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Schweigen, Stille und Stilleübungen als Form schulischen Lernens: Genese und Rekonstruktion einer ästhetisch-didaktischen Kategorie PDF

251 Pages·2000·8.606 MB·German
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Dietlinde Granzer Schweigen, Stille und Stilleübungen als Form schulischen Lemens Forschung Erziehungswissenschaft Band 64 Dietlinde Granzer Schweigen, Stille und Stilleübungen als Form schulischen Lernens Genese und Rekonstruktion einer ästhetisch -didaktischen Kategorie Leske + Budrich, Opladen 2000 Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier. Zug!. Dissertation Pädagogische Hochschule Karlsruhe, 1998 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Granzer, Dietlinde: Schweigen, Stille und Stilleübungen als Form schulischen Lernens : Genese und Rekon struktion einer ästhetisch-didaktischen Kategorie I Dietlinde Granzer. -Opladen : Leske + Budrich, 2000 (Forschung Erziehungswissenschaft; 64) ISBN 978-3-8100-2591-3 ISBN 978-3-322-97462-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97462-4 © 2000 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla ges unzulässig und stratbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Einbandgestaltung: disegno, Wuppertal Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Programms der Landesregie rung Baden-Württemberg zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuch ses an den Pädagogischen Hochschulen erstellt und an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe eingereicht. Ohne die Unterstützung seitens des Lan des wäre die Arbeit nicht entstanden. Herrn Prof. Dr. Schweizer gebührt mein Dank für die vielfältigen Anre gungen und die Begleitung. Für die unermüdliche Durchsicht bei der Erstellung des Manuskripts danke ich Anneliese Petraschke. Schließlich sei noch Käthe Thome für die kritische Durchsicht des Ty poskripts gedankt. Schwäbisch Gmünd, Sommer 1999 Dietlinde Granzer 5 Inhaltsverzeichnis l. Einleitung .............................................................. " .................. 11 2. Annäherungen ........................................................................... 15 2.1 Stille in der Gegenwartssprache ................................................. 15 2.2 Zur Etymologie der Worte "still" und "Stille" ............................ 22 2.2.1 Vorbemerkungen ....................................................................... 22 2.2.2 Form und Verbreitung ............................................................... 23 2.2.3 Die Bedeutungszweige ............................................................... 25 2.2.3.1 "still" im Sinne von "unbewegt", "in langsamer Bewegung" ...... 25 2.2.3.2 "still" im Sinne von "lautlos" ..................................................... 29 2.2.3.3 "still" im Sinne von "im Stillen", "heimlich, verborgen" ............ 34 2.3 Rückgang auf den Ursprung - Ausblicke ................................... 3 5 3. Stille in der vorchristlichen Tradition ........................................ 39 3.1 Die Pythagoreer und die Idee der Ordnung ................................ 39 3.2 Platon ........................................................................................ 45 3.2.1 Kontemplation als Angleichung an Gott und das Konzept der Philosophenkönige .......................................... .45 3.2.2 Paidaia als Erziehung zur Stille ................................................. 54 3.2.3 Vom besseren Leben: Theoretisches Leben - Betrachtendes Leben .................................................................. 68 4. Vita contemplativa im christlichen Raum - Gestaltung einer christlichen Praxis ........................................... 75 4.1 Vorbemerkungen ....................................................................... 7 5 4.2 Vom Chaos zum Ringen um Strukturen: Die Anachorese .......... 78 4.2.1 Zur Institutionalisierung des Mönchtums ................................... 78 4.2.2 Das Ordnen und Ausgrenzen von bedeutungshaitigen Räumen .. 80 4.2.2.1 Die Wüste als bedeutungshaltiger Raum .................................... 81 4.2.2.2 Das Kellion als religiös umfriedeter Raum ................................. 85 4.2.2.3 Die Säule als Raum zwischen Himmel und Erde ........................ 87 4.2.3 Rhythmisierung des Lebens ....................................................... 93 4.2.4 Soziale Beziehungen .................................................................. 96 4.2.5 Zusammenfassung ..................................................................... 99 4.3 Kultivierung des äußeren Erfahrungsraumes - Pachomius: Komprorniß zwischen Anachorese und Zönobitenturn .............. 101 7 4.3.1 Der Ansatz des Pachomius ....................................................... 101 4.3.2 Raum ....................................................................................... 102 4.3.3 Rhythmisierung des Lebens ..................................................... 107 4.3.3.1 Allgemeine Strukturen ............................................................. 107 4.3.3.2 Tagesablauf ............................................................................. 108 4.3.4 Bewegung und Handlungsabläufe ............................................ 109 4.3.4.1 Ritualisierung der Bewegung ................................................... 109 4.3.4.2 Askese und Bewegung ............................................................. 117 4.3.4.3 Askese als Stilleübung - Der Alltag als Übung ........................ 122 4.3.5 Soziale Beziehungen - Institution "Kloster" ............................ 125 4.3.6 Zusammenfassung ................................................................... 134 4.4 Kultivierung des inneren Erfahrungsraumes - Karmel: Ein noch praktiziertes Lebensmodell ....................................... 136 4.4.1 Vorbemerkungen ..................................................................... 136 4.4.2 Schweigen und schweigendes Gebet ........................................ 13 9 4.4.2.1 Schweigen ............................................................................... 139 4.4.2.2 Gebet als Bildungsmittel .......................................................... 141 4.4.2.3 Bildung und Ästhetische Bildung ............................................ 146 4.4.3 Zusammenfassung und Resümee .............................................. 149 4.5 Exkurs: Die Stilleübungen nach Maria Montessori .................. 150 4.5.1 Grundlagen ihrer Pädagogik .................................................... 150 4.5.1.1 Anthropologische Grundannahmen ......................................... 150 4.5.1.2 Normalisation und Konzentration ............................................ 153 4.5.1.3 Die Ordnung ........................................................................... 154 4.5.2 Die Stilleübungen .................................................................... 158 4.5.2.1 Das Stilleverständnis Maria Montessoris ................................. 158 4.5.2.2 Die Stilleübungen: Erster Annäherungsversuch ....................... 160 4.5.2.3 Stilleübungen und die Polarisation der Aufmerksamkeit: ......... 163 4.5.2.4 Die Stilleübung als Erhebung: Zweiter Annäherungsversuch ... 164 4.5.2.5 Der konstituierende Rahmen der stilleorientierten Persönlichkeitsbildung .................................. 167 4.5.2.6 Die religiöse Dimension der Stilleübung .................................. 170 4.5.2.7 Einordnung ............................................................................. 172 5. Stille und Schweigen vor dem Hintergrund der Postmoderne ...................................................................... 173 5.1 Die Postmoderne und die Wendung zum ästhetischen Denken ................................................................ 173 5.1.1 Stille und Ästhetik ................................................................... 175 5.1.2 Der postmoderne Leib als Ort der Manifestation von Veränderungen ..................................... 179 5.1.3 Modeme Formen der Kontemplation ....................................... 184 5.1.4 Stille in phänomenologischer Sicht .......................................... 187 5.2 Stille in der Schule .................................................................. 189 8 5.2.1 Stille und Stilleübungen in der Schule ..................................... 189 5.2.1.1 Fünf Thesen zur heutigen Praxis der Stilleübung ..................... 191 5.2.1.2 Das Primat der Praxis .............................................................. 195 5.2.1.3 Stilleübungen im Sinne von Praxis als angewandte Theorie ................................................................. 196 5.2.1.4 Die Kunst des Unterrichtens .................................................... 199 5.2.1.4.1 Artikulation des Unterrichts .................................................... 20 1 5.2.1.4.2 Zeitgemäße Rekonstruktion der Grundformen des Lehrens ...... 203 5.2.1.4.3 Rhythmisierung des Unterrichts (1): Die humane Schule .................................................................. 204 5.2.1.4.4 Rhythmisierung des Unterrichts (2): Unterricht als gelingendes Schulleben ..................................... 206 5.2.2 Stille im Rahmen einer Ästhetischen Erziehung ...................... 21 0 5.2.2.1 Die Stille des Kindes ............................................................... 210 5.2.2.2 Stille, Stilleübungen und Askese als ästhetisches Verhalten ..... 213 5.2.2.2.1 Ästhetische Elementarerziehung - Ästhetik von unten. ............ 215 5.2.2.2.2 Stilleerfahrung als ästhetische Selbst-Bildung .......................... 219 5.2.2.2.3 Stilleerfahrung im Rahmen einer Lebenskunst ......................... 222 6. Abschließende Bemerkungen ................................................... 231 7. Literaturverzeichnis ................................................................. 23 3 9 1. Einleitung Seit Oblingers1 fast vergessener Auseinandersetzung mit dem Thema "Stille und Schweigen in einer Erziehung zur Sprache" ist eine große Anzahl von praxisrelevanten Veröffentlichungen zum Thema Stille und Stilleübungen entstanden, die nicht mehr diesem anthropologischen Ansatz verpflichtet sind. Beiträge kamen sowohl aus der therapeutischen, religionspädagogi schen, psychologischen oder pädagogischen Richtung. Das Interesse aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen kann allerdings nicht verdecken, daß es vielfach bei der ausschließlich plakativen Verwendung des Begriffes und tastenden Versuchen der Theoriebildung bleibt. Oft kann man sich auch nicht des Eindrucks erwehren, daß vor allem die Hoffnung auf steigende Verkaufszahlen die inflationäre Verwendung dieses Begriffes begünstigt. Die Stilleerfahrungen im schulischen Bereich werden heute im Rahmen der Wahrnehmungserziehung initiiert, die auch imaginative Verfahren mit einschließt. Während sich letztere aus therapeutischen Ansätzen ableiten lassen, steht die Wahrnehmungserziehung vor einem Dilemma: wenn, wie dies vielfach bei den Stille-Übungen der Fall ist, eine rein funktionelle Sicht der Wahrnehmung hinterlegt ist, kann der Eigenwert der Übungen nur noch von der Dignität der Praxis her begründet werden. Wurde Hentigs Definiti - on der Ästhetischen Erziehung als einer "Ausrüstung und Übung des Men schen in der aicr',.,crtc; - in der Wahrnehmung"2 noch als Befreiung und Erweiterung des Ästhetikbegriffs empfunden, besteht die Gefahr, daß durch die Fokussierung auf die Wahrnehmung umgekehrt das Ästhetische durch diese schulische Praxis unterdrückt wird. Eine phänomenologische und anthropologische Sichtweise der Wahrnehmung kann diese wieder freilegen. In der vorliegenden Arbeit wird versucht, eine Archäologie der ästheti schen Dimension der Stille und der mit ihr in Verbindung gebrachten Le bensweisen vorzulegen. Nach der sprachlichen Klärung des Begriffs wird die jahrtausende alte Tradition an Theoriebildung und ausgelegter Stillepra xis ausschnittartig beleuchtet (vgl. Kap. 3 und 4). Es werden in einer histo- 1 Vgl. Oblinger, Hermann: Schweigen und Stille in der Erziehung. München: Ehrenwirth 1978. 2 Hentig, Hartmut von: Ergötzen, Belehren, Befreien. Schriften zur ästhetischen Erziehung. München Wien: Hanser 1985, S. 71. 11 risch-kritischen Analyse zuerst solche vorchristlichen Ansätze untersucht, die in dem historisch bedeutsamen Zeitraum angesiedelt sind, in dem die Abkopplung des theoretischen Lebens von den anderen freien Lebensweisen der griechischen Polis vorbereitet und dann theoretisch begründet wird. Das Christentum übernimmt lediglich diese Grundunterscheidung zwischen Kontemplation und Tätigsein, was deren Ablösung noch vorantreibt und mit einer radikalen Abwertung der anderen freien Lebensweisen einhergeht. In einem zweiten Schritt wird dann den praktischen Ausformungen der vita contemplativa in der Anachorese und dem Zönobitenturn und ihren Auswirkungen auf den Leib nachgegangen (vgl. Kap. 4). Das mag paradox anmuten angesichts der Tatsache, daß die Askese als dem zentralen Merk mal des Mönchtums immer auf die Überwindung des als störend empfunde nen Leibes abhebt. Wie aber schon Foucault anhand von "Überwachen und Strafen,,3 zeigt, kann die Geschichte einer Institution immer auch als die des in Zucht genommenen und belehrten Leibes gelesen werden. Die Untersu chung kreist bei der Analyse des Mönchtums um die Frage, inwieweit an und in der Stille kulturell geformte Leiberfahrungen gemacht werden kön nen, oder ob dem Menschen aufg rund seiner leiblichen Verfaßtheit be stimmte grundlegende Zugänge zur Stille mitgegeben sind. Elementare Handlungsweisen wie Ausgrenzen und Ordnen, die Gliederung des Raumes in profane und bedeutungshaltige Räume, oder das die Askese kennzeich nende Übungsverständnis sind in allen Stillekulturen nachweisbar, während etwa die Gestaltung der Apotaxis in der Architektur deutlich kulturelle Züge trägt. Die Kunst der leiborientierten Auslegung der Stille - und von dieser kann durchaus gesprochen werden angesichts der hochdifferenzierten For men - wird schließlich in der christlichen Tradition noch erweitert um eine Kunst der regelgeleiteten Auslegung des Schweigens. Anhand des von Tere sa v. Avila entwickelten inneren Gebets wird der ästhetisch bildende Cha rakter des Schweigens aufgezeigt. Im Anschluß daran wird Montessoris pädagogischer Ansatz einer Stilleerziehung dahingehend analysiert, inwie weit dieser der christlichen Tradition verpflichtet bleibt und welches Ver ständnis von Wahrnehmungserziehung zugrunde liegt. In einem letzten Teil (Kap. 5), der den Gang durch die Geschichte ab rundet, wird die Frage nach der Stille vor dem Hintergrund der Postmoderne gestellt. Schweigen und Stille werden heute vor allem in der Ästhetik und in der Kunst diskutiert. Insofern scheint es sinnvoll, an die in den vorangegan genen Kapiteln aufgezeigte Leibgebundenheit von Stilleerfahrung anzu knüpfen und die Frage nach der Stille aus phänomenologischer Sicht zu stellen. Schließlich wird noch nach der Art des Einsatzes von Stille und Stille- 3 vgl. Foucault, Michel: ÜbeIWachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt: Suhrkamp 1994. 12

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