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Schöpfung aus dem Nichts: Die Entstehung der Lehre von der creatio ex nihilo PDF

208 Pages·1978·7.237 MB·English
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GERHARD MAY SCHÖPFUNG AUS DEM NICHTS ARBEITEN ZUR KIRCHENGESCHICHTE Begründet von Karl Holl f und Hans Lietzmann f Herausgegeben von Kurt Aland, Carl Andresen und Gerhard Müller 48 SCHÖPFUNG AUS DEM NICHTS DIE ENTSTEHUNG DER LEHRE VON DER CREATIO EX NIHILO VON GERHARD MAY W DE _G WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1978 Als Habilitationsschrift auf Empfehlung des Fachbereichs Evangelische Theologie der Universität München gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek May, Gerhard Schöpfung aus dem Nichts : d. Entstehung d. Lehre von d. creatio ex nihilo. — 1. Aufl. - Berlin, New York : de Gruyter, 1978. (Arbeiten zur Kirchengeschichte ; 48) ISBN 3-11-007204-1 Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. © 1978 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Buchbinder: Lüderitz & Bauer, Berlin 61 HANS FREIHERRN VON CAMPENHAUSEN HENRY CHADWICK in Dankbarkeit und Verehrung VORWORT Die Lehre von der creatio ex nihilo sagt in zugespitzter Form die absolute Vor- aussetzungslosigkeit der Schöpfung aus und bezeichnet Gottes Allmacht als ihren einzigen Grund. Zusammen mit dem ihr korrespondierenden Gedanken der un- bedingten Freiheit und Kontingenz von Gottes schöpferischem Handeln besitzt sie konstitutive Bedeutung für das christliche Verständnis von Schöpfung. Wann ist die Lehre von der creatio ex nihilo entstanden? Gewiß entspricht sie sachlich der Intention der alttestamentlichen Aussagen über die Schöpfung, aber als Theorie ist sie im Alten Testament noch nicht vorhanden. Nach einer verbreiteten Auffassung ist ihre Formulierung die Leistung der hellenistisch-jüdischen Theologie, wofür als ältester, klassischer Beleg 2. Makk. 7,28 angeführt wird. Dies würde bedeuten, daß das Urchristentum die Lehre von der creatio ex nihilo bereits in der jüdischen Tradition vorgefunden hätte. Man dürfte sie für das Neue Testament voraussetzen, und wenn im zweiten Jahrhundert die platonisierende Lehre von der Ewigkeit der Materie und ihrer bloßen Gestaltung zum Kosmos bei christlichen Theologen auftaucht, so würde es sich um eine mehr oder weniger bewußte Uminterpretation der authentischen christlichen Schöpfungslehre handeln. Die Frage nach der Ent- stehung der Lehre von der creatio ex nihilo wäre vom Historiker der frühchrist- lichen Theologie überhaupt nicht zu stellen. Die eben skizzierte Sicht der Entstehung der Lehre von der creatio ex nihilo ist jedoch heute nicht mehr aufrecht zu halten. Schon von der älteren Forschung wurde verschiedentlich bezweifelt, daß die hellenistisch-jüdische Theologie tatsäch- lich die creatio ex nihilo im strengen Sinn gelehrt hätte, und durch neuere Arbeiten, vor allem durch die Beiträge von H.-F. Weiß und G. Schmuttermayr, ist, wie mir scheint, endgültig nachgewiesen, daß dies nicht der Fall war1. Zwar können hel- lenistische Juden von einem Schaffen Gottes „aus dem Nichts" reden, aber die Formel ist, wie sich zeigen läßt, nicht ontologisch gemeint und schließt die An- nahme einer ewigen Weltmaterie keineswegs aus. Der Satz von der Schöpfung „aus dem Nichts" besitzt also nicht von Anfang an die Bedeutung, die wir ganz selbst- verständlich mit ihm verbinden. Befragt man die frühchristlichen Quellen, so ergibt sich, daß die These von der creatio ex nihilo im vollen und eigentlichen Sinn, als 1 H.-F. Weiß, Untersuchungen zur Kosmologie des hellenistischen und palästinischen Juden- tums (1966); G. Schmuttermayr, „Schöpfung aus dem Nichts" in 2. Makk. 7,28?, BZ N. F. 17 (1973) 203-228. VIII Vorwort ontologische Aussage, erst dort vorliegt, wo sie gegenüber der Vorstellung einer Weltbildung aus der ungewordenen Materie die Allmacht, Freiheit und Einzigkeit Gottes zum Ausdruck bringen soll. Der Begriff der creatio ex nihilo setzt eine gedankliche Alternative voraus, und in der geistigen Situation des frühen Christen- tums heißt das: er wird als Antithese zum griechischen Weltbildungsmodell formu- liert. Der Gegensatz zur philosophischen Kosmologie muß freilich dialektisch gesehen werden: die creatio-ex-nihilo-Lehre durchbricht zwar Prinzipien der philosophischen Metaphysik, sie kann jedoch erst in deren Problemhorizont und mit deren Begriffen artikuliert werden. Damit sind Ansatz und Richtung unserer Untersuchung festgelegt: die Ent- stehung der Lehre von der creatio ex nihilo muß als ein Teil der Auseinandersetzung des antiken Christentums mit der Philosophie verstanden und dargestellt werden. Da der Satz von der Schöpfung „aus dem Nichts", für sich genommen, mehrdeutig ist, muß man nach dem Schöpfungsverständnis fragen, in dessen Rahmen er jeweils steht. Erst aus dem geistigen Gesamthorizont eines Autors oder einer Quelle läßt sich erkennen, ob in eindeutiger Form die Lehre von der creatio ex nihilo vorliegt. Es ist ebenso möglich, daß in einem Text formal von einer Schöpfung „aus dem Nichts" die Rede ist, ohne daß die creatio ex nihilo im strengen Sinn gedacht wird, wie auch, daß der Gedanke der creatio ex nihilo der Sache nach eindeutig ausgesagt wird, jedoch ohne Verwendung der entsprechenden Formel. Natürlich muß man sich ständig auch vor Augen halten, daß von den alttestamentlichen Formulierungen der Schöpfungsvorstellung eine Linie bis zur entwickelten Lehre von der creatio ex nihilo führt. Insofern enthalten auch die älteren, unreflektierten Schöpfungsaus- sagen der alttestamentlich-jüdischen und der christlichen Tradition ein „Mehr" über das explizit Ausgesprochene hinaus, und vor allem die Formel der Schöpfung „aus dem Nichts" entwickelt auch bei einer ganz unpräzisen Verwendung eine Dynamik, die auf die creatio ex nihilo im strengen und eigentlichen Sinn hindrängt. Dennoch muß die historische Interpretation der Quellen zwischen dem, was in ihnen angelegt ist, und dem, was sie unmittelbar sagen und wollen, unterscheiden. Nur wenn man versucht, sich in den Problemhorizont der Quellen zurückzuversetzen, wenn man auf das von ihnen jeweils erreichte Reflexionsniveau, auf die Verschiebung alter und das Auftauchen neuer Problemstellungen achtet, kann man den geschichtlichen Prozeß, in dem die creatio-ex-nihilo-Lehre entstanden ist, erfassen und nach- vollziehen. Die geistigen Voraussetzungen für die Formulierung der Lehre von der creatio ex nihilo waren von der christlichen Theologie im zweiten Jahrhundert erreicht. Es ist eine Frage für sich, die uns noch beschäftigen wird, warum nicht schon früher Philo von Alexandrien, der über die erforderliche philosophische Bildung verfügte, den biblischen Schöpfungsgedanken als creatio ex nihilo gedeutet hat. Die christ- lichen Gnostiker bringen das Fragen nach dem Ursprung des Kosmos in Gang. In Vorwort IX ihren Darstellungen der Kosmogonie können sie sowohl auf das platonische Welt- bildungsmodell zurückgreifen als auch vereinzelt den Gedanken einer creatio ex nihilo entwickeln. Zur gleichen Zeit beginnt die, rückblickend geurteilt, „recht- gläubige" Theologie sich mit zunehmender Intensität mit der philosophischen Tradition auseinanderzusetzen. Dabei können gerade die auf diesem Felde führen- den Theologen die Schöpfung zunächst platonisierend als Weltbildung verstehen. Erst in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts entwickelt die kirchliche Theologie im Gegenüber zur philosophischen Kosmologie und zur platonisierenden Gnosis die Lehre von der creatio ex nihilo im strengen Sinn, die in der katholischen Kirche jetzt sehr rasch eine nahezu fraglose Gültigkeit erringt. Natürlich ist die These, daß die Lehre von der creatio ex nihilo ein Ergebnis der theologischen Debatten des zweiten Jahrhunderts sei, nicht neu2. Aber soweit ich sehe, ist die Geschichte ihrer Entstehung noch nie in allen ihren Stadien und vor allem nicht unter Einbeziehung der gnostischen Theologie dargestellt worden. Eine solche Rekonstruktion des Werdens der Lehre von der creatio ex nihilo ist der Gegenstand dieses Buches. Es geht mir darin nicht nur um die Lösung eines Spezialproblems der Theologiegeschichte. Ich wollte zugleich auch einen Beitrag zur Beantwortung der umfassenderen Frage leisten, wie überhaupt in der entscheidenden Frühzeit christliche Lehre entstanden ist. Die Problemstellung bestimmt den Aufbau der Untersuchung und die Auswahl des Stoffes: Im ersten Kapitel ist nicht beabsichtigt, einen auch nur entfernt voll- ständigen Überblick über das Schöpfungsverständnis des hellenistischen Judentums und des Urchristentums zu geben. Es soll lediglich gezeigt werden, daß bis zur Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert und zum Teil darüber hinaus auf das Wesen des Schöpfungsvorgangs noch nicht reflektiert wird und die Probleme, die im zweiten Jahrhundert die Diskussion beherrschen werden, noch nicht aufge- brochen sind. Erst auf diesem Hintergrund treten die neuen Fragestellungen des zweiten Jahrhunderts mit voller Klarheit hervor. In der Darstellung der wichtigsten gnostischen Entwürfe habe ich etwas weiter ausgeholt (2. und 3. Kapitel). Es lag mir nicht nur daran, zu zeigen, wie hier auf einmal die Frage nach dem Ursprung des Kosmos eine bedrängende Aktualität gewinnt und welche Antworten sie findet, es sollte wenigstens andeutungsweise auch der Zusammenhang zwischen der Kosmologie der Gnostiker im engeren Sinn und ihrem allgemeinen Weltverständnis sichtbar gemacht werden. In der Schilderung der Entwicklung von Justin bis Irenaus (4. und 5. Kapitel) habe ich mich wieder stärker auf die eigentliche Schöpfungs- problematik beschränkt, da ich sonst eine Theologiegeschichte des zweiten Jahr- hunderts hätte schreiben müssen. Ich bin mit Absicht nicht über Irenäus hinaus- 2 Ich nenne hier nur H. Schwabl, Art. Weltschöpfung, PW Suppl. IX (1962) Sp. 1573ff.; Weiß S. 146 ff. χ Vorwort gegangen. Bei ihm hat die Lehre von der creatio ex nihilo feste Gestalt gewonnen, und ein gewisser Abschluß ist erreicht. Das Denken Tertullians und Hippolyts bietet für unsere Thematik keine entscheidenden neuen Aspekte, während eine angemessene Behandlung der Schöpfungslehre der Alexandriner Klemens und Origenes den Rahmen der Arbeit gesprengt hätte. Zur Terminologie sei folgendes angemerkt: als deutsche Äquivalente für „creatio ex nihilo" verwende ich gleichbedeutend die Ausdrücke „Schöpfung aus dem Nichts" und „Schöpfung aus nichts". Als „Weltbildungsmodell" oder „Welt- bildungsschema" bezeichne ich die Lehre von der Gestaltung des Kosmos aus der ungewordenen Materie, wie sie klassisch im Mythos des platonischen Timaios dar- gestellt ist. Bei den Abkürzungen habe ich mich nicht an ein einheitliches System gehalten: für bekanntere Periodica und Nachschlagewerke benutze ich die gängigen Abkürzungen; sie lassen sich mit Hilfe des Abkürzungsverzeichnisses von RGG3 oder von S. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (1974) auflösen. Die Titel weniger bekannter Zeitschriften und Reihen habe ich so gekürzt, daß sie ohne Schlüssel verständlich sind. Die Anregung, mich mit der altchristlichen Schöpfungslehre zu beschäftigen, gab mir H. Chadwick, als ich 1965 in Oxford sein Schüler war. In den Jahren 1966 bis 1969, während meiner Assistentenzeit bei H. Frh. v. Campenhausen in Heidelberg, nahm die vorliegende Arbeit erste Gestalt an. Beiden Lehrern habe ich Entscheiden- des zu verdanken. Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermög- lichte mir den Abschluß der Arbeit, die im Herbst 1971 unter dem Titel „Die Entstehung der Lehre von der creatio ex nihilo. Eine Untersuchung zur Theologie- geschichte des zweiten Jahrhunderts" von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität München als Habilitationsschrift angenommen wurde. Gutachter waren G. Kretschmar, J. Bauer, P. Stockmeier (alle München) und W.C. van Unnik t (Utrecht). Ihnen allen danke ich für ihre Hinweise und Anfragen. Die Arbeit blieb dann längere Zeit liegen, ehe ich daranging, sie für den Druck zu revidieren. Ich habe die Literatur berücksichtigt, soweit sie mir bis zum Frühjahr 1977 zugänglich war. Nicht immer ist es mir möglich gewesen, die Zitate auf die neuesten Auflagen umzustellen. Leider konnte ich den 1976 erschienenen ersten Band des Genesis- kommentars des Didymos von Alexandrien aus dem Fund von Tura nicht mehr verwenden3. Der Aufsatzband von H. Dörrie, Platonica Minora (1976) war mir ebenfalls nicht rechtzeitig greifbar, um noch nach ihm zu zitieren, und auch auf das Buch von Th. Kobusch, Studien zur Philosophie des Hierokles von Alexandrien. Untersuchungen zum christlichen Neuplatonismus (1976) kann ich nur noch an dieser Stelle verweisen. 3 Didyme l'Aveugle, Sur la Genese I, edd. P. Nautin-L. Doutreleau (Sources ehret. 233, Paris 1976).

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