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Schaben (Dictyoptera, Blattodea) - Ihre Bedeutung als Überträger von Krankheitserregern und als Verursacher von Allergien PDF

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© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Schaben (Dictyoptera, Blattodea) – Ihre Bedeutung als Überträger von Krankheitserregern und als Verursacher von Allergien Reiner POSPISCHIL Abstract: Cockroaches (Dictyoptera, Blattodea) – their importance as transmitter of disease germs and cause of allergies. Cockroaches have been present for 360 million years since the Upper Carboniferous time and have not changed much since then. More than 3.500 species have been described and the overall number of cockroach species may far exceed 4.000 species. The ter- mites with more than 2600 species, which were classified as a separate order (Isoptera) from the cockroaches (Blattodea) since a long time, are now discussed to be treated as an superfamily (Termitoidea) in the order Blattodea. Most of the cockroach-species play an important beneficial role in the tropical and subtropical ecosystems with exception of only a few domiciliary pests with world-wide distribution. Biology, development, distribution, ways of accidental introduction and control measures are described for the most common domiciliary species. However, the medical importance of domiciliary cockroach species must not be under- estimated. Their habit of feeding on human nutrition but also on waste materials makes them a health hazard to man. More than 32 species of bacteria have been isolated from cockroaches. Some bacteria species stay virulent for up to several weeks in the in- testine of cockroaches. The potential of cockroaches as source of allergens and their high impact in causing morbidity among in- ner-city children with asthma has been shown in many surveys during the past 15 years. Key words: Blattodea, domiciliary cockroaches, accidental introduction, health significance, cockroach-allergens, treatment strategies. Inhaltsübersicht 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Äußere Kennzeichen der Blattodea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Systematische Einordnung der Ordnung Blattodea . . . . . . . . 174 4. Kurzbeschreibung der Familien und der wichtigsten Arten . . 175 4.1. Cryptocercidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .175 4.2. Blattidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .175 4.3. Blattellidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .176 4.4. Blaberidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .177 4.5. Polyphagidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178 4.6. Nocticolidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178 5. Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 6. Lebensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7. Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 7.1. Verschleppung von Schaben durch den Menschen . . . . . . . . . . . . . . . .180 7.2 Beispiele weltweiter Ausbreitung von Schaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 7.2.1. Blattidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 7.2.2. Blattellidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 H. ASPÖCK(Hrsg.): Krank durch 7.2.3. Blaberidae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .182 Arthropoden, Denisia 30(2010): 7.3. Faktoren, die eine Ausbreitung von Schaben begünstigen . . . . . . . . . .182 171–190 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 8. Bedeutung der Schaben für den Menschen als Schädlinge . 183 8.1. Übertragung von Krankheiten durch Schaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .183 8.2. Schaben als Auslöser von Allergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .184 8.2.1. Allergien-auslösende Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .185 8.2.2. Beseitigung der Allergene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186 9. Bekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 10. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 11. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Einleitung Siedlern bis in die gemäßigten Breiten, z. B. die Deut- sche Schabe (Blattella germanica), die Orientalische Die Schaben (Blattodea) sind eine Ordnung ur- Schabe (Blatta orientalis) und die Amerikanische Scha- sprünglicher und sehr erfolgreicher Insekten, die sich be (Periplaneta americana) (COCHRAN1999). Durch den seit ihrer Entstehung im Oberkarbon nur wenig verän- in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gestiege- dert haben. Einige Arten leben seit Tausenden von Jah- nen Welthandel und Tourismus sowie die kurzen Reise- ren im menschlichen Umfeld und folgten den ersten zeiten von Kontinent zu Kontinent wurden verstärkt weitere Schabenarten nach Europa eingeschleppt und konnten sich hier in kontinuierlich beheizten Gebäu- den über längere Zeiträume halten (POSPISCHIL2004). Die Schabenarten, die im Umfeld des Menschen schädlich werden (können), machen weniger als 1 % der bisher bekannten Spezies aus. Die meisten Arten liefern in den Ökosystemen der Tropen und Subtropen als Nützlinge einen bedeutenden Beitrag bei der Zerset- zung von pflanzlichem Material. In ihren vielfältigen Abb. 1: Tarse des dritten Beinpaares von Blattella germanica– Auf der biologischen Anpassungen sind Schaben anderen In- Unterseite der Tarsenglieder sind die Euplantulae sichtbar. Zwischen den sektenfamilien mindestens ebenbürtig. Synanthrope Krallen des Krallenglieds befindet sich ein Arolium. Schabenarten spielen dagegen nicht nur bei der Konta- mination und Zerstörung von Nahrungsmitteln, son- dern auch als Überträger von Krankheitserregern und Verursacher von Allergien eine Rolle (BARCAY 2004, BRENNER 1995). Neben der Darstellung der als Schäd- linge wichtigen Schabenarten wird ein Überblick über das Spektrum unterschiedlicher Lebensweisen und An- passungen der Ordnung Blattodea gegeben. 2. Äußere Kennzeichen der Blattodea Die Vertreter der Ordnung Blattodea (Klasse: In- secta, Überordnung: Dictyoptera) besitzen einen dorso- ventral abgeflachten Körper. Das schildförmige Prono- Abb. 2: Weibchen der Rhinozerosschabe Macropanesthia rhinoceros. tum überlappt bei vielen Arten den Kopf, der ventro- kaudal ausgerichtet ist. Die Tegmina sind, wenn vor- handen, sklerotisiert und mit einer kurzen, bogenförmi- gen Subcostalader versehen. Sie werden in Ruhestel- lung flach über dem Abdomen zusammengelegt. Die dünnen und meist unter den Vorderflügeln fächerförmig zusammengefalteten Hinterflügel sind bei vielen Arten zurückgebildet oder fehlen ganz. Am Kopf befinden sich vielgliedrige, fadenförmige Fühler, kauende Mundwerk- zeuge mit kräftigen Mandibeln und meist große, flache Abb. 3: Imago der Bananenschabe Panchlora nivea. 172 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Komplexaugen. Nur bei wenigen höhlenbewohnenden sowie myrmeco- und termitophilen Arten sind die Au- gen reduziert oder fehlen völlig. Am Hinterleibsende befinden sich zwei lange Cerci sowie bei den == die Styli. Die meist schlanken, aber dennoch kräftigen und mit Dornen besetzten Beine er- lauben ein flinkes Laufen und sogar kleine Sprünge. An der Unterseite der Tarsenglieder befinden sich bei vie- len Arten Euplantulae und zwischen den Fußkrallen ein Arolium, die es den Tieren ermöglichen, selbst über senkrechte, glatte Oberflächen zu laufen oder an diesen zu landen (Abb. 1). Abb. 4: Schultesia lampyridiformis– Imago. Die Körpergröße ist unter anderem mit der Lebens- weise der Arten korreliert. Die größten Spezies, die eine Körperlänge von bis zu 85 mm erreichen, leben im Bo- den (u.a. Macropanesthia rhinoceros) (Abb. 2) oder an der Bodenoberfläche (u.a. Blaberus gigantheus) (BELL et al. 2007). Im Boden lebende Arten sind im Vergleich zu den schlanken, sehr laufaktiven Arten, die an der Bo- denoberfläche leben, kräftiger gebaut, breiter und schwerer. Die Imagines von M. rhinoceroserreichen ein Körpergewicht von bis zu 20 Gramm (ROTH1991). Termito- und myrmecophile Spezies gehören mit ei- ner Körperlänge von wenigen Millimetern zu den kleinsten Schabenarten. Sie haben eine ovale Körper- form, kurze Fühler und Beine und besitzen meist keine Flügel oder sind brachypter (Nocticola spp., Attaphila Abb. 5: Eipaket der Darwintermite Mastotermes darwiniensis. spp. und Myrmecoblatta spp.) (DEYRUP & FISK 1984, ROTH1991, BELLet al. 2007). Coleopteren der Familien Coccinellidae und Chryso- melidae nachahmen, sowie Schultesia lampyridiformismit Die meisten Schabenarten sind aufgrund ihrer hell- einer Mimikry von Vertretern der Lampyridae (Coleop- bis dunkelbraunen Färbung gut an ihren Lebensraum tera) (Abb. 4). Weitere Beispiele von Warntrachten bei am beziehungsweise im Boden angepasst. Individuen ei- Schaben sind in BELL et al. (2007) und SHELFORD ner Spezies können allerdings je nach Alter, Jahreszeit (1912) beschrieben. oder Verbreitungsgebiet unterschiedlich gefärbt sein. In der Schweiz treten Populationen von Supella longipalpa Höhlenbewohnende Schaben besitzen wie die tro- auf, die im Vergleich zur Nominatform extrem hell ge- glomorphen Spezies anderer Insektenordnungen meist färbt sind. Deutliche Unterschiede in der Färbung gibt einen gestreckten Körper und lange Beine und Fühler. es bei Arten, die im Gegensatz zu den zuvor genannten Die Kutikula ist nur wenig sklerotisiert, und die Augen meist nachtaktiven und am Boden lebenden Spezies sowie die Hinterflügel und Tegmina sind zurückgebildet tagaktiv sind und sich in der Vegetation aufhalten. Bei oder fehlen (BELLet al. 2007, HOWARTH1983, GILBERT der Gattung Panchlora sind die an Pflanzen lebenden & DEHARVENG 2002). Arten, die in sozialen Formatio- Imagines grün, die im Boden lebenden Larven braun ge- nen im Inneren von Hölzern leben, haben zum Teil färbt (Abb. 3). ebenfalls zumindest als Larven eine bleiche, kaum skle- rotisierte Kutikula (z. B. Cryptocercusspp.) (NALEPA& Die grüne Färbung der Panchlora-Arten wird durch BELL 1997). In Wüsten lebende Schabenarten zeigen ein blassgrünes Pigment in der Hypodermis unter der morphologische Anpassungen, die eine Evaporation fast farblosen Epidermis erreicht (BEIER1974). von Feuchtigkeit reduzieren, unter anderem die Bede- Auffällige Färbungen kommen meist in Kombinati- ckung der Körperoberfläche mit einem Besatz aus lan- on mit chemischen Abwehrstrategien vor. Verschiedene gen Haaren und eine vollständige Abdeckung des Kör- tropische Schabenarten ahmen auffällig gezeichnete pers durch das schildförmige Pronotum und dorsale Ku- und durch chemische Substanzen geschützte Käferarten tikulafortsätze, die die Beine teilweise überdecken (BELL nach. Beispiele sind Arten der Gattung Prosoplecta, die et al. 2007). 173 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Die Imagines vieler Schabenarten zeigen deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Bei vielen Arten sind die ==mit einem schlanken Körper und vollstän- dig ausgebildeten Tegmina und Hinterflügeln ausgestat- tet, während die YY eine gedrungene Körperform mit kurzen oder rudimentären Tegmina und fehlenden Hin- terflügeln haben. 3. Systematische Einordnung der Ordnung Blattodea Die Ordnung Blattodea war bereits im Oberkarbon vor etwa 280 bis 330 Millionen Jahren weit verbreitet, und ihre Vertreter haben sich seitdem nur wenig verän- dert. Systematisch gehören sie zusammen mit den Ter- Abb. 6: Cryptocercus punctulatus– Imago. miten (früher Isoptera) und Fangschrecken (Mantodea) zu der Überordnung Dictyoptera (Schabenverwandte) und sind mit den Termiten (Isoptera) und Fangschre- cken (Mantodea) verwandt. Während die Termiten in komplizierten sozialen Staatensystemen leben und die Fangschrecken sich zu hochspezialisierten Räubern ent- wickelten, blieben die Schaben ihrer ursprünglichen, versteckten Lebensweise treu (BEIER 1974, BELL et al. 2007, COCHRAN1999, CORNWELL1968, ROTH1991). Weltweit wurden bisher mehr als 3500 Schabenar- ten beschrieben, die in sechs Familien aufgeteilt wer- Abb. 7a: =der Orientalischen Schabe Blatta orientalis. den. Verschiedene Autoren gehen davon aus, dass die Anzahl der Arten weltweit zwischen 4000 und 5000 liegt (BARCAY 2004, BELL et al. 2007, COCHRAN 1999, RUST2008). Auf die Verwandtschaft der Schaben mit den Ter- miten deuten Parallelen der ursprünglichen Schabenfa- milie Cryptocercidae zu den Mastotermitidae hin, einer ursprünglichen, aus nur einer Art bestehenden Termi- tenfamilie (KLASS& MEIER2006, WEIDNER1970). Die im Holz lebenden Cryptocercidae zeigen Anfän- ge sozialen Lebens. Ihr Kaumagen ist termitenartig aus- Abb. 7b: Yder Orientalischen Schabe Blatta orientalis. gebildet, und die Verdauung der Holznahrung erfolgt mit Hilfe von Flagellaten im Colon. Die Mastotermitidae besitzen im Gegensatz zu den übrigen Termitenfamilien für Schaben typische Anallappen an den Hinterflügeln, einen Ovipositor und fünfgliedrige Tarsen. Die Eiablage erfolgt bei Mastotermes darwiniensisin Form von Eipake- ten, denen allerdings eine Hülle fehlt. Bei den übrigen Termitenarten werden die Eier lose abgelegt (WEIDNER 1970)(Abb. 5). Eine ausführliche Beschreibung der en- gen phylogenetischen Beziehungen der Cryptocercidae zu den Termiten befindet in KLASSet al. (2008). Die Ter- miten wurden daher seit langem innerhalb der Überord- nung Dictyoptera als Ordnung Isoptera gleichrangig ne- ben die Ordnung Blattodea gestellt. Aufgrund neuer morphologischer und molekulargenetischer Untersu- Abb. 7c: Yder Orientalischen Schabe Blatta orientalis mit Oothek. chungen wird diskutiert, die Termiten auf den Rang ei- 174 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at ner Superfamilie herabzustufen und als Termitoidea in die Ordnung Blattodea zu integrieren (Bell et al. 2007, Inward et al 2007, Klass & Meier 2006, Roth 2003). Die Ordnung Blattodea teilt sich damit in die Über- familien Polyphagoidea (Familien: Polyphagidae und Nocticolidae), Blattoidea (Familien: Blattidae, Crypto- cercidae und die Superfamilie: Termitoidea) und Blabe- roidea (Familien: Blattellidae und Blaberidae) auf. Die Superfamilie Termitoidea besteht aus 7 Familien mit mehr als 6000 Arten. Inklusive der Termiten steigt die Anzahl der Arten, die zu den Blattoidea gehören, damit auf mehr als 5500 Arten (BELLet al. 2007, INWARDet al 2007, KLASS & MEIER 2006, LO et al. 2007, ROTH 2003). Die Termiten (Termitoidea) werden im Folgen- den nicht weiter behandelt. Abb. 8: Imago der Amerikanischen Schabe Periplaneta americana. 4. Kurzbeschreibung der Familien und Abb. 9: Imago der der wichtigsten Arten Australischen Großschabe Periplaneta 4.1. Cryptocercidae australasiae. Die Familie Cryptocercidae besteht nur aus der Gat- tung Cryptocercus, deren Arten in Nordamerika und den nördlichen Regionen Südostasiens verbreitet sind und in kleinen Familienverbänden in verrottenden Hölzern le- ben (BELLet al. 2007, COCHRAN1999) (Abb. 6). 4.2. Blattidae Zu den Blattidaegehören in den Gattungen Blatta, Periplanetaund Neostylopygaeinige der bedeutenden sy- nanthropen Schabenarten. Die Orientalische Schabe Blatta orientalis wurde durch den Handel weltweit verbreitet und stammt ver- mutlich aus Vorderasien oder Nordafrika (Abb. 7). Die streng nachtaktive Art bevorzugt feucht-warme Berei- che von Bäckereien, Brauereien, Hallenbädern, Toilet- ten, Molkereien, Schlachthöfen, Gastwirtschaften, Großküchen, Wäschereien, zoologischen Gärten und landwirtschaftlichen Betrieben mit Tierhaltung (vor al- lem Schweineproduktion). B. orientalislegt ihre Verste- cke meist im Bodenbereich in schadhaftem Mauerwerk, hinter Wandverkleidungen, Türzargen, Scheuerleisten, Die ==sind zirka 25 mm lang und besitzen Flügel, in Leitungs- und Abwasserschächten und dergleichen die 75 % des Hinterleibs bedecken. Die bis zu 32 mm an (CORNWELL1968, HARZ& KALTENBACH1976, PRIN- großen YY haben stark zurückgebildete Tegmina. Die CIS 1965). B. orientalis ist im Vergleich zu anderen sy- Hinterflügel fehlen völlig (Abb. 7a, b). nanthropen Schabenarten relativ kältetolerant und kann deshalb auch im nördlichen Mitteleuropa kühle Bei starkem Befall macht B. orientalis durch ihren Zeiträume in Kellern und in der Kanalisation überste- charakteristischen, unangenehmen Geruch auf sich auf- hen (CORNWELL1968, LEPATOUREL1993). In Südeuro- merksam. Neben Abwasser- und Versorgungskanälen pa lebt die Art den Sommer über auch außerhalb von sind Fernwärmesysteme ideale Verbreitungswege für B. Gebäuden. In Mitteleuropa breitet sich B. orientalis seit orientalis. 2000 in den Sommermonaten verstärkt von befallenen Tierstallungen oberirdisch auf die umliegenden Wohn- Die Amerikanische Schabe Periplaneta americana gebäude aus (FREISE& RÖTTGERS2006). stammt aus dem tropischen Afrika und bewohnt in vie- 175 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 10: Yder Blattachseln von Bäumen oder Palmen gefunden. In Deutschen Schabe Kanalsystemen hält sich die Art nur selten auf (CORN- Blattella germanica. WELL1968, COCHRAN1999, POSPISCHIL1997, SMITH& WHITMAN1996) (Abb. 9). Weitere Arten der Gattung Periplaneta(unter ande- rem die Braune Schabe P. brunneaund die Rauchbraune Schabe P. fuliginosa) werden in wärmeren Regionen ebenfalls als Schädlinge genannt, da sie nachts das Licht anfliegen und dabei auch in das Innere von Ge- bäuden gelangen können (COCHRAN 1999, GURNEY & FISK1991, REHN1950). P. fuliginosawird im Süden der USA regelmäßig in Anpflanzungen und Gärten in der Umgebung von Gebäuden gefunden (APPEL & SMITH 2002). Einschleppungen dieser Art nach Europa sind dem Verfasser nicht bekannt. Die Japanische Großschabe Periplaneta japonica kommt in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Japan nördlich bis in Regionen mit kalten Wintern vor und hat im Gegensatz zu den übrigen Periplaneta Arten eine semivoltine Entwicklung mit zwei überwinternden len Ländern der Tropen und Subtropen, aber auch in Larvenstadien. Die ==besitzen gut ausgebildete Flügel, den USA die Kanalsysteme der Städte und wandert von die den Hinterleib völlig bedecken. Die YYhaben ver- hier aus vor allem nachts in Gebäude ein (BELL & kürzte Tegmina und sind flugunfähig. ADIYODI 1981). Außerhalb von Gebäuden ist die Art aufgrund ihrer hohen Anforderungen an Temperatur 4.3. Blattellidae und Feuchtigkeit weitgehend auf die Tropen und Sub- Die Blattellidae stellen mit mehr als 1.200 Spezies tropen beschränkt. In Mitteleuropa wurde P. americana die artenreichste Familie der Blattodea dar und enthal- bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts vor allem in Vor- ten einige weit verbreitete synanthrope Arten, unter ratslägern in Häfen und in Tropenhäusern zoologischer anderem Blattella germanica, Supella longipalpa, Shelfor- Gärten gefunden (BELL& ADIYODI1981). Seit den letz- della lateralisund Symploce pallens. ten 3 Jahrzehnten lebt die Art in Mitteleuropa vermehrt Die Deutsche Schabe Blattella germanica kommt in größeren Städten, in denen sie sich im Bereich war- weltweit in Gaststätten, Großküchen, Hotelbetrieben, mer Abwässer in der Kanalisation ansiedelt und von Krankenhäusern, aber auch in (meist zentralbeheizten) dort nachts in die darüber liegenden Gebäude eindringt Wohnungen vor, wobei der Befallsschwerpunkt häufig (STELLMACHER1996, POSPISCHIL2004) (Abb. 8). in Räumen liegt, in denen Feuchtigkeitsquellen vorhan- Die Lebensdauer der Imagines ist mit ein bis einein- den sind, beziehungsweise Lebensmittel verarbeitet oder halb Jahren recht lang. Die YYkönnen bis zu 90 Tage gelagert werden. Wäschereien werden aufgrund der ho- hungern, wenn sie eine Wasserquelle zur Verfügung ha- hen Temperatur und Feuchte ebenfalls gern von B. ger- ben. Beide Geschlechter sind gute Flieger. Sie werden manicabesiedelt und können bei der Verbreitung dieser nachts von Lichtquellen angelockt und gelangen durch Art besonders in Krankenhäusern eine wichtige Rolle geöffnete Fenster oder Lüftungen in Gebäude (CORN- spielen. Moderne Einkaufszentren sind aufgrund der WELL1968, BELL& ADIYODI1981). gleichmäßigen Temperaturbedingungen, des vielfältigen Nahrungsangebotes und der zahlreichen Versteckmög- Die Australische Schabe Periplaneta australasiae ist weltweit in den Tropen und Subtropen verbreitet. Ihr lichkeiten besonders gefährdet (BRENNER 1995, COCH- Ursprung liegt wahrscheinlich im tropischen Afrika. RAN1999, CORNWELL1968, ROSS& MULLINS1995). Die Imagines von P. australasiae ähneln in Größe und B. germanicaist relativ klein (bis 16 mm lang) und Aussehen weitgehend P. americana und unterscheiden hellbraun gefärbt. Auf dem Pronotum befinden sich sich von ihr durch eine gelbe Längsbinde an den Schul- zwei dunkelbraune Längsstreifen. Die Imagines besitzen tern der Vorderflügel, die bei P. americanafehlt. P. aust- zwar Flügel, sie können allerdings nicht fliegen. Bei den ralasiae bevorzugt pflanzliche Nahrung (junge Triebe leichteren == kann man allenfalls einen Gleitflug be- und stärkehaltige Speichergewebe). In Gewächshäusern obachten. Dafür ist B. germanica ein sehr guter Läufer wird sie durchaus in mehreren Metern Höhe in den (Abb. 10). B. germanicahat die kürzeste Entwicklungs- 176 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Abb. 11a: =der Braunbandschabe Supella longipalpa. Abb. 11b: Yder Braunbandschabe Supella longipalpa. Abb. 12a: =der Waldschabe Ectobius sylvestris. Abb. 12b: Yder Waldschabe Ectobius sylvestrismit Oothek. zeit im Vergleich zu den übrigen synanthropen Scha- Einheimische Vertreter der Gattung Ectobius (E. benarten, was sicher neben ihrer geringen Körpergröße sylvestrisund E. lapponicus) werden gelegentlich in Häu- ein Grund für ihre erfolgreiche Ausbreitung in der Um- sern in Waldnähe gefunden (Abb. 12). Die ==werden gebung des Menschen ist. meist durch Licht angelockt und haben in Gebäuden in der Regel aufgrund der niedrigen relativen Luftfeuchtig- Die Braunbandschabe Supella longipalpa ist etwas keit keine Überlebenschance. Anders sieht es bei der kleiner als B. germanica. Die langgestreckten == sind südeuropäischen Bernsteinschabe Ectobius vittiventris gute Flieger, und ihre Flügel bedecken den Hinterleib aus, die seit 1991 in der Schweiz, ihrer nördlichen Ver- vollständig. Die YYhaben kürzere Flügel, die die Hin- breitungsgrenze, vermehrt in Gebäuden gefunden wird terleibspitze nicht erreichen, und sind flugunfähig (BELL und sich dort auch über längere Zeiträume aufhalten et al. 2007, CORNWELL 1968) (Abb. 11). Das Flugver- mögen der == mag bei der kleinräumigen Verbreitung kann (HERGER2000, LANDAUet al. 2000). einen Einfluss haben. Die Ausbreitung erfolgt aber in 4.4. Blaberidae der Regel passiv durch den Menschen. S. longipalpa ist Vertreter der Familie Blaberidaespielen als Schäd- im Gegensatz zu B. germanica nicht streng nachtaktiv. linge im Vergleich zu den Arten der Familien Blattidae Einzelne Tiere werden auch tagsüber außerhalb ihrer und Blattellidae nur eine untergeordnete Rolle. Verstecke angetroffen und deuten nicht unbedingt auf einen starken Befall hin. S. longipalpabesetzt trockene- Die Surinam- oder Gewächshausschabe Pycnoscelus re Lebensräume als B. germanica und benötigt höhere surinamensisstammt aus dem indo-malayischen Raum. Temperaturen. Aufgrund ihres Vorkommens in Möbeln Sowohl die Larven als auch die Imagines sind nachtak- und EDV-Anlagen wird die Art auch als Möbel- oder tiv und leben unterirdisch in lockerer Erde, unter Streu, Computerschabe bezeichnet. Mulch oder ähnlichem Material sowie unter loser Rinde 177 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at die YY haben voll entwickelte, hellgrüne Flügel, die den Hinterleib vollständig bedecken. Beide Geschlech- ter sind gute Flieger, schnelle Läufer und können ausge- zeichnet klettern. In ihrem eigentlichen Verbreitungs- gebiet in den Tropen und Subtropen leben die Panchlo- ra Arten in dichter Vegetation. Die braun gefärbten Larven graben sich gern in lockere, nicht zu nasse Bo- denschichten ein. Die PanchloraArten benötigen Tem- peraturen oberhalb von 25°C und eine im Vergleich zu anderen Schabenarten hohe Luftfeuchte. Die erwachse- nen Schaben werden nachts vom Licht angezogen und gelangen so in Gebäude. Da die PanchloraArten extrem flach sind, können sie sich auch in engen Ritzen in Mauern, Holzkisten, Paletten und dergleichen verste- cken, beziehungsweise durch enge Spalten in Gebäude eindringen (BENSON& ZUNGOLI1997, COCHRAN1999, Abb. 13: Geöffnete Oothek von Blatta orientalis– Die kurz vor dem Schlupf SMITH& WHITMAN1996). stehenden Embryonen sind innerhalb ihrer Eihüllen erkennbar. Weitere Arten der Blaberidae, die gelegentlich mit Früchten und Gemüse aus tropischen Ländern nach Europa gelangen, sich hier aber aufgrund ihrer hohen Temperatur- und Feuchtigkeitsansprüche nicht dauer- haft halten können, sind die Madeiraschabe Rhyparobia maderae,die ‚Hummerschabe‘ Nauphoeta cinerea und die Argentinische SchabeBlaptica dubia. 4.5. Polyphagidae Die Polyphagidae enthalten keine synanthropen Spezies. Die meisten Arten bewohnen aride Zonen (BELLet al. 2007, ROTH1991). 4.6. Nocticolidae Zu dieser Familie gehören vor allem troglo-, myrme- Abb. 14: Yder Kleinen Madagaskarschabe Elliptorhina chopardimit frisch co- und termitophile Arten (BEIER 1974, BELL et al. geschlüpften Larven. 2007, ROTH1991). bodennaher Stammpartien. Sie ernähren sich von 5. Entwicklung pflanzlichen Stoffen und verursachen vor allem an Wur- zeln Schäden, die bis zum Absterben der jeweiligen Schaben gehören zu den hemimetabolen Insekten und besitzen kein Puppenstadium. Die Larven entwi- Pflanze führen können. In Gewächshäusern graben sie ckeln sich über mindestens 5 Stadien, die gleiche oder sich bis in eine Tiefe von 10 Zentimeter ein, je nach Bo- zumindest ähnliche Lebensräume besiedeln wie die Ima- denbeschaffenheit auch tiefer. Am Ende eines gegrabe- gines. Bei ungünstigen Bedingungen können weitere nen Tunnels legt das Y oft eine Kammer an, in die es Larvenstadien hinzukommen. Bei P. americanawurden 6 sich vor dem Schlupf der Larven zurückzieht und in der sich die Larven später häuten (BEIER 1974, BENSON & bis 14 Larvenstadien beobachtet (ROTH 1981), bei B. ZUNGOLI1997, COCHRAN1999,CORNWELL1968). orientalis7 bis 10 Häutungen (CORNWELL1968). Die Entwicklungsdauer der Larven beträgt unter Eine nahe verwandte Art, Pycnoscelus indicus, günstigen Bedingungen bei B. germanica40 Tage, bei S. kommt hauptsächlich in der indo-malayischen Region longipalpa 54 (==) bis 56 Tage (YY), bei B. orientalis164 vor und vermehrt sich zweigeschlechtlich. Diese Art (==) bis 282 Tage (YY), bei P. americana150 Tage, bei lebt im Außenbereich von Häusern, dringt aber in der P. australasiae191 Tage, bei P. surinamensis140 Tage und Regel nicht in Gebäude ein (ROTH1991). bei R. maderae127 (==) bis 163 Tage (YY) und kann Die Imagines der Gattung Panchlora sind bis 24 sich bei verschiedenen Arten der Familie Blaberidae mm lang und hellgrün gefärbt. Sowohl die ==als auch über mehrere Jahre hinziehen (CORNWELL1968). 178 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Bei der Embryonalentwicklung unterscheidet man Larven verbleiben. (u.a. Macropanesthia) (RUGG& RO- bei den Schaben zwischen der Oviparie, der falschen SE1984). und echten Ovoviviparie sowie der Viviparie (ROTH Eine Viviparieim engeren Sinn ist nur von der Kä- 1991, BELLet al. 2007). ferschabe Diploptera punctata bekannt. Die Ootheken- Oviparie – Die Arten der Familien Blattidae, Cryp- membran ist rudimentär ausgebildet, und die Embryo- tocercidae, Polyphagidae, Nocticolidae und Blattellidae nen werden von den YY sowohl mit Wasser als auch (mit einigen Ausnahmen) produzieren Ootheken, die mit Nährstoffen versorgt (INGRAMet al. 1977). von einer harten Kutikula umgeben sind. Die Anzahl Die Surinamschabe Pycnoscelus surinamensis ist die der Eier pro Oothek ist je nach Spezies unterschiedlich einzige bisher bekannte Schabenart, die sich partheno- (37 Eier bei B. germanica, 14 Eier bei S. longipalpa, 16 genetisch fortpflanzt. In der Regel entwickeln sich aus Eier bei P. americana, 24 Eier bei P. australasiae und 18 den Eiern nur YY. == werden gelegentlich gefunden Eier bei B. orientalis) (CORNWELL1968) (Abb. 13). und haben keine Funktion bei der Entwicklung der Po- Die Vertreter der Gattungen Blattellaund Lophoblat- pulationen. ta tragen die Ootheken extern während der gesamten Embryogenese am Hinterleibsende und versorgen die 6. Lebensweise Eier während dieser Zeit mit Wasser. Erst kurz vor dem Schlupf der Larven werden die Ootheken an einem ge- Die überwiegende Mehrzahl der Blattodea Arten eigneten Platz abgelegt. Die YY der übrigen Arten le- lebt in den Tropen und Subtropen, ist nachtaktiv und gen ihre Ootheken 24 Stunden bis wenige Tage nach versteckt sich tagsüber im Boden sowie unter loser Rin- dem Ausschieben ab. Die Periplaneta Arten befestigen de, Holz oder Steinen. Mit ihrem dorsoventral abge- ihre Ootheken mittels Sekreten an geeigneten Oberflä- flachten Körper sind Schaben dabei bestens an den Auf- chen und bedecken sie mit Genagsel aus der Umgebung, enthalt im Boden und in engen Verstecken angepasst. während B. orientalisdie Ootheken lose am Boden sowie Verschiedene Arten legen Gänge in morschem Holz an, in Spalten ablegt (MCKITTRICK1964, ROTH1981). leben in Termiten-, Wespen- oder Ameisennestern so- Arten, deren Ootheken mit einer wasserundurchläs- wie in Höhlen. Nur relativ wenige, meist bunt gefärbte sigen Beschichtung umgeben sind, können ihre Oothe- Arten sind tagsüber in der Sonne aktiv (BELL et al. ken auch in trockener Umgebung ablegen, z. B. S. lon- 2007, COCHRAN 1999, ROTH 1991). Viele Schabenar- gipalpa, B. orientalisund P. americana. Andere Arten, de- ten, unter anderem auch die synanthropen Spezies, sind ren Ootheken nicht mit einer derartigen Schutzschicht gute und ausdauernde Schwimmer. P. americanabewegt ausgestattet sind, legen die Ootheken auf feuchtem Me- sich im Wasser mit einer Geschwindigkeit von bis zu 10 dium ab, um eine ausreichende Versorgung der Eier mit Zentimeter pro Sekunde (BELL et al. 2007). Gleiches Wasser während der Entwicklung zu garantieren, unter gilt für B. orientalis, die nicht selten in Hallenbädern ge- anderem Ectobius spp. (BELLet al.2007). funden wird. Falsche Ovoviviparie – Die meisten Vertreter der Schaben sind meist omnivor, haben aber durchaus Blaberidae sowie zwei Genera der Blattellidae bilden ei- je nach Art unterschiedliche Nahrungspräferenzen, die ne fertige Oothek, die aus dem Abdomen herausgescho- bei der Bekämpfung der synanthropen Arten zu beach- ben und wenige Stunden später wieder zurückgezogen ten sind. wird. Die Oothek verbleibt danach bis zum Schlupf der ==sind häufig aktiver als die YYund die Larven. Larven im Uterus oder einem speziellen Brutsack. Die == der Gattung Ectobius können unter anderem tags- Embryonen werden während dieser Zeit von den YY über fliegend und auf Pflanzen sitzend angetroffen wer- mit Wasser und eventuell mit Nährstoffen versorgt. Die den, während sich die YY und Larven in der Boden- äußere Membran der Oothek ist bei den Arten dieser streu aufhalten und erst in den Abendstunden aktiv Fortpflanzungsgruppe meist reduziert (BELL et al. 2007, werden. ROTH 1991). Vor dem Schlüpfen der Larven wird die Oothek wieder nach draußen geschoben. Die Larven be- Erschütterungen werden von den Rezeptoren an freien sich aus der Oothek, während diese aus dem Brut- den fadenförmigen Fühlern und den Schienen der Bei- sack herausgepresst wird, und erwecken so den Eindruck ne wahrgenommen, die aufgrund der meist nachtakti- einer Lebendgeburt. Die jungen Larven bleiben etwa ei- ven Lebensweise die wichtigsten Sinnesorgane der ne Stunde auf oder unter der Mutterschabe (Abb. 14). Schaben darstellen. Echte Ovoviviparie – Bei diesem Entwicklungstyp Viele tropische Schabenarten können niedrige wird keine Oothek ausgebildet. Die Eier gelangen direkt Temperaturen über kurze Zeiträume vertragen (ROTH vom Ovidukt in den Uterus, wo sie bis zum Schlupf der 1991) und überstehen ungünstige klimatische Verhält- 179 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 7. Verbreitung Die überwiegende Mehrzahl der Schaben lebt in den Tropen und Subtropen und hat dort eine wichtige ökologische Funktion als Streuzersetzer. In Richtung der gemäßigten Breiten nimmt die Anzahl der Spezies stark ab. In Europa kommen 64 Arten vor, davon in Mittel- europa neun (jeweils zuzüglich sechs eingeschleppte Ar- ten) (BOHN2000, PRINCIS1965). In Nordamerika wur- den 69 Arten beschrieben, die 24 eingeschleppte Spe- zies enthalten. Bei den in Europa und Nordamerika le- benden synanthropen Schaben handelt es sich fast aus- schließlich um eingeschleppte Arten. Abb. 15: Pärchen der „Hummerschabe“ Nauphoeta cinereabei der Paarung. Betrachtet man die wirtschaftliche Bedeutung der Vor der Kopula nimmt das YSekrete auf, die von dem =aus Drüsen Schaben als Schädlinge, dann zeigt sich, dass weltweit abgegeben werden, die auf den Tergiten des Abdomens liegen. ~ 50 Arten zeitweilig in Gebäude eindringen können und nur 10 Arten eine medizinisch und wirtschaftlich nisse in den Frachträumen von Flugzeugen oder Schif- fen über mehrere Tage. bedeutende Rolle spielen (COCHRAN1999). Die meisten Schabenarten sind mit Drüsen ausge- 7.1. Verschleppung von Schaben durch den stattet, die für den typischen Schabengeruch vor allem Menschen in den Verstecken der Tiere verantwortlich sind. Die Schaben begleiten den Menschen als Schädlinge, ==produzieren Sexualpheromone in speziellen Drüsen seit er begann sesshaft zu werden und Vorräte anzulegen. des Abdomens, die von kopulationsbereiten YYvor der Viele Schabenarten sind aufgrund ihrer nächtlichen Le- Kopula aufgenommen werden (Abb. 15). Das flüchtige bensweise und ihrer Vorliebe für dunkle und enge Ver- Sexualpheromon Blattellaquinon wurde aus Blattella stecke in der Bodenstreu sowie der bodennahen Vegeta- germanica isoliert und als Attraktant für == der Deut- tion, ihres breiten Nahrungsspektrums und geringer schen Schabe in Monitoringfallen untersucht (NOJIMA Spezialisierung in der Lage, das Umfeld des Menschen et al. 2005). Periplanone-D wurde aus Periplaneta fuligi- als Lebensraum und Nahrungsquelle zu nutzen (BEIER nosaisoliert und hat ebenfalls eine geringe Anlockwir- 1974). Die Rolle der Schaben als Einwanderer wurde kung auf ==von Periplaneta americana, P. japonicaund von FOSTER (1855) und BENSON & ZUNGOLI (1997) Blattaorientalis(TAKAHASHIet al. 1995). treffend mit den Sätzen beschrieben: ‘Whereever man Die Blattodea haben verschiedene Strategien entwi- can survive, so can cockroaches. Cockroaches are born ckelt, sich vor Feinden zu schützen. Unter anderem scavangers.’ spielen aus speziellen Drüsen abgegebene Abwehrsekre- Mit steigendem Handel und den Entdeckungsreisen te eine Rolle. Diploptera punctataverteidigt sich mit ei- im Mittelalter wurden verstärkt Schabenarten aus wär- ner Mischung aus Quinonen, Eurycotis floridanamit ei- meren Regionen mit Segelschiffen von Kontinent zu ner Mischung aus 40 Komponenten, von denen (E)-2- Kontinent verschleppt, so dass der Ursprung der synan- Hexenal, (E)-2-Hexenol und (E)-2-Hexensäure zirka 98 thropen Arten heute nicht mehr sicher festgestellt wer- % ausmachen (FARINE 1997). Diese Sekrete können den kann. Verschiedene Periplaneta Arten erreichten mehrere Zentimeter weit gespritzt werden und beim Nordamerika von Westafrika bereits zu Beginn des 17. Menschen Hautirritationen hervorrufen (ROTH 1991, Jahrhunderts (BARCAY 2004). In die Hafenstädte COCHRAN1999).Einige Vertreter der Gattung Platyzos- Europas wurden Schaben ebenfalls mit dem Schiffsver- terianehmen eine Warnstellung ein und sprühen 2-Me- kehr verschleppt. Allerdings konnten sich bis zur Mitte thylenbutanal in Richtung eines potentiellen Angrei- des 20. Jahrhunderts nur wenige Arten dauerhaft in fers (BELLet al. 2007). Die ungeflügelten YY der Gat- Europa etablieren. Aufgrund des gestiegenen und be- tung Perisphaerusrollen sich bei Gefahr asselartig zusam- schleunigten Warenverkehrs, der zunehmenden Urba- men, während die geflügelten ==sich potentiellen An- nisierung und der veränderten Lebensbedingungen der greifern durch Flug entziehen können. Arten, die im Bevölkerung haben sich die Bedingungen für einge- Holz Gänge anlegen, verschließen den Eingang bei Ge- schleppte Schabenarten in den letzten 40 Jahren ver- fahr mit ihrem Thorax (unter anderem Cryptocercus bessert. Große Tierhaltungsbetriebe, die industrielle Le- spp.) (BELLet al. 2007). bensmittelverarbeitung sowie moderne Heizungssyste- me, besonders Fernheizungen, sorgen inzwischen auch in den Wintermonaten für konstante Temperaturbedin- 180

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