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Sechs pflanzenphysiologische Abhandlungen (1800-1812) PDF

64 Pages·1895·1.748 MB·German
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OSTWALD'S KLASSIKER DER EXAKTEN WISSENSCHAFTEN. Nr. 62. SECHS PFLANZENPHYSIOLOGISCHE ABHANDLUNGEN VON THOMAS ANDREW KNIGHT. (1803—1812.) WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG . Biog 2 K74.3 Pliphysiol 2 SECHS PFLANZENPHYSIOLOGISCHE ABHANDLUNGEN von THOMAS ANDREW KNIGHT, (1803-1812.) Uebersetzt und herausgegeben von H. Ambronn. LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1895. [99] I. Ueber die Richtung der jungen Wurzel und des jungen Stengels bei der Keimung. 9. Januar 1806. Auch dem unaufmerksamsten Beobachter des Pflanzen lebens kann es nicht entgangen sein, dass beim Keimen eines Samens die junge Wurzel stets nach dem Mittelpunkte der Erde hin zu wachsen bestrebt ist, in was für einer Lage auch der Same sich während des Keimens befindet; dass dagegen der junge Stengel sich genau nach der entgegengesetzten Richtung zu stellen sucht. Es ist auch schon von Du Hamel*) gezeigt worden, dass die Spitzen der Wurzel und des Stengels immer wieder in diese erste Lage zurückkehren, wenn die Samen während der Keimung öfters umgekehrt werden. Einige Naturforscher haben angenommen, dass diese entgegengesetzten Wirkungen durch die Schwerkraft veranlasst würden; und es liegt in der That die Annahme nahe, dass dieselbe Kraft bei ihrer Einwirkung auf so verschieden gebaute Organe, wie Wurzel und Stamm, jene zum Hinabsteigen und diesen zum Aufsteigen veranlassen könnte. Die Ansicht dieser Naturforscher scheint mir indessen durch keine Thatsachen, die beweiskräftig genug wären, ge stützt, andererseitsaber auch durch keine Argumente von Seiten *) Physique des arbres (P. II S. 137 f.). Anm.d. Herausg. Die in [] stehendengenaueren Citate fehlen im Originale. 1* 4 Thomas Andrew Knight. der Gegner genügend erschüttert zu sein. Aus diesem Grunde habe ich, zumal die Erscheinungen [100] beim Auskeimen des Samens zu den interessantesten in der Pflanzenwelt gehören, eine Reihe von Versuchen unternommen, über die ich Ihnen hierdurch berichte mit der Bitte, diese Mittheilungen der kgl. Academie vorzulegen. Mein Gedankengang war folgender: wenn die Schwerkraft die Ursache des Hinabsteigens der Wurzel und des Aufsteigens des Stammes ist, so muss sie entweder unmittelbar auf die Fasern und Gefässe während der Entwicklung oder auf die Bewegung und die damit verbundene Vertheilung des von den Kotyledonen dargebotenen eigenen Saftes einwirken. Da aber die Schwerkraft diese Wirkung nur hervorrufen kann, wenn der Same in Ruhe und in derselben relativen Lage zur Rich tung der Erdanziehung verbleibt, so dachte ich mir, dass eine solche Beeinflussung durch stetigen und schnellenWechsel der Lage des keimenden Samens aufgehoben werden könnte und dass man ferner in der Lage wäre, durch das Mittel der Centri fugalkraft eine Gegenwirkung auszuüben. Durch meinen Garten fliesst ein kleiner Bach mit starkem Gefälle; ich baute mir nun ein kleines Rad, ähnlich denWasser rädern der Getreidemühlen, und brachte dies in Verbindung mit einem zweiten Rade von anderer Construction, das, aus ganz dünnen Stäben bestehend, auf derselben Achse befestigt wurde. Auf den Kranz dieses letzteren Rades, dessen Durch messer 11 Zoll betrug, befestigte ich zahlreiche Samen der Gartenbohne, die vorher in Wasser stark aufgequollen waren, in kleinen Abständen von einander. Die Stellung der Samen war so gewählt, dass ihre Würzelchen nach allen Richtungen gingen, die einen nach dem Mittelpunkte des Rades, die an deren nach der entgegengesetzten Richtung, wieder andere parallel mit der Tangente, theils im Sinne der Bewegung, theils dieser entgegengesetzt, und schliesslich auch noch solche, die parallel der Richtung der Radachse verliefen. Das Ganze wurde in einen Kasten gebracht und verschlossen, zugleich wurde ein Drahtgitter so angebracht, [101] dass es das Ein $ dringen eines jeden Körpers hinderte, der möglicherweise die Bewegung der Räder hätte stören können. Das Wasser wurde dann zugelassen und dieRäder machten dabei mehr als 150 Umdrehungen in der Minute*), die relative *) Anm. d. Herausg. Bei 150 Umdrehungen in derMinute und I. Richtung d.Wurzelu. d. Stengelsbei d. Keimung. 5 Lage der Samen zum Erdradius wurde also in dieser Zeit sehr oft gänzlich verändert, so dass, wie ich glaube, der Einfluss der Schwerkraft vollständig aufgehoben war. Nach einigen Tagen begannen die Samen zu keimen, und da die Bestätigung einiger Ihnen gegenüber geäusserter An sichten und mancher anderer seit langer Zeit gehegter Ver muthungen von dem Ergebniss abhing, so erwartete ich den Fortgang des Versuchs mit einiger Spannung, jedoch ohne Besorgniss. Ich hatte denn auch bald das Vergnügen, zu beobachten , dass die Würzelchen, in welcher Richtung sie auch nach der jeweiligen Stellung der Samen hervortraten, ihre Spitzen vom Radkranze nach aussen kehrten und bei weiterem Wachsthum bald einen rechten Winkel mit der Rad achse bildeten. Die jungen Stengel jedoch wuchsen nach der entgegengesetzten Richtung und in einigen Tagen waren alle ihre Spitzen im Mittelpunkte des Rades vereinigt. Drei dieser jungen Pflanzen wurden auf dem Rade gelassen und an den Speichen so befestigt, dass sie bei der Bewegung des Rades nicht weggeschleudert werden konnten. Ihre Stengel wuchsen nun über den Mittelpunkt des Rades hinaus; aber dieselbe Ursache, die sie im Anfange veranlasst hatte, sich der Achse zu nähern, wirkte auch jetzt noch weiter, und so kehrten sich ihre Spitzen um und trafen wiederum in der Mitte zusammen. Die Bewegung des Rades erfolgte in diesen Versuchen in verticaler Ebene, die jungen Wurzeln und Stengel eines jeden Samens nahmen während einer sehr geringen Zeit bei jeder Umdrehung genau dieselbe Lage ein, die sie gehabt hätten, wenn die Samen in Ruhe [102] gekeimt hätten. Da nun Schwerkraft und Centrifugalkraft in diesem Falle parallel zur Verticalebene wirken, in der auch die Bewegung erfolgt und der Radkranz sich befindet, so glaubte ich, dass doch vielleicht einige leichte Einwürfe gegen die von mir gezogenen Schlüsse gemacht werden könnten. Ich fügte deshalb der bereits beschriebenen Einrichtung noch ein Rad hinzu, das sich in horizontaler Ebene über den verticalen Rädern drehte, und diesem Rade konnte ich leicht mittels verschiedener Ueber setzungen auch sehr verschiedene Geschwindigkeiten ertheilen. Auf dem Kranze des horizontalen Rades, dessen Durchmesser einem Radius von 51/2 engl. Zoll 0,14 m ergiebt sich nach der 4ra2 Formel k : k = 34,5 m ,also gleich ungefähr 3,5 g. t2 6 Thomas Andrew Knight. gleichfalls 11 Zoll betrug, wurden, wie in dem früheren Ver suche, Samen der Bohne befestigt; es wurde ferner die Ein richtung so getroffen, dass das Rad 250 Umdrehungen in der Minute machte. Bei der sehr schnellen Umdrehung desWasser rades wurde soviel Wasser nach oben auf das horizontale Rad geschleudert, dass schon ein Theil davon hinreichend war, die auf dem Rade befindlichen Samen mit der nöthigen Feuchtig keit zu versehen, während das übrige in Form eines leichten und andauernden Sprühregens sich über die Samen auf dem verticalen Rade und über andere ergoss, die in dem Kasten an verschiedenen Stellen angebracht waren, damit sie in der Ruhelage keimten. Jeder Same auf dem horizontalen Rade behielt natürlich trotz der sehr schnellen Drehung stets dieselbe relative Lage zur Richtung der Erdanziehung bei, und es konnte deshalb die Wirkung der Schwerkraft hierbei nicht aufgehoben werden; wohl aber konnte ihr durch die Centrifugalkraft entgegen gewirkt werden. Die Verschiedenheiten in der Wirkung der schnellen verticalen und horizontalen Bewegung kamen bald so, wie ich vermuthet hatte, zum Vorschein. Die Würzelchen neigten sich in einem Winkel von etwa 10° gegen die Hori zontale nach unten und die jungen Stengel um ebenso viel Grad nach oben. Die Centrifugalkraft hatte also bewirkt, dass beide etwa 80° von der verticalen Richtung, die sie beim Keimen in der Ruhelage eingenommen hätten, abwichen. Wenn ich nun allmählich [103] die Schnelligkeit der Bewegung des horizontalen Rades verminderte, so näherten sich die Würzel chen immer mehr der Verticalen und dementsprechend auch die jungen Stengel; wenn ich das Rad nicht mehr als 80 Um drehungen in der Minute machen liess, so war der Neigungs winkel der Wurzel ungefähr 45° und der des Stengels ebenso viel, wobei sich jene stets von der Achse des Rades entfernte, während dieser sich ihr näherte*). Ich möchte übrigens keineswegs mit Bestimmtheit be haupten, dass die Geschwindigkeiten von 250 und 80 Um drehungen in der Minute in der horizontalen Lage immer genau *)Anm.d. Herausg. Bei 250 Umdrehungen wird k = 9,97 g, bei 80 Umdrehungen k = 1,02 g; im ersterenFalle würde tanga = 9,197 ' a ungefähr 6°, im zweiten Falle tanga = 1,102 ce also unge fähr 45°. I. Richtung d.Wurzel u.d.Stengels bei d.Keimung. 7 dieselben Neigungswinkel ergeben, die ich nach meinen Ver ) suchen für die Richtung der Wurzel und des Stengels ange geben habe. Die Schnelligkeit der Bewegung wurde nämlich bei meinen Rädern manchmal durch Ansammlung von Algen fäden auf dem Drahtgitter vermindert, was einigermaassen auf den Wasserzufluss störend einwirkte; ausserdem war die ganze Einrichtung das Machwerk von mir und meinem Gärtner und konnte sich deshalb wohl nicht mit solcher Regelmässigkeit drehen, als wenn sie von einem Mechaniker von Fach her gestellt worden wäre. Immerhin glaube ich vollständig be wiesen zu haben, dass durch eine bestimmte äussere Ursache und nicht in Folge einer inneren Eigenschaft des Organismus die Wurzeln des keimenden Samens veranlasst werden, nach unten, und die Stengel, nach oben zu wachsen. Ich sehe auch kaum einen Grund zu bezweifeln, dass dies im Wesentlichen, wenn nicht ausschliesslich durch die Schwerkraft bewirkt wird. Ich will nunmehr auseinanderzusetzen versuchen, durch welche Mittel, nach meiner Ansicht, dasselbe Agens so diametral ent gegengesetzte Wirkungen hervorzubringen vermag. Das Würzelchen des keimenden Samens wächst (wie schon viele Naturforscher beobachtet haben) nur dadurch in die Länge, dass sich fortwährend neue Schichten an der Vege tationsspitze bilden, und niemals dadurch, dass [104] eine allgemeine Ausdehnung der bereits weiter zurück liegenden Theile stattfindet. Diese neue Substanz, die in solcher Weise hinzuwächst, steigt zweifellos in flüssigem Zustande von den Kotyledonen herab. Auf diese Flüssigkeit und auf die zarten und biegsamen Fasern und Gefässe, die daraus während ihres Ueberganges vom flüssigen zum festen Zustande gebildet wer den, würde meiner Meinung nach die Schwerkraft genügend einwirken können, um eine Neigung der Wurzelspitze nach unten zu veranlassen; und da die Wurzel, wie gezeigt wurde, in derselben Weise auf die Einwirkung der Centrifugalkraft reagirt, so kann kaum angenommen werden, dass ihre Rich tung von der Schwerkraft unbeeinflusst bleiben würde. Ich habe bereits dargelegt, dass das Längenwachsthum der Wurzel nur an der Spitze stattfindet, dass der junge Stengel hingegen sich durch Ausdehnung der weiter von der Spitze entfernt liegenden Theile verlängert. Die Gefässe und Fasern des letzteren scheinen sich dabei im Verhältnisse zu der Nahrung, die sie erhalten, auszudehnen. Wenn die Be 7 wegung und die damit zusammenhängende Vertheilung des 8 Thomas Andrew Knight. eigenen Saftes durch die Schwerkraft beeinflusst wird, so folgt daraus, dass der Saft sich auf der Unterseite anhäufen muss, wenn der Stengel bei seinem ersten Austreiben oder später von der senkrechten Lage abweicht. Ich habe bei sehr ver schiedenen Versuchen mit den Samen der Rosskastanie, der Bohne und anderer Pflanzen gefunden, dass die Gefässe und Fasern auf der unteren Seite viel schneller wachsen als an der Oberseite, wenn die Keimung in der Ruhelage erfolgt. Daraus erklärt sich, dass die Stengelspitzen immer aufwärts gerichtet werden. Es ist auch gezeigt worden, dass auf der Aussenseite des jungen Stengels ein ähnliches Wachsthum eintritt, wenn der Saft (105] durch die Centrifugalkraft dorthin geführt wird, wie dies durch die Schwerkraft bei den in Ruhe keimenden Samen durch Bewegung des Saftes nach unten geschieht. Diese Verlängerung der Fasern und Gefässe aufder unte ren Seite ist nicht etwa auf die jungen Stengel der Keim pflanzen beschränkt, noch auch aufdie einjährigen Zweige der Bäume, sondern sie findet sich auch in deutlichster Weise bei dem Wachsthum der älteren Stämme und Aeste. Der unmittel bare Einfluss der Schwerkraft macht sich zweifellos in dem weiteren Herabziehen aller Aeste bemerklich, die horizontal von dem Stamme sich abzweigen, ebenso auch in dem Zu nehmen der Neigung eines schon vorher nach irgend einer Seite geneigten jungen Baumes. Zugleich aber zieht auch die Schwerkraft den Saft auf die nach unten gekehrte Seite und bewirkt so eine Zunahme des Längenwachsthums im neuen Holz auf dieser Seite*). Dem weiteren Herabziehen der Seitenzweige wird dadurch entgegengewirkt; und diese sind sogar fähig, sich über ihre natürliche Lage zu erheben, wenn die darüber stehenden Aeste entfernt werden. Auch ein junger Baum richtet sich in derselben Weise allmählich wieder auf, direct entgegen der unmittelbaren Schwerkraftwirkung. Die Natur führt eben, wie gewöhnlich, die wichtigsten Arbeiten mit den einfachsten Mitteln aus. Ich könnte noch viele Thatsachen anführen, die geeignet wären, die dargelegten Ansichten zu unterstützen, doch glaube ich, dass die mitgetheilten schon genügen. Es ist indessen von Du Hamel (dessen Meinungen immer die grösste Beachtung *)Diese Wirkung scheint bei densogenannten Trauerbäumen nichteinzutreten. Eine Erklärung hierfür habe ich in einer frühe ren Abhandlung (1804) zu geben versucht. I. Richtung d.Wurzel u.d.Stengels bei d.Keimung. 9 verdienen) der Einwurf erhoben worden, dass die Schwerkraft wenig Einfluss auf die Richtung des jungen Stengels, weder bei seinem Hervortreten, noch auch später, ausüben könnte, [106] wenn er senkrecht nach unten gerichtet wäre. Um diesem Einwurfe zu begegnen, machte ich zahlreiche Versuche mit der Rosskastanie und der Bohne in dem bereits oben beschriebenen Kasten. Da die Samen dabei nicht von Erde umgeben waren, so konnte ich genau beobachten, in welcher Weise Wurzeln und Stengel versuchten, ihre Stellungen zu ändern. Die Wurzel der Bohne machte stets, wenn ihre Spitze nach oben gerichtet wurde, eine beträchtliche Krümmung innerhalb 3 oder4 Stun den, wenn das Wetter warm war. Der Stengel war träger, doch unterblieb auch an ihm selten oder niemals eine Ver änderungderLagewährend 24Stunden; allemeineBemühungen, ihn zu veranlassen, senkrecht nach abwärts zu wachsen, indem ich die Richtung immer wieder änderte, waren vergeblich. Ein anderer und offenbar gewichtigerer Einwurf gegen unsere Ansicht (wenn diese auch für das spätere Wachsthum und die Gestalt der Bäume Geltung haben soll) geht von der Thatsache aus, dass nur wenige Aeste senkrecht nach oben gehen und dass die Wurzeln sich fast stets in horizontaler Richtung ausbreiten; ich glaube jedoch, dass dieser Einwurf leicht entkräftet werden kann. Die sogenanntenWasserlohden (luxuriantshoots)derBäume, die sehr reich an Saft sind, wenden sich stets nach oben und suchen in verticaler Richtung weiter zu wachsen, nach welcher Seite sie auch von dem Stamme sich abgezweigt baben. Zu der senkrechten Richtung kehren sie auch stets zurück, wenn sie während des Wachsthums nach unten gebogen werden. Die dabei entstehende Krümmung wird ebenso wie in den Keim stengeln durch ein lebhafteres Wachsthum der auf der unteren Seite gelegenenFasern undGefässeherbeigeführt. Die schwäche ren und dünneren Zweige derselben Bäume wachsen dagegen fast in jeder Richtung, weil wahrscheinlich ihre Fasern trocke ner, ihre Gefässe weniger mit Saft erfüllt sind und deshalb von der Schwerkraft [107] weniger beeinflusst werden. Die Spitzen dieser Zweige zeigen indessen immer eine gewisse Nei gung, sich nach oben zu krümmen. Hierbei ist aber die Ein wirkung des Lichtes, wie Bonnet*) gezeigt hat, eine sehr beträchtliche. *)Recherchessurl'UsagedesFeuillesdanslesPlantes. [Deutsche 10 Thomas Andrew Knight. Die Wurzel läuft ziemlich schnell spitz zu, sobald sie in die Erde hinabsteigt, und ihr unterer Theil wird durch die grössere Festigkeit des Bodens, in den sie eindringt, stark zusammengedrückt. Der eigene Saft fährt dabei fort, von den Kotyledonen und Blättern herabzusteigen, und veranlasst eine fortgesetzte Zunahme des Wachsthums der oberen Wurzel partien; dieses Wachsthum wird noch verstärkt durch den Einfluss, den die Bewegungen des aus der Erde hervorragen den Stengels ausüben. Der eigene Saft ist deshalb noth wendigerweisein seiner Fortleitung nach unten gestört, und es werden in Folge dessen zahlreiche Seitenwurzeln gebildet, in die ein Theil des Saftes eintritt. Diese aber sind wie die dünneren horizontalen Zweige viel weniger saftig als die zu erst gebildete Hauptwurzel, und sie reagiren deshalb weniger auf die Einwirkung der Schwerkraft; sie finden auch weniger Widerstand in den oberen Bodenschichten als in der Tiefe und strecken sichhorizontalnachjederRichtungaus. Dabeiwachsen sie mit grosser Schnelligkeit und bilden sehr viel Verzweigun gen, wo sie nur immer die meiste Wärme und den für die Ernährung geeignetsten Boden finden. Da nun der absteigende Saft fast nur in die Rinde der horizontalen oder Seiten-Wur zeln, die am Grunde des Baumes sich nach allen Richtungen ausbreiten, eindringt, und die erste Wurzel hierdurch der nöthigen Nahrung beraubt wird, so hört diese allmählich gänz lich auf zu wachsen. Sie verliert ihre Bedeutung für den Baum, nachdem sie ihrer Function, der jungen Pflanze Feuchtigkeit zuzuführen, genügt hat. Die Pfahlwurzel der Eiche, über die (108) sovielgeschrieben worden ist, kann möglicherweise als eine Ausnahme angeführt werden;ich habe jedoch wenigstens 1 7 20000 Bäume dieser Art, von denen viele im tiefsten und günstigsten Boden Englands gewachsen waren, untersucht und niemals einen mit einer Pfahlwurzel gefunden, so dass ich an ihrem Vorkommen überhaupt zweifeln möchte. Da die Bäume die Fähigkeit besitzen, die Oberseiten ihrer Blätter und die Spitzen ihrer Sprosse dem Lichte zuzuwenden, und die Kletterpflanzen mit ihren Ranken sich an Gegen stände, die sie auf irgend einer Seite berühren, anklammern können, so darf man auch wohl vermuthen, dass die Seiten wurzeln befähigt sind, nach demjenigen Boden hinzuwachsen, > Ausgabe, übersetzt von Boeckh und Gatterer, II. Aufl. Ulm 1803, 2. Abhdlg. S. 34 f.]

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