ebook img

Sherin und Amar: Die verbotene Liebe einer Paschtunenprinzessin PDF

380 Pages·2010·1.2 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Sherin und Amar: Die verbotene Liebe einer Paschtunenprinzessin

Vered Morgan SHERIN UND AMAR Die verbotene Liebe einer Paschtunenprinzessin Buchnavigation > Buch lesen > Titel > Informationen zu Vered Morgan > Informationen zum Buch > Impressum > Hinweise des Verlags Gewidmet ist das Buch: Ismael aus Burma und Fatima Al Mutairi aus Saudi-Arabien 1 Der Fisch, der Vogel und die Liebe Sherin erzählt W ie ein dunkler Schatten steht er dort unter dem Banyanbaum und blickt zu meinem Fenster hinauf, mein geliebter Amar. Es zerreißt mir das Herz, ihn dort stehen zu sehen. Ich hatte ihn gefunden, den mein Herz über alle Vernunft hinweg liebt, und ich werde ihn nie mehr loslassen, und koste es mich das Leben. Kann denn ein Fisch einen Vogel lieben? Ich, der exotische Vogel im goldenen Käfig, und du, mein Amar, du, der Fisch, der im weiten Ozean schwimmt. Eine unmögliche Freundschaft nannte es Mr. Balton, der Schuldirektor, »als würde man einen Vogel mit einem Fisch zusammentun. Dieses ist ein islamisches Land.« Wir leben in den Arabischen Emiraten, ich, die Afghanin, und Amar, der Inder. »Graan«, so nenne ich dich in meiner Sprache, »Graan, Geliebter, mein indischer Freund. Sag: Ist Indien denn so ganz anders als Afghanistan? Wirst du mich einmal mitnehmen in dein Land?« »Ich werde sterben, wenn du mich nicht bald zu dir holst. Befreie mich und nimm mich mit in deine Welt«, schreibe ich auf ein Stück Papier, das ich Ali, dem Diener, zustecke, als ich seine Schritte vor meiner Tür höre. »Geh schnell, und bring es ihm.« Ali wurde zu unserem Vertrauten. Wir mussten es wagen, ihm zu vertrauen. Wie viele Abende stand ich nun schon voll Ungeduld am Fenster und wartete auf Amar, immer mit der heimlichen Furcht, sie könnten entdecken, dass wir aufeinander warten. Einer aus der Familie wacht immer über mich und die Unversehrtheit des Familienrufes, mehr noch, seitdem man uns an den Händen haltend entdeckt hatte. »Sie hat Schande über den Clan gebracht, sie muss bestraft werden, sie hat die Ehre der Paschtunen beschmutzt, sie hat sich mit einem Inder, einem Kafir, einem Ungläubigen, eingelassen.« Seitdem bin ich eine Geächtete. Seitdem wurde mein Zimmer zu meinem Gefängnis. Doch sie konnten mir nicht den Geliebten aus dem Herzen reißen, auch dem Mullah aus Peschawar war es nicht gelungen. So lass dir die Geschichte der Sherin erzählen, liebe Freundin aus dem fernen, freien Land. Die Geschichte der Paschtunin aus Afghanistan, gefangen im Netz des Ehrenkodex der Paschtunen und der Gesetze des Islam. Ich möchte, dass du Sherin verstehst, dass du mit ihr leidest, mit ihr Schmerz, aber auch Freude fühlst von Anfang ihres Lebens an. Und höre auch die Geschichte von meinem geliebten Amar, um auch ihn zu verstehen. Alles in unser beider Leben war auf den Augenblick der ersten Begegnung ausgerichtet, den einzigartigen Augenblick, in dem der Himmel uns miteinander verband mit einem eisernen Band, das niemand auseinanderzureißen vermag. * Es war an einem kalten Dezembertag, als ich das Licht dieser Welt erblickte, eines Teils der Welt, den die Fremden das dunkle Land am Hindukusch nennen. Afghanistan, so heißt das Land, in das ich hineingeboren wurde. In eine eisige Kälte wurde ich hineingeboren, draußen war die Natur zu Eis erstarrt, und kalt war auch der Empfang für ein kleines Mädchen drinnen in der Kala. »Ein Mädchen? Nun ja, ein Mädchen.« »Und die Mutter?« »Wie soll es ihr schon gehen? Es ist das achte Kind, es glitt aus ihr heraus, als sie in der Küche war und keine Kraft mehr hatte, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen.« So wurde meine Geburt ein öffentlicher Akt in der Küche, in der meine Mutter gerade dabei war zu putzen. Erschrocken reagierten die Frauen, ihre Cousinen und ihre Schwägerinnen. Noch heute spüre ich den Vorwurf im Blick der Frauen des Clans, wenn sie flüsternd über meine Geburt reden. »Warum hat sie es so eilig, in diese Welt zu kommen?«, fragten die Frauen. »Und die Mutter?« »Sie war zu erschrocken, um sich zu freuen.« »Und all das Blut auf dem frisch geputzten Küchenboden!« »Und Aday, die Großmutter?« »Ach, die sah nur das Blut und dachte an die Gäste, die man an diesem Nachmittag erwartete.« »Und der Vater?« »Man solle ihn benachrichtigen, falls es ein Junge ist.« Nur bei der Geburt eines Jungen ist es üblich, ein Schaf zu schlachten und alle Nachbarn zu einem Fest zu laden. Doch nur ein Nichts wurde in einen Familienverband hineingeboren, der bereits 150 Menschen zählte. Sie alle lebten in dieser Kala, die wie ein Dorf war. Nur, dass in diesem Dorf Menschen wohnten, die alle miteinander verwandt waren. Unsere Kala war groß. Ich kann mich nicht erinnern an die Zahl der Zimmer, aber es müssen sehr viele gewesen sein, und immer wieder wurden neue Räume angebaut. Es waren Häuser aus Lehm. In der Mitte der hohen Mauer, die uns schützen sollte vor unseren Feinden, gab es ein großes Tor, mit vielen Schlössern, die zur Nacht alle mit riesigen Schlüsseln verschlossen wurden. Die Menschen des Clans, meine Familie und meine Verwandten, sie alle wohnten in dem großen zweistöckigen Haus oder in einem der kleineren Häuser, die wie eine lose Kette das Haupthaus umgaben. Vor der Mauer erstreckten sich meilenweit die Obstplantagen und fruchtbaren Äcker, die uns noch heute gehören. Wir lebten von dem, was das Land hergab. Weizen, Gerste und Mais wurden angebaut, alles Gemüse, was in Deshsabz-Land wuchs, dem Gebiet, das wir das Grünland nennen. In den Obstplantagen ernteten wir Pflaumen, Äpfel, Pfirsiche und Aprikosen und Nüsse von den vielen Nussbäumen, die unsere Kala umgaben. Es war eine fruchtbare Erde, und sie brachte reiche Ernte. Ich wurde in einen reichen Clan hineingeboren, in dem es schon viele Kinder gab, doch niemand reagierte auf meine Geburt. Niemand kam, mich anzuschauen. Niemand sagte meiner Mutter ein freundliches Wort über die Geburt ihrer Tochter. Meine Mutter war unendlich traurig darüber. Sie hatte mir einmal davon erzählt, als ich sieben oder acht Jahre alt war und wissen wollte, ob sie sich gefreut hätte über meine Geburt. Da war ich ihr längst ein Ärgernis, denn ich stellte zu viele Fragen, und in unserem Clan ist es nicht üblich, Fragen zu stellen. Und so sagte sie mir ärgerlich ins Gesicht: »Mit Entsetzen erinnere ich mich an deine Geburt, denn wie in einem Sturzbach kamst du aus mir heraus, und erschrocken reagierten alle, die in der Küche waren. So warst du für mich ein Schrecken, doch für die anderen ein Nichts, denn du warst ein Mädchen und nicht einmal ein schönes Kind. Als man deinem Vater sagte, es sei ein Mädchen, wandte er sich gleich wieder seinen Geschäften zu.« »Was nutzt uns ein Mädchen, es kann ja noch nicht einmal ein Gewehr halten.« Es war die Zeit, als wir uns gegen die Russen verteidigen mussten in Deshsabz-Land. In jedem reichen Haus gab es versteckte Waffen, um sich vor Angriffen zu schützen. Jeder stolze Paschtune trug eine Waffe. Die Worte meiner Mutter hatten mir sehr weh getan, seitdem fühlte ich mich erst recht als ein Nichts. So schrieb ich die Geschichte meiner Geburt in mein Tagebuch, die erste der bitteren Geschichten meiner Kindheit. Es sollten noch viele bittere Geschichten folgen. Mein Vater? Ich kann mich nicht erinnern, dass er mich jemals angeschaut hätte. Nie hat er mir die Hand gehalten, mich getröstet, wenn ich weinte, nie hat er mit uns zusammen gegessen – bis zum heutigen Tag nicht. Da ich schon als kleines Kind spürte, dass ich ein Nichts war, zog ich mich von Anfang meines Menschenlebens an in mich zurück. Als wäre ich noch im Bauch meiner Mutter und nur Dunkel um mich herum, und so war mir die Welt außerhalb des Bauchs meiner Mutter unheimlich und kalt. Als ob ich gespürt hätte, dass da draußen nichts war, wofür es sich lohnte zu leben. »Tot für die Welt von Anfang an«, schrieb ich später in mein Tagebuch. Ich war unsichtbar für die Umgebung und unbemerkt. Ich schrie nicht, ich lachte nicht, ich lag nur einfach da in meiner Wiege und wartete, was mit mir geschehen würde. Was für ein merkwürdiges Kind, dachte meine Mutter ein wenig ängstlich. Im Innersten jedoch war sie froh, dass ich nicht schrie, dass ich keine Ansprüche stellte. Doch als dieser Zustand anhielt, wurde sie unruhig. Es war doch ihr Kind, und dieses Wesen hatte sie neun Monate in ihrem Bauch getragen. Und so brachte sie dieses unheimliche Kind zum Arzt: »Schauen Sie es sich an, dieses Mädchen, irgendetwas stimmt nicht mit ihr.« Der Arzt untersuchte mich, und er fand, dass mir nichts fehlte, und er sagte zu meiner Mutter: »Es ist ein gesundes Mädchen. Seien Sie froh über ein Kind, das Ihnen keine Mühe macht.« Also nahm meine Mutter dieses Kind, das ihr keine Mühe machte, wieder in die Kala zurück, und sie dankte Allah dem Allbarmherzigen. Dafür liebte sie dieses Kind und nur dafür. Aber ihre sechs Söhne, die liebte sie, wie man Söhne in unserer Kultur zu lieben pflegt. Sechs Söhne hatte sie der Familie geschenkt, und das machte sie ein wenig stolz. Doch weder ihr Mann noch Aday, die Mutter ihres Mannes, hatten es ihr je gedankt oder hatten sie geachtet für die sechs Söhne. Meine Mutter wurde von niemandem geliebt, nicht von ihrem Mann, nicht von ihrer Schwiegermutter, nicht von ihren sechs

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.