Knut Schäferdiek Schwellenzeit IWl DE G Arbeiten zur Kirchengeschichte Begründet von Karl Hollf und Hans Lietzmannf Herausgegeben von Christoph Markschies, Joachim Mehlhausen und Gerhard Müller Band 64 Walter de Gruyter · Berlin · New York 1996 Knut Schäferdiek Schwellenzeit Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter Herausgegeben von Winrich A. Löhr und Hanns Christof Brennecke Walter de Gruyter · Berlin · New York 1996 §1 Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Schäferdiek, Knut: Schwellenzeit: Beiträge zur Geschichte des Christentums in Spätantike und Frühmittelalter / Knut Schäferdiek. Hrsg. von Winrich A. Löhr und Hanns Christof Brennecke. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1996 (Arbeiten zur Kirchengeschichte ; Bd. 64) ISBN 3-11-014968-0 NE: GT © Copyright 1996 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover- filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin Vorwort Der Ausgang der römischen Antike im lateinischen Westen und das Früh- mittelalter sind definiert durch die sogenannte Völkerwanderung, als deren Ergebnis die Ansiedlung germanischer Gruppen auf bisher römischem Ge- biet erfolgte. Dieser sich über einen längeren Zeitraum hinziehende Prozess der eigentlichen germanischen Volk- und Staatenbildung auf Reichsterri- torium ist nun ganz wesentlich durch die Annahme des christlichen Glaubens durch diese germanischen Völker geprägt. Während des Frühmittelalters kann sich im Westen das Christentum in den neuen germanischen Staatenbil- dungen auch jenseits der Grenzen des alten Imperium Romanum ausbreiten, wird geradezu identitätsbildend für die jungen germanischen Völker und Staaten. Die Geschichte der Kirche des Frühmittelalters ist trotz der großen Tradi- tion, für die gleichsam paradigmatisch die Gesamtdarstellungen von Albert Hauck und Hans von Schubert aus dem Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts stehen, in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts weithin zu einem — viel beklagten — weißen Fleck in der protestantischen deutschen Kirchengeschichtsschreibung geworden. Das hängt nicht nur mit einer nicht zu übersehenden theologiegeschichtlichen Konzentration protestantischer Kirchengeschichtsforschung nach dem Ende des zweiten Weltkrieges zusam- men, sondern auch mit mancherlei ideologischen Verirrungen der Frühmittel- alterforschung der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, die besonders den Prozess der Christianisierung der germanischen Völker dann nahezu tabui- siert haben. Das hatte nun allerdings zur Folge, daß ideologisch aufgeladene Versatzstücke der älteren Forschung auch weithin unkritisch mitgeschleppt wurden. Knut Schäferdiek hat mit seiner 1967 publizierten Habilitationsschrift ,Die Kirche in den Reichen der Westgoten und Suewen bis zur Begründung der westgotischen katholischen Staatskirche' (Bibliographie Nr. 26) und seinen seither in dichter Folge erschienenen, aber leider teilweise nur schwer zugäng- lichen Untersuchungen zum Prozess der Annahme des Christentums durch die germanischen Völker insofern bahnbrechend gewirkt, als er die weithin noch herrschende ideologisch bestimmte Sicht besonders des sogenannten germanischen Arianismus' nicht nur aufgezeigt, sondern auch methodisch VI Vorwort widerlegt und neue überzeugende Deutungsmuster dieses Phänomens und seiner theologischen Überwindung aufgezeigt hat. Der in seiner Gründlich- keit und Ausführlichkeit zu diesem Thema einzigartige Artikel ,Germanen- mission', der 1978 im ,Reallexikon für Antike und Christentum' (Bibliogra- phie Nr. 63) erschien, hat die Forschung auf einen Stand gestellt, der seither Grundlage jeder Beschäftigung mit diesem Thema sein muß. Deshalb haben wir als Herausgeber dieser Sammlung, mit der wir als seine Schüler Knut Schäferdiek anläßlich seiner Emeritierung danken wollen, uns zu dieser thematisch auf den Prozeß der Annahme des christlichen Glaubens durch die verschiedenen germanischen Völker konzentrierten Sammlung sei- ner verstreut publizierten Aufsätze entschlossen. Der Bogen der hier zusammengestellten Studien Knut Schäferdieks aus beinahe dreißig Jahren Forschung führt, thematisch von der Reichskirche des vierten Jahrhunderts ausgehend, deren theologische und kirchenpoütischen Frontstellungen das Christentum der gotischen Stämme formte, bis zu den Anfangen der besonders für das deutsche Mittelalter dann wichtigen und folgenreich angelsächsischen Festlandsmission im achten Jahrhundert. So haben sich drei größere Themenkomplexe für diese Sammlung gleichsam wie von selbst ergeben. Den ersten Teil (Nr. 1 — 12) bilden Untersuchungen über das gotische Christentum und hier besonders auch seine griechischen alt- kirchlichen Wurzeln (Nr. 1; 3; 4; 9). Der zweite Teil (Nr. 13-19) thematisiert die ganz andere fränkische Christianisierungsgeschichte, wobei der Aufsatz über ,Columbans Wirken im Frankenreich' (Nr. 18) auf den Zusammenhang der fränkischen mit der irischen und englischen Kirchengeschichte verweist, die das Thema des dritten Teiles bildet (Nr. 20 — 23). Einige an eher versteck- ter Stelle veröffentlichte Beiträge, wie z. B. die Studie über JDas Heilige in Laienhand' (Nr. 13), finden sich hier ebenso wie Monographien in nuce, z. B. über den adoptianischen Streit im Kontext der spanischen Kirchenge- schichte (Nr. 19). Dieser Band stellt aber ganz bewußt nur eine Auswahl aus den Arbeiten Knut Schäferdieks dar, und dies in zweifacher Hinsicht: Zum einen sind die patristischen Studien hier nicht berücksichtigt; zum anderen ist anhand der angehängten Bibliographie deutlich, daß längst nicht alle Untersuchungen Schäferdieks zum Frühmittelalter Platz finden konnten. Vor allem die wichti- gen und leichter greifbaren Lexikonartikel und Beiträge in Sammelbänden blieben ausgespart. In allen Beiträgen wird das beharrlich vertretene Anliegen Knut Schäfer- dieks deutlich, den epochalen Umbruch des Frühmittelalters, diese ,Schwel- lenzeit' par excellence, unter verschiedenen Aspekten so zu analysieren und zu beschreiben, daß im Hinblick auf Kontinuität oder Diskontinuität, Tradi- Vorwort VII tion oder Tradition sprengenden Neuaufbruch die Akzente mit Präzision gesetzt werden können. Ein auf diese Weise deutlich werdendes nuanciertes Profil dieser jSchwellenzeit' von Spätantike und Frühmittelalter kann auch helfen, spätere Krisenkonstellationen und Traditionsbrüche, wie z. B. den In- vestiturstreit oder die Reformation, sachgerecht einzuordnen. Dieser Um- bruch erweist sich so auch in neuer und völlig anderer Weise als die ältere ideologische Fixierung der Forschung erwarten ließ, als ein genuines Thema auch protestantischer Kirchengeschichtsschreibung. Die hier zusammengestellten Forschungen sind Beiträge ausschließlich zur spätantiken und frühmittelalterlichen Kirchengeschichte, aber sie kennen keine spezifisch kirchengeschichtliche Methodik. Allerdings stehen angesichts einer oft problematischen Quellenlage immer wieder auch methodische Fra- gen zur Diskussion; einige dieser Studien führen dies geradezu exemplarisch vor (z. B. Nr. 2; 20; 22). Trotz aller Vorsicht im Methodischen bleibt immer bewußt, daß bei schlechter oder widersprüchlicher Überlieferung eine Hypo- these, die Zusammenhänge verdeutlicht und erschließt, ihr Recht und ihren unverzichtbaren Platz hat. Der methodischen Klarheit korrespondiert in allen Arbeiten Knut Schäferdieks die Kritik an jeder Form ideologischer Verein- nahmung kirchengeschichtlicher Forschung. Gerade in dieser Hinsicht haben wir als seine Schüler in seinen Seminaren methodisch lernen dürfen, wofür wir hier ausdrücklich Dank sagen wollen. Daß dieser Sammelband überhaupt realisiert werden konnte, ist dem Ver- lag Walter de Gruyter und besonders seinem theologischen Fachleiter, Dr. Hasko v. Bassi, und Frau Angelika Hermann, die für die technische Herstel- lung verantwortlich war, zu danken. Den Herausgebern der ,Arbeiten zur Kirchengeschichte', vor allem Prof. Dr. Christoph Markschies ist zu danken, daß dieser Band in der Reihe erscheinen kann, in der vor fast dreißig Jahren auch die Habilitation Knut Schäferdieks veröffentlicht wurde. Die Register haben die Mitarbeiter am Erlanger Lehrstuhl für Kirchengeschichte Susanne Stör, Jens Hans und Tobias Wittenberg unter der fachkundigen Leitung von Dr. Jörg Ulrich erstellt. Auch ihnen allen soll hier herzlich gedankt sein. Bonn — Erlangen, im April 1996 Winrich A. Löhr Hanns Christof Brennecke