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Schulentwicklung durch Lerngruppen: Vom Subjektstandpunkt ausgehen... PDF

378 Pages·2003·15.754 MB·German
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Schulentwicklung durch Lerngruppen Thomas Rihm (Hrsg.) Schulentwicklung durch Lemgruppen Vom Subjektstandpunkt ausgehen ... Leske + Budrich, Opladen 2003 Gedruckt auf säurefreiem und alterungs beständigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz ftir die Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich ISBN 978-3-8100-3631-5 ISBN 978-3-322-97577-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97577-5 © 2003 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung au ßerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un zulässig und strafbar. Das gilt insbesondere rur VervielfaItigungen, Übersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhaltsverzeichnis Einleitung ..................................................................................... 7 Standort Ute Osterkamp & Lorenz Huck Überlegungen zum Problem sozialer Selbstverständigung und bewusster Lebensführung ..................................................................... 23 RolfPrim Schülersubjekt und Schulorganisation ................................................ 39 Ulrich Oevermann Zur Behinderung pädagogischer Arbeitsbündnisse durch die gesetzliche Schulpflicht ....................................................... 69 Bausteine Erich Wuljf & Thomas Rihm Sinnkonstitution in Bedeutungen: Wie kommt das Subjekt zur Welt? 97 Alfred Holzbrecher Schüleraktivitäten und Lehrerprofessionalität als Arbeit am Habitus 111 Amd Hofmeister Perspektiven und Probleme eines subjektwissenschaftlichen Bildungsbegriffs ................................................................................. 121 5 Reimer Kornmann Aufgaben und Ansatzpunkte subjektbezogener Diagnostik im pädagogischen Prozess .............................................................. 135 Kar/-Heinz Braun Ziele institutioneller Entwicklung der Schule in der ,zweiten Modeme' ................................................................. 153 Erste Schritte Am Ende anfangen ... Wolfgang Rauch End- und Ausgangspunkte in einem Meer gewaltiger Anstrengungen - Gewalterfahrungen in einer Schule (fur Erziehungshilfe) .............. 185 K/aus Winke/mann Erkan - Lernen aus Betroffenheit ..................................................... 203 Das Lern-Lehr-Verhältnis neu bestimmen. .. Sabine Knauer Zur (Wieder-)Entdeckung der Lehrer als Subjekte - Subjektiv-wissenschaftliches Plädoyer fur einen Tabubruch .......... 217 lngrid Dietrich Interkulturelle Begegnungen als Anlässe fur pädagogische Professionalisierungsprozesse .......................................................... 233 ThomasRihm Vom Vorrang der Schülerinteressen ... - Anmerkungen zur subjekttheoretischen Grundlegung von Lemgruppenprozessen. . ......................................................... 251 Thomas H. Häcker Selbstbestimmte Lernverträge als konstitutiver Teil von Portfolioarbeit: Lern-Lehr-Vorhaben jenseits von Belehrung und Angebot ............... 283 6 Fachwissenschaftliche Aspekte berücksichtigen ... Norbert Kruse Schreiben und Schreibnorm - Überlegungen zu einer subjektwissenschaftlichen Perspektive beim Textschreiben und Rechtschreiben in der Schule ..................... 297 Christoph Seifer Andersartigkeit erfahren - Produktivität ermöglichen! - Für einen Perspektivwechsel im Mathematikunterricht .................. 315 Die Aktivitäten der Lerngruppen vernetzen ... Katrin Reinhardt Jugendkonferenz: Ein pädagogischer Ort klassenübergreifender Entwicklung von Schulprozessen .................. 335 Zuspitzung ThomasRihm Schule als Ort kooperativer Selbstverständigung entwickeln - Ein Beitrag zur Schulentwicklung aus subjekttheoretischer Sicht 351 AutorInnenverzeichnis ............................................................... 387 Stichwortregister. ............................................................................. 391 7 Denn das Reale enthält in seinem Sein die Möglichkeit eines Seins wie Utopie, das es gewiss noch nicht gibt, doch es gibt den fundierten, fundierbaren Vor-Schein davon. Ernst Bloch Einleitung 1. Im Schatten des PISA-Turms• .. Schulen nach "Pisa" - Schock Kultusminister für radikalen Umbau Eisenach (dpa). Die Kultusminister der Länder wollen nach dem ,,Pisa" - Schock die deutschen Schulen nun doch radikaler verän dern als ursprünglich geplant. Nach der SPD legten auch die Schul minister von CDU und CSU der Kultusministerlconferenz (KMK) in Eisenach überraschend ein umfassendes Maßnalunenpaket zur Ver besserung der Schulqualität vor. Es sieht Abschlussprüfungen in allen Schularten und zuvor regelmäßige Orientierungsarbeiten in al len Schularten und bundesweite Tests vor. Die Grundlage dafm bilden einheitliche ,,Bildungsstandards" in den wichtigen Kernfächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und Naturwissenschaften, auf deren Inhalte sich die unionsgeführ ten Länder intern in einjähriger Arbeit bereits verständigt hatten, hieß es. Bayerns Schulministerin Monika Hohlmeier (CSU) sagte, mit diesen Standards seien "unverzichtbare Kompetenzen" und ein klar "festgelegtes Grundwissen" beschrieben. Dieses müssten die Schüler am Ende eines Bildungsabschnitts beherrschen. Badische Neueste Nachrichten, 24.5.2002 Schockzustände haben ja auch ihr Gutes. In der Regel führen sie bei den Betrof fenen nach einer Zeit der Genesung dazu, die Schockerfahrungen zu nutzen, um ihr bisheriges Handeln grundlegend zu überdenken und einschneidende Konse quenzen für die Zukunft zu ziehen. Inwieweit die dann schrittweise einsetzen den Handlungsvornahmen tatsächlich eine heilsame Wirkung zeigen, hängt un ter anderem auch davon ab, auf welcher analytischen Grundlage diese basieren. So sehen die hier zitierten Kultusminister (erneut) den Grund für das mittelmä ßige Abschneiden der deutschen SchülerInnen wohl im Mangel an bundesweit vergleichbaren Leistungskontrollen. Folglich werden verbindliche überregionale Bildungsstandards und Kompetenzinventare beschlossen, durch die die Schul artprofile geschärft werden sollen. Im anderen politischen Lager wird (erneut) der Bedarf an einer flächendeckenden Einrichtung von Ganztagesschulen aus den Ergebnissen abgeleitet, um die Hausaufgabensituation zu verbessern, die 11 Betreuung der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, und darüber, soziale Ungleichheiten effektiver abbauen zu können. Alter Wein in neuen Schläuchen? Jedenfalls sind dies erste, womöglich vorschnelle Antworten auf das mittlerwei le zum Monolith erhobene PISA-Testgebäude. Jede Analysetätigkeit, und das ist nun auch ein Faktmn, deckt immer nur ei nen spezifischen Blickwinkel bzw. Fokus ab, aus dem sich wiederum nur ganz bestimmte erkenntnisleitende Interessen ableiten. Übersetzt für unseren Zusam menhang bedeutet dies: Im ,mainstream' der derzeitigen PISA-Debatte wird je nach Standpunkt der Interessensgruppen der Lichtkegel auf je ,genehme' Aus schnitte der Realität geworfen und werden gleichzeitig je ,unangenehme' As pekte ausgeblendet. Am Wenigsten aber kommen die zu Wort, um die es eigent lich geht. Es wird zwar stellvertretend über die SchülerInnen verhandelt, die SchülerInnen selbst haben aber keinen Einfluss auf die Entscheidungen. Bleibt man diesem Widerspruch auf der Spur, so rücken wiederum Strukturfragen aus dem Diskussionsschatten heraus, die die Schule als Institution seit ihrer ,Erfin dung' begleiten und doch unausgesprochen tradiert werden: Schule soll einer seits Unterschiede herstellen, andererseits aber auch Unterschiede beseitigen; um dies wiederum sicherstellen zu können, bedarf es einer entsprechenden insti tutionellen Anordnung. Zwangsverpflichtet zum Schulbesuch) und gleichzeitig ausgeschlossen von zentralen Entscheidungen bleibt den Lernenden nur der Zu schauerstatus. Über diesen Befund gerät nun die PISA-Studie selbst ins Blickfeld. Wird womöglich die Studie zur Lichtgestalt erhoben, weil sie den vorgegebenen radi kalen Umbau gar nicht erfordert? Legt sie etwa den Gedanken nahe, dass eine Überarbeitung bestehender institutioneller Verhältnisse ausreicht, um internatio nal wieder mithalten zu können? Hilft das Test-Gebäude möglicherweise mit, querliegende Aspekte, die mit dem Grundverhältnis der Lernenden zu ihrer Welt zusammenhängen, im Schatten der Schulentwicklungsdiskussion zu belassen? Und was, wenn sich Schiefes in der Bildungslandschaft über die aus den Ergeb nissen naheliegenden Folgerungen (Bildungsstandards, Kompetenzinventare, Ganztagesbetreuung etc.) nicht einfach gerade rücken lässt2? Sollte dann tat sächlich "nach Pisa, vor Pisa" sein, wie die Zeit (27/ 2(02) titelte? Diesen Verweisungszusammenhängen auf die Spur zu kommen, nimmt sich der vorliegende Band vor. Er versucht alternativ, einen Standpunkt stark im Dis kurs zu machen, der allzu gerne vernachlässigt wird: Den Standpunkt der Lernen den - nicht bezogen auf die Verwertbarkeit ihrer Lernleistungen für Fremdinteres sen, sondern bezogen auf den Sinn, den der Lernprozess für die je subjektive Le bensführung hat. Für den Leser könnte dies bedeuten, sich auf Unvertrautes ein- In der gleichen Ausgabe der BNN (s.o.) wird davon gesprochen, dass in Baden-WülÜemberg notorische Schulschwänzer von der Polizei in die Schule gebracht werden. Die härtere Gangart zeige erste Erfolge. 2 So der programmatische Titel der GEW Baden-WülÜemberg in der Ausgabe 2/2002 ihrer Zeit schrift ,bildung und wissenschaft'. 12 lassen zu müssen, weil die ,Routinen des Wiedererkennens' möglicherweise nicht greifen3. Denn sich auf diesen hier vertretenen Blickwinkel einzulassen heißt zu allererst, die sperrige Gewissheit zuzulassen, dass das Verhältnis der (lernenden) Menschen zu ihrer Welt ein mögliches ist und daher ihrer Berechen- bzw. Ver planbarkeit Grenzen gesetzt sind. Dieser Gewissheit nicht die Kanten nehmen zu wollen, vielmehr sie als produktive Qualität zum Bezugspunkt des eigenen Den kens und Handelns zu machen und, davon ausgehend, organisatorisches und insti tutionelles Handeln zu begründen, ist der nächste Schritt. Dadurch kommt es zu einer Erweiterung des Fokus' der Schulentwicklungsdiskussion, die zwar zunächst irritiert, im Folgenden jedoch zu einer SchäIfung der Kontur führen und die Set zung anderer Schwetpunkte nach sich ziehen kann. Die ,subversive Kraft des Schattens,4 einzubringen, die Schattenakzeptanz also zu fördern und damit die Diskussion aus kritisch-pädagogischer Sicht heraus zu bereichern, ist Anliegen dieses Bandes - Wahrheitsvorränge behaupten zu wollen, jedoch nicht. Dass diese gesellschaftliche Diskussion über den Stellenwert von Bildung wieder so vehe ment in Gang kam, ist das Verdienst von PISA. Den mit dem aktuellen Lichtkegel zwangsläufig verbundenen Schattenwurf nicht beachten, ihn nicht thematisieren zu wollen, hieße aber, die Provokation zu vermeiden, die dem "Selbstgespräch der Gesellschaft, was sie ist und was sie will"s neue Nahrung gibt und die darüber den eingangs geforderten radikalen, an die Wurzeln gehenden Umbau des Schulsys tems tatsächlich einleiten könnte. 2. Zur Konzeption des Bandes 2.1 Ausgangspunkte Mit der Intention, den Schatten der Bildungsdiskussion auszuleuchten, bildet der vorliegende Band einen zweiten Schritt auf dem Weg, subjekttheoretische Gedan ken stärker in der pädagogischen Diskussion zu verankern. Auf einer Tagung 1999 befassten wir uns noch mit der Frage, ob es überhaupt möglich ist, im schulischen Kontext Subjekt sein zu können6. Nun geht es immerhin darum, einen Rahmen zu konturieren, der eine Entwicklung hin zu diesem Ansinnen in Aussicht stellt. Die Ergebnisse der damaligen Auseinandersetzung und die Rückmeldungen auf die Ta gung bilden die Grundlagen fiir die nun versuchte Fortführung der Diskussion. Aus diesen Aspekten leiten sich wiederum Fragestellungen des vorliegenden Bandes ab: 3 Vgl. H. Rumpf(2002). Sich einlassen aufUnvertrautes. Neue Sammlung 1/2002, S. 13-29. 4 Vgl. V. Kast (1999). Der Schatten in uns - die subversive Lebenskraft. ZürichlD'dorf: Walter. .5 Das Zitat entstammt der EinfUhrung zu einer Veranstaltung mit Peter Sloterdijk, die Reinhard Kahl moderierte; die Veranstaltung hatte den bezeichnenden Titel: "Lernen ist Vorfreude auf sich selbst" (Literaturhaus Stuttgart, 0612002). 6 Zur Tagung: Funke, E. H .& Rihm, Th. (Hg.) (2000). Subjektsein in der Schule? Eine pädagogi sche Auseinandersetzung mit dem Lernbegriff Klaus Holzkamps. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 13

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