Beiträge zur Sozialen Arbeit an Schulen Band 2 Herausgegeben von Anke Spies, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland Nicole Pötter, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Bonn, Deutschland Anke Spies (Hrsg.) Schulsozialarbeit in der Bildungslandschaft Möglichkeiten und Grenzen des Reformpotenzials Herausgeberin Prof. Dr. Anke Spies Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Deutschland ISBN 978-3-531-18255-1 ISBN 978-3-531-18992-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-531-18992-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio- nalbibliografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufb ar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zu- stimmung des Verlags. 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Eine Analyse der Reforrnerwartungen und -potenziale von Schul sozialarbeit aus historischer, empirischer und fOrderpolitischer Perspektive ........................................................................... 21 Karsten Speck Zur institutionellen Konstituierung von Schülerinnen und Schülern als Adressaten der Schulsozialarbeit ................................................................ 47 Petra Bauer/Eberhard Bolay Das ,Schulklima' im Kontext von Adressierungs-und Aneignungsprozessen: Eine explorative Annäherung an die Sicht der Adressatinnen und Adressaten von Schulsozialarbeitsangeboten und die Positionen der schulischen Kooperationspartner ................................ 71 AnkeSpies Schulsozialarbeit im Kontext von Schulentwicklung ...................................... 99 Laura Holtbrink/Nicole Kastirke Kooperative Förderung und interdisziplinäre Zusammenarbeit in Zeiten der Inklusion ................................................................................... 117 Heinrich Ricking Schul sozialarbeit als Ausdruck von Strukturpathologien - und als Mittel zu deren Entschärfung ............................................................ 137 Christian Vogel Zu den AutorInnen .......................................................................................... 195 Schulsozialarbeit in der Bildungslandschaft - Einleitung AnkeSpies Spätestens seit der Deutsche Städtetag 2007 mit der Aachener Erklärung Bil dung als Schlüsselthema der kommunalen Entwicklung hervorhebt und als ent scheidenden wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsfaktor für Kommunen hervorgehoben hat, kommt das geografisch konnotierte Bild von der Bildungs landschaft dem systemischen Verständnis von Bildungsstrukturen in regiona len Bezügen zugute. Wenngleich es, wie Bradna und Stolz (2011) betonen, ,,kei ne konsensuelle Definition dessen, was lokale Bildungslandschaften eigentlich ausmacht" (S. 140) gibt, ist die Praxis in sozial- und bildungspolitischen Ent scheidungsprozessen gerne bereit, dem anschaulichen Landschaftsgedanken zu folgen. So wird versucht, formelle und nicht-formelle Bildungsorte innerhalb spezifischer ,Landschaftsformationen' als zusammenhängende Bestandteile der Region sozusagen ,kartografiert' und künftige Infrastrukturmaßnahmen an vorhandenen ,landschaftlichen' Gegebenheiten ausgerichtet abzubilden. Auch wenn die mit SchulsozialarlJeit verknüpften sozial-und bildungspolitischen Er wartungen zu erheblichen Anforderungen an das Handlungsfeld führen können (vgl. Speck in diesem Band), weil sich Politik sozusagen die Schulsozialarbeit ,angeeignet' hat, hat das Bild von der lokalen Bildungslandschaft seinen Reiz: Verbindungen und Abgrenzungen zwischen formellen und nicht-formellen Bil dungsorten werden wahrnehmbar und mit einer Programmatik verknüpft, die un ter anderem die Stärkung der Eigenverantwortung und Partizipation von Schüle rInnen als eines ihrer Leitziele betont (vgl. ebd.). Insofern ist das Konstrukt der lokalen Bildungslandschaft eine wichtige Entwicklung zur Positionierong von Schulsozialarbeit, denn für sie gelten sowohl die Verbindung zwischen formel lem, nicht-formellem und informellem Lernen als auch die Förderung und Stär knng von partizipativen Möglichkeiten für SchülerInnen als leitende Maximen ihrer Tätigkeit (vgl. Spies & Pötter 2011). Die Metapher der Bildungslandschaft wurde durch den 12. Kinder-und Ju gendbericht 2005 in den Fachdiskurs eingebracht und soll die Dringlichkeit lo kal aufeinander abgestimmter Bildungs-, Betreuungs-und Erziehungsangebote versinnbildlichen. Sie soll Kommunen anregen, ein politisch gestütztes, stabi- A. Spies (Hrsg.), Schulsozialarbeit in der Bildungslandschaft, Beiträge zur Sozialen Arbeit an Schulen, DOI 10.1007/978-3-531-18992-5_1, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 8 Anke Spie. les und verlässliches Gesamtsystem zu entwickelu. Dahinter steht auch der Ge danke, an Stelle des segregierenden nun ein deutlich förderndes Bildungssys tem aufzubauen, welches ressourcenorientiert und nachhaltig strukturiert allen Kindern und Jugendlichen mehr Annäherung an das Ideal der Chancengleich heit gewährleistet. Die, notwendigerweise langfristige, systematische Vernet zung der unterschiedlichen Akteurinnen orientiert sich an gemeinsamen Themen (Bildung, Jugend, Familie, Gesundheit, Soziales) und erfordert das koordinierte Zusammenspiel aller Beteiligten. So sollten die jeweiligen pädagogischen Pro fessionen und Kompetenzen enger als bislang üblich zusammengebracht und stabile interinstitutionelle Kooperationen aufgebaut werden können. Als struk turelle Konsequenz wird dabei die tradierte Haltung der ,Zuständigkeiten' von einer nenen Haltung der gemeinsamen Verantwortlichkeit für Bildungsbiografi en abgelöst und deren Gelingen unterstützt. Auch hier ist Schulsozialarbeit von ihrem Selbstverständnis her angesprochen. Die mit dem Vernetzungsgedanken verbundene Idee der systematischen Kooperation und interdisziplinären, kolle gialen Zusammenarbeit gehört für sie einerseits zum "Kerngeschäft" (Spies & Pötter 2011, S. 29) und spiegelt sich andererseits in ihren gemeinwesenorientier ten Anteilen, die sich auf die Einbindung der Schule in die soziale Struktur ei ner Kommune beziehen (vgl. ebd.). Kooperation ist aber nicht nur "Kerngeschäft", sondern ein hochkomplexer Sachverhalt, der sowohl die Schulsozialarbeit in der Einzelschule als auch die Beteiligten innerhalb des Konstrukts der lokalen Bildungslandschaft vor deutli che Herausforderungen stellt: Kooperationsbeziehungen und -bedingungen in nerhalb ganztägiger Schulkonzepte finden ein ebenso breites positives Echo, wie sie ein problematisches Spannungsfeld aufspannen (vgl. Speck et al. 2011). Dort zeigen sich professionstheoretische Paradoxien, Passungsprobleme und Hinder nisse, die dem positiven Nutzen gegenüber stehen. Die Vielfalt unterschiedlicher Kooperationskonzepte und -profile können den in der lokalen Bildungslandschaft so explizit betonten Kooperationsgedanken durchaus auch relativieren bzw. insofern auch ,entzaubern', weil sie einen hohen Anspruch verfolgen: Sie beabsichtigen schließlich z. B. im Ganztagsschulkon text "durch nach außen erweiterte und nach innen intensivierte Kooperation die Schule und die Unterrichtsqualität weiterzuentwickelu" (Horstkemper 2011, S. 130). Dafür orientiert man sich - in der lokalen Bildungslandschaft -"an einem erweiterten Bildungsverständnis, das auf eine urufassende individuelle Förde rung der lernenden Subjekte in heterogenen Lerngruppen zielt" (ebd.). Wenn dies für die multiprofessionelle Kooperation in Ganztagsschulkonzepte gilt, dann ist die Analogie zur Schulsozialarbeit einerseits aufgrund von deren hoher Beteili- Schulsozialarbeit in der Bildungslandschsft - Einleitung 9 gung an Ganztagskonzepten, ihrer Repräsentanz von Jugendhilfe in der Schu le und ihres grundsätzlich kooperativen Selbstverständnisses naheliegend und - wie Horstkemper eindrücklich schildert - auch historisch begründbar: Mari anne Horstkemper fühlt sich an die Befunde von Thiersch aus dem Jahr 1979 erinnert, der damals das Kooperationsverhältnis zwischen Schule und Sozialar beit mit dem zwischen einem Hausherrn und einer Haushaltshilfe verglichen hat (vgl. Horstkemper 2011). Die Funktion von Schulsozialarbeit in der Bildungs landschaft ist also folglich auch ein Teil der von Horstkernper als Desiderat für die Kooperationsfurschung resümierten Frage nach den Prozessen, die zwischen den verschiedenen, an Schule beteiligten Gruppen pädagogisch Tätiger ablau fen, und jenen nach der Verknüpfungen zwischen Schulleitong, Steuerung von Schulentwicklung und kooperativer Partizipation. Der vorliegende Band konzentriert sich in diesem Zusammenhang alleine auf Position und Funktion von Schulsozialarbeit und greift in !linf der sechs Bei träge spezifische Aspekte und Facetten des Kooperationsverhältoisses aus unter schiedlichen Perspektiven auf: Während Bauer und Bolay an empirischem Mate rial zeigen, wie sich Beratong (fast selbstläufig) in den Dienst der Institution, statt jenen der AdressatInnen stellen kann, können Holtbrink und Kastirke belegen, wie Schulsozialarbeit nahezu unausweichlich mit der Schulentwicklung verbun den ist. Mit welchen Konsequenzen Schulklima und Schulsozialarbeit hinsicht lich der angestrebten Aneignungsprozesse verbunden sind und wie sich fachli che Positionierungen im Kooperationsverhältnis niederschlagen, findet sich im Beitrag von Spies. Interdisziplinäre Kooperation auf der konzeptionellen Ebe ne wird von Ricking auch hinsichtlich des Inklusionsparadigmas thematisiert und am Modell konkretisiert. Mit dem Analysemodell von Vogel wird die Ko operationsaufgabe von Schulsozialarbeit schließlich auf vier unterschiedlichen Handlungsebenen differenzierbar, weil hiermit ein praktikables Instrument vor liegt, das die komplexen Vorgänge der Kooperationspraxis transparent machen kann. Die Kooperationsposition von Schulsozialarbeit und ihre Funktion inner halb der Institution auf der innerschulischen Ebene zu analysieren wird abseh bar erweiterte multiprofessionelle Modelle beschreiben helfen, um die Position diskutierbar zu machen. Die Idee der lokalen Bildungslandschaft trifft auf eine bereits seit längerem - allerdings nur langsam - wachsende Struktur der institutionellen Vemetzung (beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätten und Grund schulen zur Optimierung des Übergangs oder !Ur Jugendhilfe und Schule zur Gestaltong ganztägiger Bildungskonzepte) - die nun durch politische Strategi en beschleunigt werden soll. In ihrer Umsetzung wird dabei zwar längst nicht 10 Anke Spie. immer zwangsläufig auch die Schul sozialarbeit konzeptionell berücksichtigt sein, aber dort wo sie vorhanden ist, wird sie absehbar eine wichtige Rolle in der praktischen Umsetzung am Ort der Schule spielen und an Steuerungsprozessen zu beteiligen sein. Noch steht der Prozess am Anfang: Damit Bildungsstrukturen und Bildungs angebote tatsächlich konzeptionell aufeinander bezogen und verlässlich mitein ander verknüpft zu einer verbindlichen Bildungsinfrastruktur werden können, wird die - allmählich Akzeptanz findende - kommunale Bildungsverantwor tung nun vermehrt über Steuerungsebenen abgebildet, die ebenfalls auf der re gionalen Ebene der Kommune verankert sind. Städte und Gemeinden beginnen beispielsweise ein "Pädagogisches Gesamtkonzept" ihrer Stadt zu formulieren oder sind bereits vorher im Kontext der Ganztagsschulentwicklung wie die Stadt Amsberg mit einer ,,Bildungsoffensive" (2004) auf diesem Weg gestartet. Neben dem Ganztagsschuldiskurs haben auch die breite öffentliche Debatte um die Bil dungs situation von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen und deren Schwierigkeiten am Übergang von der Schule in den Beruf diese Entwicklun gen maßgeblich mitbestimmt. So will das Konstrukt der lokalen Bildungsland schaft die in diesem Rahmen geschaffenen bzw. zu schaffenden Veränderungen zum Abbau herkunftsbedingter Bildungsbenachteiligungen verstanden wissen und betont die mit dem fachpolitischen Leitziel ,Bildungsgerechtigkeit' verbun dene ressourcenorientiert inkludierende Haltung und die verstärkte Schulorien tierung der Kinder-und Jugendhilfe (vgl. Bradna & Stolz 2011). Auch wenn ers te Befunde einzelner Modellregionen daraufhindeuten, dass dieser Prozess vor einem längeren zeitlichen Horizont betrachtet werden muss, scheinen nachhaltig strukturelle Veränderungen im sonst eher wenig beweglichen Bildungssystem in die Wege geleitet zu sein, auch wenn Bildung nach wie vor stark schulzentriert bzw. im Dienstleistungsverständnis für die Institution gedacht wird (vgl. ebd.). Das Handlungsfeld Schulsozialarbeit kann in diesen Entwicklungen eine zentrale Rolle spielen (vgl. Spies 2012). So werden entsprechend große Hoffnun gen in ihr Potenzial gesetzt bzw. avanciert sie zu einem wichtigen Baustein in diesem Kontext. Je nach Ausbau und Anlage wird sie z. B. zur Stellschraube für die praktische Vemetzung der Schule(n) mit den örtlichen Jugendhilfeträgern in der Bildungslandschaft erklärt und zur Repräsentantin einer an individuellen Bildungsbiografien und Partizipation orientierten kommunalen Haltung - die ihrerseits wieder in schulische Kontexte hinein vermittelt werden muss. Wenn kommunale Steuergruppen gemeinsam über Richtungsfragen und Gestaltungs spielräume beraten, kann es aber auch vorkommen, dass Schulsozialarbeit als Handlungsfeid unberücksichtigt bleibt und Schwerpunkte unterhalb dieser Pro- Schulsozialarbeit in der Bildungslandschsft - Einleitung II fessionsmarke gesetzt werden oder das Handlungsfeld mit Erwartungen über frachtet und überfordert wird (vgl. Speck in diesem Band). Insofern hat das griffige Bild der lokalen Bildungslandschaft aufbildungs politischer Ebene einerseits bereits hilfreiche Dienste für die Anerkennung des Handlungsfeldes geleistet und Strukturen, wie jene der regional bzw. kommu nal koordinierten Schulsozialarbeit (z. B. in Dortmund) begünstigt oder auch die Entwicklung von ganztägigen Bildungsangeboten vorangetrieben. Andererseits ist aber auch Vorsicht vor allzu bereitwilliger Verantwortungsübernahme gebo ten, denn mit Haltung und Verantwnrtung sowie dem Inklusionsparadigma in multiprofessioneller Verantwortung wird sich absehbar auch das Schulsystem einer Prüfung unterziehen müssen: Wenn die lokale Bildungslandschaft eben so wie das Inklusionsparadigma der Segregation des Bildungswesens entgegen wirken wollen, so ist das innerhalb der bestehenden Strukturen nur sehr bedingt zielführend. Mit anderen Worten: Auch wenn das Konzept der Jugend-und Bil dungspolitik, das über das Konstrukt der Bildungslandschaft getragen wird, bis dato zwar die Vemetzung von Schulen und außerschulischen (Bildungs-)Ein richtungen bef"ördert, die Institutionen zur Verstärkung von Kooperationsbestre bungen und -ansätzen gebracht hat und eine Reihe von Maßnahmen installiert wurden, die dem Anspruch folgen, zum Abbau von sozialen Bildungsbenach teiligungen beizutragen. So sind 1Ur die - auch über Schulsozialarbeit repräsen tierte - Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe formale Zuständig keiten und Hierarchien hinderlich. Die von Bradna und Stolz (2011) pointierten Herausforderungen für die künftige Gestaltung von Bildungslandschaften, wie beispielswiese die ungünstigen Rahmenbedingungen, die sich über Schulträger schaftsgegebenheiten abbilden, sind lange schon Gegenstand von Reflexionen zu Entwicklungen und Hemmnissen im Handlungsfeld Schulsozialarbeit. Glei ches gilt fiir die konsequente Subjekt-und Aneignungsperspektive, die im ins titutionellen Rahmen von Schule auch fiir Schulsozialarbeit leider nicht immer als gegeben betrachtet werden kann (vgl. Bauer & Bolay; Spies in diesem Band). Vielmehr ist sowohl die multiprofessionelle Einbindung von Schulsozialarbeit (vgl. Ricking in diesem Band) als auch die Weiterentwicklung des schulpädago gischen Professionsverständnisses wie Bradna und Stolz es betonen nur sehr be dingt von der Kooperationskompetenz der Schulsozialarbeit abhängig zu machen - ihr Reformpotenzial ist an dieser Stelle also eher gering. Zumal auch formelle Wege in diesem Prozess nach wie vor unangetastet bleiben und benachteiligen de Strukturen innerhalb der Institution Schule über ihre segregierende Struktur unverändert fortbestehen bzw. sich sogar verschärfen (z. B. G-8-Gymnasium). Weder die Gliederung des Schulsystems in Grund-und verschiedene weiterfüh- 12 Anke Spies rende Schulen steht derzeit ernsthaft zur Disposition, noch werden jenseits ein zelner (prämierter) Modelle die internen Strukturen der Gestaltung schulischen Alltags (z. B. Praxen der Leistungsbeurteilung) umfassend modernisiert. Ledig lich das in Deutschland breit differenzierte schulische Fördersystem steht aktu ell im Fokus der Aufmerksamkeit und wird unter dem Einfiuss des Inklusions paradigmas strukturell umgebaut. Wenn also gegenwärtig innerhalb der regionalen/lokalen Bildungslandschaft die einzelne Bildungsbiografie - von frühen familienstützenden Maßnahmen und Kindertagesstätte in der vorschulischen Zeit über die vom Hort begleitete Grundschule zur (ganztägigen) Sekundarstufe und per Übergangskonzept flan kierten Transition in die Berufsausbildung - in den Blick genommen und zusam menhängend gedacht wird, steht nach wie vor noch die Umsetzung der Ziele in nerhalb der innerschulischen ,Landschaft' aus. Die aktuellen Bestrebungen, das Inklusionsparadigma entsprechend der Salamanca Erklärung umzusetzen (vgl. Ricking in diesem Band), ist dabei nur eine Maßnahme aus einem Katalog der institutionell bedingten ,Baustellen' in der Bildungslandschaft. Auch Leistungs beurteilung, Disziplinierungspraxen und notwendige methodische Innovationen stehen noch zur Modemisierung an (wie z. B. die Kriterien, die für die Vergabe des Deutschen Schulpreises gelten, es vormachen). Die mit der Metapher von der Bildungslandschaft verknüpfte perspektivi sche Erweiterung des Verständnisses von Kooperationsgestaltungen und Tran sitionsprozessen bringt neben aller berechtigten Kritik (vgl. Speck et al. 2011) zunächst Kooperationspartner mit sozialpädagogischer, schulpädagogischer und sonderpädagogischer Expertise zusammen, die nunmehr gemeinsam die Kom plexität der Steuerungsanforderungen bewältigen müssen (vgl. Bradna & Stolz 2011; Holtbrink & Kastirke in diesem Band). Auch tradierte Zuständigkeiten !Ur die Schuladministration stehen dem noch vielfach entgegen, wenngleich die Autorisierung von Einzelschulen, budgetverantwortliche Entscheidungen hin sichtlich Person und Konzept zu treffen, in der jüngeren Zeit die grundsätzliche Flexibilität von Schule erheblich erweitert hat. Dennoch sind die Länder aufge fordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten in inneren und äußeren Schulangelegenhei ten zugunsten der kommunalen Bildungslandschaft zu ordnen. Das ist die Vor aussetzung dafür, dass sich nachhaltige, strukturierte Kooperationspraxen ent wickeln, die den Ansprüchen an Qualitätssicherung genügen (vgl. Speck et al. 2011) und dem von Schalkhaußer und Thomas (2011) geforderten Bildungsmo nitoring zugrunde liegen müssen.