ebook img

Schule und Gewalt: Realität und Wahrnehmung eines sozialen Problems PDF

404 Pages·1996·12.925 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Schule und Gewalt: Realität und Wahrnehmung eines sozialen Problems

FuchslLamnekILuedtke, Schule und Gewalt Marek Fuchs Siegfried Lamnek Jens Luedtke Schule und Gewalt RealiHit und Wahmehmung eines sozialen Problems Leske + Budrich, Opladen 1996 Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Fuchs, Marek: Schule und Gewalt : Realitiit und Wahmehmung eines sozialen Problems I Marek Fuchs I Sieg fried Lamnek I Jens Luedtke. -Opladen : Leske und Budrich, 1996 ISBN 978-3-322-97360-3 ISBN 978-3-322-97359-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97359-7 NE: Lamnek, Siegfried:; Luedtke, Jens: @ 1996 Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschlie8lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung au8erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des VerI ages unzuliissig und strafbar. Das gilt insbesondere flir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systernen. Inhaltsverzeichnis 1 Gewalt an Schulen -ein soziales Problem ...............•..... 1 1.1 Bisherige Befunde zum Thema Gewalt an Schulen ........... 4 1.1.1 Gewalt an Schulen aus Sicht der Schuladministration . . . . . . 4 1.1.2 Gewalt an Schulen im Spiegel wissenschaftlicher Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2 Bedeutungsgehalt von Gewalt an Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13 1.3 Gewalt in der zivilisierten Gesellschaft ................... 18 1.3.1 Jugendphase im Kontext von Modemisierung. Pluralisisierung und Individualisierung .......................... 20 1.3.2 Jugend und Identitat .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 23 1.3.3 Gewalt als Form produktiver Realitatsverarbeitung durch Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25 1.3.4 Schule und Schulklasse ......................... 26 1.4 Ausgangspunkte und Perspektiven der Studie ............... 27 2 Methodische Anlage der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .• 29 2.1 Die Gruppendiskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 30 2.2 Die standardisierten Befragungen ....................... 32 2.2.1 Die Grundgesamtheit ........................... 33 2.2.2 Die Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 2.2.3 Die FragebOgen und ihre Aussendung ................ 40 2.2.4 Der Riicklauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 42 2.2.5 Die Reprlisentativitat ........................... 47 2.3 Resiimee zur Datengrundlage .......................... 54 3 Gewalt an Schulen aus Sicht von Schiilern und Lehrern .......... 55 3.1 Befunde aus den Gruppendiskussionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 55 3.1.1 Gewalterfahrungen an Schulen ............... . . . . .. 55 3.1.2 Wamung vor Generalisierungen .................... 59 3.1.3 Die Gewaltentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 60 3.1.4 Theoretische Erklarungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 3.1.5 Zusammenfassung ............................. 68 v 3.2 Einschatzung der Lage durch die Lehrer ................. " 69 3.2.1 Entwicklung des AusmaJ3es der Gewalt ....... . . . . . . .. 70 3.2.2 Haufigkeit von Gewalthandlungen .................. 80 3.2.3 Zur neuen Qualitat der Gewalt ................... " 86 3.2.4 Das Lehrerbild von der Gewalt an Schulen ........... " 93 3.3 Gewalt aus der Sicht von Schiilern ...................... 94 3.3.1 Gewalt gegen MitschUler ....................... " 94 3.3.2 Gewaltindizes ................................. 98 3.3.3 Hemmschwellen ............................... 108 3.3.4 Gewalt gegen Lehrer ........................... 112 3.3.5 Brutale Gewalt und Eskalation ................... " 114 3.3.6 Schiilerberichte zur Gewalt im Uberblick .............. 119 3.4 Waffenbesitz 120 3.4.1 Verbreitung von Waffen bei SchUlern ................ 123 3.4.2 Die Waffenbesitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 126 3.4.3 Griinde fUr den Waffenbesitz ...................... 131 3.4.4 Nutzung der Waffen ............................ 134 3.4.5 Hemmschwelle und Waffenbesitz ............... . . .. 136 3.4.6 Waffenbesitz und -nutzung in Gesamtschau ............ 141 3.5 Gewalt von schulfremden Personen ...................... 142 3.5.1 Delinquenz durch Schulfremde ................... " 143 3.5.2 Zur Viktimogenitat von Schulen .................... 147 3.5.3 Zusammenfassung ............................. 150 3.6 Schiiler als Opfer von Gewalt .......................... 151 3.6.1 Die Hiiufigkeit der Viktimisierung .................. 152 3.6.2 Tiiter-Opfer-Interaktion .......................... 158 3.6.3 Opfertransfer ............................... " 165 3.6.4 Viktimisierungserkenntnisse ..................... " 167 3.7 Reaktionen der Schule auf Gewalt ....................... 168 3.7.1 Sanktionen und Ursachen ........................ 169 3.7.2 Schulsanktionen im Uberblick ..................... 176 3.8 Erkliirungen fUr Schiilergewalt aus Sicht der Lehrer ........... 177 3.8.1 Die Erkliirungsversuche der Lehrer .. . . . . . . . . . . . . . . .. 177 3.8.2 Erkliirung der Lehrereinschiitzungen ................. 180 3.8.3 Das Lehrerbild von den Gewaltursachen .............. 183 4 Schiiler - eine Subkultur der Gewalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 4.1 Die Normorientierung der Schiiler ....................... 186 4.2 Eine Subkultur der Gewalt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 4.3 Soziale Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199 4.4 Zusammenfassung ................................. 200 VI 5 Ursachen und Erkliirungen fUr Gewalt ....................... 201 5.1 Ursachenfeld Familie ............................... 201 5.1.1 Wie leben bayerische Schiiler? ..................... 208 5.1.2 Elterlicher Erziehungsstil ......................... 212 5.1.3 Erziehungsstil und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 5.1.4 Die intrafamiliale Gewaltsituation ................... 218 5.1.5 Personale Merkmale und Bildungsaspirationsniveau ....... 225 5.1.6 Kommunikative Problembearbeitung und Gewalt ........ 226 5.1.7 Der EinfluB intrafamilialer Gewalt als Extremgruppenvergleich ......................... 228 5.1.8 Familiale Determinanten im Uberblick ............... 230 5.2 Gewalt und Medien ................................ 231 5.2.1 Die Verfugbarkeit von Medien ..................... 239 5.2.2 Mediennutzung ............................... 241 5.2.3 Verarbeitung von Mediengewalt .................... 245 5.2.4 Mediennutzung und Gewalttiitigkeit ................. 249 5.2.5 Verarbeitung von Mediengewalt und Gewalttatigkeit ...... 257 5.2.6 Medienwirkungen zusammengefaBt .................. 261 5.3 Drogenkonsum und Gewalt ........................... 261 5.3.1 Drogen an bayerischen Schulen .................... 267 5.3.2 Drogen und Gewalt ............................ 275 5.3.3 Fazit zu Drogen und Gewalt ...................... 279 5.4 Gewalt von ausliindischen Schiilern ...................... 280 5.4.1 Einschiitzung der Lehrer ......................... 281 5.4.2 Gewalt von Deutschen und Ausliindern -der self-report .... 285 5.4.3 Gewalthaufigkeit der Auslander bei Kontrolle der Sozialstruktur ................................ 289 5.4.4 Zusammenfassung zur Ausliindergewalt an Schulen ....... 292 5.5 Soziale Raume und Schiilergewalt ....................... 293 5.5.1 Wohnsituation und Schiilergewalt aus Sicht der Lehrer .... 295 5.5.2 Wohnen und Gewalt aus Sicht der Schiiler ............. 298 5.5.3 Schulische Situation ............................ 300 5.5.4 Formen physischer Gewalt in den Schularten ........... 303 5.5.5 Erklarungen fur die physische Gewalt ................ 304 5.5.6 Zusammenfassung ............................. 308 5.6 Normative Haltungen im Kontext von Personlichkeitsmerkmalen, Bildungsaspirationsniveau und Gewalt .................... 309 5.6.1 Deskriptive Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 5.6.2 Familieneinkommen: Deprivation, Se1bstwertgefiihl und Gewalt ..................................... 320 5.6.3 Gewalt an Schulen: Einstellungen und Handlungen ....... 321 VII 5.6.4 Die Erklarungskraft nonnativer Haltungen fUr die Gewalt an Schulen .................................... 324 5.6.5 Nonnorientierungen und Gewalt in Stichworten ......... 325 5.7 Sport, Peers und Gangs .............................. 326 5.7.1 Sport und Gewalt .............................. 334 5.7.2 Freizeitgestaltung und Schulgewalt .................. 337 5.7.3 Banden, Gangs und Gewalt an Schiilem ............... 347 5.7.4 Ein komplexes MaS fUr die Gewalttiitigkeit ............ 352 5.7.5 Fazit ...................................... 355 6 Zusammenfassung und Einordnung der Befunde ............... 356 6.1 Gewalt aus der Sicht von Lehrem und Schiilem ............. 357 6.2 Ursachen von Gewalt an Schulen ....................... 361 6.3 Globale Einschatzung ............................... 366 Literatur 369 Fragebogen .............................................. 386 VIII 1 Gewalt an Schulen - ein soziales Problem Seit Beginn der 90er Jahre ist ein soziales Problem in den Blick wissenschaftlicher Analysen -nicht allein, aber vor allem von Seiten der Soziologie und der Krimino logie - geraten, von dem angenommen wurde, daB es allenfalls in den Slums nord amerikanischer GroBstadte eine Rolle spielt: Gewalt an Schulen. Zwar gab es schon in den 70er Jahren eine auf dieses Phanomen gerichtete Aufmerksamkeit und ent sprechende Analyseansiitze von Vandalismus und anderen Formen abweichenden SchUlerverhaltens, jedoch sahen diese Studien das Problem als Ausdruck von man gelnder Disziplin, von Verhaltensauffalligkeiten der SchUler und erklarten es z. T. im Rahmen einer Konzeption, bei der die von der Institution Schule ausgehende strukturelle Gewalt sich im SchUlerverhalten reproduzierte. Die seit Beginn der 90er Jahre in Angriff genommenen und z. T. bereits abgeschlossenen Studien themati sieren Gewalt an Schulen hingegen schwerpunktmiiBig im Kontext der allgemeinen Gewaltdebatte (z. B. SchubarthlMelzer 1993,1994; TodtIBusch 1994; Langer 1994; Niebel et al. 1993; Funk 1994; Fuchs 1995 sowie die in Larnnek 1995 zusammen gefaBten Beitriige). Gewalt an Schulen wird so zu einer Facette eines allgemeineren sozialen Problems, das die Gesellschaft insgesamt zu bedrohen scheint. Gewalt an Schulen - da treten heute vor dem geistigen Auge Bilder auf von miBhandelten SchUlem, geschlagenen Lehrem, Jugendlichen, die ihre MitschUler mit FuBtritten, FauststoBen und Schmetterlingsmessem attackieren, von gewalt tatigen Gangs, die im Pausenhof oder auf dem Schulweg MitschUler erpressen oder Drogenhandel betreiben, Bilder von immer jiinger werdenden SchUlem, die zuneh mend brutaler und enthemmter sind; zweifelsohne ein aktuelles und brisantes Thema, das zu den Schwerpunkten einer Reihe "Soziale Probleme" gehort. Folgen wir Max Weber (1964), dann beginnt erst mit dem Staunen tiber Er eignisse die Frage nach ihrer Kulturbedeutung. Dies impliziert, daB besonders das Alltiigliche zum Problem gemacht werden muB. Ausgangspunkt fur diese Welle von Untersuchungen waren alarmierende Medienberichte und Hinweise von Schulprak tikem, die die Aufmerksamkeit der Schuladministrationen erregten. Der in den Gutachten der Gewaltkommission referierte defizitiire Stand der Erkenntnis zu diesem Thema bewirkte dann - mehr oder minder direkt - die Initiierung von ent sprechenden Forschungsvorhaben. Auch unser Projekt, dessen AbschluBbericht wir hiermit vorlegen, entstammt dieser Diskussion, die ein starkes Unbehagen gegen tiber der Generalisierbarkeit def singuliiren Medienberichte formulierte und ein Defizit fundierter und repiisentativer F orschung konstatierte. Integrativer Bestandteil unseres Alltagswissen sind Berichte iiber reale Gewalt oder Darstellungen fiktiver Gewalt in Print- und/oder audiovisuellen Medien, in denen auf eine bedrohlicher werdende Lage an deutschen Schulen abgehoben wird, wobei sehr leicht der abgemilderte Vergleich mit den Zustiinden in den USA erfolgt (z. B. DER SPIEGEL 1992; Delker 1993; BaurlelPfeiffer 1993). Dabei pragt ein sehr spezifischer Ausschnitt die gesellschaftliche bzw. offentliche Vorstellung von Jugend- oder Schiilergewalt, namlich die korperliche, zunehmend brutaler und hemmungsloser werdende Gewalt zwischen bzw. von Schiilem. Gewalt von bzw. zwischen Jugendlichen und Heranwachsenden ist aber ein Phiinomen, das sozial historisch gesehen nichts Neues darstellt, in der Generationenfolge jedoch fast immer zu erheblichen Verunsicherungen gefiihrt hat. Daher muB gefragt werden, warum - vor allem physische - Gewalt von Schiilem heute iiberhaupt die gesell schaftliche Aufmerksamkeit in solch groBem MaBe auf sich zieht. Aus zivilisationstheoretischer und modemitatstheoretischer Perspektive hat sie sicher den Ruch des Angstverursachenden, da sie auf eine prinzipiell vormodeme Form des Umgangs mit Konflikten hinweist, die im Zuge des fortschreitenden Modemisierungs-und Rationalisierungsprozesses eigentlich iiberwunden sein sollte. Andererseits bedeutet der vielgeriihmte Fortschritt bei den zivilisatorischen Errun genschaften mitnichten Befreiung von Gewalt (Honig 1990), weshalb es notwendig ist, nach den Grunden fUr die Existenz von offensichtlich gewalttiitigen Raumen zu fragen (Eckert 1993). Wenn die Schule ein derartiger Raum ist, dann kame sie dem Anliegen, ein "Instrument zivilisatorischer Zahmung menschlicher Sinnlichkeit" (Rumpf 1985, S. 107) zu sein, nicht mehr nacho Besteht nun wirklich ein Versagen "der" Gesellschaft derart, daB sie nicht mehr in der Lage ist, Einrichtungen zu schaffen, in denen die als relevant erachteten Kulturtechniken und Werthaltungen vermittelt werden (HurrelmannlUlich 1991)? 1st "die" Schulklasse kein soziales System mehr, das ein antizipatorisches Einiiben in die Normen- und Wertvor stellungen der Erwachsenenwelt ermoglicht und damit einen wichtigen Beitrag zur Integration leistet (Parsons 1968)? Hat uns die Gesellschaftsentwicklung in eine anomische Phase gefiihrt, die ein Zustandekommen von Solidaritat nicht mehr ge wahrleistet (Durkheim 1988)? 1st die gesellschaftliche Entwicklung an einem Punkt angekommen, an dem das neue "Gehause der Horigkeit" (Weber 1973) vollendet ist, wo die Arbeitszerlegung in Form eines neuen, zeitbezogenen Taylorismus (Beck 1986) daherkommt, wo die berufliche Lebensplanung durch die Jugendlichen zwar gefordert wird, sie aber im Kontext von Bildungsinflation und wirtschaftlicher Lage fast uneinlosbar ist (KiBlerlKeller-Ebert 1994), wo allgemein eine Uberlastung durch den Zwang zur Individualisierung bereits bei Kindem und Jugendlichen besteht (Ferchhoff 1994)? Haben also letztlich die Katastrophenwarnungen an die 2 Adresse von Politik und Offentlichkeit recht, die den "Krieg im Klassenzimmer" oder das "Faustrecht im Schulhof" beschworen? Anders gefragt: Treffen diese doch beinahe zum Sediment des Alltagswissens gewordenen Behauptungen uber die Gewaltsituation an den Schulen zu, erfassen sie somit die Realitlit und geben reale Verlinderungen wieder, oder sind sie Wahrnehmungsphlinomene, deren Wirksamkeit und Verbreitung auch massenmedial mitinszeniert wird? Dies ist eine erste Aus gangsfragestellung der vorliegenden Studie. Die Gewalt an Schulen ist jedoch keine neue Erscheinung: Schon in der 70er und 80er Jahren gab es entsprechende Phlinomene und Studien, die sich diesem Problem gewidmet haben (Holtappels 1985; KlockhauslHabermann-Morbey 1984; Zopfi 1990 sowie die Dberblicksdarstellungen von Feltes 1990 und Hurrelmann 1990). Dennoch scheint sich -entweder durch sich verschiebende BewertungsmaB stabe, durch eine tatsachliche Ausweitung der Gewalt an Schulen, durch massenme dial induzierte Vorstellungen (LamnekILuedtke 1995) oder durch Kombinationen dieser Bedingungen -die Lage zugespitzt zu haben: Einerseits wird eine quantitati ve Zunahme der Gewalt an Schulen behauptet, andererseits wird heute -vor aHem im massenmedial gepragten Diskurs (hierzu Walter 1994) -eine neue Qualitlit der Gewalt an Schulen behauptet. Von semistaatlichen Institutionen wird z. B. attestiert, daB das Problem Gewalt in der Schule auch durch verstlirkte Aggressivitlit in den ublichen Rangeleien, in der Brutalitat der aHtaglichen Auseinandersetzungen und in der Zunahme der verbalen Verachtung und Geringschatzung sowie in der sexueHen Belastigung von Madchen zum Ausdruck komme (Schulamt Frankfurt 1991, S. 5). Man kann nun bezweifeln, daB Gewalt an Schulen tatsachlich das behauptete AusmaB erreicht hat. FUr diese Skepsis gilt es aber in Deutschland mangels solider Llingsschnittuntersuchungen -anders als in Norwegen, wo seit den 70er Jahren eine Dauerbeobachtung durchgefiihrt wird (Olweus 1978, 1991) - keine eindeutigen Belege. Zudem ist aus unserer Sicht bedauerlich, daB Gewalt an Schulen vor allem als Aspekt der Jugendkriminalitat gesehen wird, die geahndet werden musse. Damit gerat unseres Erachtens die Frage nach Ursachen und Motivationen gewalttatiger Kinder und Jugendlicher allzu leicht in den Hintergrund. Den geschilderten Entwicklungen scheint auch der Befund der Gewaltkom mission aus dem Jahr 1990 zu widersprechen: "Gleichwohl finden sich fur den von den Medien behaupteten generellen Gewaltanstieg im hiesigen Schulbereich (zu mindest bisher) keine empirischen Belege" (Schwind et. al 1990, Band I, S. 335). Derart kontroverse Auffassungen sind moglich, weil Anfang der 8Qer Jahre und auch heute noch kaum jemand etwas Genaues weill: Die Schu1amter konnen nur partiell auf die Auskunftsbereitschaft der Schulen hoffen, in der Polizeilichen 3

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.