Mathematik far Ingenieure und Naturwissenschaftler Hans Josef Pesch Schlusseltechnologie Mathematik Hans Josef Pesch Schlusseltechnologie Mathematik Einblicke in aktuelle Anwendungen der Mathematik Teubner B. G. Teubner Stuttgart· Leipzig' Wiesbaden Die Deutsche Bibliothek - ClP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhaltlich_ Das Lehrwerk wurde 1972 begrundel und wird herausgegeben von: Prof. Dr. Otfried Beyer, Prof. Dr. Horst Erfurth, Pro!. Dr. Christian GroOmann, Prof. Dr. Horst Kadner, Pro!. Dr. Karl Manteuffel, Prof. Dr. Manfred Schneider, Prof. Dr. Gunter Zeidler Prof. Dr. Hans oJsef Pesch Geboren 1949 in Dormagen am Rhein. Studium der Mathematik mit Nebenfach Physik an der UniversiUiI Koln (1968-1974). Danach bis 1995 Wissenschaftlicher Assislent, Akademischer (Ober-)Rat, Privatdozent und auBer planmaBiger Professor an der TU Munchen (Promotion 1978, Habilitation 1986). Gastprofessor an der University of California in San Diego 1987. Von 1988 bis 1989 Vertretung einer Professur fUr Mathematik und theorelische Grundlagen der Programmierung an der Universilal der Bundeswehr MOnchen. Von 1995 bis 1999 C4-Professor fUr Numerische Mathematik an der TU Clausthal. Seit 1999 lehrstUhlinhaber fUr Ingenieurmathematik an der Universitat 8ayreuth. Forschungsaufenthalte in Berkeley, BlacksburglVirginia, Maskau, Pisa, San Diego, Stanford und Warschau. Zahlreiche interdisziplinare Drittmittelprojekte. Aile Rechte vorbehalten C S. G. Teubner GmbH, Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden, 2002 Der Verlag Teubner ist einU nternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. WN'N.teubner.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt Jede Verwertung ':~l~~ auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ver 'f~1 ;t-. lags unzulassig und strafbar. Oas gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Obersetzun gen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen '. Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dorften. IS13N-13: 978-3-519-02389-0 e-IS13N-13: 978-3-322-89219-5 001: 10.10071 978-3-322-89219-5 Warum Mathematik? Dieses Buch wurde von Zuhorern einer Reihe von Vortragen angeregt, die ich zu verschiedenen Anliissen1 vor Schiilerinnen und Schiilern, vor Studentinnen und Studenten, vor Lehrerinnen und Lehrern, vor Kolleginnen und Kollegen anderer Fachrichtungen, vor interessierten Menschen unterschiedlicher Profession gehalten habe. Mit diesem Buch wird versucht, jene Vorurteile abzubauen, die weitgehend die Vorstellun gen von Mathematik in unserer Gesellschaft und damit auch in den Augen junger Menschen pragen. Denn fragt man die Erstsemester, die nach der Inaugurationsfeier an der Universitat Bayreuth - und anderswo diirfte es nicht anders sein - beim Bier einen erst en Kontakt zu ihren Professoren bekommen, warum sie denn Mathematik studieren, so erhalt man i. W. nur eine Antwort: "Mathematik hat mir schon immer SpajJ gemacht." "lch habe mich schon immer fur Mathematik interessiert" - oder so ahnlich. Eine Entscheidung aus dem Bauch heraus - oft nicht die schlechteste! Fragt man jedoch bei der gleichen Veranstaltung diejenigen, die sich fUr Informatik, Physik oder eine Ingenieurwissenschaft eingeschrieben haben, ob sie irgendwann einmal einen mathematischen Studiengang in die engere Wahl gezogen haben, bekommt man nicht selten ein "Ja" zu horen. Auf die Frage, warum denn aber die Entscheidung nicht auf Ma thematik gefallen sei, hort man i. W. auch nur eine Antwort: ,,1st denn Mathematik uberhaupt zu etwas nutze?" "Was mach en Mathematiker uberhaupt?" Berechtigte Fragen, denn jeder muss mit den erworbenen Kenntnissen sein Auskommen verdienen. In den nicht bzw. nicht korrekt gegebenen Antworten auf diese Fragen liegt moglicherweise einer der Griinde, warum die Hochschulen in Deutschland seit vielen Jahren einen Riickgang der Studierendenzahlen in mathematischen Studiengangen beklagen. Aber auch die Einschreibun gen fUr physikalische und ingenieurwissenschaftliche Studiengange sind z. T. ahnlich dramatisch zuriickgegangen. In all diesen Studiengangen ist Mathematik wesentlicher Bestandteil der Aus bildung. AIle diese Studienfacher gelten gemeinhin als schwierig. Mag man sich heute nicht mehr geistig fordern? Oder ist es die in unserer Gesellschaft weitverbreitete Technikfeindlichkeit, die junge Menschen davon abhalt, sich Mathematik, Natur- oder Ingenieurwissenschaften zuzuwen den? 1m Gegensatz zu den oben genannten Studiengangen steigen die Anfangerzahlen in der Infor matik scheinbar unaufhorlich. Auch dort ist Mathematik wesentlicher Bestandteil der Grundaus bildung, auch wenn mathematische Anteile in der Ausbildung angehender Informatiker(innen) zunehmend zuriickgenommen werden. Einen Mangel an Informatikerinnen und Informatikern haben aber sogar unsere Politiker bemerkt. Bei den derzeitig groBen Anfangerzahlen im Fach Informatik - hier scheint die Werbung durch die veroffentlichte Meinung zu greifen - muss 1 wie dem 24. Jahrestag der Universitat Bayreuth am 27. November 1999, dem 29. Bayreuther Kolloqui um Mathematik-Didaktik am 23. Februar 2000, an den Tagen der Forschung der Universitat Bayreuth im Juni 1999 und Juli 2000, vor dem Internationalen Club fUr die Universitat Bayreuth am 14. Februar 2001, vor dem Mathematik-Verein Q.E.D., der sich in erster Linie aus Preistragern des Bundes-und Landeswettbewerbs Mathe matik zusammensetzt, in Ingolstadt am 30. Oktober 2000 und in Bamberg am 5. Januar 2002, sowie an diversen Schulen in naherer und weiterer Umgebung Bayreuths und in friiheren Jahren bei ahnlichen Veranstaltungen an meinen friiheren Wirkungsstatten, den Technischen Universitaten Miinchen und Clausthal 6 Warum Mathematik'? man sich jedoch fragen, wie lange dieser Mangel noch anhalten wird. Welche Griinde fUr den beangstigenden Einbruch der Studierendenzahlen in Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften auch maBgebend sein mogen, dieses Buch soIl Sie, liebe Le serin, lieber Leser, von der Niitzlichkeit und vielfaltigen Anwendbarkeit der Mathematik iiber zeugen. Mathematik ist nicht nur eine klassische Kulturwissenschaft und hohes Kulturgut. Sie ist nicht nur gepragt durch die SchOnheit und Eleganz ihrer Schliisse - hochstes Geistestraining - , sondern sie durchdringt immer mehr Bereiche unseres Lebens: Sie ist eine Querschnitts wissenschaft, die zunehmend in anderen Wissenschaften zur Anwendung kommt. Zurecht wird daher gefordert, der Mathematik in der Schulausbildung wieder einen hOheren Stellenwert zuzu schreiben, - und dies nicht nur angesichts des schlechten Abschneidens deutscher Schiilerinnen und Schiiler bei internationalen Leistungsvergleichen. "Warum Mathematik?" stand fUr unse re Vorfahren auBer Frage: Man schrieb das A Jahr 1696. - Der Mathematiker Johann Bernoulli - aus der beriihmten Base ler Mathematiker-Dynastie - forderte mit seiner spater beriihmt gewordenen Preis frage die Mathematiker seiner Zeit heraus: Welche Kurve verbindet zwei in einer Ebe ne vorgegebene Punkte A und B, so dass eine kleine Kugel M, eine "Perle", auf ihr unter dem Einfiuss der Schwerkraft, unter Vernachlassigung der Reibung, in kiirzes ter Zeit hinabrollt? Johann Bernoulli stieB mit dieser Frage das Tor zu einem neuen Gebiet der Mathematik auf: der Variati onsrechnung. Obwohl jenseits des Stoffes, der in Leistungskursen an Hoheren Schu len unterrichtet wird, lasst sich Johann Bernoullis Losungsweg sehr wohl mit den Mitteln der Schulmathematik nachvollzie hen. Und Johann Bernoulli ahnte es schon: Kurve kiirzester Fallzeit "Damit Liebhaber solcher Dinge Lust be kommen, sich an die Losung dieses Problems zu wag en, mogen sie wissen, dass es nicht, wie es scheinen konnte, blosse Speculation ist und keinen praktischen Nutzen hat. Vielmehr erweist es sich sogar, was man kaum glauben sollte, auch fur andere Wissenszweige, als die Mechanik, sehr nutzlich. " Schnell kam das neue Gebiet der Mathematik zur Bliite. Die beriihmtesten Mathema tiker ihrer Zeit haben daran mitgewirkt. Stets brachten neue Fragestellungen neue Erkenntnisse; neue Gebiete kamen hinzu: die Optimalen Steuerungen und die Theorie der Differentialspiele. Und die Herausforderungen von heute und morgen sind ohne die Numerische Mathematik mit ihren schnellen Rechenverfahren, ohne Kenntnisse in Informatik fUr eine effiziente Implementie rung sowie ohne Hochleistungsrechner nicht zu bewaltigen. Heute wiirde man Johann Bernoullis Preisfrage so stellen: Langs welcher Kurve zwischen zwei gegebenen Raumpunkten benotigt ein Industrieroboter die geringste Verfahrzeit? Langs welcher Flugbahn von der Internationalen Raumstation zum Landeplatz auf der Erde heizt sich ein Raumfahrzeug minimal auf? Wie muss man einen verfahrenstechnischen Prozess heizen oder kiihlen, damit man moglichst schnell moglichst groBe Mengen eines Produktes in moglichst Warum Mathematik? 7 bester Qualitat erhalt? Wie muss man ein Unternehmen lenken, damit bei gegebenen okonomi schen Rahmenbedingungen der Gewinn maximal wird? Welches sind die sichersten Steuerungen fUr Verkehrsflugzeuge beim Landeanflug unter hohem Flugaufkommen, bei drohenden Zusam menstOBen oder beim Durchfliegen gefahrlicher Fallwinde? Ohne Mathematik lassen sich all diese Fragen nicht beantworten! Doch Vorsicht, liebe Leserin, lieber Leser! 1m vorliegenden Buch kommen auch Formeln vor; sie konnen iiberlesen werden, miissen es aber nicht. Daher mochte ich einige Hinweise geben: Dieses Buch informiert tiber einige Teilgebiete der modernen Mathematik. Dabei stehen immer die Anwendbarkeit der Mathematik und ihr Potential als eine Schliisseltechnologie der Zukunft im Vordergrund. Fiir das grundsatzliche Verstandnis spielt es hier nur eine untergeordnete Rolle, ob aIle Formeln verstanden werden. Bitte fassen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, komplizierte Formeln einfach als abstrakte Bilder auf! An einigen Stellen sind auch Hinweise zu finden, falls "langere" Herleitungen zur naheren Erlauterung mathematischer Sachverhalte iibersprungen werden konnen. All jene, die sich mit Mathematik aber niiher beschaftigen wollen, sollten versuchen, solchen Hinweisen moglichst nicht zu folgen. Man lasse sich bitte auch nicht dadurch abschrecken, dass mathematische Methoden verwendet werden, die nicht Gegenstand des Stoffumfanges eines Lei stungskurses in Mathematik an Hoheren Schulen sind. Ich habe mich bemiiht, diese Methoden so klar wie moglich darzustellen, bin mir aber sicher, dass ich als Absolvent eines altsprachlichen Gymnasiums vor meinem Studium auch nicht in der Lage gewesen ware, alles zu verstehen. Das Buch ist aber so geschrieben, dass partielles Nichtverstehen nicht das Verstandnis der Botschaft tangiert, die ich Ihnen vermitteln mochte. 1m iibrigen sind aIle Kapitel bis auf das dritte von einander unabhangig lesbar (fUr das dritte Kapitel sollte man das zweite vorher gelesen haben). Das Buch ist auch als Motivationshilfe fUr jene gedacht, die sich in den mathematischen Vorlesungen der Anfangssemester befinden und frustriert sind, weil sie sich nicht vorstellen konnen, mit dem so schwer erworbenen Wissen jemals ihr Brot zu verdienen und sich daher standig fragen: "Warum?" - "Wozu?" Diese Leser(innen) sollten sich bemiihen, ihr wachsendes Wissen zu nutzen, um den ausgefUhrten mathematischen Schliissen schrittweise zu folgen. Ich kann mich noch sehr gut an meine eigenen Erfahrungen von vor fast 35 Jahren erinnern, als auch ich mich in den Vorlesungen immer wieder gefragt habe: "Warum?" - "Wozu?" Mich brachten diese lange unbeantwortet gebliebenen Fragen damals fast an den Rand der Aufgabe des Mathematikstudiums. Aber ich hatte Gliick! 1m dritten Semester begegnete ich meinem spateren akademischen Lehrer, der, soeben von der University of California in San Diego nach Deutsch land zuriickgekehrt, an der Universitat KOln in seiner Vorlesung "Numerische Mathematik" von den Beitragen der Mathematik zu den erst en bemannten Mondlandungen des Apollo-Programms der NASA berichtete: Es war das Jahr 1969. Seine Beziehungen zum "Deutschen Zentrum fUr Luft- und Raumfahrt" in Oberpfaffenhofen - damals hieB es noch "Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt fUr Luft- und Raumfahrt" - ermoglichten uns seinerzeit einen direkten Zugang zu mathematischen Aufgabenstellungen aus dem faszinierenden Gebiet der Luft- und Raum fahrt: Aufgabenstellungen, die uns in unseren Diplomarbeiten forderten, tief befriedigten und deren erfolgreiche Bearbeitung uns groBes Selbstvertrauen gab. Noch heute schlagt mich dieses interessante Gebiet immer wieder in seinen Bann; Sie werden es beim Lesen merken. Das Buch wendet sich aber auch an Kolleginnen und Kollegen an den Hoheren Schulen und an Kolleginnen und Kollegen, die an den Universitaten die Anfangervorlesungen in Analysis halten. Ihnen wird hiermit Begleitmaterial fUr Kurse bzw. Proseminare an die Hand gegeben, 8 W arum Mathematik? um das allseits vorhandene Defizit auszugleichen: "Warum Mathematik?" Bei der Auswahl der Themen habe ich mich von der studentischen Sicht leiten lassen. Alle Anwendungsbeispiele stammen, mit wenigen Ausnahmen, aus den fast 90 Diplomarbeiten, den gut 20 Doktorarbeiten sowie den drei Habilitationen, an deren Betreuung ich mitgewirkt habe bzw. fUr die ich verantwortlich war. Auf die Angabe spezifischer Fachliteratur wurde verzichtet, nicht jedoch auf allgemeinbildende Literatur zu den Themen. Dariiber hinaus sind zahlreiche lnternet-Adressen mit weiteren lnformationen angegeben. Unter der lnternet-Adresse meines Lehrstuhls http://www.uni-bayreuth.de/departments/ingenieurmathematik/ schluesseltechnologie-mathematik.html erscheinen standig aktualisierte lnformationen und Erganzungen zu diesem Buch. An dieser Stelle mochte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei den vielen Menschen zu be danken, die zu diesem Buch beigetragen haben. Einen mochte ich dabei besonders hervorheben: meinen akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. multo Roland Bulirsch, der es nicht nur "auf dem Gewissen hat", dass ich seinerzeit mein Studium nicht abgebrochen habe, sondern der mich wissenschaftlich gepragt und ein Vierteljahrhundert lang gefOrdert hat. Seinen star ken Einfluss auf dieses Buch mochte ich hier dankbar herausstellen. Viele der Themengebiete entspringen gemeinsam betreuten Diplom-, Doktor- und Habilitationsarbeiten. Dank gebiihrt aber auch allen meinen ehemaligen Diplomanden, Doktoranden und Habilitan den, die mir durch ihre Kreativitat und ihr Engagement nicht nur groBe Freude bereitet, sondern durch ihre Arbeiten erheblich zur inhaltlichen Substanz dieses Buches beigetragen haben. lhre Zahl ist so erheblich, dass ich sie leider nur im Quellen- und Abbildungsnachweis des Anhangs einzeln nennen kann. Danken mochte ich aber auch meinen ehemaligen Kollegen und "Doktorbriidern", Herrn Prof. Dr. Hans Joachim Oberle von der Universitat Hamburg, der mir sein Anwendungspro blem "Erde-Mars-Transfer" zur VerfUgung gestellt hat, und Herrn Privatdozent Dr.-lng. Rainer Callies von der Technischen Universitat Miinchen fUr sein Anwendungsproblem "Mission zum Asteroiden 4386 Liist". Ferner mochte ich meinen lngenieur-Kollegen, den Herren Prof. Dr. lng. Gottfried Sachs von der Technischen Universitat Miinchen, Prof. Dr. Klaus-H. Well von der Universitat Stuttgart und Prof. Dr. Eberhard P. Hofer von der Universitat Ulm sowie dem Sprecher des Vorstandes der Krusche Lagertechnik AG aus Wartenberg/Obb., Herrn Dr. Mirko Doerk, und ihren jeweiligen Mitarbeitern fUr einige der zur Verfiigung gestellten Abbildungen danken, insbesondere fUr die immense Arbeit, die erst get an werden musste, bevor solche Ab bildungen entstehen konnten. SchlieBlich mochte ich noch Herrn Jiirgen WeiB yom Teubner-Verlag danken, der dieses Buch projekt mit Engagiertheit und groBer Kenntnis begleitet hat. Zum Schluss noch einen Hinweis zu den Abbildungen: Die schwarz-weiBen Abbildungen sind in den laufenden Text eingegliedert und kapitelweise durchnummeriert; die Farbabbildungen F.l bis F.15 sind im Anhang zusammengefasst. Bayreuth, den 17. Juli 2002 Hans Josef Pesch Inhaltsverzeichnis 1 Mathematik: Eine Herausforderung fiir die Gesellschaft? 11 1.1 Das Bild der Mathematik in der Gesellschaft 11 1.2 Mathematik in Natur-, Technik- und Wirtschaftswissenschaften 14 1.3 Berufschancen fUr Studierende mathematischer und mathematikrelevanter Studiengange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2 Die Brachistochrone: Eine Herausforderung des 17. Jahrhunderts 19 2.1 Aus einem Bruderzwist geboren: Die Preisfrage des Johann Bernoulli . 19 2.2 Ein "Lichtblitz" von Fermat: Johann Bernoullis Lasung 23 2.3 Kampf urn die Existenz: Antike Spuren ........ . 33 3 Neue mathematische Disziplinen: Herausforderungen fiir Generationen 37 3.1 Wettstreit zwischen Alter und Jugend: Die erste Bliite der Variationsrechnung . 37 3.2 Dem Kalten Krieg erwachsen: Das Maximumprinzip . . . . . . . . . . . . . .. 45 3.3 Mensch oder Computer? Mensch und Computer! Den Fortschritt bringt die Numerik 57 3.4 Herausforderungen fiir die Leser: Ubungsaufgaben ................. 64 4 Herausforderungen heute 73 4.1 Ramjet und Scramjet: Der "Sanger"- ein neues Raumtransportersystem 74 4.2 HeiB oder weit? Wiedereintritt eines Raumflugzeugs in die Lufthiille der Erde 78 4.3 Zeit oder Geld? Aufbruch zu fernen Welten ..... 81 4.4 Entstehen und Vergehen: Experimente im Weltraum 85 4.5 Pilot oder Autopilot? Automatische Fiihrung von Verkehrsflugzeugen . 90 10 Inhaltsverzeichnis 5 Herausforderungen morgen 97 5.1 Zeit und Geld: Optimale Bahnplanung von Industrierobotern 97 5.2 Hopp oder Topp? Virtuelle Testfahrten eines virtuellen Kraftfahrzeugs 100 5.3 Masse und Zeit: Optimale Prozessfiihrung chemischer Anlagen . 103 5.4 Eigen- oder Fremdkapital? Steuerungsprobleme in der Okonomie 108 5.5 Schnell ohne Schwingungen: Schwere Lasten leicht genommen 115 6 Die ultimative Herausforderung: Rechnen gegen die Zeit 125 6.1 Echt schnell: Echtzeitsteuerung von Industrierobotern ... 126 6.2 Echt gefahrlich: Automatische Kollisionsvermeidung mit einem Geisterfahrer 127 6.3 Einfach genial: Flugzeuge des 21. Jahrhunderts 129 Fazit und Ausblick 131 Anhang 135 Losungen der Ubungsaufgaben 135 Quellen- und Abbildungsnachweis (u. a. eine Auswahl aktueller mathematischer Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen) 161 Farbabbildungen . . 169 Literaturverzeichnis 177 N amen- und Sachwortverzeichnis 181 Kapitel 1 Mathematik: Eine Herausforderung fur die Gesellschaft ? Die Mathematik ist die iiJteste Wissenschaft1 und damit ein hohes Kulturgut der Menschheit. Dennoch ist der allgemeine Kenntnisstand auf dem Gebiet der Mathematik so gering, wie wohl in keinem anderen Schulfach, gemessen an der Zeitspanne zwischen der Entdeckung neuer mathe matischer Erkenntnisse und ihrem Eingang in das Allgemeinwissen jener Bev61kerungsschichten, die eine h6here Ausbildung haben genieBen k6nnen. Breite. Gesellschaftsschichten haben aus die ser Diskrepanz fUr sich den SchluB gezogen, mit Ihrer Unkenntnis an mathematischem Wissen zu kokettieren. Sicherlich, Mathematik ist ein schwieriges Fach und damit eine Herausforderung fUr jeden. Diese Zeit-Diskrepanz ist aber auch eine Herausforderung fUr die Mathematiker als Teil dieser Gesellschaft. Sie miissen (noch mehr) ihrer Bringschuld gegeniiber der Gesellschaft nach kommen und ihr Fach der Offentlichkeit prasentieren. Peter Gritzmann, der derzeitige Prasident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung2, meint dazu: "Wenn wir es nicht schaffen, unser Wirken, unsere Bedeutung transparent zu machen, dann wird Mathematik entweder ignoriert oder bestenfalls von der Ignoranz als ,Zauberei' oder ,Magie' bestaunt." Und weiter: "Aber Mathematik ist auch ein Instrument der Aufkliirung. Aufgekliirte Menschen lassen sich nicht so Leicht manipulieren, von der Werbung, von Statistiken, von den Halbwahrheiten unserer Gesell schaft." Auf der anderen Seite durchzieht die Mathematik als Querschnittswissenschaft fast alle Bereiche unseres Lebens. Ohne Mathematik blieben uns auf immer viele Erkenntnisse der Natur wissenschaften verborgen. Ohne Mathematik gabe es viele jener technischen Errungenschaften nicht, die wir heute im taglichen Leben so selbstverstandlich nutzen. Ohne Mathematik gabe es nicht die modernen Diagnosemethoden, mit denen der Arzt in das Innere unseres K6rpers sehen kann. Diese Liste lieBe sich endlos fortfUhren. Die Diskrepanz zwischen AuBenansicht und Innenansicht der Mathematik hat dazu gefiihrt, dass die Zahl der Absolventen mathematischer Studiengange, ja selbst mathematikrelevanter Studiengange, wie Physik, Ingenieurwissenschaften und Informatik, heute die Nachfrage der Industrie, der Wirtschaft und der Schulen und Hochschulen nicht befriedigen kann - eine Her ausforderung fUr uns alle. 1.1 Das Bild der Mathematik in der Gesellschaft "Es sind immer die gleichen Tone: ,Horen Sie auf! Mit Mathematik konnen Sie mich ja gen.' - ,Eine Qual, schon in der Schule. Keine Ahnung, wie ich damals durchs Abitur gekom men bin.' - ,Ein Albtraum! Vollig unbegabt, wie ich nun mal bin.' - ,Die Mehrwertsteuer kriege ich gerade noch hin, mit dem Taschenrechner. Alles andere ist mir zu hoch.' - ,Mathe matische Formeln - das ist Gift fur mich, da schalte ich einfach abo ' 1 Man kann tiber diese Aussage trefHich streiten. In einem Sinne waren uns unsere Urahnen aus den alten Hoch kulturen weit voraus. Sie lieBen sich nicht durch "Schubladendenken" einengen: Mathematik, Astronomie, Physik und Technik waren ihnen eins. Heute beginnen wir wieder, die Vorteile der Interdisziplinaritat neu zu entdecken, wei! die zu losenden Probleme oft so komplex sind, dass nur interdisziplinare Zusammenarbeit erfolgversprechend bei der Losung dieser Probleme ist. 2 Die Internet-Portale der Deutschen Mathematiker-Vereinigung: http://www . mathematik . uni -bielefeld. del DMVI und http://wwll.mathematik.de/. H. J. Pesch, Schlüsseltechnologie Mathematik © B. G. Teubner GmbH, Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2002
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