giacomo da Lentini und ihr Vorbild 50 5. Giacomo da Lentini, Blacasset und Peire Cardenal ...... .... ..... 60 6. Eine anonyme Klage über enttäuschte Liebe und Peire Vidal . . . . . .. 69 7. Ein anonymes FTÜhlingslied und Raimon de Miraval ... ... .... ... 74 8. Odo delle Colonne und der Trouvere Audefroi le Bastard . . . . . . . . .. 78 9. Ein anonymes Lied aus der Feme und Gace Brule ......... ... ... 83 10. Lerchenlied und Frauenklage ... .... .. .................. ..... 89 11. Ein Anonymus und Thieri de Soissons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 101 12. Eine anonyme Pastourelle und Thibaut de Blaison 107 13. Ein toskanisches Sirventes gegen die Geistlichkeit und die Herkunft der Form des «sirventese semplice caudato» . . . . .. 112 14. Eine anonyme Totenklage und Gace Brule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 117 15. Zwei anonyme Lieder mit drei «piedi» und ihr Vorbild - nebst Weiterem über verlängerte Strophenformen und einer neuen Hypothese zur Entstehung des Sonetts .. ......... .. .. .. .. 123 16. Die Übernahme einzelner Reime und Reimvokalimitation in musikalisch bezeugten Kontrafakturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 136 17. Chiaro Davanzati und drei provenzalische Muster ... ... ..... ... .. 140 18. Peirol-Kontrafakturen? ..... ............ ........... ... ... ... 143 19. Musikalische Anregungen für neue Strophengliederungen? 151 VII 20. Einige letzte interessante Metren .. .. .... ...... ..... ... ...... . 163 21. Anzeichen für die Kontrafaktur sizilianischer und sikulo- toskanischer Muster. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 171 Rückblick .... ...... ..... ...... ..... ....... ..... ....... ...... 209 ANHANG 1. Elias Cairel und die Binnenreime der Sizilianer 221 2. Die These vom Ursprung der Sizilianischen Schule im Jahre 1233 .. 227 3. Geistliche und weltliche Ballata .. .... ........ ................ 237 LITERATURVERZEICHNIS 1. Texte .. .. .. .... ..... ...... ......... ...... .... .. ... ...... 247 2. Metrik .... .......... .. .. ........ ... ... ....... .. ... ...... 251 3. Musikwissenschaft .... ... .. .... ..... ... ... .. .... ..... .. .. . 252 4. Literaturwissenschaft und Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 254 V ERZEICHNIS DER PROVENZALISCHEN UND FRANZÖSISCHEN LIEDER 1. Provenzalische Lieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 258 2. Französische Lieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 259 VIII Vorbemerkung Auf den Gegenstand, der in dieser Studie behandelt wird, bin ich zwar zu meinem eigenen Erstaunen, aber doch mit einer gewissen Folgerichtigkeit gestoßen. Ursprünglich hatte ich nichts weiter vor, als die merkwürdige Entstehung und Ausbreitung der These von der Loslösung der Lyrik von der Musik, dem «divorzio tra musica e poesia», bei den Dichtem der Sizilianischen Schule darzustellen und einige Argumente geltend zu machen, die nach meiner Überzeugung gegen diesen «divorzio» sprechen. Die Mitteilung des Chronisten Salimbene, derzufolge Kaiser Friedrich 11. nicht nur lesen und schreiben konnte, sondern auch «cantare sciebat et cantilenas et cantiones invenire», hatte ich schon früh kennengelernt und es hatte mir daher von Anfang an wenig eingeleuchtet, daß ausgerechnet im Kreise dieses bei seinen Zeitgenossen erklärtermaßen auch wegen seiner Sangeskunst und Komponistenfähigkeiten berühmten Fürsten der Minnesang ohne die sonst überall in Europa noch dazugehörige Musik betrieben worden sein sollte. Wie fest auf der anderen Seite namentlich in Italien die Überzeugung verwurzelt ist, daß die frühe italienische Lyrik als melodielos anzusehen sei, wurde mir noch einmal deutlich, als ich Gelegenheit hatt, Cesare Segre gegenüber einige Andeutungen über mein Vorhaben zu machen. Er antwortete darauf mit der Bemerkung: «Sarebbe una rivoluzione!». Damals lag es mir noch gänzlich fern, zu vermuten, daß man bei diesen Lyrikern auch auf Kontrafakturen stoßen könnte und sich in dem einen oder anderen Fall möglicherweise noch der Nachweis führen ließe, zu welchen Melodien sie gesungen haben. Auf diese Vermutung bin ich auch dann noch nicht gekommen, als ich damit begonnen hatte, aus den überlieferten Trobadormelodien die eine oder andere herauszusuchen, die mehr oder weniger zum Metrum einer sizilianischen Kanzone paßte, um mit ihrer Hilfe den Studenten eines Seminars über die Sizilianer auch ad aures zu demonstrieren, wie die sizilianischen Lieder damals ungefähr geklungen haben könnten. Erst als mir die metrische Verwandtschaft zwischen einer Kanzone von Giacomo da Lentini und Jaufre Rudels berühmter «amor de lonh»-Kanzone «Lanquan il jorn son lonc en may» aufgefallen war und ich in Giacomos erster Strophe auch noch das Stichwort «amor lontano» gefunden hatte, wurde mir plötzlich klar, was hier bisher noch gänzlich ununtersucht geblieben war. Die ersten Arbeiten zum Phänomen der Kontrafaktur im deutschen Minnesang sind in den zwanziger Jahren erschienen, die These vom «divorzio tra musica e poesia« ist gegen Ende der dreißiger und zu Beginn der vierziger Jahre aufgekommen. Hätten Friedrich Gennrich und Hans Spanke sich damals auch mit der italienischen Lyrik befaßt, wer weiß, vielleicht wäre die These vom «dovorzio» nicht aufgestellt worden. IX Spanke hat zumindest Interesse an den Sizilianern bekundet I, deshalb sei die Studie seinem Andenken gewidmet. Kontrafakturen, die mit philologischen Mitteln identifiziert werden, sind Texte, bei denen über die Herstellung der ursprünglichen Lesart hinaus auch die ursprüngliche <Klangart> durch Konjektur erschlossen wird. Für eine Studie dieser Art zur Lyrik der Sizilianer gibt es daher wohl kein besser passendes Motto als die Stelle aus der Kanzone eines Anonymus, an der Adolf Gaspary durch Konjektur das Wort «suo[n]», «Melodie», wiederhergestellt hat. I Und zwar an den <"ange[n) Stollenglieder[n)>> ihrer Lieder, in denen er deutschen Einfluß glaubte wahrnehmen zu können (Beziehungen zwischen romanischer und mittellateinischer Lyrik mit besonderer Berücksichtigung der Metrik und Musik, Berlin 1936, S. 185). x

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