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Schulabsentismus und Eltern PDF

291 Pages·2018·3.301 MB·German
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Absentismus und Dropout Heinrich Ricking Karsten Speck Hrsg. Schulabsentismus und Eltern Absentismus und Dropout Reihe herausgegeben von H. Ricking, Oldenburg, Deutschland K. Speck, Oldenburg, Deutschland Die Buchreihe „Absentismus und Dropout“ versteht sich als Publikationsort hochwertiger, inter- und transdisziplinärer Beiträge, die sich mit Exklusionspro- zessen im Schul- und Hochschulbereich beschäftigen und dabei jeweils die Pers- pektive und Teilhabe von jungen Menschen in Bildungsprozessen im Blick haben. Mit der Buchreihe wollen die Herausgeber die vorliegenden schul-, sozial-, son- der- und hochschulpädagogischen sowie sozial-, politik- und rechtswissenschaft- lichen Beiträge zum Thema Absentismus und Dropout bündeln und über die vertiefte, wissenschaftliche Auseinandersetzung sowie eine nationale und interna- tionale Verortung das Forschungs- und Arbeitsfeld stärken. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15762 Heinrich Ricking · Karsten Speck (Hrsg.) Schulabsentismus und Eltern Herausgeber Heinrich Ricking Karsten Speck Institut für Sonder- und Institut für Pädagogik Rehabilitationspädagogik Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Oldenburg, Deutschland Oldenburg, Deutschland Absentismus und Dropout ISBN 978-3-658-18584-8 ISBN 978-3-658-18585-5 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-18585-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Heinrich Ricking und Karsten Speck Elternbedingter Schulabsentismus – Begriffe, Strukturen, Dimensionen . Eine theoretische Annäherung an die Thematik „Zurückhalten“ im Kontext von Schulabsentismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Viviane Albers und Heinrich Ricking Schulabsentismus, Grundrechte und Bildungsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Hermann Rademacker Schulschwänzen, Schulverweigerung und Zurückhalten durch Eltern . Eine explorative Studie zu den Auftrittshäufigkeiten von Schulabsentismusformen in niedersächsischen Sekundarschulen . . . . . . . . . . . 49 Jana Rogge und Ute Koglin Entschuldigtes und unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht . Eine Erhebung bei Lehrkräften an Grund- und Oberschulen des Freistaates Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Kerstin Popp Familienbezogene Einflussfaktoren des Schulschwänzens . Ergebnisse einer Längsschnittstudie in der 6 . und 7 . Jahrgangsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Dirk Baier „Weil meine Eltern das so wollten“ . Zurückhalten als Motiv des Schulabsentismus: Empirische Befunde einer Hauptschulbefragung . . . . . . . 113 Imke Dunkake und Sarah Piel V VI Inhalt Emotional and Behavioral Disorders and Absenteeism in the USA: A Review of Variables, Including Family Involvement, Identified and Discussed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Barbara Schwartz-Bechet Elterngestützter Absentismus . Befunde einer qualitativen Studie bei Beraterinnen und Beratern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Karsten Speck, Carmen Wulf und Hermann Rademacker Elternverantwortung im Psychisch-Kranken-Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Eva-Maria Rothenburg Gesamtfamiliale Unterstützung bei schulabsentem Verhalten pflegender Kinder und Jugendlicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Steffen Kaiser, Gisela C. Schulze und Agnes Leu Versuch einer Annäherung an elterliches Zurückhalten und Kindeswohlgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Birgit Herz und Nora Haertel Mentoring to Decrease Absenteeism and Enhance School Engagement . . . . 215 Lee Kern, Beth Custer und Shu-Chen Tsai Multiprofessionelle Kooperation von Jugendhilfe und Schule bei Schulabsentismus unter besonderer Berücksichtigung des Zurückhaltens von Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 Karsten Speck und Manfred Wittrock Kooperation zwischen Schule und Elternhaus zur Prävention und Intervention bei Schulabsentismus und Zurückhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Tobias Hagen, Marie-Christine Vierbuchen, Thomas Hennemann und Clemens Hillenbrand Monitoring als Element eines Rahmenkonzeptes für den Umgang mit (elternbedingtem) Schulabsentismus . Eine Prämisse für effektives pädagogisches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Viviane Albers, Tijs Bolz und Manfred Wittrock Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Einleitung Heinrich Ricking und Karsten Speck Der Oberbegriff Schulabsentismus umreißt diverse Verhaltensmuster, bei denen SchülerInnen unabhängig vom Grund oder Ausmaß der Fehlzeiten schulischen Unterricht versäumen . Vielfach verletzen sie dabei die Schulpflicht und begehen so Ordnungswidrigkeiten, blockieren oft auch den eigenen Lernfortschritt und begrenzen auf diese Weise ihre Zukunftschancen . Häufige schulische Fehlzeiten beschränken sich in den Auswirkungen somit nicht auf den schulischen Bezugs- rahmen, sondern führen zu erheblichen Langzeitfolgen wie einem geringen oder fehlenden Schulabschluss, einer deutlich erschwerten berufliche Integration, ein- geschränkten Verdienstmöglichkeiten oder einem höheren Risiko für deviantes Verhalten im Erwachsenenalter (Goldstein, Little und Akin-Little 2003) . Persistenter Schulabsentismus begünstigt nicht nur prekäre Bildungsbiografien, sondern zersetzt auch das Wirkungspotential von Schule und zeitigt ebenso erhebliche monetäre Folgekosten (Stamm, Ruckdäschel und Templer 2009) . Billigen Erziehungsberechtigte illegitime Fehlzeiten, verhalten sich gleichgültig oder unterstützen – z . B . mit nicht wahrheitsgemäßen Entschuldigungen – den Schulabsentismus des Kindes, fordern sie damit stets einen Konflikt um die Schulpflicht heraus (Achilles 2007) . Diese gilt hierzulande als fester Standard und wird von der Schulpädagogik als elementare Rahmung des schulischen Bildungs- prozesses und der Institution Schule betrachtet . Sie ist so selbstverständlich, dass ihre Legitimität in der gültigen Form kaum diskutiert wird . An den umfänglichen Forderungen der Schulpflicht kann sich der Konflikt zwischen Eltern und staatlichen Institutionen über den Einfluss in Erziehung und Bildung der Heranwachsenden manifestieren . Aus dem gleichberechtigten Anspruch der Erziehungsberechtigten und des Staates, auf Augenhöhe und ohne Vorrang einer Partei auf Umsetzung der jeweiligen Erziehungsziele, der im konkreten pädagogischen Alltag eine gute Kooperation zwischen Eltern und Schule nahelegt (Art . 6 und 7 GG), entwickelt sich mitunter ein konfliktuöses Verhältnis, das von Konkurrenz und Ablehnung © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 1 H. Ricking und K. Speck (Hrsg.), Schulabsentismus und Eltern, Absentismus und Dropout,https://doi.org/10.1007/978-3-658-18585-5_1 2 Heinrich Ricking und Karsten Speck geprägt ist (Reuter 2012) . Das Elternrecht nach Art . 6 GG ermöglicht es demnach Erziehungsberechtigten nicht, schulischen Unterricht an anderen Orten durch andere Personen zu ersetzen . Es ist ihnen nicht möglich, ihre Kinder dem langjährigen Zugriff der Schule zu entziehen und – wie in den USA, wo eine Bildungs- oder Unterrichtspflicht herrscht – zuhause zu unterrichten (homeschooling) . Elternbedingte Schulversäumnisse, bzw . das Zurückhalten spielt in der Fachli- teratur weder im deutschsprachigen Raum noch in den einschlägigen internatio- nalen Publikationszirkeln eine angemessene Rolle (Thambirajah, Grandison und De-Hayes 2013) . Es sind dringend Forschungsbemühungen angezeigt, die mehr Klarheit über die bedingenden Phänomene zu Tage fördern und der Fragen zu entgegen vermögen, wie in der alltäglichen Schulpraxis professionell damit um- zugehen ist und welche präventiven oder interventiven Strategien hilfreich wären (Ricking 2003) . Dass die damit zusammenhängenden Probleme nicht leicht zu lösen sind, wird schon darin deutlich, dass die Erziehungsberechtigten mitunter das erzieherischen Bündnis für ihr Kind mit der Schule aufgegeben haben oder in Frage stellen (Ricking und Dunkake 2017; Becker 2000) . Die zwar verfälschten, aber letztlich legitimierenden Entschuldigungen, die in der Schule eingegeben werden, sind beredtes Zeugnis dieses unbefriedigenden Zustandes . Die Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule kann nur durch kooperatives Zusammenwirken mit Blick auf ein Ziel erfüllt werden . Kündigen die Eltern diese notwendige Kooperation durch Zurückhalten ihres Kindes, wird es schwierig effektiv einzuschreiten (Reid 2014) . Angesichts der weitreichenden Konsequenzen ist es als interdisziplinäre Aufgabe zu verstehen illegitime Schulversäumnisse zu minimieren und die Teilhabe der SchülerInnen am Unterricht zu fördern . Auch wenn davon auszugehen ist, dass sich der weitaus größte Teil der Eltern und Erziehungsberechtigten eine möglichst hochwertige und zukunftsfähige schulische Ausbildung für ihre Kinder wünschen, ist damit zu rechnen, dass viele durch ihr Verhalten Schulabsentismus bewusst oder unbewusst begünstigen und tagtäglich in beträchtlichem Umfang unentschuldigte Schulversäumnisse mit Wissen, Einverständnis oder Duldung der Erziehungsberechtigten geschehen (Ricking und Hagen 2016; Beekhoven und Dekkers 2005) . Dieses wichtige Phä- nomen wurde bislang in der Diskussion um Schulabsentismus leicht übersehen oder von den dominierenden und facettenreichten Formen des Schulschwänzens oder angstbedingter Schulmeidung überlagert und auch in Forschungskontexten wenig beachtet (Dalziel und Henthorne 2005) . Auf die Desiderate und Leerstellen einzugehen und die Thematik zu einem nachhaltigen Erkenntnisgewinn zu führen, sind die Hauptmotive hinter den Forschungsinitiativen, die in dieser Publikation zusammengelaufen sind . So wird es darum gehen elternbedingten Schulabsentis- mus aus der Perspektive unterschiedlicher Disziplinen weiter zu klären, die Hand- Einleitung 3 lungsbedingungen der Erziehungsberechtigten wie auch der Schule aufzuarbeiten, Häufigkeiten und Verteilungen näher zu bestimmen und Optionen der Prävention und Intervention auszuloten . Viele der hier vertretenen Autorinnen und Autoren sind Mitglieder des in- terdisziplinären Arbeitskreises „Schulabsentismus und Dropout“, der sich seit 2000 differenziert mit Erfahrungen und Ergebnissen aus der Grundlagen- und Begleitforschung zur Prävention und Intervention von Lern- und Schulmeidung sowie Dropout beschäftigt . Die gemeinsamen Diskussionen des Arbeitskreises führten bereits zu einer Reihe einschlägiger Veröffentlichungen: • Herz, B ., Puhr, K ., & Ricking, H . (Hrsg .) (2004) . Problem Schulabsentismus – Wege zurück in die Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt . • Ricking, H ., Schulze, G ., & Wittrock, M . (Hrsg .) (2007) . Schulabsentismus und Dropout. Konzepte zur Re-Integration und ihre Wirksamkeit. Oldenburg: diz . • Ricking, H ., Schulze, G ., & Wittrock, M . (Hrsg .) (2009) . Schulabsentismus und Dropout. Erscheinungsformen Erklärungsansätze Intervention. Paderborn: Schöningh (UTB) . • Ricking, H ., Schulze, G ., & Wittrock, M . (Hrsg .) (2009) . Schulabbruch – eine Herausforderung für die Schule oder: Warum Heranwachsende nicht mehr in die Schule gehen. Oldenburg: diz . • Ricking, H ., & Schulze, G . (Hrsg .) (2012) . Schulabbruch – Ohne Ticket in die Zukunft? Bad Heilbrunn: Klinkhardt . In ihrem Aufsatz „Elternbedingter Schulabsentismus – Begriffe, Strukturen, Dimen- sionen“ nähern sich Viviane Albers und Heinrich Ricking theoretisch der Thematik „Zurückhalten“ von SchülerInnen durch deren Eltern im Kontext des Schulabsen- tismus . Nach der Erörterung der wichtigen Grundbegriffe unter Bezugnahme auf die internationale Forschung, betrachten die AutorInnen neben schulrechtlichen Grundlagen auch die persönlichen Motive der Eltern . Diese wie auch die familialen Bedingungen sind äußerst variantenreich und kategorial schwer zu fassen . Mit dem Fokus auf eine schulrechtliche Betrachtung folgt Hermann Rademackers Aufsatz „Schulabsentismus, Grundrechte und Bildungsverständnis“ . Der Beitrag beleuchtet verschiedene Facetten des elternbedingten Schulabsentismus sowie seine rechtliche Einbettung vor dem Hintergrund eines breiten Bildungsbegriffs . Um Familien und Kinder gerade aus bildungsbenachteiligten Schichten einen positiven Bildungsbegriff zu vermitteln, ist es unerlässlich Schule und Jugendhilfe als wichtige Partner der Eltern zu etablieren .

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