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Schriften zur Erkenntnistheorie PDF

367 Pages·1996·5.866 MB·German
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I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I Schriften zur Erkenntnistheorie Oswald Wiener Computerkultur Band X Springer-Verlag Wien GmbH Computerkultur, herausgegeben von Rolf Herken, Band X Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nach druckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbei tungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. © 1996 Springer-Verlag Wien Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag/Wien 1996 Graphisches Konzept: Ecke Bonk Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier - TCF Mit 12 Abbildungen Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wiener, Oswald: Schriften zur Erkenntnistheorie / Oswald Wiener. - Wien; New York : Springer, 1996 (Computerkultur : Bd. 10) ISBN 978-3-211-82694-2 ISBN 978-3-7091-6588-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-6588-1 NE: Wiener, Oswald: [Sammlung]; GT ISSN 0946-9613 ISBN 978-3-211-82694-2 Geleitwort des Herausgebers Nun gibt es ja heute den Beginn einer Wissenschaft, welche behauptet, eine systematische Methode fiir eine solche Sinnkliirung zu haben, und das ist die von Hussed begriindete Phiinomenologie. Die Sinnkliirung besteht hier darin, daB man die betreffenden Begriffe schiirfer ins Auge faSt, indem man die Aufmerksamkeit in einer bestinunten Weise dirigiert, niimlich auf unsere eigenen Akte bei der Verwendung dieser Begriffe, auf unsere Miichte bei der Verwendung dieser Begriffe, auf unsere Miichte bei der Vollfiihrung unserer Akte, etc. Man muB sich dabei klar dariiber sein, daB diese Phiinomenologie nicht eine Wissen schaft im selben Sinn ist wie die anderen Wissenschaften. Sie ist viel mehr [oder sollte es jedenfalls sein1 e in Verfahren oder Technik, wel ches in uns einen neuen BewuBtseinszustand hervorbringen soll, in dem wir die von uns verwendeten Grundbegriffe unseres Denkens detaillieren oder andere bisher uns unbekannte Grundbegriffe erfas sen. Ich glaube, es besteht gar kein Grund, ein solches Verfahren von vomherein als aussichtslos abzulehnen. Am wenigsten Grund dafiir haben natiirlich Empiristen, denn das wiirde heiBen, daB ihr Empiris mus in Wahrheit ein Apriorismus mit dem verkehrten Vorzeichen ist. K. GOOEL (ca. 1961)* Seit der Mitte der sechziger Jahre arbeitet Oswald Wiener an dem Entwurf einer Theorie der Erkenntnis, die im Einklang mit den Grundtatsachen der Selbstbeobach tung steht. Die AktualiHit der Arbeiten ist vor aHem ein Ausdruck der OriginaliHit und Konsequenz, mit der er zeitlos gultige Automatentheorie mit Empirie der Intro spektion verbindet. Der Versuch der Selbstbeobachtung bei Vorgangen der Wahr nehmung und des Verstehens, zum Beispiel bei dem L6sen elementarer mathemati scher Probleme, und der Versuch einer Beschreibung dieser Vorgange mit Hilfe von ModeHbildungen aus der Automatentheorie haben ihn zu bemerkenswerten Ergeb nissen gefuhrt, die unter anderem fur die Beantwortung der Frage nach der Natur der Vorstellungsbilder und ihrer Rolle im menschlichen und im maschinellen Denken von Bedeutung sind. Es ist nicht leicht nachvollziehbar, warum die Selbstbeobachtung als heuristisches Instrument der Psychologie in diesem Jahrhundert stetig an Ansehen verloren hat. Die meisten Hinweise Wieners auf Untersuchungen, die den seinen vergleichbar sind, betreffen Arbeiten aus dem 19. und yom Anfang des 20. Jahrhunderts. Kandidat fur einen Vergleich durfte vor aHem Husserl sein, doch stand ihm die Automatentheorie als Beschreibungsrahmen noch nicht zur Verfugung. MaschinenmodeHe des Denkens * K. Godel, The modern development of the foundations of mathematics in the light of philosophy (*19611?), in: Collected Works, Vol. III, S. Feferman et al. (eds.), New York, Oxford: Oxford University Press, 1995, p. 382. VI Geleitwort des Herausgebers sind erst seit Turings grundlegender Arbeit von 1936 ernsthaft m6g1ich. Es ist erstaun lich, wie wenig seither von der Selbstbeobachtung als Briicke zwischen dem Denken und derartigen Modellen des Denkens Gebrauch gemacht worden ist. Wittgenstein zum Beipiel mobilisiert jedermanns Selbstbeobachtung in ihrer Vagheit gegen die nach Gesetzen suchende Psychologie und sieht keinerlei Zusammenhang mit den fundamentalen Resultaten Turings - die gerade er mit wenig Miihe hatte aufgreifen k6nnen, wenn es ihm urn Klarheit durch Konstruktion gegangen ware. Andere hingegen, wie vor aHem G6del, auf dessen Arbeiten sich Wiener hiiufig bezieht, sind in ihrer inneren Wahrnehmung so zu Hause gewesen, daB sie geneigt waren, ihren Gegenstanden eine auBerphysikalische Realitat zuzuschreiben. Zwischen dem mystischen, manchmal mystifizierenden Agnostizismus Wittgen steins und dem empirischen Platonismus G6dels ist Wiener auf dem schmalen Pfad, den Turing nicht mehr als angedeutet hat, geblieben. Dessen genialer Umsetzung einer introspektiven Analyse der Berechnungsvorgange in den Begriff des Universal computers hat er Ansatze zu einer Erkenntnistheorie nachgereicht, die den formale Systeme erzeugenden und interpretierenden Apparat selbst zum Inhalt hat, und nicht lediglich die im Objekt-Formalismus abgebildeten Vorgange. Damit verlaBt er die behavioristisch gepragte Einstellung Turings, ohne zu einer Metaphysik des Geistes zuriickzukehren. Noch weniger verbindet ihn mit dem robusten Ingenieurstil der Computerpsychologen. Nach vierzig Jahren intensiver und aufwendiger Forschung in Sachen "Kiinstliche Intelligenz" scheint es, als sei eine Leistungsgrenze des Ansatzes erreicht, das auBerliche Verhalten intelligenter Wesen auf "fJache" formale Systeme abzubilden, das heiBt, komplexe innere Vorgange, die zum Beispiel in Sprachaus driicke munden k6nnen, durch "Symbole" zu ersetzen, oder auf statistische Verkniip fungen zu reduzieren. K6nnten die hier vorgelegten Arbeiten die InteHigenzfor schung dazu anregen, die Diskussion der Tatsachen der Selbstbeobachtung wieder aufzunehmen, so ware schon vie I erreicht. Geleitwort des Herausgebers VII Zur vorliegenden Ausgabe Es ist wahr, ich kenne niemanden mehr, dem ich eine Berechnung a la Merteuil zutrauen wiirde. Konnte jedoch einer heute in seinem er schlafften und erwartbaren Selbstgefiihl noch Interesse dafiir aufbrin gen: miiBte er sich nicht sagen, daB seinen Versuchspersonen heute zu wenig innere Struktur zur Verfiigung steht, daB aile Ziele durch die auBerlichsten Mittel erreicht werden konnen? Er miiBte in die For schung gehen und seine Einsichten satanischer Weise fiir das Gluck der Individuen einsetzen. O. WIENER (ca. 1981)* Eine vorrangige Aufgabe der Buchreihe Computerkultur ist es, Einsichten in die Ergebnisse der Wissenschaften, insbesondere der Computerwissenschaft, und in ihre Bedeutung ftir das Selbstverstandnis des Menschen einem allgemein gebildeten Publikum zu vermitteln. Daneben steht jedoch auch die Aufgabe, Reflexionen und Untersuchungen zu diesem Thema den Fachwissenschaftlern selbst naher zu bringen - auch und gerade, wenn solche Ideen auBerhalb des institutionalisierten Wissen schaftsbetriebs entstanden sind. Wie sich zum Beispiel Wittgenstein, aber auch viele franzosische Philosophen der Gegenwart, in deutschsprachigen geisteswissenschaftlichen Kreisen einer Beliebtheit erfreuen, die proportional zu der Unverstandlichkeit ihrer Aussagen zu stehen scheint, so wird auch Wiener vor allem von Literaturwissenschaftlern und Germani sten rezipiert - mehr geschatzt als verstanden, weil man meint, auch hinter seiner anregenden Bildlichkeit nicht mehr nach systematischeren Einsichten suchen zu mussen. Zur Lekttire waren Kenntnisse erforderlich, deren Erwerb die Mehrzahl dieser Leser als Zumutung zurtickweist, wenn sie tiber die rudimentarste Form einer Computer Literacy, tiber die Fahigkeit zur Bedienung eines Textverarbeitungspro gramms hinausgehen. Das Ziel dieser Ausgabe ist es daher, den Arbeiten Wieners ein erweitertes und kritisches Publikum zu gewinnen. Allerdings erscheint es mir angebracht, den er wunsch ten kritikfahigen Leser vor allzu schneller Beurteilung dieser Aufsatze zu warnen. Diese Arbeiten sind nicht unter Umstanden entstanden, die als typisch fUr den akademischen Betrieb gelten konnen. Einerseits ist das so, weil Wiener gar nicht anders arbeiten kann, andererseits, weil der akademische Betrieb ihn gar nicht akzep tiert hatte. Allzuleicht ist in wissenschaftlichen Kreisen eine Arbeit urn jede Resonanz gebracht, weil die Leser nicht in der Lage sind, sich auf eine in ihrer Profession oder in ihrer speziellen Umgebung ganzlich unubliche Betrachtungsweise einzulassen. Wieners Arbeiten scheinen spekulativ, wo er sich auf Selbstbeobachtung sttitzt, weil diese Art der Datensammlung der zeitgenossischen Wissenschaft aus ideologischen * O. Wiener, Eine Art Einzige, in: V. v. d. Reyden-Rynsch (Rg.), Riten der Selbstauflosung, Miinchen: Matthes & Seitz, 1982, S. 44. VIII Geleitwort des Herausgebers Grunden nicht zur Verfugung steht. Wo er sich urn Erklarungsansatze bemuht, miissen sie spekulativ sein, weil weder die zeitgenossische Informatik noch die zeit genossische Philo sophie auch nur entfernt in der Lage sind, der Denkpsychologie plausible Strukturen vorzugeben. Die Auswahl der Arbeiten aus dem bisherigen Werk zu treffen, war aufgrund der in der Regel eindeutigen Thematik nicht schwer. Wiener arbeitet langsam und ver offentlicht unwillig. Aus der entsprechend kurzen Liste muBte ich noch einige Texte streich en, die er hartnackig fUr unangemessen hielt. Ich bedaure insbesondere das Fehlen eines herausragenden Aufsatzes, Eine Art Einzige, dessen literarische Kom ponente er als zu vorrangig empfand. Diesen Text und den hier aus leicht ver standlichen Grunden nicht abgedruckten, erkenntnistheoretischen "Schundroman" (Wiener) Nicht schon wieder ... , der 1990 unter Pseudonym veroffentlicht worden ist, empfehle ich dem Leser, wenn er sich fur "Innenansichten" der Wienerschen Er kenntnistheorie interessiert. Einen Vorgeschmack bietet der Bio-Adapter in dies em Band. Abgesehen von ihrer Aktualitat mag diese Skizze den Leser mit Wieners Eigenheit befreunden, wichtige Gedanken in eine literarisch anregende Form zu verpacken. Die Arbeiten sind in der Reihenfolge ihres Entstehens geordnet. Den Anfang bildet der Essay Notizen zum Konzept des Bio-Adapters. Er enthalt als Ausgangs punkt fur die folgenden Arbeiten dieses Bands eine emotional-kritische - von Wiener als Dichtung angesprochene - Bestandsaufnahme der erkenntnistheoretischen Lage zum Ende der sechziger Jahre, darunter die Auseinandersetzung mit den Folgen Wittgensteins und des linguistic turn in der Philosphie, mit dem Stand der Dinge in Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie, Kybernetik, Informationstheorie und Kognitionsforschung. Ferner werden die Auswirkungen des Behaviorismus, der Ver flachung der wissenschaftlichen Methode zu Rezepten, der Rolle des Computers, sowie der damals neuesten Ansatze, zu einer kunstlichen Intelligenz zu kommen, analysiert. Schon 1965 geht Wiener auf Konzepte wie "Heuristische Programmie rung", "Kunstliche Neuronennetze" und "Evolutionare Programmierung" ein. Der Essay bringt das Dilemma Wieners vor den denkpsychologischen und -philosophi schen Gesichtspunkten der sechziger Jahre zum Ausdruck, ein Dilemma, das ihn zum Ausbruch in eine andere Richtung gezwungen hat. Dieser Befreiungsschlag erzeugt den Bio-Adapter, die konsequente Entwicklung des Gedankens einer Verwendung des Computers als Wirklichkeitsersatz fUr das noch menschliche BewuBtsein - heute, weit entfernt von Wieners Vision, unter den Bezeichnungen Cyberspace und Virtual Reality popularisiert. Von hier ausgehend wird zunachst in den Arbeiten 0 und Turings Test das Forschungsprogramm formuliert, das zu einer Theorie der Bedeutung und des Ver stehens als Konstruktion von Automaten im Gehirn - und im Fall von kiinstlicher Intelligenz anderswo - fUhren solI. In 0 stellt Wiener die weitreichende These yom Sinn als Behelf zur Uberbruckung eines Mangels an formaler Kapazitat auf; auch die Geleitwort des Herausgebers IX Auseinandersetzung mit Godel nimmt hier ihren Anfang. Zugleich werden die Aus wirkungen reflektiert, die der Gedanke vom Geist als Maschine auf das heutige SelbstversUindnis des Menschen haben muB. Darin liegt ohne Zweifel auch eine Stellungnahme Wieners zu seinen eigenen Anfangen. In Turings Testwird die Schltis selstellung von Turings Aufsatz Computing Machinery and Intelligence von 1950 fur die Forschung herausgearbeitet und die kritische Auseinandersetzung mit den fur Turings Ansatz charakteristischen Defiziten begonnen. Den Aufsatz Ober das Ziel der Erkenntnistheorie, Maschinen zu bauen die lUgen konnen hat Wiener fUr ein rein literarisch-geisteswissenschaftlich ausgerichtetes Publikum geschrieben. Dieser Versuch zeigt, daB die literarischen Oberflachen der Wienerschen Texte typischerweise Kerne verbergen, die sich einer rein literarischen Bildung nicht erschlieBen. Die Notizen zum Konzept des Bio-Adapters (1988) hinge gen blicken, schon einigermaBen abgekIart, auf die Entwicklungen zuruck, die Wiener auf den Weg zu seiner heutigen Arbeit gebracht haben. Die nachfolgenden zwei Arbeiten sind Beispiele fur die Erprobung der stabiler werdenden Begriffsbildungen. Die 1988 in englischer Sprache verOffentlichte, fur dies en Band ins Deutsche ubertragene Arbeit Form und Inhalt in Organismen aus Turing-Maschinen markiert den Punkt, an dem es Wiener gelungen ist, seinen Entwurf einer Theorie des Denkens zu gliedern, und eine Terminologie dafUr zu entwickeln, die er in den nachfolgenden Arbeiten erfolgreich verwenden und ver bessern wird. Die Arbeit ist der Angelpunkt seiner Bemuhungen, Selbstbeobach tung mit den Umrissen einer naturwissenschaftlichen Hypothese in Einklang zu bringen. Der hier erstmals formulierte Begriffsrahmen erlaubt es, konkrete experi mente lie Untersuchungen in Angriff zu nehmen, und besitzt erhebliches Potential, zu der Klarung fundamentaler Begriffe der Erkenntnistheorie beizutragen. Dazu gehoren zum Beispiel die zentralen Begriffe "Sinn" und "Bedeutung" ebenso wie das in der Geschichte der Philosophie hinlanglich strapazierte Begriffspaar "Form" und "Inhalt". Der Aufsatz Kambrium der Kunstlichen Intelligenz ist in den lahren 1989 und 1990 als Nachwort zu Wieners deutscher Ubersetzung von Herbert Simons Buch The Sciences of the Artificial entstanden. Er stellt die umfassendste Auseinandersetzung Wieners mit der "klassischen", durch Simon initiierten und bis heute reprasentierten Schule der Kunstliche Intelligenz-Forschung dar. Diese geht, gemaB der Physical Symbol System Hypothesis von Newell und Simon, von der Annahme aus, daB allein schon durch Reprasentation einer ,flachen', symbolischen Schicht im Computer Intel ligenz herzustellen sei. Die so1cherart auf der physikalischen Realisierung formaler Systeme aufgebaute Mechanik der Intelligenz steht in deutlichem Kontrast zu dem Postulat der Mechanisierbarkeit des modellbildenden Apparats selbst, das Wieners Arbeit zugrundeliegt. Turings Test und Kambrium der Kunstlichen Intelligenz sind herausragende Beispiele fUr eine von Sachkenntnis, MaBigung und konstruktiver Haltung getragene Kritik Wieners an der Arbeit der Pioniere. x Geleitwort des Herausgebers Die in essayistischer Form ausgearbeiteten Vorlesungen Probleme der Kunstli chen Intelligenz greifen die in den vorhergegangenen Arbeiten ausgearbeiteten An satze auf und bieten eine umfangreiche, weniger komprimierte und entsprechend leichter lesbare Erlauterung von Wieners Ideen. Der Band endet mit der hier erstmals veroffentlichten Arbeit ,Information' und Selbstbeobachtung, einer maandrierenden Darstellung der in dreiBig Jahren gewon nenen Einsichten, deren Tiefgrundigkeit gelegentlich von ihrer fast selbsterklarenden Simplizitat verdeckt wird. Scheinbar beilaufig werden darin auch die Grundlagen fur eine Theorie der naturwissenschaftlichen Erkenntnis entwickelt. Sie beruhen auf Wieners eigenen Versuchen, im Rahmen der Algorithmischen Komplexitatstheorie einen angemessenen Begriff der inhaltlichen Komplexitat zu gewir'nen, sowie auf seiner Auseinandersetzung mit den diesbezuglichen Versuchen von Bennett, Koppel und Wolpert, deren Tragweite in der Fachwelt noch kaum erkannt worden ist. 1m nachhinein wird durch diese Arbeit auch deutlich, wieviele Gedanken Wieners zu diesem Thema in sehr dichter Form schon in der Arbeit von 1988 und in den beiden darauffolgenden enthalten sind. Diese den Band abschlieBende Arbeit nach Wieners Vorwort als erste zu lesen, kann jenen Lesern empfohlen werden, denen daran gelegen ist, sich zunachst einen Uberblick uber die aktuelle erkenntnistheoretische Position Wieners zu verschaffen, bevor sie sich auf Details und deren Entstehungsgeschichte einlassen. Ich bin Oswald Wiener fUr die Muhe dankbar, die er an die Vorbereitung der Ausgabe gewandt hat. Er hat ein Vorwort zu diesen fur ihn groBtenteils historischen Texten geschrieben und fur diese Ausgabe die Arbeit von 1988 ubersetzt. Ferner hat er die zahlreichen Fehler der fruheren Veroffentlichungen korrigiert und den Text behutsam revidiert, wo ihm die alten Formulierungen allzu miBverstandlich erschie nen. Mein besonderer Dank gilt des weiteren Herrn Rudolf Siegle, dem Direktor des Springer-Verlags in Wien, der das Zustandekommen dieser Ausgabe innerhalb der Reihe Computerkultur in jeder Weise gefOrdert hat. Berlin, Dezember 1995 Rolf Herken Vorwort Zu einer Monographie meiner erkenntnistheoretischen Gedanken habe ich es bisher nicht gebracht. Der Grund daftir liegt einmal in den Anspruchen, die ich an eine solche Arbeit stellen muBte - Anspruch an die Originalitat, dem ich nicht, an Luziditat und Widerspruchsfreiheit, dem ich nur mit groBer Anstrengung und Verzicht auf interessante wiewohl nicht ausreichend klare Ideen genugen konnte; zum andern habe ich bislang keinen Weg gefunden, meine Selbstbeobachtungen, wesentliche Sttitze meiner Argumente, zumutbar knapp und dennoch nachvollziehbar darzustel len. Meine Gefuhle beim Erscheinen dieser Sammlung verstreuter Aufsatze sind also gemischt. Besser als nichts, denke ich. Aber die Schwachen, von denen die vielfachen Wiederholungen noch die ertraglichsten sind, stehen groB vor mir und haben mich einige Male an den Rand einer Absage an Herausgeber und Verlag gebracht. Aile Aufsatze in diesem Band (auBer der Passage aus meiner Dichtung die verbesserung von mitteleuropa, roman) sind durch Einladungen angestoBen worden. Die Einladen den hatten die verschiedensten Interessen und nicht aile waren die meinen - des ofteren bin ich frech genug gewesen, das mir gestellte Thema einfach zu verfehlen und bloB in Einleitungs- und SchluBfloskeln abzudienen. Meine sonst ziemlich diversen Publika haben meist den Dichter eher als den Denker erwartet, und ich durfte fast nie (Ausnahme: "Form und Inhalt etc.") ausreichende Grundkenntnisse voraussetzen. Wo ich mich verhaltnismaBig ungebunden ftihlte, etwa in den beiden Doppelvortra gen "Probleme der Kunstlichen Intelligenz" und ",Information' und Selbstbeobach tung", habe ich meine Fahigkeit uberschatzt, Gedankenlinien, die dem Unvorberei teten divergent erscheinen mussen, in knapper Zeit als aufeinander bezogen darzu stellen; anderswo gerat mir Empathie und Theorie durcheinander. Fur mich ist diese Sammlung in erster Linie Beleg der Entwicklung meiner ursprunglichen Neigung zur BewuBtseins-Metaphysik hin zu einer Besinnung auf die unserem Verstand uberhaupt gegebenen Moglichkeiten. Ich hatte meine Empfind lichkeit zunachst auf das Aufspuren von Einschrankungen durch die "Medien" trai niert. Der hier abgedruckte Auszug aus der verbesserung gibt einen Eindruck davon. Ihm ist aber auch zu entnehmen, daB mir die individuellen Vorgange des Verstehens allmahlich als das tiefere Problem bewuBt wurden - nicht nur als ein Mittel, Determi nierungen durch "Kommunikation" in gewissem AusmaB zu entgehen. Dies einmal erkannt, verloren sich die metaphysischen, literarischen, "geisteswissenschaftlichen"

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