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Schwachstellen der Nitrat- und Ammoniumassimilation — eine Chance für die Gentechnik: Vorgelegt in der Sitzung vom 2. Juli 1994 als Abschlußbericht des Forschungsprojekts „Regulation von Schwachstellen der Nitratassimilation“ der Heidelberger Akademie der PDF

71 Pages·1994·1.494 MB·German
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Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse Jahrgang 1993/94,6. Abhandlung Hans Mohr Armin Neininger Schwachstellen der Nitrat und Ammoniumassimilation - eine Chance fur die Gentechnik? Vorgelegt in der Sitzung vom 2. Juli 1994 als Abschluj3bericht des Forschungsprojekts "Regulation von Schwachstellen der Nitratassimilation" der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest Prof. Dr. Dres. h. c. Hans Mohr Akademie filr Technikfolgenabschatzung Industriestr. 5 70565 Stuttgart Dr. Armin Neininger Max-Delbriick-Centrum Robert- Rossle-Str. 10 I3 125 Berlin-Buch Mit 13 Abbildungen ISBN-13: 978-3-540-58708-8 e-ISBN-13: 978-3-642-46814-8 DOl: 10.1007/978-3-642-46814-8 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse. - Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong; Barcelona; Budapest: Springer Friiher Schriftenreihe Jg. 1993/94, Abh. 6. Mohr, Hans: Schwachstellen der Nitrat-und Ammoniumassimilation - eine Chance fUr die Gentechnik? - 1994 Mohr. Hans: Schwachstellen der Nitrat-und Ammoniumassimilation - eine Chance fur die Gentechnik?: Vorgelegt in der Sitzung vom 2. Juli 19941 Hans Mohr; Armin Neininger. - Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong; Barcelona; Budapest: Springer. 1994 (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse; Jg. 1993/94. Abh. 6) Neininger. Armin: Dieses Werk ist urheberrechtlich geschUtzt. Die dadurch begriindeten Rechte. insbesondere die der Obersetzung. des Nachdrucks, des Vortrags. der Entnahme von Abbildungen und Tabellen. der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfliltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. bleiben. auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfaltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nurin den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiltungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1994 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme. daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jederrnann benutzt werden diirften. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsforrnen kann vom Verlag kein Gewahr iibernommen werden. Derartige Angaben mUssen vomjeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literatur stellen auf ihre Richtigkeit i1berpriift werden. SPIN 10486923 20/3140 -5 432 I 0 - Gedruckt auf saurefreiem Papier Schwachstellen der Nitrat- ond Ammoniomassimilation - eine Chance fur die Gentechnik? Hans Mohr und Armin Neininger Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung . . . . . . . . . . 7 Problemstellung ........... 8 Der terrestrische Stickstoffkreislauf . 10 Auswirkungen erh6hter Stickstoffeintrage in die Biosphare . 11 Gentechnik -gesttitzte Pflanzenztichtung . . . . 15 Stickstoffaufnahme tiber die Pflanzen wurzel . . . . . . . 18 Das Reaktionsgeschehen der Nitratassimilation . . . . . 22 Regulation der pflanzlichen Genexpression durch Licht . 25 Die Nitratreduktase. . . . . 26 Die Nitritreduktase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Die Ammoniumassimilation . . . . . . . . . . . . . . . 38 Die Nitratassimilation in Verbindung mit dem Kohlenstoffmetabolismus . 52 Die biologische N -Fixierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2 Die Regulation des N-assimilierenden Apparates: eine Zusammenfassung 59 Was kann man von der Gentechnik erwarten? 63 Literatur ................................... 64 -211- Schwachstellen der Nitrat-und Arnrnoniumassimilation - eine Chance fiir die Gentechnik? 7 Zusammenfassung Der Stickstoff, wesentlicher Bestandteil der Bausteine von Proteinen, Nukleinsau ren und Porphyrinen, ist eines der wichtigsten Elemente der Biosphiire. Die Verfiig barkeit von Stickstoff war nach dem heutigen Kenntnisstand ein entscheidend be grenzender Faktor der biologischen Evolution (White 1993). 1m Zuge der Hoher entwicklung von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren, verbunden mit der Aus bildung obligater nutritiver Abhangigkeiten, hat sich fiir Stickstoff ein sehr effizien ter Stoffkreislauf etabliert. In diesem lahrhundert wurde der evolutionsbewahrte N-Kreislauf durch zusatz liche N-Inputs (Haber-Bosch-Verfahren, Ausdehnung des Leguminosenanbaus, NO,-Bildung bei Verbrennungsprozessen, Ammoniak-Emissionen) massiv gestort. Durch die anthropogenen Eintrage von Nitrat-N und Ammonium-N diirfte in vielen Okosystemen die ,critical load ' fiir Stickstoff bereits iiberschritten sein. Dies auBert sich heute global und regional in gravierenden UmweItproblemen (weItweite Eutro phierung, Nitrat in Quell-und Grundwasser, N 0 in der Atmosphiire, Verengung im 2 C/N-Verhaltnis vieler BOden). Die Bewaltigung dieser Umweltprobleme setzt ein umfassendes Verstandnis der geophysikalischen und organismischen Umsetzungsprozesse im Stickstoffkreislauf voraus. Unser Beitrag auf der Stufe der Pflanzen zielt auf die Identifizierung von ,Schwachstellen' der Nitratreduktion und Ammoniumassimilation. Darunter ver stehen wir jene Prozesse der Aufnahme, der Verarbeitung und der Verteilung von Stickstoff in der Pflanze, die die Assimilation dieses Nahrelements aus der Boden IOsung in die N-haltigen organischen Molekiile limitieren. Die Identifizierung der Schwachstellen erfordert einen verbesserten Einblick in den Mechanismus der N Assimilation. Unter Mechanismus verstehen wir die molekularen Einzelschritte und ihre Regulation sowie die Einbindung in zelluliire Strukturen und biochemische Ablaufe. Das praktische Ziel der Studie war es, zu einer hoheren Stickstoffeffizienz in der Landwirtschaft beizutragen, urn darnit die Moglichkeit zu schaffen, die an thropogenen Eintrage in den N-Kreislauf zu reduzieren. Die Forschungsstelle beschaftigte sich deshalb mit der Untersuchung der Stick stoffaufnahrne sowie der Struktur, Funktion und Regulation der an der Stickstoff assimilation beteiligten Proteine und der Verteilung der stickstoffhaltigen Molekiile innerhalb der hoheren Pflanze. Dabei stand der Wunsch im Vordergrund, durch die Formulierung von Ziichtungszielen zur Losung der Stickstoff-Problernatik beizu tragen. In die Untersuchung wurden alle an der N-Assimilation beteiligten Enzyme (Nitratreduktase, Nitritreduktase, Glutarninsynthetase, Glutarnatsynthase und Aminotransferasen) einbezogen. Als Untersuchungsobjekte dienten die forst wirtschaftlich wichtige Waldkiefer und verschiedene Vertreter der landwirtschaft lich genutzten KuIturpflanzen (Gerste, Spinat, Senf und Tabak). -213 - 8 Hans Mohr und Armin Neininger Die Ergebnisse zeigen, daB flir die beiden N-Quellen Nitrat und Ammonium un terschiedliche Schwachstellen existieren. Markierungen mit dem schweren Isotop 15N ergaben, daB die Waldkiefer sehr viel mehr Ammonium-N als Nitrat-N auf nimmt, sofern beide Stickstoffverbindungen in gleicher Konzentration zur Verfli gung stehen. Ein reichliches Angebot an NH/-N flihrt jedoch zu einem Netto-Ver lust an Kalium in das Substrat. Dies resultiert in einer Storung der Proteinsynthese, die einen relativ hohen Kaliumgehalt voraussetzt. In der Folge kommt es zu einer toxischen Ammoniumanreicherung. Diese "Ammoniumtoxizitat", die auch bei den landwirtschaftlich genutzten Kulturpflanzen in Erscheinung tritt, schlieBt die opti male Nutzung eines erhohten Ammoniumangebots aus. Regulatorisch abgepuffert ist hingegen die Assimilation von Ammonium aus der Nitratreduktion. Ein erhohtes Nitratangebot kann von allen gepruften Pflanzen pro blemlos verarbeitet werden. Der N-assimilierende Apparat ist so eingerichtet, daB das gesamte aufgenommene Nitrat in Aminosauren und schlieBIich in Proteine assi miliert wird, ohne daB es zu einer abtraglichen Akkumulation von Zwischenproduk ten kommt. Die Regulation der Genexpression durch Nitrat und Licht passt die Pe gel der einzelnen Nitrat-assimilierenden Enzyme dem Bedarf so groBzugig an, daB eine Limitierung der N-Assimilationskapazitat durch eines der beteiligten Enzyme nicht zu erkennen ist. Vielmehr durfte die Bereitstellung ausreichender Mengen an Kohlenhydraten bzw. organischen Sauren zur Assimilation des reduzierten Stick stoffs in organische Verbindung den eigentlichen Engpass der Nitratassimilation darstellen. Sinkt die Lichtintensitat - und damit die Bildung von Kohlenhydraten - ab, so reagiert vor all em die Nitratreduktase mit einer Abregulierung des Pegels. Aus diesen Ergebnissen sind konkrete Zuchtungsziele abzuleiten, beispielsweise ein hoheres CIN-Verhaltnis bei Energiepflanzen, eine hohe Nitrat-Speicherkapazi tat bei Zwischenfruchten oder tiergerechte Aminosaurezusammensetzungen bei Futterpflanzen. Wahrend die ziichterische Optimierung des N-Aneignungs vermogens bei Kulturpflanzen in greifbare Nahe geruckt ist, muB die Verwertung des eingesetzten Stickstoffs in der Tierproduktion von Grund auf verbessert wer den. Problemstellung Die Assimilation von anorganischem Stickstoff - Nitrat, Ammonium - durch die hohere Pflanze ist flir das Leben von ahnlich fundamentaler Bedeutung wie die As similation von Kohlenstoff. Neue enzymologische und molekulare Methoden ma chen den Mechanismus der Stickstoffassimilation, d.h. die Abfolge der molekularen Einzelschritte und ihre Regulation, der Physiologie zuganglich. Dies ist nicht nur von theoretischem Interesse. Uber die Grundlagenforschung hinaus stellt die Erfor schung der Aufnahme und Assimilation von anorganischem Stickstoff eine prak tisch bedeutsame Aufgabe dar. Stickstoff ist ein entscheidender Produktionsfaktor -214- Schwachstellen der Nitrat-und Ammoniumassimilation - eine Chance fUr die Gentechnik? 9 und wird in der Landwirtschaft in gewaltigen Mengen zur Ertragssteigerung ein gesetzt. Dartiber hinaus erfolgt durch Verbrennungsprozesse eine erhebliche Frei setzung oxidierter Stickstoffverbindungen (NO,) in die AtmospharelBiosphare. Diese yom Menschen bewirkten St6rungen des nattirlichen Stickstoff-Kreislaufs bringen gravierende Umweltprobleme mit sich. Die Nitratbelastung des Grundwas sers durch die Landwirtschaft und durch N0·-Deposition gilt als besonders be 3 denklich, aber neuerdings finden auch die Ammoniak-Emissionen aus Tierhaltung, Wirtschaftsdtingern, KUiranlagen und Deponien verstarkte Aufmerksamkeit. Diese Emissionen gelangen als Ammoniumdeposition auf die Erdoberflache zurtick. Vielerorts dtirfte bei naturnahen, nicht-agrarischen Okosystemen die critical load fUr Stickstoff bereits tiberschritten sein (Mohr und Lehn 1994). Ais critical load bezeichnet man die Depositionsschwelle (Expositionsschwelle) fUr einen Stoff, un terhalb derer nach dem gegenwartigen Kenntnisstand keine schadlichen Wirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. Ais critical load fUr bewirtschaftete, gut wtichsige Wald6kosysteme mit Stammholzentnahme gilt in Mitteleuropa eine Deposition von ca. 12 kg N/ha·a. Die N-Deposition in den Nadelwaldern in Baden-Wtirttemberg von Natur aus < 1 kg/ha·a -liegt heute in der Regel tiber der critical load. Etwa 50% des Stickstoffs wird als NH/-N deponiert, die andere Halfte als N0 ·-N (Mohr und 3 Lehn 1994). Zu den Konsequenzen eines iiberh6hten N-Eintrags zahlen u.a. Nitrat in Quell- und Sickerwassern von Waldbestanden, neuartige Waldschaden (Mohr 1993), vermehrte Bildung von N0 und Veranderungen im Artenspektrum (Plachter 2 1991 ). Die derzeitige Stickstoffbelastung der Biosphare paBt nicht zum Bild einer auf Nachhaltigkeit zielenden Wirtschaft. Der momentane Zustand ist nicht zukunfts fiihig. Umweltpolitische Strategien zur L6sung der Stickstoffproblematik (Scheele et al. 1992) bediirfen der Erganzung durch einen entsprechend verbesserten Pflanzen bau. Dies gilt sowohl fUr Agrar-als auch fUr Forstbetriebe. Besonders gefordert ist bei der Umsetzung auch die Pflanzenztichtung. Ihr obliegt die Entwicklung von Sorten, die an die veranderten Rahmenbedingungen besser angepaBt sind. Die de taillierte Formulierung von Ztichtungszielen setzt jedoch voraus, daB der Mechanis mus der Aufnahme und Assimilation von anorganischem Stickstoff auch im einzel nen bekannt ist. Insbesondere kommt es darauf an, Schwachstellen der Nitrat reduktion und der Ammoniumassimilation zu identifizieren, an denen die Ziichtung (konventionelle oder Gentechnik-gestiitzte) mit der Zielsetzung ansetzen kann, Kultivare zu schaffen, die mit geringeren Stickstoffgaben auskommen (Agrar flachen) bzw. tiberh6hte N-Depositionen verstarkt assimilieren (Wald6kosysteme). -215 - 10 Hans Mohr und Armin Neininger Der terrestrische Stickstoffkreislauf Neben Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff ist Stickstoff der am haufigsten vor kommende Baustein der belebten Natur. Stickstoff (N) ist wesentlicher Bestandteil von Proteinen, Nukleinsauren, Porphyrinen sowie ihren Metaboliten (Vorstufen und Abbauprodukten). DemgemaB ist N mit bis zu 3% an der pflanzlichen Trocken masse beteiligt (Mengel 1991). Charakteristisch ist, daB Stickstoff in den Biomolekiilen nur in reduzierter Form vorkommt. Wie bei anderen Nahrelementen sind auch die Stickstoff-Umsetzungen Teil eines Kreislaufs (Abb. 1). Anorganischer Stickstoff wird von der Pflanze assimiliert und in organischer Verbindung tiber die verschiedenen Nahrungsketten auf die gesamte Biosphare verteilt. Der Mensch ist, wie aIle anderen tierischen Lebewesen, auf or ganisch gebundenen Stickstoff und damit auf die N-Assimilationsleistung der autotrophen Pflanzen angewiesen. Die N-haltigen organischen Verbindungen werden von Destruenten abgebaut. Der Stickstoff wird bei der Mineralisation als Ammonium freigesetzt. In der Regel findet durch chemolithoautotrophe Bakterien eine rasche Umwandlung von Ammo nium zu Nitrat statt. Da dieser ProzeB (Nitrifikation) lediglich unter ungtinstigen . de/n,it/rif/iz/ie/r/en,d/e ,/ . / N'O,)] ~': [~-' N~/ z/] / /.[.H C./N H/ z]/ '/ p z/ // ,/ -Bakterien- N - fixierende MikjOOrganismen ~ Y [HcNHzl ~'<>! Nitrifizierung ~/ ., NOi-NOi--NH4 - chemosynthetische Bakterien- Abb. 1. Der Kreislauf des terrestrischen Stickstoffs in der Natur. Der Kreislauf zwischen orga nischem (-NH2) und anorganischem (NO)') Stickstoff steht tiber Denitrifikation und N2-Fixie rung mit dem N2 der Atmosphare in Verbindung. (nach Mohr und Schopfer 1992) -216- Schwachstellen der Nitrat-und Ammoniumassimilation - eine Chance fUr die Gentechnik? II Bedingungen (z.B. bei stark sauren pH-Werten der Pedosphare, Trockenheit, Kalte, Sauerstoffmangel) behindert ist, stellt Nitrat in der Regel die dominierende Form pflanzenverfiigbaren Stickstoffs dar. Von der photoautotrophen Pflanze wird das Nitrat wieder assimiliert, womit sich der (kleine) Kreislauf des Stickstoffs schlieBt. Der terrestrische Stickstoffkreislauf ist, wie aile biologischen Kreislaufe, nicht geschlossen, sondern steht an mehreren Stellen mit dem Nrpool der Atmosphare in Verbindung. N-Verluste aus dem terrestrischen Kreislauf entstehen durch die denitrifizierende Aktivitat aerober Bodenbakterien und -pilze. Diese Mikroben ver wenden in schlecht durchliifteten BOden das Nitrat-Ion als Sauerstoffquelle und ent lassen hauptsachlich N2, aber auch NO und N20 in die Atmosphare (Isermann 1993). Auf diese Weise werden unseren Boden jiihrlich 20-30 kg N pro Hektar ent zogen. Weitere Verluste entstehen durch Auswaschung von Nitrat ins Grundwasser bzw. in Oberflachengewasser und letztendlich ins Meer. Die Verluste werden unter natiirlichen Bedingungen durch die biologische N2- Fixierung symbiontischer und freilebender Prokaryoten kompensiert. Diese Bakte rien und Cyanobakterien sind in der Lage, das N2 der Atmosphare zu Ammonium zu reduzieren und so den Stickstoff wieder in die Biosphare einzubringen. Auswirkungen erhohter Stickstoffeintrage in die Biosphare Durch den wirtschaftenden Menschen werden in den Industriestaaten erhebliche Mengen an N-haltigen Verbindungen zusatzlich in den Stickstoffkreislauf einge bracht, die zu Staus und zu Verschiebungen der pool-GroBen innerhalb des Kreis laufs fUhren. Die technische N2-Fixierung durch das Haber-Bosch-Verfahren, im wesentlichen zur Herstellung von Pflanzendiinger, die Energiegewinnung aus fossilen Energietragern, verbunden mit einem AusstoB von Stickoxiden (NO,), so wie der weltweit verstarkte Anbau stickstoffixierender Leguminosen spielen dabei die groBte Rolle. Die Emission an Stickoxiden (NO,) ist in den letzten Iahrzehnten - bedingt durch die Zunahme der technischen Verbrennungsprozesse - stark gestiegen. Entspre chendes gilt fUr die Freisetzung von Ammoniak (NH3) aus der Landwirtschaft. NO, und NH3 gelangen, in der Regel in Form von Nitrat und Ammonium, mit den Nie derschlagen oder als trockene Deposition wieder auf die Erdoberflache zuriick. Da durch stieg die Stickstoffdeposition iiber Europa in den letzten Iahrzehnten standig an. In den Niederlanden, die die hochsten Depositionswerte aufweisen, werden durchschnittliche Eintrage von 50-75 kg Nlha·a (Spitzenwerte bis 200 kg Nlha·a) gemessen. Der derzeitige Stickstoffeintrag in Baden-Wiirttemberg liegt zwischen 8.5 und 50 kg Nlha·a (Hochstein und Hildebrand 1992). In den Nadelwaldbestanden des Schwarzwaldes muB man mit Werten in der GroBenordnung von 25 kg Nlha'a rechnen (Hepp und Hildebrand 1993). -217 - 12 Hans Mohr und Annin Neininger Da die Waldbestande in unserer Region unter giinstigen klimatischen Bedingun gen einen Stickstoftbedarf von 5-12 kg Nlha·a besitzen, iibersteigen die derzeitigen jahrlichen Eintrage den Bedarf erheblich. Dies bedeutet, daB viele Waldungen, wie die meisten anderen naturnahen Okosysteme auch, mit Stickstoffmittlerweile anna hernd gesattigt sein diirften. Friiher herrschte an vielen Standorten Mangel an anorganischen Stickstoffver bindungen, und Stickstoff war wachstumsbegrenzender Faktor der Pflanzen. Diese Situation hat sich nun grundlegend geandert. Stickstoff ist nicht mehr wachstums limitierend, sondern regt im Gegenteil die Wachstumstatigkeit stark an, was zwangslaufig den Bedarf an anderen Mineralstoffen und Wasser erhoht. Aber gera de die pflanzenverfiigbaren Vorrate an Mineralien wie Kalium und Magnesium sind an vielen Waldstandorten knapp, zumal die tendenziell zunehmende Bodenversaue rung eine verstarkte Auswaschung von Kationen zur Folge hat und die ungiinstige Situation gerade auf basenarmen Boden noch verstarkt. Es gilt heute als erwiesen, daB die vielerorts beobachtete sogenannte montane Vergilbung der Fichte in Zusam menhang mit einer Unterversorgung an Magnesium steht. Ammonium gewinnt als Umweltschadstoff neuerdings immer mehr an Bedeu tung, denn Zeitreihen haben ergeben, daB die Ammoniumeintrage in die Okosyste me in den letzten lahren starker anstiegen als die Nitrateintrage und heute mehr als 50% der gesamten atmogenen Stickstoff-Deposition aus Ammonium-N besteht (Bobbink et al. 1992). Als besonders starker Ammonium-Emittent ist die Landwirt schaft mit den hohen Diingereintragen und Vieh-Bestandesdichten zu nennen. Die heutigen Tierbestande wurden erst durch den Einsatz von Diingemitteln und Legu minosen zur Produktion von Futterpflanzen sowie durch den Import N-haltiger Fut termittel ermoglicht. Der Stickstoftbedarf einer Pflanze kann im Prinzip auch durch eine Am moniumernahrung gedeckt werden, wobei eine erhebliche Einsparung an metabo lischer Energie moglich ist, die bei einer Nitraternahrung fiir die Reduktion des Stickstoffs aufgebracht werden muB (s. S. 22.). In der Tat nutzen viele Pflanzen Ammonium als Stickstoffquelle, alternativ zu Nitrat. Experimente mit 15N-Isoto penmarkierung haben gezeigt, daB Ammonium von manchen Pflanzen schneller und in groBeren Mengen aufgenommen werden kann als Nitrat. 1m Gegensatz zu Nitrat beobachtet man beim Ammonium keine Auswaschung aus den Boden, da es eine groBe Affinitat zu den negativen Ladungen der Bodenkolloide besitzt. Diese Eigenschaft des Ammoniums fiihrt bei erhohten Eintragen sogar zu einem Aus tausch anderer Kationen, wie z.B. Kalium, Kalzium und Magnesium und zu deren Auswaschung. Da NH/ an der Wurzel gegen H+ ausgetauscht wird, ist die Ammoniumaufnahme mit einer Ansauerung der Rhizosphare verbunden. Die zu satzlich bei der Nitrifikation des Ammoniums zum Nitrat freiwerdenden Protonen unterstiitzen die Versauerung des Bodens und den Verlust an Kationen aus den BOden weiter. -218 -

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